Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

[Mai '17]
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Sousanna
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Dieser Ausdruck hatte Sousanna noch mehr daran erinnert, dass ihr Gegenüber zwar älter sein mochte und über mehr Macht verfügte, doch einst ebenso Mensch und Frau gewesen war, wie die Sünderin. Vielleicht war es in ihrem Fall noch grausamer gewesen, zu sterben, da sie wohl eben erst der Kindheit entwachsen war. Eben erst die Blüte ihrer Schönheit hatte erleben dürfen.
In ihren Augen schaffte das ein Band zwischen den beiden Töchtern der Nacht. Sie, die auf ewig zur Menschlichkeit Verdammte, und Acacia, der man zu früh die vibrierende Kraft des Lebens geraubt hatte.
- Vielleicht hatte sie deshalb den Mut gehabt so offen über jenes schändliche Thema gesprochen und schaffte es, trotz der Rückkehr zur erhabenen Unantastbarkeit der Hüterin, weiter offen zu sprechen.

Noch immer waberte die Wolke aus Kümmernis um die Ravnos und ihre Stimme war schwer von Sorge, während sie weiter erklärte, doch sie sprach offen und ohne die zuvor zur Schau gestellte Unterwürfigkeit. Ernst und doch vertrauensvoll. "Der wohlwerte Toma Ianos Navodeanu hat ein Schreiben des verehrten Maximinianus, Seneschall ihrer Majestät, bekommen, in dem ihm aufgetragen wird, mich auf Dünnblütigkeit zu untersuchen, da die höchstverehrte Prinzessin die Vernichtung jeden Dünnblutes wünscht, um Gefahr von Genua fernzuhalten."
Ein leises, aber gequältes Seufzen entrang sich ihrer Kehle und unterbrach die betont höflich vorgebrachte Erläuterung. Düster blickte sie die Lasombra an. "Wie die Kunde von den Gaukeleien meines Blutes aber an seine Ohren gedrungen ist, weiß ich aber leider nicht.", gab die Schönheit dann aber ehrlich ratlos zu. Jemand musste sie loswerden wollen, weshalb auch immer.
Dann trat wieder der störrische Trotz in ihre Augen. "Nur bin ich keine Gefahr und kann mir in diesem Punkt nichts vorwerfen.", fügte sie in vollster Überzeugung zu, bevor eine leise Verzweiflung sie zu überkommen schien und immer stärker wurde. Ohne, dass die Byzantinerin es bemerkte, gestikulierte sie wild bei ihren Worten. "Dennoch fürchte ich dass der wohlwerte Toma die Dicke meines Blutes dadurch überprüfen möchte, dass er mich der Sonne oder Feuer aussetzt. Es würde beweisen, dass ich eine wahre Tochter Kains bin - und bedroht mich gleichzeitig im Beweis meiner Unschuld mit Vernichtung..."

Mit gequälter Miene verstummte sie und schüttelte dann den Kopf. "Verzeiht mir meine Offenheit, aber es macht mir Angst, wie viel von dieser Untersuchung abhängt.", gestand sie dann
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Acacia
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Viel unterschiedlicher hätten die beiden Frauen wohl nicht sein können. Die eine von Emotionen geleitet, lebendig und so zugänglich liebenswert, dass es wohl wenige gab, die sie nicht mochten, die andere dagegen ganz kühle, scheinbar zerbrechliche Eleganz, welche zur Perfektion gebracht worden war. Dennoch schienen sie sich gut zu verstehen, wie sie da voreinander standen und sich miteinander unterhielten. Aufmerksam folgten die dunklen Augen der Schattenherrin Sousannas lebhaften Gesichtsausdrücken und es schien als würde sie diese geradezu aufsaugen und in ihrem Kopf zu einem Bild zusammensetzen. Als würde sie tiefer sehen, als nur die funkelnde Oberfläche zu betrachten.
Dennoch pressten sich die blassen Lippen der schwarzhaarigen zu einem schmalen Strich zusammen, als Sousanna den Brief des Seneschalls erwähnte.
„Hast du den Brief gelesen?“, erkundigte sie sich, da sie wusste, dass Maximinianus sich häufig alles andere als klar ausdrückte und viele unterschiedliche Ebenen in seinen Worten verbarg. „Ich werde mit dem Seneschall sprechen, wenn ich ihn nächste Woche sehe und sehen was ich über diese Sache in Erfahrung bringen kann.“, versprach sie dennoch, denn es ging ihr gegen den Strich, dass jemand derartig infame Lügen verbreitete, glaubte sie doch an das dicke Blut Sousannas.

