Kraut und Unkraut [Angelique]

[März '17]
Benutzeravatar
La Vedova
Kappadozianer
Beiträge: 1271
Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe hatte sich über de Nachricht gefreut, die ihr Sohn ihr überbracht hatte. Die kleine Angelique wollte sich mit ihr treffen, das war genau das Richtige, um sich von den finstren Gedanken und Erinnerungen abzulenken, die sie in den letzten Wochen quälten.
Zwar hatte sie versucht, sich mit Arbeit abzulenken- und davon gab es weiß Gott genug- doch fanden die Schatten ihren Weg immer wieder in ihr Denken.

So hatte sie also beschlossen, das ewige Kind zu einem Spaziergang durch die Felder einzuladen. Es war Frühsommer und die Kräuter waren bereit, geerntet zu werden…oder umgepflanzt, denn sie war zu diesen Stunden nicht nur auf der Jagd nach Blut, sondern auch nach nützlichen Plänzlein, die einen Platz in ihrem Klostergarten finden sollten. Sie hatte die Hoffnung, dass dieser Spaziergang sie vielleicht etwas aufmuntern würde.

Gekleidet in ein naturfarbenes Leinenkleid mit brauner Schürzte, ausgestattet mit einem Weidekörbchen und einer kleinen Handsichel wartete sie früh in der Nacht, kurz nach Sonnenuntergang vor den Stadttoren. Hinter ihr an einen Baum gelehnt stand ein verwegen aussehender Kerl in leichter Rüstung, der sich gerade gelangweilt mit einem viel zu langen Dolch einen Apfel schälte und Seinfredas kritischen Blick gekonnt ignorierte. Er pfiff eine leise Melodie und unterbrach diese fluchend, als seine sorgsame Apfelschalenspirale abbrach und zu Boden fiel.
Seinfredas mahnendes Räuspern ließ ihn verstummen und in den Apfel beißen, bevor er noch mehr tat, um die sowieso schon angespannte Stimmung Seinfredas noch weiter zu reizen.
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4632
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von Angelique »

Und bei der Vogelscheuche im frühsommerlichen Felde gab es plötzlich Bewegung! Es war, als stiege der Strohmann herab von seinem Kreuze und blieb zugleich dort. Aber es war nur ein Trick der Sinne. Es war tatsächlich ein kleines Mädchen, das dort verstecken gespielt hatte und nun leichtfüßig zur untoten Erntefrau lief.

Ein Mi-Parti-Hemdchen über für Mädchen unübliche Beinlige war es, was das Kind trug. Ein Kapuzenmantel wehte hinter ihm, als es sich näherte. Eine Maske trug es gleich einem Helmchen. Und als das Kind diese getragen hatte, glich es tatsächlich einer gruseligen, kleinen Vogelscheuche. Nun aber lächelte eine freundliche Miene aus mondblassem Gesichtchen.

"Herrin Seinfreda", rief das Mädchen erfreut. Ein Spiegel, kostbar aber zerbrochen und eine seltsame Kettenwaffe steckten in Lederriemen, die schmerzhaft eng um den dünnen Oberkörper geschlungen waren. Glöckchen und die Kette der Waffe bimmelten atonal zu einer Melodie, die namenlose Schrecken in der schwarzen Kälte zwischen den Sternen erfreuen mochten.

Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wippte das Mädchen keck vor der eisblauen Dame aus dem Norden auf den nackten Zehenspitzen, die Füsse zerschrammt und mit offenen Schnitten, die nicht bluteten, als sei es über scharfe Steine gelaufen. "Es ist lange her, aber ihr seid schön wie immer, einer aus Liebesleid Verzehrten gleich, dem Sensenmann versprochen."

Die Worte des Mädchen waren ohne Spott gesprochen und lächelnd zauberte es hinter dem Rücken ein Geschenk hervor und hielt es der nordischen Totentänzerin entgegen: Eine Wurzel, die mit Phantasie einem Männlein glich, eine Alraune.
Erwartungsvoll, ob sie das Geschenk annahm, schaute Angelique vom Hause Malkav die Kappadokierrin an.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
La Vedova
Kappadozianer
Beiträge: 1271
Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von La Vedova »

Wie eine Fata Morgana kam die Malkavianerin über das Feld auf sie zugeflogen. Seinfreda blinzelte ihr entgegen und versuchte, die vielen verschiedenen Eindrücke in ihrem Kopf zu sortieren. Hinter ihr hustete ihr Leibwächter, der sich wohl an dem Apfel verschluckt hatte.
Kinderreime schlichen sich in ihre Gedanken, ein Echo von Kinderlachen, von glücklicheren Tagen, von Unbesorgtheit. Und Seinfreda spürte Traurigkeit in sich aufsteigen. Die Dissonanz des traurigen Glöckchens und ein Blick auf die verschrammten Füßchen unterstützen diese Gedanken bloß.

