Die San Donato Kirche erhob ihr stolzes Haupt an dem Punkt, an dem die besten der räudigen Ecken Claviculas, die lieblich nach Mist duftenden Hühnerhöfe Broglios und die Gassen des emsigen Raveccas aufeinander trafen. Von zwei Seiten von einem Platz eingerahmt konnte man ohne Probleme das Seitenschiff, den kunstvoll verzierten Turm und das schlichte Eingangsportal bewundern. Grauer Stein war zu einer Mauer aufgetürmt worden und die Fenster zierte keinesfalls das bunte Glas, welches man hier erwarten mochte. Stattdessen waren die schmalen Öffnungen lediglich mit Wachspapier verschlossen. Allerdings hatte wohl jemand ein Hauch von Heimeligkeit und Pracht erzeugen wollen und so brannte zu jeder Tages- und Nachtzeit in jedem Fenster eine Kerze, so dass diese stets von goldenem Licht erfüllt waren.
Betrat man das Innere der Kirche so fand man sich in einem beinah enttäuschend schlichten Bau wieder. Der Boden war mit Granit ausgelegt worden, der zwar sauber gescheuert, aber vollkommen schmucklos war. Die Säulen, die das Hauptschiff trugen, waren von schlichter Beschaffenheit und nur wenige Verzierungen waren an ihren Kapitellen zu entdecken. Die Wände waren immerhin verputzt, aber beinah überall kahl. Lediglich kunstvolle Kerzenleuchter waren in gleichmäßigen Abständen an ihnen angebracht. Holzbänke standen in ordentlichen Reihen bis kurz vor den Altar.
Der Altarraum selbst war ein wenig prachtvoller als die Kirche selbst. So bestand zumindest der Altar selbst aus Marmor, auch wenn der Rest nur wenig Gold und Prunk aufzuweisen hatte. Allerdings waren die hölzernen Heiligendarstellungen von solider Handwerkskunst und ordentlich gearbeitet. Zwei Heiligenstatuen standen jeweils links und rechts an den Wänden. Neben ihnen je eine Tafel aus grauem Schiefer. Auf diesen waren in lateinischer Sprache die Gebote Kains und die Regeln dieses Ortes zu lesen. Am Tage jedoch waren an diesem Ort lediglich graue Schieferplatten ohne jede Aufschrift zu finden.
Alles in dieser Kirche wirkte bemerkenswert neu und unverbraucht. Ganz anders als ihr äußeres Erscheinungsbild, welches schon einiges an Jahren gesehen hatte.
An den Wänden standen in diesen nächtlichen Stunden in regelmäßigen Abständen Männer in schwarzen Wämsern, bewaffnet mit Schwert und Pflock, die die Anwesenden mit ruhigem Blick zur Ordnung aufriefen.
Die Herrin dieses Ortes war hier selten durch Zufall anzutreffen, doch stets stand eine
junge Frau bereit die Wünsche und Nachrichten an ihre Herrin weiterzutragen.
Auf der linken der Schiefertafeln konnte man die sechs Gebote Kains entdecken:
Der Bund
Durch dein Blut wirst du zu meinem Nachkommen, geschaffen nach meinem Bilde.
Mein Fluch sei dein Fluch, meine Erlösung deine Erlösung.
Ich stehe vor dir und über dir als Regent Gottes. Ich bin der Weg, meine Traditionen sind der Bund.
Verleugne mich und du verleugnest alle Hoffnung.
So sprach Kain.
Domäne
Wie ich Herr über Nod bin, so ist deine Domäne deine eigene Angelegenheit.
Du bist ihr Herr und alle werden dies achten oder deinen Zorn auf sich ziehen.
Wer deine Domäne betritt, der soll sich dir zeigen und du wirst ihn schützen.
Wer in deiner Domäne lebt, dessen Blut steht dir zu.
Nimm diese Verantwortung an und erweise ihr Respekt.
Wer achtlos mit ihr umgeht, der bricht den Bund mit mir.
So sprach Kain.
Nachkommenschaft
Zeuge andere nur mit dem Segen deiner Ahnen.
