Von den Gefahren und Regeln des Unlebens [Giacomo]

[Februar '17]
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Acacia
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Von den Gefahren und Regeln des Unlebens [Giacomo]

Beitrag von Acacia »

Der Raum war nicht sehr groß, aber gemütlich. Teppiche bedeckten den Steinboden und schluckten allzu laute Geräusche. Regale standen an den Wänden und waren mit allerlei Dingen gefüllt. Bücher, Schriften und allerlei Tand. Gaben und Geschenke von Verbündeten und solchen die es werden wollte, von Feinden und Freunden. Wachstafeln fanden sich hier ebenso, wie Karten von nahen und fernen Küsten. Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf den vier schweren Sesseln, die um einen Tisch gruppiert waren und dazu einluden sich zusammen zu setzen und sich zu unterhalten.
An diesem Abend hatte eine junge, hübsche Frau Giacomo aufgesucht und ihm mitgeteilt, dass Acacia ihn erwartete. In der letzten Nacht hatte sie ihn bald nach seiner Erschaffung verlassen. War der Prozess doch anstrengend nicht nur für den Geist sondern auch für den Körper und sie hatte ihm Zeit gegeben sich zu erholen. Zu lange sollte er jedoch nicht Zeit bekommen sich Gedanken zu machen, zumal es viel zu lernen gab. Freundlich geleitete die junge Frau, die sich als Rosa vorstellte und kaum älter als sechzehn zu sein schien, ihn zu dem bequemen Besprechungszimmer.
„Die Signora wird sich von nun an jeden Abend hier erwarten um mit dir deine Lektionen durchzugehen.“, erklärte sie freundlich, wobei der Ausdruck in ihren Augen seltsam war. Irgendwann später würde er vermutlich begreifen, dass es das Alter war, welches nicht zu der jungen Optik der Ghulin passte. „Du darfst dich weiterhin frei im Haus bewegen. Ausgenommen der Räume im Keller und den Gemächern der Herrin selbst. Verlassen darfst du das Haus nur in ihrer Begleitung oder mit ihrer Erlaubnis und der Begleitung von mir, Alberico oder Lucianos.“ Ein freundliches Lächeln spielte um ihre Lippen und sie deutete schließlich auf eine dunkle Tür. „Viel … Erfolg heute Abend.“ Vielleicht hatte sie etwas Anderes sagen wollen, doch so knickste sie nur anmutig und eilte dann von dannen als hätte sie andere wichtige Aufgaben, die ihre Zeit in Anspruch nahmen.

Hinter der Tür erwartete ihn bereits die düster schöne Herrin des großzügigen Anwesens. Wie bei ihrem ersten Zusammentreffen war sie überaus korrekt und edel gekleidet, was aber ihrer faszinierenden Ausstrahlung keinen Abbruch tat, die sie geradezu unberührbar erscheinen ließ. Wenn sie wollte, könnte sie sich sicher als von Gott gesandter Engel des Todes ausgeben.
Doch heute hatte sie offenbar anderes im Sinn, denn ein freundliches Lächeln eroberte ihre blassen Lippen als Giacomo den Raum betrat.
„Guten Abend, Giacomo. Wie ist es dir an deinem ersten Tag ergangen?“, erkundigte sie sich aufmerksam und es schien sie wirklich zu interessieren. Selbstverständlich hatte sie bereits eine Ahnung davon, hatten doch menschliche Wächter seinen Schlaf gehütet, auch wenn diese kurz vor Sonnenuntergang verschwunden waren um ihm nicht das Gefühl zu geben überwacht zu werden. Doch die ersten Tage und Nächte waren stets kritisch und sie wollte keinen Fehler begehen. Zu wichtig war er bereits jetzt schon in ihrem Unleben.
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
Wir sind wie Eisblumen, kalt und schwarz ist unsere Macht.
Eisblumen blühen in der Nacht.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Von den Gefahren und Regeln des Unlebens [Giacomo]