„Oh, kleine Selene, wie schön dich zu sehen, Mondenkind.“

Sie ging in die Knie und streckte die Arme zu ihr aus, würde sich Angelique umarmen lassen?
„Wie recht du hast, und wie im Gegensatz dazu deine Worte so schön sind…“, seufzte sie „Aus Liebesleid verzehrt…Was hast du in deinem Spiegel gesehen? Diesmal muss es wohl die Wahrheit gewesen sein…“
Auf die Alraune reagierte sie vorerst nicht, zu sehr war sie abgelenkt von Auftritt und Worten.
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4632
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von Angelique »

Um die Dame umarmen zu können, warf sie die Alraune dem verblüfften Beschützer Seinfredas zu. "Hier, Apfeltöter, fang!", rief sie neckisch. "Aber Vorsicht, nicht mit deinem Apfel verwechseln! Erstens kostbar, zweitens tödlich. Sie ist unter dem achtbeinigem Pferd gewachsen und der in der Luft Tanzende hat sie mit seinem letzten Samen benetzt, damit sie so stattlich wuchs. Kein Hund musste sterben, um sie zu ernten, denn ich kann ja nicht mehr durch ihren Schrei vergehen."

Dabei lächelte sie so süß, aber ihre Augen glommen im Halbdunkel, dass einem Sterblichen wohl Angst und Bange werden konnte.

Dann warf sie sich in die Umarmung der edlen Vampirdame. Sie war so leicht, mochte Seinfreda finden. "Ach, süße Mutter, wie schön dich zu sehen", gestand sie. "So viele Fragen. Jede Antwort bringt zwei neue. Ich hoffe, du kannst einige beantworten."
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
La Vedova
Kappadozianer
Beiträge: 1271
Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von La Vedova »

Dem jungen Mann gelang es gerade so, den Apfel noch zwischen den Zähnen die seltsame Worzel aufzufangen. Er blickte das DIng in seiner Hand zunehmend skeptisch an, als er den Ausführungen Angeliques lauschte. "Hunghh..?"
Sein fragender Blick wanderte zu Seinfreda, die ihm jedoch nur zu verstehen gab, den Apfel aus dem Mund zu nehmen, was ihn zugegebener Maßen ziemlich dämlich aussehen ließ.
Verlegen wandte er sich ab.

Seinfreda schloss Angelique in die Arme, küsste sie auf die Wange und erhob sich dann. "Das hoffe ich ebenfalls, Mondenkind. Lass uns einen kleinen Spaziergang machen. Sag, welche Fragen sind es, sie dich plagen?"
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4632
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Fast alle, würde ich sagen", gab das Mädchen zu, als es wie in einem Kinderspiel auf dem Weg mal auf dem einem Bein, mal mal auf dem anderen zu hüpfen. Sie sah aus ausdrucksstarken Augen zur totenblassen, fast bläulich gleich einer Erstickten wirkenden Schönheit auf. "Was ist die Wahrheit? Woher kommen wir? Was ist unsere Bestimmung im Plan des Kosmos? Warum sind Orte und Dinge der Sarazenen und Juden so heilig wie die Kirchen guter Christen? Warum sagten die Gelehrten der Heiden einst, die Erde sei rund und hatten so viele gute Argumente, während die Schrift sagt sie sei flach? Warum hört das Meer am Horizont nicht auf? Was sagte Abel zu Kain als Letztes? Macht ein Baum Geräusche, wenn er im Wald fällt, aber niemand da ist, es zu hören? Wohin gehen der Menschen Seelen, wenn sie sterben? Wohin die Unseren?..."
Sie stoppte sich selbst. Fast außer Atem erstarb ihre Stimme. Pein und Verwirrung war in ihrem Gesicht zu lesen.
Sie sank auf die Knie. "Habt Ihr Antworten, edle Seinfreda?", flehte das untote Kind fast verzweifelt. "Haben Eure heidnischen Ahnen Antworten gehabt? Euer als so weise geltender Herr Kappadokius? Kennt Ihr Werke der Alten unserer Art aus der Zeit, bevor Ventrue und Lasombra ihre Märchen ersonnen, die ihre Herrschaft begründeten?"
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
La Vedova
Kappadozianer
Beiträge: 1271
Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von La Vedova »

