Auszeit [Kult]

[Caterina]

Kurz legte sich der Lockenkopf schief, dann wurden beide Nonnen gemustert.
Caterina suchte nach den richtigen Worten und runzelte die Stirn, während der Blick immer mehr an Schärfe verlor und bald abwesend war.
Die Toreador erinnerte sich an die Übungsstunden und Lektionen. Immer wieder waren die Worte des Kults zuerst verwirrend und wurden dann durch die Tat sinnvoller.
Irgendwann schürzten sich die Lippen: „Ich will mit meiner Beute spielen, bevor sie stirbt. Wenn sie stirbt. Sonst macht das Ganze doch keinen Spaß“
Caterina wirkte wie ein kleines Kind, dem man seine Süßigkeit angeknabbert hat.

[Maria Penthesilea]

Die Nonne lächelte, fast ein wenig traurig. "Ich vergesse manchmal..." sagte sie leise. "Du bist jung. Und doch dem Tier so nahe." Sie faltete die Hände. "Du bist unter Matteos Schutz. Du kannst dir solche Dinge leisten. Noch." Dann hob sie die Hand. "Aber irgendwann? Bist du Jäger unter Jägern. Andere werden das deine wollen. Du wirst sie jagen. Und sie dich."

Mit ernster Miene legte die Hände hinter den Rücken. "Wir sind nicht Christen. Wir sagen nicht: Sei nicht grausam - Gott hasst es. Wir sind nicht Menschen. Wir sagen nicht: Sei nicht grausam - es ist unmenschlich." Den Kopf schiefgelegt schaute sie die Toreador an. "Wir sagen: Sei nicht grausam - es ist verschwendete Energie. Spiele nicht mit einer Beute. Jage zwei."

Dann wurden ihre Züge etwas weicher. "Welche Grausamkeit kann so erfreuen wie das Trinken? Keine. Warum also nicht zweimal trinken? Und denk immer dran: Du bist Jäger. Aber auch Beute. Es ist unweise, zu spielen. Die Beute... könnte Jäger werden. Jederzeit."

[Caterina]

Auf den Schutz antwortete Caterina nur mit einem ernsten Schnauben.
Ohne zu unterbrechen und hochkonzentriert hörte die Toreador Maria zu. Die Stirn runzelte sich öfters, während der Kopf mal nach rechts, dann wieder nach links gekippt wurde.
Als die Worte verklungen waren, herrschte Stille, denn die Mailänderin dachte noch nach. Sie wägte weniger die Worte ab, vielmehr rief sie sich ihre Beweggründe ins Gedächtnis.

Dann kam ein bösartiges Lächeln über die Lippen: "Ich habe schon viele Dummheiten begangen, doch das Spiel war noch nie eine. Leid und Angst geben dem ganzen eine unvergleichliche Würze. Fast so gut wie Rauschmittel."
Kurz wurde der Blick abwesend und die untere Lippe wurde gedankenverloren geknabbert, bevor sich Caterina wieder auf Maria konzentrierte.
"Es steigert die Ekstase, wenn das Opfer sich aufgegeben hat."

[Maria Penthesilea]

"Wir sind die Jagd", sagte die Nonne stirnrunzelnd. "Was denkst du von uns? Dass wir Angst und Schmerz ablehnen? Das wäre närrisch. Die Jagd ist heilig. Und sie muss ausgekostet werden. Eine Katze spielt ebenfalls mit der Maus. Sie ist auch Jäger. Schmerz und Angst gehören zur Jagd."

Dann verschränkte sie die Arme. "Aber sie müssen einem Zweck dienen. Die Beute reizen, vielleicht? Sie wilder machen. Die Jagd besser. Spannender. Länger. Manche Jagden sind wertvoller ohne Angst. Ohne von der Beute gesehen zu werden. Andere nicht."

Maria Penthesilea schwieg für einen Moment. Dann fügte sie hinzu: "Aber Folter mit Zange und Feuer. Familien zu töten. Grausamkeit um der Grausamkeit willen. Das ist nicht die Jagd. Das ist nicht Gleichgewicht. Das ist... zivilisiert."