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Sein Schlaf war lang gewesen und Giacomo am Ende dessen nicht in der Lage zu sagen, wie viele Stunden er damit verbracht hatte sich von den extremen Strapazen zu erholen, die seine Wandlung geforderte hatte. Vor allem aber jene Sache direkt nach dem ersten Erwachen. Jetzt, wo seine Gedanken klarer wurden, wenngleich sein Körper noch immer ein paar Spuren der Anstrengungen trug, hatte er die Möglichkeit darüber nachzudenken – und diesen unerklärlich starken, anhaltenden Hunger zu spüren. Fast schien es so, als wäre sein abendlichen Erwachen erwartet worden, denn bei einem Blick hinaus wurde nicht nur recht schnell klar, dass die Sonne bereits verschwunden war, sondern die Geräusche von draußen machten auch deutlich, dass sich Bewegungen vor der hölzernen Tür zu seinem Zimmer abspielten. Ein Blick herum verriet ihm, dass dies nicht das Zimmer war, in dem er die erste Nacht verbracht hatte, sondern er nun in einem anderen, noch deutlich geschmackvoller eingerichteten Raum untergebracht worden war. Aus einem inneren Antrieb heraus stand er auf und hatte sich gerade aus dem Nachthemd geschält, als es klopfte. "Einen Moment", raunte er noch etwas schlaftrunken und zog sich zumindest rudimentär an, ehe er die Tür öffnete. Die recht hübsche Frau teilte ihm beflissendlich mit, dass die Dame des Hauses auf ihn warten würde und da er ein gut erzogener Mann war, würde er Acacia natürlich nicht länger als nötig warten lassen. So zog er sich an, band sich die Haare nach hinten zu einem Zopf, doch die dunkelbraune Haarpracht fiel ihm dennoch zu beiden Seiten teilweise über die Schultern, so unbändig und vor allem lang war sie. "Dürfte ich euren Namen erfahren?", fragte der Schiffsbauer höflich bei der Frau, die ihn zur Hausdame geleiten sollte, nach ihrem Namen und Rosa war so freundlich, ihm ihren zu nennen. Da sie nicht nach dem seinen fragte, sah er keine Veranlassung dazu, sich vorzustellen, empfand er das sonst als zu aufgeplustert – einen Charakterzug, den er selbst nicht mochte.

Sie führte den Pisani an eine dunkle Tür, vor der sie jedoch stehen blieb und sich ihm zuwandte. Sogleich forderte Rosa seine ungeteilte Aufmerksamkeit ein. "Ich verstehe", gab er knapp und geläufig zur Antwort, denn er hatte schnell gelernt, dass in diesem Haushalt nicht unnötig um den heißen Brei herum geredet wurde. Außerdem trugen die Augen der jungen Frau, die vermutlich auch eine Tochter von ihm hätte sein können, einen Glanz in sich, der ihn stutzig machte. Da die Antwort seinerseits auch auf die weitere Aussage der Ghulin zutraf, nickte er in diesem Fall nur als Bestätigung, dass er sie gehört hatte. "Vielen Dank und...einen schönen Abend noch." Der Wunsch nach einer angenehmen Nacht klang noch immer sehr merkwürdig für ihn, wenngleich diese Aussage wohl um Längen zutreffender gewesen wäre. Er empfand darin jedoch eine gewisse Anstößigkeit, die ihm nicht behagte, konnte er zudem nicht einmal sagen, dass Rosa nicht ansprechend aussah. Nachdem die junge Frau außer Sichtweite war, legte sich Giacomos Blick auf die dunkle Tür, auf die jene Dame zuvor noch so unverdrossen gedeutet hatte. Neugierde stieg in ihm auf und er trat näher, ohne jedoch die Tür selbst zu berühren. Eher besah er sie sich, als könnte sie versteckte Geheimnisse wahren oder andere Dinge von Interesse für ihn bereithalten. Da er davon ausgehen musste, dass Rosas Worte und ihr Blick eine Aufforderung waren und es sich bei dieser Tür nicht um jene handeln würde, die in Acacias private Gemächer führten, ließ er die Holztür lautlos aufschwingen und fand sich in einem überschaubaren Raum wieder, der der Einrichtung zufolge ein Zimmer für wichtige, langwierige Gespräche war. Interessante Lektüren reihten sich an Karten, die von fernen Ufern kündeten und ihm teilweise nicht unbekannt waren, war sein Beruf doch unweigerlich mit der Seefahrt verknüpft. Giacomo war schon ein wenig herum gekommen, doch viel Zeit blieb ihm nicht, die unterschiedlichen Dinge mit einem schnellen Blick einzufangen, denn da nahm ihn die verfängliche Präsenz der Hausherrin gefangen. Huldigend neigte er knapp das Haupt und schloss kurz die Augen, womit er ihr seinen Respekt zollte, den er unzweifelhaft für sie empfand. Die Freundlichkeit in ihrer Stimme und ihren Worten unterschied sich deutlich von jener, die sie ihm zuvor hatte zuteil werden lassen, als er noch ein Mensch war. "Ich denke gut", gab er als Antwort und fasste damit in Worte, was er selbst empfindete. "Es ist alles noch ein wenig...unklar", versuchte er es so genau wie möglich zu beschreiben. "Aber der Schlaf hat geholfen zumindest meine Gedanken ein wenig zu sortieren." Danach verfiel er in abwartendes Schweigen, denn ihm war klar, dass dies täglichen Stunden, von denen Rosa erzählt hatte, kostbare Zeit waren und Giacomo ging aus einem ihm unerfindlich natürlichen Gefühl davon aus, dass der Unterricht bereits begonnen hatte.
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Acacia
Lasombra
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Re: Von den Gefahren und Regeln des Unlebens [Giacomo]