Die lange Aufzählung ließ Seinfreda zuerst amüsiert lächeln, doch ihre Miene wurde zunehmend ernster, je länger die Liste wurde. Sie war sich nicht sicher, wie ernst die Fragen gemeint waren, sahn dann jedoch wie sehr diese die Seele der kleinen Vampirin quälten. So sehr, dass sogar ihr Körper darunter litt und schir zusammenbrach.
Seinfreda griff nach dem schächtigen Ärmchen als Angelique auf die Knie sank und zog sie zu sich.
"Das sind so viele Fragen. Ich kann nicht alle Antworten wissen, denn es ist unsere Aufgabe, diese zu erforschen.", sie strich ihr übers Haar" Meine Vorfahren hatten einige Erklärungen und Antworten, die Frauen meiner Linie ebenfalls...aber andere. Und vor allem auf deine letzte Frage kann ich dir klar mit ja beantworten."

Sie griff das Mädchen an beiden Schultern "Also, mein Augenstern, gerne möchte ich mir dir über all diese Dinge sprechen, jedoch bin ich auch nicht allwissend, sondern eine Suchende auf dem Weg zu Wahrheit und Erkenntnis. Aber du kannst mich gerne auf diesem Weg begleiten. Doch sag, weshalb geht dir all das so nahe? Woher kommenn auf einmal all deine Zweifel?"


Die blasse Frau nahm Angelique an der Hand und ging mit ihr den Feldweg entlang.


Ihr Beschützer steckte seufzend die Alraune in seine Tasche und folgte den beiden mit einigen Schritt abstand. Dass seine Herrin ihn auf einmal ignorierte, schien ihm nicht viel auszumachen. So pfiff er eine leise Melodie und trat hin und wieder Steinchen vor sich her.
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4632
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Ich sagte ja, dass ich lerne, um der Sophia näher zu kommen. Zuerst tat ich dies, um scholastisch zu bestätigen, was ich zu wissen glaubte. Aber je mehr ich lernte, desto mehr unterschiedliche Sichtweisen und Wahrheiten lernte ich kennen. Bis hin zu schmerzhaft süßer Heiligkeit an Orten oder Reliquien der Juden und Heiden."

Sie suchte die Steine auf Weg und Feld, die der Beschützer forttrat, und murmelte ihnen entschuldigende Worte zu. Als er pfiff, stimmte sie in die Melodie mit ein und sang mit glockenheller Stimme dazu die Verse.

Zu Seinfreda sagte sie zögernd: "Ich warnte die Aufrechten, eine Gruppierung Rechtgläubiger, vor Fanatismus und Manipulation ihrer gerechten Absichten, aber ich erntete nur Hohn und offene Feindseligkeit. Mein eigener Klanbruder verfluchte mich gar und ich versank in höllischen Visionen, die alles gefährdeten, was mir lieb war, und auch Sterbliche zu Schaden kommen ließen. Vorher habe ich gefehlt und geriet auf Abwege meines Pfades. Mein innerer Dämon wurde stärker und es brauchte lange, bis ich mich wieder fing.

Wenn ihr also Wissen der Alten habt, vielleicht gar Schriften, die nicht von Ventrue- und Lasombramärchen zensiert wurden, so teilt es bitte mit mir."

Seinfreda hatte den Eindruck, dass die Kleine es unendlich genossen hatte, als ihre schützende mütterliche Hand sie gehalten und aufgerichtet hatte. Allen eloquenten Redens und enigmatischen Gehabes zum Trotz schien sie im tiefsten Inneren ein Kind geblieben zu sein, das Geborgenheit suchte.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Benutzeravatar
La Vedova
Kappadozianer
Beiträge: 1271
Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe spürte, wie sich ihre Stimmung hob, als Angelique begann zu singen. SIe lächelte liebevoll, ja, vielleicht war dies die Tochter, die sie schon so oft vermisst hatte und von der sie gegelaubt hatte, niemals eine haben zu können.