Zeugung liegt in der Gewalt derer, die mir am nächsten sind. Denn sie werden von mir gerichtet.
Wer sich hiergegen wendet, bricht den Bund mit mir.
So sprach Kain.
Rechenschaft
Die du zeugst sind dein eigen Blut. Ihre Sünden sind die deinen.
Ihr Blut und ihre Strafen gehören dir.
Bis du sie entlässt.
Wer dies verweigert, bricht den Bund mit mir.
So sprach Kain.
Vernichtung
Es ist dir verboten das Blut eines anderen zu vergießen, der älter ist als du.
Dieses Recht steht nur denen zu, die mir nahe sind.
Wer sich gegen seine Ahnen erhebt, bricht den Bund mit mir.
So sprach Kain.
Die Stille des Blutes
Nie sollst du dich denen zu erkennen geben, die nicht von meinem Blut sind.
Wer so handelt, bricht den Bund mit mir.
So sprach Kain.
Auf der rechten der Schiefertafeln waren die Regeln des Elysiums aufgeführt.
Es ist unter allen Umständen verboten Vitae in irgendeiner Form zu vergießen.
Es ist unter allen Umständen verboten die Gaben Kains in diesen heiligen Hallen zu nutzen.
Jegliches Mitführen und jeglicher Nutzen von Waffen ist untersagt.
Jeglicher Streit hat verbal geführt zu werden.
Die Stille des Blutes gilt an diesem Ort, sobald uneingeweihte Menschen zugegen sind.
Gebannt aus diesen Hallen sind
Unter jenem letzten Satz war eine Holztafel angebracht auf der im Moment keine Namen zu finden waren.
Etwas hatte sich verändert in den heiligen Hallen. Im ersten Moment war es nur ein Gefühl, das an nichts konkretem festzumachen war. Erst als sich die Augen an das Dämmerlicht der Kirche gewöhnt hatten und der Blick auf das Gewohnte, ja beinah schon Gewöhnliche fiel, konnte ein Auslöser für jenes diffuse Gefühl gefunden werden. Die stillen Wachen, die beinah schon zur Einrichtung gehörten, waren …. anders. Ganz in schwarz hoben sie sich kaum von den Schatten, in denen sie standen ab. Dunkle Hosen, Wämser, ja selbst Handschuhe verdeckten ihre Haut. Ein Schleier aus schwarzer Kette verdeckte ihre Züge und selbst wer genauer hinsah erkannte nur ebenso nachtfarbene Stoffmasken die sich über ihre Gesichter spannten und Mund und Nase verdeckten. Helme mit Kapuzen darunter verdeckten Haar und Stirn. Darüber trugen sie ebenso dunkles Leder von guter Machart und erst wenn sich einer von ihnen bewegte – was selten genug vorkam – konnte man die in dunkelstem Gold eingeprägten Zierleisten erkennen. Dazu waren sie schwer bewaffnet. Ein jeder trug einen Bogen persischer Machart über der Schulter, dazu ein Köcher gefüllt mit schwarz-gold gefiederten Pfeilen, ein Schwert war an die Hüfte gegürtet – gleich neben einem geschwungenen Dolch und drei bösartig wirkenden Pflöcken.
Ja, etwas hatte sich wirklich verändert.
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Wieder wurde etwas verändert im Elysium. An einer der Wände wurde ein Waffenständer aus Holz an die Wand gehangen. Darüber prangert eine Tafel in der einige Worte eingraviert sind:
"Den gefallenen Liktoren zum Gedenken - soll ihr Opfer bei der Erfüllung ihrer Pflicht uns Vorbild und Mahnung sein."
Die oberste Waffen sind zwei schlichte Dolche, die vom Griff her eher unauffällig wirken. Dafür ist ihre Klinge ziemlich filigran geschmiedet. Waffen, die sehr gut in Kinderhände passen. Mittig darunter auf einer Plakete steht geschrieben:
983 - Alerio Casari, Neugeborener vom Clan der Lasombra.
