[1090] Im Spiegel [Harl, Roya]

[Harl]

"Ich habe ihn besucht", meinte Harl und erklärte, weshalb: "Aus Achtung vor dem Ältesten, hier."
Er überlegte dann und meinte: "Er ist sehr christengläubig. Der Glaube brennt... strahlt am Himmel seiner Welt wie eine zweite Sonne." Es klang sehr vorsichtig, so wie Harl das aussprach. Eher staunend als wäre ihm dieser Ferrucio ein Rätsel.

"Ich werde ihn fragen", meinte er dann und erhob sich vom Wasser, das noch weiter von seinen Fingern tropfte.

"Was ist mit dir?", fragte er dann. "Hast du ...Interesse an Austausch? Ich weiß nicht viel über uns. Doch vielleicht genug zum Tauschen von Geschichten. Namen wie von deinem Erzeuger oder meinem. Solche Sachen."

[Roya]

Die Malkavianerin wirkte ruhig und gelassen bei der Beschreibung Ferrucios. Offenkundig war es keine neue Information für sie, wie stark der Ältere in seinem Glauben verwurzelt war. Noch schien sie sich daran zu stören. „Solche Sachen.“ Roya wiederholte die Worte Harls nachdenklich, doch bei ihr klang es rauer und angekratzter, wenn auch nicht gänzlich unfreundlich.

„Wo ich herkomme, es zeigt von Respekt die Ältesten nicht zu belästigen. Es gibt dort sehr viele Neugeborene. Die Meisten werden nicht sehr alt. So bis ein Ancillae sie das zweite Mal sehen möchte, sie sind oft schon verblichen. So die meisten Alten machen sich nicht die Mühe, einen Neugeborenen zu empfangen. Nicht, solange er noch nichts in der Domäne geleistet hat. Seinen Wert bewiesen hat. Oder er mit einer Botschaft seines Erzeugers zu ihm kommt. Oder mit dem Auftrag von Jemand noch Höherem.“

Ihre grauen Augen musterten Harl abschätzend, bevor sie mit den Schultern zuckte. „Jamals Botschaft war für Aurore. Nicht für Ferrucio. So ich besuche ihn nicht. Und so Ferrucio etwas hat, was ihn hält, es ist gut, nicht?! Wir alle brauchen etwas, was uns hält.“

[Harl]

"Ja, das ist gut." Es klang wie eine feste Überzeugung. "'ch habe einmal einen gesehen... erlebt.. war bei einer Jagd auf einen dabei, der keinen Halt mehr hatte. War nichts mehr übrig von ihm außer Hunger und Gier."
Harl strich mit einem Finger eine Narbe entlang, die seinen einen Arm entlang lief und sich auf seiner Haut unter dem Ärmel seiner gestohlenen Kleider hervorwand. Gezackt, etwas wulstig, wahrscheinlich von einer Wunde, bei der die Haut roh aufgerissen worden war.

"Was du erzählst, kenne ich auch. Man geht nicht und belästigt sie, die Ältesten. Doch Respekt erweisen.. nh. 's ist wichtig, habe ich gelernt. Da draußen, da unten... da lässt man sie allein, die anderen. Die, die dorthin gesunken sind, um allein zu sein. Doch an Land? 's ist oft feiner gesponnen." Er wiegte den Kopf.
"Jeder macht seinen Weg. Deiner ist auch Respekt, so wie's klingt." Er zuckte mit den Schultern.

"Austausch...", setzte er dann neu an: "Kirke.. ist die hoch verehrte Kirke. Sie ist alt und sie ist Jägerin und sie reist weit und viel. Ich weiß nicht, wer ihr das Blut gab. Sie hat keinen festen Ort, denn sie sucht ..nh. Sie sucht etwas, immer. Es ist eine Jagd, die sie macht, die aus hundert mal hundert anderen Jagden besteht. Wahrscheinlich kennt sie auch deine Heimat und darum war ich neugierig, denn vielleicht sind dein Blut und meines verwoben. Und vielleicht nicht."

"Was bedeutet der Beiname deines Erzeugers? 'Der Singende Stern des Westens'?", fragte er nach.

[Roya]

„Das weiß ich nicht.“ Roya zuckte unwissend mit den Schultern. „Ich weiß nur, es ist eine große Ehre. Ihn tragen zu dürfen. Das er viel erreicht hat. Aber ich weiß nicht, was er getan hat. Oder auch wer ihn gezeugt hat. Er hat es mir nie gesagt. Auch nicht, wo er ist. Gerade. Oder was er tut.“ Die Malkavianerin zuckte mit ihren Schultern, was gleichermaßen bedauernd, wie auch akzeptierend wirkte.

[Harl]

Harl zupfte sich ein wenig an seinem etwas spärlichen, fransigen Kinnbart und sinnierte darüber ein Weilchen. Er meinte dann: "Wer allein geht, wird leichter Beute. Wenn andere einen holen können und kein Ältester steht hinter dem jungen Blut, keiner hält die Hand drüber, keiner siehth in... nh. Dann verschwindet man schnell. Und das Blut wird Beute für andere."

Er machte eine Geste zu Roya hin. "Angebot: Wir passen aufeinander auf. Solange keiner ...nh.. dumm ist. Unvorsichtig. Zu laut. Doch wenn du verschwindest, suche ich deine Spur. Und wenn ich verschwinde ohne einen Laut, suchst du meine."