"Ich möchte dir gerne helfen...aber ich glaube, dass unsere Studien auf Gegenseitigkeit beruhen sollten. Auch du weißt sehr viel, du hast den Kuss lange vor mir empfangen. Gerne will ich dich in den Lehren der Alten unterrichten, doch gleichzeitig würde ich es mit Freude sehen, wenn du deine Gabe mit mir teilen würdest.", sie sah ANgelique an "Denn da sist es, es ist eine Gabe, ein Geschenk. Deine Blicke durch den Nebel der Zeiten, die so oft missverstanden werden. Ich verspreche dir, dich ernst zu nehmen und deine Gabe nicht zu verhöhnen. Meine Mutter, Gunnhild, sie war bekannt für ihre Gabe und ich habe sie bewundert. Man erzählt sich viele Geschichten über ihre Gesichte und ich habe so oft gehofft, dass diese auch mir zuteil würden...doch musste ich feststellen, dass ich zwar wie bei allem in der Theorie allerlei lernen und anwenden konnte...und vieles ist dabei durchaus hilfreich, versteh mich nicht falsch, die wahre Gabe jedoch blieb mir verwehrt."
Angelique konnte erkennen, dass dies tatsächlich etwas war, das die Nordfrau schon lange quälte. Sie sah zum Himmel hinauf und fuhr dich durch die Haare, als hoffte dort oben etwas zu sehen.
Sie sah dann wieder lächelnd zu Angelique hinunter, hielt weiterhin ihre Hand fest.
"Was hälst du davon, jeden Sonntag zu mir zu kommen und mit mir gemeinsam zu studieren? Wir können auch gerne gemeinsam beten oder deine Gabe schulen, wenn du das möchtest, auch wenn ich mir zu letzterem noch ein paar Gedanken machen müsste. Gauis und Georg würden sich sicherlich auch freuen, dich öfter zu sehen."

In ihrem Kopf sah sie schon die kleine Familie vor sich, wie sie gemeinsam gemütlich über einem Körper saßen und von diesem tranken, Blut abzapften und in familiärer Runde den Kelch kreisen ließen. Sie lächelte glücklich.

Mit dem Kind an der Hand ging sie weiter den Feldweg entlang, schnitt hier und dort einige Pflänzlein, die sie dann in das Körbchen legte. Als sie zu einem umgefallenen Baumstamm kamen, setzte sie sich nieder und hob das Mädchen auf ihren Schoß. Sie erinnerte sich noch daran, wie Georg so klein gewesen war und die Erinnerungen mütterlicher Liebe durchströmten sie.