Wo Sousanna ihre Worte mit Gesten untermalte und ihre Finger rasch und fliegend bewegte, lagen Acacias still auf den dunklen Röcken und waren sittsam verschränkt, während sie ihren Rücken kerzengerade hielt. Die Sorgen der Ravnos gingen dennoch nicht spurlos an ihr vorbei, zeigten sich doch zarte Falten auf ihrer sonst glatten Stirn.
„Es gibt nichts zu verzeihen.“, stellte sie ruhig klar. „Doch wenn du solche Sorge hast, dass der Drache seine Kompetenzen überschreiten könnte, dann solltest du einen Amtsträger als Zeugen mitbringen. Vermutlich wäre es Aufgabe der Liktoren, wobei es solch einen Fall noch nicht gab und auch jeder andere als Zeuge in Frage käme.“, stellte sie ruhig fest. „Aber ich bin mir sicher, dass Toma nichts tun wird, was zu deiner Vernichtung führen wird.“, ein erstaunlich beruhigendes Lächeln erhellte ihre Züge. Immerhin kannte sie den Drachen, der jetzt schon seit Jahren für sie arbeitete und glaubte an dessen Integrität.
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Sousanna
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Vor Scham nahmen die Wangen der jüngeren Kainitin einen Ton an, der an Kirschen kurz vor ihrer Reife erinnerte. Das nun auch noch zuzugeben, erschien ihr wie ein weiterer Stein auf dem Berg ihrer Schande. Doch was half es? Acacia, die ihr so freundlich Hilfe anbot, hatte gefragt und sie konnte und wollte sie nicht belügen.
"Ich ... ich kann nicht lesen.", gab sie leise und dem Blick der schwarzen Augen ausweichend zu. "Im Augenblick, versuche ich es zu lernen, aber solche Texte kann ich bei weitem noch nicht lesen." Mit diesem Eingeständnis waren die fliegenden Hände der Ravnos nach unten gesunken, als hätte seine Schwere ihnen die Kraft zu schweben genommen.

Dann lächelte sie die Herrin der Schatten aber dankbar an. Zwar schwach, doch ehrlich. "Ich wäre euch sehr dankbar, wenn Ihr das tun würdet.", erklärte sie leise.

Kurz schwieg Sousanna, schien nachzudenken, dann hob sie ihren Blick wieder vollständig und fügte hinzu: "Ich wollte Toma natürlich nichts unterstellen. Zwar haben er und ich nicht unbedingt die freundschaftlichste Beziehung, doch ich denke, dass er sehr fähig ist und nie absichtlich eine Vernichtung herbeiführen würde." Zumindest hoffte sie das - oder hoffte, dass das Blut, das er von ihr in dieser unseligen Nacht getrunken hatte, sie retten würde. "Doch vielleicht versteht ihr, dass die ganze Situation sehr bedrohlich für mich wirkt."

Dann biss sie sich auf die Lippe und atmete einmal tief durch, als wappne sie sich für etwas sehr Kühnes, das sie gleich zu tun gedachte. Eine Weile herrschte Schweigen, dann brachte sie endlich hervor, was ihr die ganze Zeit über durch den Kopf gegangen war, als die dunkle Schönheit Amtsträger und Zeugen erwähnt hatte.
"Vielleicht ist es vermessen, zu fragen. Vielleicht werde ich mich dadurch als dumm oder unverschämt erweisen, doch ich kenne keinen Amtsträger hier in Genua, dem ich in dieser Angelegenheit mehr vertraue, als euch. Ihr kennt mich, Toma und diese unangenehme Situation. Ihr scheint mir freundlich gesonnen und glaubt mir. Und ihr seid weise genug, um die Sache einschätzen und darüber Bericht erstatten zu können. Wäre es sehr vermessen, euch zu bitten, ob ihr mich als Zeugin begleiten könntet?"