[Roya]

Roya neigte ihren Kopf stärker zur Seite, als sie Harl ob dessen Angebot nachdenklich musterte. „Ich soll.“ Sie stockte kurz und ihre Nase kräuselte sich. „Auf dich aufpassen?! Wie auf ein Kind?!“ Reserviert und geradezu mitleidig blickte die Malkavianerin auf Harl hinab. „Hat deine Erzeugerin dir nicht beigebracht, wie du auf dich selbst aufpasst?!“ Ungläubig betrachtete sie weiterhin den am Wasser befindlichen Harl, als würde sie ein gänzlich fremdartiges Wesen mustern. „Wer spricht Jemanden frei, der nicht selbst auf sich Acht geben kann?“ Die Fältchen zwischen ihren Augenbrauen wurden tiefer, als sie sich an seine Vorstellung zurück zu erinnern versuchte.

[Harl]

Harl bleckte die Zähne - eine Warnung, dass Roya nun besser nicht weiter sprach. Spitz und dreieckig waren sie, wie ein Haifischgebiss in mehreren Reihen und plötzlich alles andere als normal oder menschlich.

"Sei nicht dumm", ranzte er in demselben Tonfall zurück, in welchem sie ihn so angefahren hatte. "Und mach' dich nicht selbst zu Beute." Er schnaufte dann einmal, wie um zumindest für jetzt nicht tatsächlich wütend zu werden und sagte sowohl für sie als auch für sich selbst:

"Du bist nicht gut mit dieser Sprache, hu?" Er wandte sich etwas von ihr ab, lauschend, ihren Akzent einschätzend, sobald sie wieder sprechen sollte.

"Aufpassen", erklärte er. "Wie auf eine Clansschwester, die keine Rückendeckung hat, in dieser Gegend. Ich habe dir eine Art ..nh.. Bündnis angeboten. Eins, das heißt, dass zumindest ich hinsehe, hin und wieder, um zu schauen, ob irgendein größerer Fisch dich verschluckt hat oder nicht. Denn das geht allzu leicht."

Er nickte zu ihr hin. "Überlegst du niemals bei anderen, wie ...leicht... sie einfach verschwinden könnten? Beute sein könnten für ..Jäger. 'n Beispiel: Einer wie jener wohlwerte Vergonzo, den wir trafen? Hat sich verwurzelt und vernetzt in der Gegend. Ist schwer überhaupt aufzutreiben, verwurzelt in der Stadt. Doch wenn einer ihn angreifen würde und wenn's einem gelingen würde, selbst dann hat's wahrscheinlich ein Nachspiel und kostet den Jäger teuer. Denn dieser Vergonzo Faro hat Handel laufen, hat Verbündete, ist ein Vasall des Prinzen. So einer? Keine leichte Beute."

[Roya]

Roya fauchte Harl unvermittelt und harsch an, ob dessen ranzenden und anfahrenden Ton, der im krassen Gegensatz zu dem stand, wie sie mit ihm zuvor gesprochen hatte. Als sie ihm dabei ihre ausgefahrenen Fänge zeigte und mit ihrer Körperhaltung signalisierte, dass er es gerade war, der sich im Ton vergriff und sich auf dünnes Eis mit seinem Betragen begab. Ihm widerspiegelnd, dass auch sie alles andere denn normal oder auch menschlich war.

Als er sich letztlich von ihr abwandte, konnte er die grauen Augen auf sich fühlen, mit denen sie ihn fixierte und seinen Weg verfolgte. Als er geendet hatte, kräuselte sich ihre Nase, bevor sie ihm mit inzwischen entspannt wirkenden Gebärden und eingefahrenen Zähnen antwortete. „Nein, ich kenne solche Gedanken nicht. Und ich verlasse mich nur auf eine Person.“

Ihre Hand legte sich auf ihrer Brust flach ab, bevor sie mit einem tiefen und überzeugten Ton fortfuhr. „Mich.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ich brauche Niemanden, der auf mich… aufpasst.“ Die Malkavianerin wog das verzögerte letzte Wort in ihrem Mund hin und her, als wäre es ein ihr völlig fremder Geschmack, der ihr sichtlich missfiel. „Was Vergonzo betrifft: Wie kommst du darauf er wäre Vasall des Prinzen?“

[Harl]

Harl nahm das wohl als ihre Ablehnung für seinen Vorschlag hin, ebenso wie ihr Fauchen und anderes Gebahren. Es machte ihn rastloser als zuvor, ließ ihn einen lockeren Halbkreis um sie her langsam abgehen, doch er ließ ihr ihre Entscheidung. Ob er es übelnahm? Schwer zu sagen. Es sah nicht so aus.

"Warum willst du das wissen?", fragte er zurück.

[Roya]

Die Malkavianerin neigte ihren Kopf zur Seite, ob der Rückfrage. „Du sagst er sei ein Vasall des Prinzen. Aber er hat sich nicht so vorgestellt. So ich frage mich, wie du darauf kommst, er sei Vasall des Prinzen.“ Roya zuckte mit den Schultern, als sei es ihr scheinbar gleichgültig, ob Vergonzo dies nun letztlich war oder auch nicht, denn vielmehr war sie interessiert daran, wie Harl zu einer solchen Annahme gelangt war, baute seine Argumentation schließlich mit darauf auf. Und so er sich hierbei täuschte, womöglich auch in anderen Annahmen über den Nosferatu.