Tribute [Titus]

[Fabrizio]

Die Magdalena war am Nachtmittag mit einer Flaute rudernd in die Bucht eingefahren und hatte dann draußen geankert statt in den Hafen einzulaufen.

Kurz nach Sonnenuntergang legte schließlich das Beiboot ab und wurde im Mondlicht von vier Mann richtung Burgus gerudert.
Direkt am Strand unweit der Einmündung des kleinen Flüsschens, am Fuße des alten Wachturms landeten die Freibeuter.

Vom Strand her machte sich schließlich die kleine Gruppe daran zu den Palisadenbefestigungen des Dörfchens emporzusteigen.

Es war Capitano Fabrizio der vorweg ging, in leichter Rüstung doch offenbar ohne Waffen.
Ihm folgte einer seiner Leibwächter mit den grotesken unpersönlichen Masken. Dieser hielt eine Fackel und leuchtete wohl den nach ihm schreitenden.
Die anderen beiden Leibwächter trugen ein etwa Manngroßes Bündel auf den Schultern...

Sie hatten das Ding nach den letzten vorfällen gut verpackt.
Ein Knebel war in sein Maul gestopft und es war mit festem Seil komplett verschnürt, die Arme und Beine der länge nach eng fixiert. Darüber hatten sie es am ganzen Körper mit eingetunkten dünnen Stoffbahnen umwickelt wie eine Mumie, um den Gestank etwas abzuhalten. Und dann hatten sie es abschließend auch noch gut in grobes Leder eingeschlagen, um das ganze noch weiter zu fixieren, abzudichten und den Inhalt etwas optisch zu kaschieren.
Und trotzdem zuckte und wandt das Bündel sich unermüdlich. Dumpf konnte man von nahem ein schrecklich widerliches Ächzen und Stöhnen vernehmen in der Stille der Nacht, die sonst nur durch das schwere Atmen und die knirschenden Schritte der Träger durchdrungen schien.

Alle Tiere waren verstummt oder längst geflohen, als ihnen die seltsame Prozession entgegen kam.
Mit gutem Blick würde ein Beobachter die Körperform wohl noch aus guter Entfernung erschließen können. Eine Leiche? Mit noch besserem Blick könnte man die zuckenden Bewegungen erahnen. Ein Gefangener?

[Titus]

Das Dorf Burgus lag ruhig und verschlafen da, wie eigentlich jede Nacht. Am Tor waren ein paar Fackeln aufgestellt und ein Wachfeuer, um die Straße von Genua nach Burgus zu beleuchten.

Als sich die kleine Prozession auf den Weg, die Palisade entlang machte auf das Tor zu, kam ein jüngerer Wachmann der Miliz zu Titus gelaufen, der gerade die Wachen auf der anderen Seite des Dorfes inspizierte und berichtete ihm von der nahenden Gruppe Matrosen, die kurz vor Burgus lagen.

Titus trug über einem ledernen Gambeson seine Kettenrüstung. Beinkleider und Tunika waren aus dunkler Wolle gewebt und feste Schnürstiefel beherbergten seine Füße. Das große Schwert war auf seinem Rücken festgeschnallt und er hatte eine dunkle Kapuze über den Kopf gezogen.

Kurz bevor Fabrizio das Tor erreichte, war Titus dort angekommen. Das Tor war geschlossen und die Wachen auf der Palisade rief mit lauter Stimme hinunter zu der sich nähernden Gruppe.

"Heda, wer seid Ihr und was wollt Ihr?"

Der Ruf war nicht besonders unfreundlich, doch er hatte das gesunde Mistrauen eines Menschen, der Nachts das Tor bewachte, in der eigentlich keine Besucher mehr ins Dorf kommen sollten.

[Fabrizio]

Als er schließlich so von der Wache angerufen wurde, hob Fabrizio erst einen Arm, um damit die Prozession zum stehen zu bringen, dann den anderen um zu zeigen dass er als Freund und unbefwaffnet kam.

Dann erst räusperte er sich und rief gut vernehmbar zurück.

"Ich bin Fabrizio Begado und das sind meine Männer. Ich komme nach Burgus, um meinen alten Freund Benedetto im Kloster zu besuchen. Ich habe ein Geschenk für ihn."
Seine Stimme klang befehlsgewohnt und rauh, gewohnt und erfahren vom Umgang auf See.

[Titus]

Zunächst geschah nichts, dann wurde das Tor einen Spalt weit geöffnet, so dass ein Mann hindurch treten konnte. Diese Mann war Titus, der aus dem Tor heraus und vor Fabrizio und seine Gruppe Männer trat. Er hatte seine Kapuze soweit zurück gezogen, dass sein Gesicht in dem nahen Wachfeuer gut zu erkennen war. Seine Arme verschränkte er vor der breiten Brust und der misstrauische Blick traf den des Capitano.

"Gott zum Gruße, Fabrizio Begado. Es ist lange her, seit Ihr das letzte Mal nach Burgus gekommen seid."

Die tiefe Stimme des Kappadozianers transportierte das Misstrauen deutlich zu dem Seefahrer. Sein Blick fiel auf das eigenartige Paket, dass seine Männer auf der Schulter trugen, bevor er schließlich wieder zu Fabrizio blickte.

