[1010] Geschriebene Worte können nicht lügen [Ilario]

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Canio
Jünger des Seth
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[1010] Geschriebene Worte können nicht lügen [Ilario]

Beitrag von Canio »

Über die verschlungenen Wege der Nacht kam es schließlich an Ilarios Ohren, eine Nachricht sei hinterlegt worden für ihn, in der Villa Illuminata.
Und tatsächlich würde er dort eine ungesiegelte lederne Mappe vorfinden, in deren Inneren sich zwei fachkundig eingeschlagene Nachrichten auf Papier befanden. Und als erfahrener Gelehrter würde es Ilario sicher direkt ins Auge springen, dass es sich um besonderes Papier handelte. Die Nachrichten waren auf besonders feines altes Papyrus niedergeschrieben.

Die erste Nachricht war von einem geübten Schreiber in der karolingischen Minuskel der lateinischen Sprache verfasst, wie es auch in der Korrespondenz der Kirche üblich war. Schwarze rußige Tinte in feinem Pinselstrich aufgetragen...

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An
Ilario Contarini,
Neugeborener vom Clan der Schatten, Kastellan Genuas

Ein Gast sei Euch angekündigt aus dem fernen Alexandria und will Euch vorstellig werden, auf dass Ihr ihn willkommen heißen und einweisen möget in die Gastfreundlichkeit und majestätische Ordnung der Domäne Genua. Wie es Sitte ist, wird er alle Rechte und Pflichten eines Gastes nach Wünschen und Kräften einzuhalten wissen.
So bittet Euch Canio, Neugeborener der Jünger Sets, Kind des Amunses, demütig um eine Audienz.

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... statt eines Siegels oder einer Unterschrift wurde unter die Schrift, scheinbar mit einem eingestochenen Zeigefinger, von blutiger Vitae ein Crux ansata, ein Henkelkreuz, gezeichnet.

Die zweite Nachricht dann, auf einem weiteren Blatt, wohl noch feinerem Papyrus, wie man es nur selten hier im Westen überhaupt zu Gesicht bekam.
Im Gegensatz zum ersteren war hier eine andere, erdigere Tinte aufgetragen, von rot und ocker. Und ihr Pinselstrich wirkte irgendwie feiner, edler, künstlerischer... und verwendet wurde nicht Latein sondern das im Osten verbreitete giechische Koine des oströmischen Kaiserreiches...

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Diese Worte begleiten den Neugeborenen Canio, das Kind des Amunses,
jener Amunses uns treu diente in allen Zeiten und welcher in allen Würden zum Ancilla erhoben wurde. Sein Kind Canio wurde streng geprüft und für würdig befunden am hohen Hofe Alexandrias. Ihre Majestät erhob ihn in den Status eines Neugeborenen, seitdem jener Canio der Domäne Alexandria ebenso treu zu dienen wusste wie seinem Erzeuger und seinem Clane in Set.
Der gute Ruf und die Fähigkeiten des Canio sind in der Domäne Alexandria unbestritten und es wurde für ihn gebürgt wie auch sein eigener Leumund rein und würdig sei.
Diese seine Herkunft sei hiermit belegt und beschworen vor all jenen Majestäten, in deren heilige Domäne dieser Canio das Gastrechte nach den Geboten erbitte.

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Auch dieses Schreiben war nicht mit Siegeln unterzeichnet, sondern mit drei fein untereinder angeordneten seltsamen Symbolreihen. Die Symbole waren sorgsam und in vielen Details mit Tinte gemalt und einige ähnelten auch irgendwie dem blutigen Henkelkreuz unter dem ersten Schreiben.
Zusätzlich war in derselben Tinte, doch mit anderer Handschrift, und in einem nahezu spontanen Schwung eine weitere Zeile am Rand offenbar später hinzugefügt. Dort war in klassischem Latein nur ein Satz und ein Wort verfasst:

In Hochachtung grüße ich Euch, Weiße Prinzessin, und erinnere Eurer grazilen Schönheit in ewiger Sehnsucht. Alexandria
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Ilario
Lasombra
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Re: [1010] Geschriebene Worte können nicht lügen [Ilario]

Beitrag von Ilario »

Die Schriftstücke waren empfangen, untersucht und an ihre Majestät gegebenenfalls weitergeleitet worden. Ilario selbst empfand Wortwahl und Papyrus, wie auch die mysteriösen Andeutungen, als vielversprechend. Und so würde dem geneigten Boten oder Canio selbst auf der Suche nach einer Antwort in der Villa Illuminata folgende Botschaft übergeben:

"Werter Canio, Neugeborener der Jünger Sets, Kind des Amunses,

eurem Ersuchen um Audienz sei entsprochen. Es wird mir eine Freude sein euch in der Nacht des kommenden Neumonds in der Villa des Marcello Embriaci in Mascharana zu empfangen. Gern werde ich euch dann in die Besonderheiten der Domäne Genua einführen und erhoffe mir einen kleinen Ausblick in die Ferne Alexandrias.