Nachdem sie geendet hatte, blickte sie zu Boden und wartete nervös ab. Würde die Hüterin des Elysiums zustimmen, wäre sie wohl vor dem Schlimmsten gerettet. Dann hätte sie bedeutend weniger Sorgen. Und wenn nicht? Dann würde Sousanna aus Byzanz wohl bald als die törischste Tochter Kains hier in Genua gelten - wenn sie Glück hatte. Wenn sie Pech hatte, würde es vielleicht keine Untersuchung mehr geben.
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Acacia
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Das Geständnis der Ravnos nicht lesen zu können, brachte ihr einen leicht kritischen Blick mit zusammengezogenen Brauen der Lasombra ein. Dennoch war es nicht zu übersehen wie unangenehm Sousanna die ganze Sache war und so verzichtete Acacia darauf, weiter in dieser Wunde zu bohren. Allerdings beschloss sie jetzt schon die Botschaft selbst lesen zu wollen um einen möglichst vollständigen Überblick über die Geschehnisse zu erlangen.

Sousannas Beteuerungen bezüglich Toma konnte sie durchaus nachvollziehen. Immerhin wirkte der Tzimisce extrem fremdartig und wenn man nur wenig Kontakt mit dem Übernatürlichen hatte, dann war die Erscheinung wohl noch verstörender. So nickte sie sacht.
„Ich kann deine Angst verstehen.“, erwiderte sie ruhig und nach wie vor freundlich. Warum sollte sie die andere auch dafür verurteilen? Immerhin würde auch sie die Hände des Drachen nur äußerst ungern an ihrem Körper spüren.

Sousannas ringen um die nächsten Worte beobachtete Acacia still wartend, denn es hatte sich gezeigt, dass schweigen häufig schneller zu dem gewünschten Ergebnis führte als beständiges auf jemanden einreden. Die Worte, die die so lebendig scheinende Ravnos dann jedoch sprach, lösten milde Überraschung und feine Ungläubigkeit auf den Zügen der Hüterin aus. Das Gefühl verschwand jedoch schnell wieder von den glatten Zügen, sodass Sousanna es vermutlich nicht gesehen hatte.
„Nenn mir Zeit und Ort der Untersuchung und ich werde da sein.“, erklärte sie dann freundlich mit einem zarten Lächeln auf den Lippen. Es war zwar nicht unbedingt gut, dass sie als die vertrauenswürdigste aller Amtsträger galt, aber das war ein Thema für einen anderen Zeitpunkt und vor allem auch mit anderen Beteiligten. „Du musst keine Sorge haben mich um solche Dinge zu bitten. Ich diene ihrer Majestät und in dieser Rolle ist es meine Aufgabe mich um derartiges zu kümmern. Zumal ich dir gern einen Gefallen tue, gerade wenn es für mich solch wenig Mühe bedeutet.“
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Sousanna
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Tiefe Dankbarkeit füllte Sousanna aus, als die Lasombra sie nicht auch noch für ihr Versäumnis scholt, bisher noch nicht lesen gelernt zu haben. Der Blick hatte ihr schon bewusst gemacht, dass sie sich diesem Thema unbedingt intensiv widmen musste.
Beinahe hätte sie es ihr versprochen, noch fleißiger zu üben, wie sie ihrer Mutter versprochen hatte, ihre Umgangsformen noch weiter zu schleifen. - Nur dass sie es dieses Mal ernst gemeint hätte.

Auch dankbar hatte sie dieses Verständnis entgegengenommen, doch als Acacia schließlich ihre Zustimmung gab auf ihre Bitte, schien gerade zu ein gleißendes Strahlen aus Dankbarkeit die gesammte Kirche zu erfüllen.
"Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich dafür wäre.", brachte die Ravnos hervor, während sie langsam erleichtert zu strahlen begann wie ein Honigkuchenpferd und ein leises Vibrieren schien von ihr auszugehen, als könne ihr zärtlicher Leib die Erleichterung gar nicht anders ausdrücken. "Es wird mir sehr viel leichter fallen, an einen guten Ausgang dieser Sache zu glauben, wenn ihr mich begleitet."
Dann nannte sie der Herrin der Schatten den Tag und die Uhrzeit an dem der Drache sie wieder in seine Werkstatt zitieren würde und dabei gewannen auch ihre Hände wieder jene Lebendigkeit kleiner, fröhlich zwitschernder Vögel.
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Acacia
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Es schien beinah so als würde die Sonne in der düsteren Kirche aufgehen, so strahlend freute sich die Ravnos über ihre Zusage. Unwillkürlich fragte sich Acacia ob Sousanna einfach eine schrecklich schlechte Schauspielerin war und ihre Gefühle nicht verbergen konnte oder ob das genaue Gegenteil der Fall war. Egal wie sah sie dennoch die Vor- Nachteile, die ein solches Verhalten mit sich brachte und welche Gefahren darin steckten – für Sousanna und ihr Gegenüber.