Auf der zweiten Ebene befindet sich ein Gladius, ebenfalls ziemlich schlicht und oft gebraucht. Erst auf dem zweiten Blick sieht man, dass unter dem Eindruck des Abgegriffenen eine schöne Schlichtheit steckt, etwas, dass ihren Träger, den Menschenfreund auszeichnete:
983 - Antigonos Kydones, Neugeborener vom Clan Brujah.
An dritter Stelle prangert ebenfalls ein Gladius, der sich aber massiv von dem darüber hängendem Schwert unterscheidet. Er ist deutlich kürzer. Seine Klinge ist poliert und mit schlanken Rosen übersäht. Der Griff ist mit hellem Leder umwickelt und ein hübscher, roter Schmuckstein ziert den Knauf. Die Plakette darunter gibt einen Namen zu der Waffe preis:
994 - Matteo Floravante di Ventura, Neugeborener vom Blut der Rose.
In Nischen sieht man nun, schon seit ein paar Jahren, wenn man das Elysium betritt, vertraute Gesichter aus Stein stehen.
Weisse und schwarze Statuen aus dem besten Marmor zieren die Halle.
Unter den Weißen findet sich:
Acacia
beinahe so schön, wie in ihrer fleischlichen Form, schaut sie stolz und erhaben auf die Gäste ihres Elysiums. Lange eingemeißelte Kleider fließen in weissem Glanz bis zum Boden. (7 Erfolge)
Brimir
hockt, eine Axt im Griff und einen Rabe auf der Schulter, wie im Sprung bereit sich auf seine Beute zu stürzen. (5 Erfolge)
Ilario
in gerader aufrechter Haltung, das Kinn leicht angehoben, die Arme vor dem Körper verschränkt und mit einem wissenden Lächeln im Gesicht (5 Erfolge)
Seinfreda
blickt in die Ferne, gleich einer Vision vor den Augen (4 Erfolge)
Gaius
in Rüstung gekleidet, die Hand am Schwert und die andere leicht geöffnet vereint er stolzer Krieger und gütiger Heiler. (4 Erfolge)
Sousanna
schön und anmutig (5 Erfolge)
Vergonzo
in seiner wahren hässlichen Gestalt, doch sich dessen nicht schämend. (4 Erfolge)
Unter den Schwarzen findet sich:
Alerio
ein Kind mit traurigen Augen, wie ein kleiner Engel (7 Erfolge)
Caterina
Eine stolze Schönheit mit wallender Lockenpracht. (4 Erfolge)
Elysium Schnellüberblick
Ort: Kirche San Donato
Anschließende Viertel: Clavicula, Broglio, Ravecca
Hüterin: Avelina di Braida
Nächte: Feria Secunda und Feria Tertia
Das Elysium hatte sich seit dem letzten Hoftag und der Vernichtung der ehemaligen Hüterin verändert. Alles, was die Stille brechen konnte, war aus den Hallen der Kirche entfernt worden, darunter leider auch die marmorenen weißen und schwarzen Statuen. Stattdessen fanden sich in den Nieschen edle Stoffe und Pflanzen, sowie Laternen mit buntem Glas. Ein paar schnelle Handgriffe um die Kirche einladender und weniger leer wirken zu lassen. Zudem standen auch keine finsteren Wachen in den Hallen, stattdessen ein Begleiter der Hüterin.
Zu jeder Öffnung des Elysiums – an jedem Feria Secunda und jedem Feria Tertia – wurde eine Tafel für Bekannmachungen, sowie die Schiefertafeln mit den Traditionen des Blutes in den Altarraum gebracht. Sie waren nicht sofort für jeden sichtbar, sollten sich doch einmal Sterbliche des Nachts hierher verirren.
Die Hüterin war zu jenen Zeiten, in denen das Elysium für jene des Blutes geöffnet war, anwesend. In einer kleinen Ecke im hinteren Teil der Kirche fand sich ihr Tisch an dem sie zu arbeiten schien, so lange keine Gäste das Elysium betraten.
So begrüßte die Hüterin auch jeden, der in den Nächten das Elysium betrat persönlich.