Beitrag von Acacia »

Acacia wirkte vollkommen passend in dieser luxuriösen, wenn auch nicht prunkvollen Umgebung. Wie sie selbst war der Raum nur mit Gegenständen von feinster Qualität ausgestattet, doch war auf überflüssige Verzierungen oder das Herausstellen der Qualität verzichtet worden. Genauso verhielt es sich bei dem schweren Kleid, welches die Lasombra so selbstverständlich trug wie eine Magd ihre Schürze. Einladend deutete sie auf einen der schweren Sessel und trat selbst vor um sich in dem gegenüberliegenden niederzulassen. Erneut ohne groß darauf zu achten raffte sie ihre Röcke dabei ein Stück und strich sie glatt, während sie sich hinsetzte und die Hände dann locker im Schoß faltete.
„Es freut mich, dass es dir wohl ergeht.“, erwiderte sie erst jetzt auf seine Worte und wirkte dabei durchaus ehrlich. Immerhin war er nun Blut von ihrem Blute und damit ihr Kind, ihre Verantwortung und ihr Stolz. Sie wusste, dass die Prinzessin ihr nicht gern die Bitte gewährt hatte ihn in die Nacht zu holen und so musste diese Geschichte aus vielerlei Gründen ein Erfolg werden. „Ich werde mir jeden Abend einige Stunden für dich Zeit nehmen. Zuerst mehr, dann weniger. Du wirst jedoch nicht nur Unterricht bei mir haben, sondern auch bei Alberico, Luciano, Rosa und anderen. Die Welt, in der du jetzt lebst, ist gefährlich und du musst dich von dem Gedanken verabschieden, dass du erwachsen bist und weißt wie die Welt funktioniert. In der Welt der Kainiten bist du nicht mehr als ein greinender Säugling. Blind und taub selbst für die einfachsten Dinge. Daher habe ich deinen Bewegungsrahmen so stark eingeschränkt, bis ich der Meinung bin, dass du überleben kannst, ohne dass mein Auge schützend auf dir liegt.“, erklärte sie ernst und blickte ihn dabei aufmerksam an. Es war wichtig, dass er diese Grundregeln verstand und begriff, dass sie nichts ohne einen Grund tat. Schon gar nicht ihn einsperren.