[Caterina]

Die Toreador musste schelmisch grinsen, überlegte lange, was sie sagen sollte.
"Wenn dich Vertreter der 'Zivilisation' hören könnten, würden sie dir wehement widersprechen und dir an den Kopf werfen, dass solche Sachen barbarisch sind.", kam schließlich amüsiert hervor, die Worte des Vormunds hallten wieder in Gedanken. Diese Diskussion würde ihm gefallen.

Kurz winkte die rechte Hand ab, während das Grinsen zu einem freundlichen Lächeln wurde: "Ihr seid ohne Zweifel wahre Jäger, doch eure Zivilisation ist meine Umgebung."

[Maria Penthesilea]

"Es ist eine Sache unter Menschen zu leben. In der Zivilisation", sagte die Nonne ernst. "Eine andere ist: Das eigene Wesen zu verleugnen. Der Kult ist groß. Viele seiner Jäger suchen die Wildnis. Andere leben in Städten. Alle jagen. Aber niemand ist deswegen grausam - um der Grausamkeit willen."

Sie legte die Hände hinter dem Rücken zusammen. "Den Geschmack der Angst kostet fast jeder Jäger. Genügt dir das?"

[Caterina]

Fast war Caterina versucht, es Maria nachzumachen. Doch das wäre unnötig lächerlich gewesen und hätte die Jägerin wahrscheinlich gekränkt.
So lächelte die Toreador nur: "Ja. Danke, dass du dir Zeit für die Erklärung genommen hast."

Dann zwinkerte die Mailänderin den beiden Frauen gegenüber zu: "Da ich euch eure Zeit gestohlen habe. Soll ich euch beim Jagen unterstützen?"

[Maria Penthesilea]

"Du stiehlst uns keine Zeit", sagte Maria Penthesilea mit Vehemenz. "Du hast Fragen. Sorgen. Dinge, die dich bewegen. Dinge, die das Mysterium der Jagd betreffen. Gemeinsam finden wir Antworten!" Sie lächelte. "Du bist dem Tier nahe. Das ist weise. Und obgleich du ein Kind bist: Du erkennst viele Dinge."

Dann wies sie auf die nächste Gasse. "Bitte. Zeig uns deine Art zu jagen. Wir lernen stets dazu!"

[Caterina]

"Jetzt? Hier?", kurz huschte Übberraschung auf Caterinas Gesichtszüge.
Doch schnell kam ein freches Grinsen über die roten Lippen und der Blick wandte sich von den Nonnen zu sich selbst.
Theatralisch seufzend begutachtete sich die Toreador. Ihr Kleid war nichts Besonderes doch für ihre Art der Jagd nicht ideal, schon gar nicht im Sumpf Broglios.
"Es muss wohl langen.", kam leise hervor, bevor die Vampirin die Nonnen ansah.
Mit einem Schulterzucken gestand Caterina schließlich: "Ich kenne mich hier nicht aus. Habt ihr hier ein Gasthaus oder einen Ort, wo zwielichtige Männer einzeln herumlungern?"

Sofern die Nonnen bejahten, würde die Toreador die beiden bitten, sie dort hin zu begleiten.

[Maria Penthesilea]

"Es gibt eine kleine Taverne", sagte Maria Penthesilea langsam. "Nichts großartiges. An der Grenze nach Raveccha. Weit vom Jagdgebiet der Schleiche." Und von ihrem eigenen, auch wenn sie das natürlich nicht aussprach. "Warte hier auf uns."

Die Nonnen drehten sich um und verschwanden in den Gassen. Es dauerte etwa eine Viertelstunde, dann kamen sie zurück. Nun trug Maria Penthesilea das Gewand einer Städterin - und hinter ihr schritten zwei junge, Caterina unbekannte Frauen mit dem allzu selbstsicheren Schritt der Jugend.

"Maria Antandre", sagte Penthesilea. Die junge Frau, auf die sie zeigte, nickte Caterina mit einem breiten Grinsen zu. "Und Maria Derinoe." Die andere lächelte schüchtern, auch wenn ihre Augen die Toreador von oben bis unten beobachteten. Caterina konnte eine gewisse Ähnlichkeit der Gesichtszüge entdecken. Verwandte, vielleicht Schwestern?

"Sie wollen lernen", sagte die oberste Jägerin. "Wir werden dich begleiten. Und zusehen."