Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

[März '17]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Angelique
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Angelique »

Jetzt wirkte das kleine Wesen wirklich wie ein neugieriges Kätzchen. Es bekam große Augen und setzte eine Miene auf, wie ein wollüstiges Weib, das unbedingt bekommen wollte, was es begehrte.
"Ihr sprecht die Zunge der Sarazenen? Welch Glück! Lasst uns tauschen! Ihr lehrt mich die Sprache der Muselmanen und ich Euch die der Juden. Überdies kann ich Euch mit jüdischen Gelehrten bekannt machen, denn mein geliebter Roger, mein Vasall, beschützt die jüdische Gemeinde von Genua, da es sonst keiner zu tun gedenkt, wie es Christenpflicht wäre."
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Ilario
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Gut, abgemacht. Je mehr Sprachen man spricht und lesen kann, desto mehr Türen zu bisher verborgenem Wissen öffnen sich. Lehren wir uns also gegenseitig die Sprachen der Andersgläubigen. Und ihr macht mich mit diesem jüdischen Gelehrten bekannt, er kann mir sicherlich in theologischen Fragen zu ihrer heiligen Schriften weiterhelfen."

Ilario war ebenso sichtlich erfreut in Angelique ein Kainskind gefunden zu haben, das mindestens genauso begeistert an Fremden Sprachen war wie er selbst.
Da fiel ihm etwas ein, eine Bekanntmachung von der ihm berichtet worden war.


"Wo wir gerade beim Thema sind: Es wird wohl im Senat angeregt eine Sondersteuer einzuführen. Sicher habt ihr davon gehört wenn euer Vasall die jüdische Gemeinde schützt. Aber steht die Gemeinde denn nicht unter dem Schutz des Grafen und zahlt Abgaben? So kenne ich es von anderswo, auch wenn mir die rechtlichen und steuerlichen Zusammenhänge fremd sind."
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Angelique
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Angelique »

Angelique stutzte. Sie wirkte tatsächlich überrascht. Eine kleine, niedliche Zornesfalte erschien auf ihrem Gesicht.
"Nein, das wusste ich nicht", gestand sie, "ich lese das wertlose Gefasel dieses impotenten Händlergremiums nicht. Es würde ja jederzeit vom Grafen annuliert werden, wenn es sich in wichtige Dinge einmischen würde, schätze ich."

Sie knirschte mit den kleinen Fangzähnchen und ballte das Fäustchen. "Es ist eine Unverfrorenheit, dass die meinen geliebten Roger, der, ob wohl landlos, tausendmal höher steht als all diese Schacherer und Zöllner zusammen, übergehen, obwohl er sich seit Jahren um den Schutz der Juden kümmert, wo diese gierigen und faulen Piraten das Gebot des Kaisers immer missachteten.

Jetzt kommen sie an und wollen Geld für die Arbeit, die Roger macht? Diese hypokritischen Pharisäer! Wenn kein Vampir dahintersteht, mache ich die Verantwortlichen alle fertig, bevor mein liebster Roger sich an ihnen die Finger schmutzig machen muß! Und wenn einer der Unseren so impertinent ist, werde ich ihn daran erinnern müssen, dass beim letzten Hoftag Aurore selbst mir die Juden zusprach."

Sie atmete scheinbar genervt tief ein und aus. "Verzeiht meinen Ausbruch. Und vielen Dank für diese Information."

Wenn das kleine, magere Mädchen wütend wurde, sah es einfach zu putzig aus, konnte man finden.
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Ilario
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"So seid ihr per prinzlichem Dekret die kainitische Schutzherrin der jüdischen Gemeinde Genuas? Wenn also tatsächlich ein Nachkomme Kains dahinter stecken sollte, wäre dies ein Affront, ein Angriff, auf euch. Habt ihr derartige Feinde?"

Vielleicht wollte hier auch jemand mit Einfluss im Senat testen wie weit Angeliques Beschützerinstinkt und ihr eigener EInfluss reichte. Ilario kam jedoch noch ein anderer Gedanke.


"Vielleicht möchte der der dahinter steht, ob sterblich oder nicht, die Stadt Genua und die weltliche Schutzmacht, der Graf vermutlich, der Juden entzweien. Was auch immer man sich davon verspräche."


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Angelique
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Angelique »

Angelique beruhigte sich zusehens wieder, lächelte sogar milde. Ihre Gelassenheit wirkte im starken Kontrast zu ihrem vorherigen Ausbruch und mutete etwas unheimlich an. Gut gespielt oder doch ein quecksilbernes Temperament?

"Unter denen meines Standes habe ich nur Freunde", beschwichtigte sie. "Und ob einer aus den Hohen Häusern der Verdammnis so tief sinken könnte, mich als Feindin zu sehen, vermag ich nicht zu sagen. Ich sollte Nachforschungen anstellen und abwarten, ob der Senat seinem Namen als Ältestenrat entspricht oder eher von dem Wort senil ableitet, so ein unverfrorenes Dekret zu beschließen. Ich muß versuchen, den gerechten Zorn meines Chevaliers zu zügeln, der seit Jahren den Rechtsbeistand für die Juden macht, wenn er davon erfährt. Eine Fehde kann ich mir nicht leisten"
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Abgesehen davon, dass hier vielleicht jemand Unfrieden stiften und die Juden Genuas zur Kasse bitten will: Besteht denn die Gefahr von großen Übergriffen gegenüber der Gemeinde? Ich frage weil die jüdischen Bewohner oft als erstes unter Missständen leiden beziehungsweise dafür verantwortlich gemacht werden und weil ich von verschiedensten Kulten hörte. Predigern die das nahe Ende der Welt, das jüngste Gericht, verkünden und die Stimmung in der Stadt aufheizen."