„Als erstes musst du lernen, dass du kein Mensch mehr bist. Du musst nicht atmen, du blutest kaum, wenn man dich schneidet und du wirst nicht sterben. Tatsächlich bist du schon tot. Dein Herz schlägt nicht mehr und deine Haut wird stets nur so warm sein wie deine Umgebung. Du kannst auch nicht mehr essen oder trinken und doch fühlst du einen nagenden Hunger, nicht wahr?“ Mitgefühl stand in den dunklen Augen der bildschönen Frau, als sie Giacomo betrachtete. Mitgefühl, das aus selbsterfahrenem Wissen geboren worden war. „Dieser Hunger wird niemals wieder vergehen. Er wird immer an dir nagen und versuchen dich zu übermäßiger Gier zu verleiten, doch das musst du verhindern. Du kannst diesen Hunger nur mit dem Blut der Sterblichen zumindest zeitweise beruhigen, doch er wird nie gehen. Wir nennen dieses Gefühl das Tier. Das Tier ist deine instinktgesteuerte, wilde Seite und ein jeder hat diese in sich und sie ist sehr viel stärker als bei einem Menschen. Das, was einen Mann dazu bringt seine Frau aus Eifersucht zu erschlagen, seinen besten Freund im Streit zu erwürgen, zu fressen und zu sündigen. Das ist das Tier und deines ist nun sehr viel stärker. Es unter Kontrolle zu halten und nicht zu einem reißenden, mordenden Monster zu werden wird die Aufgabe aller kommenden Nächte sein. Das Tier kennt nur drei Emotionen: Hunger, Wut und Angst. Alles drei kann dich in die Raserei treiben. Ein Zustand, in dem du alles was dir vor die Hände kommt tötest ... und du bist nun schneller und stärker und sehr viel schwerer zu verletzen als ein Mensch. Du kannst also gewaltigen Schaden anrichten. Sei dir dessen immer bewusst.“

Für einen Moment schwieg sie und ließ ihn die neu bekommenen Informationen verarbeiten und bewerten, ehe sie erneut die Stimme erhob. „Es gibt nicht viele Wege uns zu töten. Doch Sonne und Feuer sind einer davon. Beides ist absolut tödlich für unsereins und du musst dich davor hüten. Das Tier hat Angst vor dem Feuer und reagiert dementsprechend heftig darauf. Wir werden üben, damit du weißt wie es sich anfühlt, wenn du nun dem Feuer nahe kommst.“
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
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Giacomo di Nicolo
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Re: Von den Gefahren und Regeln des Unlebens [Giacomo]

Beitrag von Giacomo di Nicolo »

Die Wandlung würde wohl für immer ein sehr prägendes und unvergessliches Ereignis in seinem nunmehrigen Unleben bleiben. Die Intensität der Eindrücke, selbst von Sinnen, die er bisher nicht einmal gekannt hatte, war für ihn überwältigend gewesen. Ebenso wie der erneute Anblick jener Person, die ihn diese Wandlung hatte durchleben lassen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, was ihn nun durchzog, als er dieser Frau entgegen trat, die schöner war, als jede andere, die er vor ihr getroffen hatte. Irgendetwas sagte ihm, dass er auch nie wieder eine so umwerfend perfekte Schönheit vor sich stehen sähe. Ihrer einladenden Geste folgend, setzte sich Giacomo, darauf achtend seine Kleidung nirgendswo zu stoßen oder einzuklemmen, auf dem ihn zugewiesenen Sessel und bemerkte er jetzt beim Hinsetzen mit untypischer Erleichterung, dass anders als noch vor einiger Zeit, als er als Lebender in ihr Haus gekommen war, kein Feuer im Kamin prasselte. Sowieso hatte es einige größere Veränderungen in seinem bisherigen Leben gegeben und dankenswerterweise schickte sich seine Schöpferin dazu an, ihm ein paar Dinge näherzubringen. Ruhig und mit seinem aus dunklen Augen auf ihr liegenden Blick hörte er der feinen Dame zu, wenngleich es ihm schwer fiel, sich zu konzentrieren. Da war nicht nur dieses Gefühl, welches er aus seiner jugendlichen Zeit zu erkennen dachte, eine Art verliebte Verlegenheit, die ihn erfasste, wann immer er in ihrer Nähe war, sondern auch etwas, dass sie in Kürze direkt Ansprach. Ein schier unstillbarer, an ihm zehrender Appetit. Zudem beschrieb sie mit wenngleich in seinen Augen etwas überzogenen Worten recht gut seine Situation, beziehungsweise, wie er sich nun fühlte. Alles war neu für ihn. Angefangen vom Tagesrhythmus, bis hin zu seiner eingeschränkten Freiheit. Es würde wohl noch ein wenig Zeit bedürfen, um sich daran zu gewöhnen, doch wenn sie es ihm auf diese ruhige, unaufgeregte Art und Weise erklärte, dann schien es einleuchtend und selbstverständlich zu sein. Nickend, aber schweigend gab er ihr zu verstehen, dass die Beschreibung seines Zustandes zutraf. Zudem signalisierte er so seine Bereitschaft, sich aus dem Infantilismus zu befreien.