"Was ist die Wahrheit?", fragte sie dann "Im Grund meinen wir damit doch, dass eine Ansicht oder eine Aussage mit dem übereinstimmt, was wirklich geschieht. Wenn wir nach der Wahrheit verlangen, wollen wir den DIngen auf den Grund gehen, wir verlangen nach Athentizität. Und doch...so oft glauben wir nur, die Wahrheit wissen zu wollen, doch viel zu oft wollen wir eigentlich nur unsere Aussage bestätigt wissen.
Ist es nicht so, dass wir die Wahrheit oft hassen, wenn sie uns trifft? WOmöglich ist dies der Grund weshalb die Poeten sie oft in lustige bunte Farben kleiden, in Fabeln. Sodass wir sie von Tieren und Bestien hören und nicht aus Menschenmund...
Ich würde beinahe behaupten, dass es die Wahrheit nicht gibt...oder zumindest nicht in den Köpfen der Menschen. Wir können versuchen, ihr nahe zu kommen und eine Sache so unverfälscht und rein wie möglich zu erkennen...doch fürchte ich manchen, dass es sich damit verhält wie mit Ikarus streben zur Sonne...wie das der Motten zum Licht. Kommen wir der Erkenntnis zu nahe, zerstört sie uns...wenn wir nicht richtig vorbereitet sind. Und doch glaube ich, das das Streben nach Erkenntnis die Antwort auf deine zweite Frage ist: Es ist der Grund unserer Existenz. Nun abgesehen natürlich von den schnöden Schicksalen und Zufällen, Streichen die Fortuna, Armor und andere uns wohl spielen.
Wir existieren, um nach Erkenntnis zu streben und unserer Mutter dadurch näher zu kommen..im Geiste meine ich natürlich. Nur das ständige studieren der Natur um uns herum aber auch der Natur in uns selbst kann uns tatsächlich Schritt und Schritt der Wahrheit näher führen..und somit auch ihr."
Sie sah Angelique vielsagend an und fuhr dem Kind durch die Haare. "Wir müssen ihr dienen und nach ihr streben...sie, die ihre Hände schützend über unser Geschlecht legt und unsere Schicksalsfäden spinnt. Sie, die Mutter der Moiren, die Mutter des Gottessohnes, die heilige Jungfrau Maria. Sie hat uns zusammen geführt, damit wir gemeinsam etwas großes schaffen können. Sie, die Mutter aller Schmerzen...in ihrem Namen werden wir die Schöpfung erforschen, dann das ist es doch, wozu unser Geschlecht befähigt ist. Wir sind der Kelch, aus uns wird der Samen der Erkenntnis wachsen und unser Schoß ist der Ursprung alles Seins. Und gleichzeitig verkörpern wir auch die andere Seite der Schöpfung...wir müssen das Leben auch wieder nehmen. Wir sind die Engel des Todes, die Walküren, welche die Toten in die Paradiese geleiten. Das ist genau so unsere aufgabe. Geben und nehmen, schöpfen und zerstören, gebehren und töten, ein ewiges Gleichgewicht, als dessen Wächterinnen wir auserkoren sind. Und wo Ungleichgewicht herrscht, dort werden wir helfen. Und wo Unwissen herrscht, dort müssen wir lehren. Wo Angst ist, umarmen wir wärmend, wo Übermut ist, lehren wir Furcht."
Benutzeravatar
Angelique
Autarkis
Beiträge: 4632
Registriert: Fr 22. Jan 2016, 14:50

Re: Kraut und Unkraut [Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Sehr gerne möchte ich jeden Sonntag Euch besuchen und lernen und auch lehren, wenn es etwas gibt, was Ihr wissen wollt." Angelique sagte dies freundig und wissbegierig wie eine kleine Schülerin in Vorfreude auf die erste Schulstunde.

Als die fahle Frau Angelique dann auf den Schoß nahm, war diese zuerst erschrocken und versucht die Distanz schaffende Maske über das Gesicht zu ziehen. Doch es war zu schön, zu verlockend, auf dem Schoß einer liebevollen Frau zu sitzen, an mütterlichen Busen gepresst.
Erinnerungen kamen hoch, die bald hundert lange Jahre in der Vergangenheit lagen. Als ihre eigene Mutter sie an sich drückte. Einer der seltenen Momente, wo sie sich die Zeit nahm, sie zu liebkosen, zu beruhigen und zu beschützen.

Dieses Gefühl der Geborgenheit! Ihm konnte Angelique nicht widerstehen. Schnurrend wie ein Kätzchen schmiegte sie sich an die untote Muttergestalt, schloss sogar die großen, wachen Eulenaugen. Das hatte sie bisher nur bei Gaius getan -und bei Alerios feurigem Biss natürlich.

Sie seufzte aus tiefsten Herzen und lauschte den für Sterbliche und Kainiten gleichermaßen den Ruch von Ketzerei beinhaltenden Worten.
Still zustimmend und geborgen kuschelnd hörte sie einfach nur zu.
Als die Sprache auf die vielen Namen der Muttergöttin kam, merkte sie auf wie ein Kätchen im Schlaf.
"Mutter der Moiren? Meine Sire nannte sie Nyx und sagte, sie sei von ihrer Sire, die heidnisch war, verehrt worden. Meine Traditionen der Weissagung gehen aus die Hellenen und die Ertusker, bei denen mein Haus einst hoch angesehen war, bevor die Ventrue kopflos und feige wurden und die Lasombra sich zurecht begannen, vor ihrem eigenen Schatten zu fürchten."

Irgendwie klang alles, was Seinfreda sagte, wie ein Echo der Lehren ihrer eigenen Erzeugerin. Für einen Moment argwöhnte sie fast, diese habe sich mit der mystischen Maske angetan und stelle Seinfreda dar, so ähnlich klangen sie.

"Folgst du denselben Lehren wie meine Erschafferin?", fragte sie schließlich staunend.
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
Gesperrt

Zurück zu „997“