[Fabrizio]

Der Lasombra schien kurz nachdenken zu müssen.

"Gott zum Gruße, wohlwerter Liktor Titus."
Zugleich machte er einen eher symbolischen Schritt zu auf den Ritter mit den gekreuzten Armen.

"Da habt ihr recht. Und doch kam ich, bereits seit ich das erste mal Anker warf in dieser Bucht, über Jahrzehnte immer wieder in Freundschaft an die Pforte der Kappadozianer und ihres verehrten Primogens Benedetto." Dabei neigte er das Haupt höflich, als wolle er damit in Abwesenheit bereits dem Benedetto erste Ehre erweisen.

"Wir allerdings haben uns tatsächlich überhaupt das erste mal gesehen, an jenem letzten Hoftage, nicht wahr? Kein guter Anlass für einen ersten Eindruck." Er seufzte, allerdings etwas gekünstelt.

"Und doch sind eure Taten mir nicht unbemerkt geblieben. Ihr habt über so viele Jahre gute Arbeit geleistet hier, bei der Ausbildung der Milizen Burgus. Hättet euch sogar beinahe selbst geopfert im Auftrag der höchst verehrten Prinzessin. Und jetzt seit ihr Liktor, zurecht, und sicherlich eine gute Wahl." Tatsächlich nickte der Lasombra anerkennend.

[Titus]

Titus nickte.

"Ich erinnere mich, dass der verehrte Benedetto hin und wieder von Euren Besuchen sprach. Und Eure Besuche sind bei ihm in guter Erinnerung geblieben, zumindest soweit er mir davon erzählt hat."

Doch das Misstrauen blieb weiter hartnäckig in seiner Stimme, wie auch sein Blick und sein Gesicht keine Spur freundlicher wurden.

"Doch war das alles vor der Nacht des Prozesses und der Offenbarung Eurer Taten. Ihr solltet wissen, dass Alerio ein Freund und Verbündeter war, den Benedetto sehr geschätzt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob es Euch gelingt, ihn mit diesem...Geschenk zu besänftigen."

[Fabrizio]

Fabrizio schien einen langen Moment zu überlegen wie er mit diesem misstrauischen Kettenhund weiter umgehen sollte.

"Wohl wahr. Alerio hat einen düsteren Schatten über unsere Freundschaft gelegt. - Ich kann also nur darauf hoffen, dass Benedetto noch immer so weise und klug in seinen Abwägungen ist, wie ich ihn damals kennen lernen durfte. Dass er erkennt wer Freund und Feind ist."

Eine wohlüberlegte Pause.
"Vielleicht wird er mich empfangen, vielleicht auch nicht. Werdet ihr ihn dies also entscheiden lassen? Oder seid ihr bereits derjenige der mich abweist?"

[Titus]

"Er wird entscheiden...ein Bote ist zum Kloster unterwegs und wird mir seine Antwort bald mitteilen. Doch bis dahin muss ich Euch bitten vor den Toren Burgus zu warten und mit mir vorlieb zu nehmen."

Ein etwas skeptischer Blick fiel erneut auf das sich immernoch windende Geschenk, dass Fabrizios Männern auf den Schultern trugen.

"Wen oder was auch immer Ihr dort mit Euch tragt, ich hoffe für Euch, dass es Leib und Seele der Bewohner des Dorfes Burgus nicht gefährden wird, oder gar die von Benedetto."

Der letzte Satz enthielt beides...eine Frage und eine Drohung und entweder war Titus nich tbesonders gut darin diese zu verstecken, doer er wollte es einfach nicht.

[Fabrizio]

"Ablegen." Befahl er trocken nach hinten. "Wir werden hier eine weile warten..."

Daraufhin traten die Ghule mit ihrem unangenehmen Bündel neben Fabrizio und legte es vorsichtig ab. Sogar geradezu übervorsichtig, so als wäre dabei schoneinmal etwas sehr unerfreuliches passiert.

Fabrizio indessen setzte sich einfach stumpf auf das Bündel und machte es sich trotz des stummen ächzens und stöhnens mit ausgestreckten Beinen darauf bequem.

"Keine Sorge." Erklärte er leicht spöttelnd. "Ich bin ja dabei und beschütze euch."

Dann schwieg er eine Weile und musterte den Streiter Gottes vor sich einfach nur.

Schließlich plapperte er in überraschend freundlichem Ton einfach drauf los was ihm wohl gerade als erstes auf der Zunge brannte.

"Sagt, werter Titus, woher kommt ihr eigentlich? Also ich stamme ja aus Venedig."

[Titus]

"Das ist nett von Euch..."

Das deutliche Missfallen in seiner Stimme war nicht versteckt und nicht maskiert. Seine Augen verengten sich ein wenig über den Spott des Lasombra, ließ es abre bis auf die paar Worte soweit unkommentiert. Er beobachtete ihn, wie er sich auf das Paket setzte und sah ihn von oben herab eine Weile an.

"Ich stamme aus dem Landstrich nördlich von Neapel am Fuß des Vesuvs unweit von der Küste. In der Zeit, in der die Sarazenen den Landstrich überfallen und verwüstet haben, begann mein Weg in die Nacht."