Erst jetzt bemerkte der gebürtige Pisani wirklich, dass seine Brust sich weder hob und senkte. Kurz runzelte er darüber die Stirn, denn es hatte ihren Hinweis gebraucht, um ihm dies klar werden zu lassen. Noch nie war der Mann so verständig für seinen eigenen Körper gewesen, hatte sich schon viele Male über das gesunde Maß hinaus geschunden, gerade wenn er an etwas Neuem arbeitete.Für den Moment hielt er seinen Blick auf seine linke Hand gesenkt, die er immer wieder langsam öffnete und schloss, als suchte er nach dem Gefühl für seinen eigenen Körper. Als sie dann jedoch auf das Tier zu sprechen kam, hielt er abrupt inne. Er hatte sich also doch nicht geirrt und dieses Gefühl war wirklich echt. Langsam hob er wieder den Blick zu ihr, sah ihr Mitgefühl für ihn und nickte leicht. "Si", bestätigte er ihre Annahme, die einem lange zurückreichenden Wissensfundus entsprang, wie er aber erst später lernen sollte. Während er ihr nun wieder über eine längere Zeit zuhörte, nahm er dieses Mal seine Augen nicht von ihr, hing geradezu an ihren Lippen, doch schaffte es die allzu offene Befangenheit größtenteils zu verbergen. Als sie geendet hatte, vergingen ein paar Momente, in denen sein Herz damals vielleicht noch in einem leicht aufgeregten Takt geschlagen hätte. Nun spürte er aber nicht einmal den sanften Hauch einer Brise. "Dieser Mann", begann er leise, aber mit fester Stimme, "den sie zu mir gebracht haben. Den ich...getötet habe. Das geschieht, wenn man die Kontrolle über sich verliert?", hakte er nach und auch wenn sein Satz mit einer Frage endete, war in seinen Augen zu erkennen, dass er bereits wusste, dass seine Annahme zutraf. Auf ihre Rückversicherung hin, seufzte er leise und sah er erneut zu seiner Hand hinab, als könnte er die in ihm nun strotzende Kraft förmlich greifen. Nur langsam löste er seinen Blick wieder und sah zu der erkalteten Feuerstelle des Raumes, als Acacia über das heiße Element zu sprechen begann. "Was passiert, wenn wir mit dem Sonnenlicht oder Feuer in Kontakt kommen?", fragte er sie direkt und ganz explizit. Er würde sich ihre Erklärung, so sie ihm denn eine gäbe, in Ruhe anhören.

Da gab es aber noch etwas, dass ihn zu beschäftigen schien. "Muss ich jemanden töten, um den Hunger zu stillen?", fragte er und erst nachdem seine Worte verklungen waren, sah er aus den Augenwinkeln zu ihr, als würde er sich vor der Antwort fürchten. Es war offensichtlich, dass es ihm keinen Spaß machte zu töten und er sich nicht mit der Absicht anzufreunden gedachte, dass dieser Zustand sich eines Tages änderte. Erneut wartete er ihre Worte ab, ehe er in ein länger währendes Schweigen verfiel. "Damals", begann er dann letztlich noch einmal, "half mir meine Arbeit immer mich zu fokussieren. Meine Außenwelt abzuschirmen und mich voll und ganz auf mein Tatwerk konzentrieren zu können waren meine größten Vorzüge und gleichzeitig meine größte Schwäche. Ich bin mehr als einmal an Wassermangel zusammengebrochen, nur um dann für einige Tage das Bett zu hüten." Es lag ein sanftes, fast nostalgisches Lächeln auf seinen Lippen, als er an einen undefinierbaren Punkt vor ihm sah, wobei er jedoch so wirkte, als würde er durch die Wand in die Vergangenheit zurückblicken.
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