Ilario Contarini,
Neugeborener vom Clan der Schatten,
Kastellan Genuas,
Kind von Lucius Valerius Galba, Ahn vom Clan der Schatten zu Venedig"


Die Handschrift war gestochen scharf, aber schnörkel- und schmucklos auf neuwertigem Pergament. Die Tinte von schlichtem dunklen Blau und das tiefrote Siegel der Contarini, um einen römisch anmutenden Adler erweitert, zierte das Schriftstück.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
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Canio
Jünger des Seth
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Re: [1010] Geschriebene Worte können nicht lügen [Ilario]

Beitrag von Canio »

Canio starrte eine Weile nichtssagend auf das Pergament und schnüffelte dann daran. Langsam nickte er dem Anderen ihm gegenüber zu und reichte ihm das Schreiben zurück. "Einverstanden." erklärte er schlicht
Etwas unschlüssig wog er das Pergament noch einmal in seinen Händen, dann reichte er es kurzentschlossen dem Anderen herüber.
"Ihr dürft es behalten."
Damit erhob der Setit sich und verabschiedete sich von diesem bedeutsamen Treffen um sich bereits auf ein weiteres vielleicht noch bedeutsameres vorzubereiten.

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Die Nacht des kommenden Neumondes.

Es kribbelte ihn unangenehm Mascharana zu betreten und das auch noch nach bald hundert Jahren. Etwas, was er sich lieber nur im Schutze seiner Verdunkelnden Sinneskräfte getraute. Die Beschreibung seiner Informanten war... gut gewesen, denn da stand er auch schon vor der Villa des Marcello Embriaci. Eine weile ruhte Canio in sich, starrte auf das Anwesen, dann auf die klaren Sterne am Himmel. Ungesehene Lippenbewegungen formten ein fremdartiges Stoßgebet.

Der Setit räusperte sich und schritt geräuschvoll auf die Pforte zu um kräftig anzuklopfen und sich anzumelden.
Er stank deutlich nach... was auch immer und vermutlich allem zusammen, was man gemeinhin Gosse nannte. Seine Kleidung war entsprechend... eigentlich eher Lumpen, die nur noch der allgemeine Moder zusammenhielt.
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Ilario
Lasombra
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Re: [1010] Geschriebene Worte können nicht lügen [Ilario]

Beitrag von Ilario »

Eine junge Frau öffnete Canio. Sie trug die Gewänder einer einfachen Dienerin und verneigte sich vor dem, ihr wohl angekündigten, Gast. Canios geübten Auge, oder war es eher der Instinkt eines Kindes der Gosse, fielen zwei Dinge auf die nicht so recht passen wollten zum Bild einer einfachen Dienerin: Das etwa unterarmlange, beidseitig geschliffene Messer das sie am Gürtel trug und vor allem die Art und Weise wie die Frau sich bewegte. Auf die vorsichtige Art jener die ihre frühen Jahre in den Gassen der Stadt verbracht hatten. Auch schien sie sich überhaupt nicht an seinen Lumpen zu stören.

Canio wurde eingelassen und durch den Garten hin zur Villa geführt. Hauswächter sahen sie nur aus der Ferne, vielleicht eine diskrete Maßnahme? Bald schon erreichten sie den großen Saal. Die Dienerin führte Canio hinein, blieb aber an der Tür stehen nachdem sie sie geschlossen hatte. Vor der anderen Tür des Raumes stand ebenfalls ein Wächter, dieser jedoch schwer gerüstet und bewaffnet. Mercurio, der Schatten seines Herrn.

Abseits der großen Tafel, nahe des schwach glimmenden Kaminfeuers, saß Ilario an einem kleineren Tisch auf dem die Papyrii lagen sowie zwei leere Pokale standen. Davor ein weiterer leerer Stuhl, wohl für den Gast bestimmt. Der Kastellan selbst erhob sich als Canio eintrat und deutete diesem näherzutreten.


"Werter Canio, Neugeborener der Jünger Sets, Kind des Amunses... seid willkommen in diesem Haus und mein Gast in dieser Nacht."
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
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