Ganz abgesehen von der Gefahr für andersgläubige Sündenböcke war solches Überkochen religiöser Gefühle wohl auch eine beträchtliche Gefahr für Kainiten.
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Angelique »

"Der einzige von Unseresgleichen, der sich solcher Kulte bedient und solche Stimmung unter dem Pöbel macht, ist der wohlwerte Ferrucio, ironischerweise ein Papist, die ja bekanntlich sonst solchen Volkseifer bekämpfen, und noch ironischer ein Mitglied meines Hauses."

Sie bemühte sich neutral zu bleiben, aber man konnte hören, wie sehr sie Ferrucio und das, was er tat, missblilligte.
Sie zuckte mit den schmalen Schultern. "Wahrscheinlich wird er irgendwann die Massen genug aufhetzen, dass sie die Juden und alle, die ansonsten nicht exakt seiner Auslegung des Glaubens folgen, umbringen - mich inklusive."
Sie grinste fröhlich.
"Da kann man nichts machen. Die Weisen sagten einmal: Gegen Dummheit kämpfen selbst Götter vergeblich."
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Dieser Ferrucio, er scheint eine Gefahr für uns alle zu sein. Dem Klerus war stets bewusst welche Gefahr solche Prediger darstellen können. Als Freund wie als Feind. Doch unter Kainiten... Ich werde mich umhören und wenn wir uns wiedersehen sollten wir noch einmal über euren Anverwandten reden."

Ilario überlegte einen Moment, ehe er den Anlass des Untergangspredigers beim Schopfe griff und das Thema ansprach.


"Er und auch andere predigen ja, dass das Ende aller Tage, das jüngste Gericht bevorsteht. Wie seht ihr das? Glaubt ihr es steht bevor?"


Eine gefahrvolle Frage, vor allem wenn man ein Orakel vom Blut Malkavs fragte. Doch Wissen jeder Art war Unwissenheit vorzuziehen, egal die bitter und schmerzlich es sein mochte. Dies war eben Ilarios Art.
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Angelique »

Angelique legte abschwätzend den Kopf schief. "Alles wäre so einfach, nicht wahr? Alle Antworten und Gerechtigkeit für alle noch in dieser Generation. Es wäre zu schön, wenn der MAnn käme und die Spreu vom Weizen trennt."

Sie seufzte schwer. "Ich versuchte den Glaubensbrüdern unter uns zu erklären, dass die tausend Jahre nicht nach der Geburt, sondern nach der Entrückung zu rechnen wären, wenn man es denn so wörtlich auslegen würde. Aber ich wurde verspottet und vertrieben, alleine dafür. Hätte ich erst damit begonnen vorzurechnen, dass für den HErrn tausend Jahre ein Tag sind und wir noch eine halbe Ewigkeit warten könnten, hätten sie mich vermutlich gelyncht.

Und außerdem argumentieren sie doch so gerne mit dem Allerersten, Kain. Die Prophezeiungen, die ihm zuteil wurden, lassen sie aber außer acht oder verfälschen sie gar. Ich sehe noch nicht alle Zeichen, die von der Ghenna künden."

Sie lächelte überaus traurig. "Nein, ich glaube nicht einmal, dass das Zeitalter begonnen hat, wo der Satan entfesselt wurde, der tausend Jahre herrschen soll, selbst wenn etliche von uns diese Ambition haben.
Wir werden noch lange Gelegenheit haben, unser falschen Entscheidungen zu bereuen."

Sie lachte wieder hell und sorglos. "Aber das ist nur die Meinung eines närrischen Weibes. Die ganzen Eschatologen werden sicher Recht behalten und ich muss nicht die nächsten Jahrhunderte an mich halten, sie nicht dafür auszulachen."

Sie schaute wieder etwas düsterer. "Was aber die apokalyptischen Reiter angeht, gallopieren sie mal hierhin und mal dorthin und es mag sich anfühlen wie die Gehenna. Auch Genua sollte sich sich nicht zu sicher fühlen.
Und alle Schiffsherren und alle Steuerleute und die Seefahrer und die auf dem Meer arbeiten standen fernab und schrien, als sie den Rauch von ihrem Brand sahen: Wer ist der großen Stadt gleich? Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und schrien, weinten und klagten: Weh, weh, du große Stadt, von deren Überfluss reich geworden sind alle, die Schiffe auf dem Meer hatten; denn in einer Stunde ist sie verwüstet!"
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Re: Halbmond und Halbwissen [Angelique, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Ilario nickte düster, wer konnte schon sicher sein in solchen Dingen? Außer vielleicht die schlichtesten Gemüter.

"Wir werden es alsbald erfahren. Doch ich denke ihr habt recht, Gehenna steht noch nicht bevor. Die Zeichen... sie sind entweder nicht erkennbar für uns oder noch nicht eingetreten. Zwar sind Prophezeiungen so eine Sache, doch denke ich das Ende aller Tage wird weder still und leise, noch ohne Ankündigung vonstatten gehen."


Irgenndwann würden sie alle vor ihren Schöpfer treten und gerichtet werden. Im Geist des Magisters war kein Zweifel daran. Woran sie jedoch gemessen würden, ob sie alle der Verdammnis anheimfallen würden oder nicht, daran schieden sich die Geister. Ilario ließ jedoch nicht erkennen in welche Richtung er tendierte. Falls überhaupt.
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