„Ich tue es gern.“, erwiderte sie dennoch freundlich auf den überschwänglichen Dank der Ravnos und wirkte dabei noch steifer im direkten Vergleich mit der wieder auflebenden Lebendigkeit der anderen Frau. Dennoch war der dunkle Blick nach wie vor sanft, egal wie glatt ihre Züge auch blieben. Als sie Zeit und Ort nannte, bildeten sich für einen Moment kleine Falten auf der Stirn der Lasombra, doch sie nickte dennoch. Sie wusste jetzt schon, dass es vermutlich ein wenig hektisch werden würde, aber das war kein Problem, welches sich nicht regeln ließe. Zumindest war ihr Terminkalender einfacher zu besänftigen als ein sonst vielleicht verstimmter Tzimisce.

Diesen Moment nutzte die Dienerin der Hüterin und betrat erneut die Kirche und damit auch die kleine Gesprächsrunde. Auf den Arm ein sorgfältig zusammengelegtes Bündel. Mit einem Nicken nahm Acacia es entgegen und reichte es Sousanna.
„Wenn du möchtest, kannst du dich hinten umziehen und Rosa kann dir helfen.“, bot sie freundlich an und sah der Ravnos dann nach, als diese in den verborgenen Räumen der Kirche verschwand.
Als sie wiederkam schien sich die Hüterin nicht bewegt zu haben, sondern stand genauso an derselben Stelle wie vorher. Doch als sie Sousanna in trocken erblickte, blitzte für einen Moment wieder der Humor auf ihren Zügen auf, den sie sonst so gut verbarg. Dennoch verblasste der Ausdruck beinah sofort wieder und machte größerem Ernst platz.
„Du lebst in Ravecca, nicht wahr?“, erkundigte sie sich scheinbar zusammenhangslos und blickte sie fragend an.
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Dankbar hatte die Byzantinerin noch einmal genickt und die Herrin des Elysiums auf ihre sonnige Art angelächelt. Dann war sie mit einem höflichen Kopfnicken zum Abschied in den Nebenraum gehuscht, den Rosa ihr wies. Sie brauchte nicht viel Hilfe, war es wohl offensichtlich gewohnt, sich selbst zurecht zu machen. Dennoch dauerte der Prozess eine Weile - immerhin war das Kleid einfach nur märchenhaft.
Sie hatte schon immer eine Schwäche für schöne Stoffe und zauberhafte Farben gehabt, doch dieses Kleid war schlicht und ergreifend wunderschön. Zumal sie Grün liebte und es ihr dafür, dass es wohl für jemand anderen genäht worden war, ausgenommen gut passte und vortrefflich stand. Ein Traum von einem Kleid...

Schließlich war sie mit einem glücklichen Lächeln und ihrem durchnässten Kleid, das sie zu einem Bündel verpackt hatte, wieder hinaus in die Kirche getreten. Auch die Frisur hatte Sousanna wieder gerichtet. Man konnte nicht ein solch grandioses Kleid tragen und die Haare einer Hexe haben. Einfach und schlicht, aber doch mit einer gewissen Klasse hatte sie die braunen, duftenden Strähnen wieder zu einer Flechtfrisur gebändigt, und lächelte die Lasombra nun in ihrer ganzen Schönheit und voller Dankbarkeit an.
Sie hatte auch etwas sagen wollen, doch da zogen sich ihre Augenbrauen schon von der Frage irritiert zusammen. Offensichtlich schien sie nicht wirklich damit gerechnet zu haben, das jetzt gefragt zu werden.
Während sie ganz offensichtlich darüber nachsann, was der Hintergrund dieser Frage sein mochte, antwortete sie ruhig: "Ja, das tue ich."
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Acacia
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Geduldig hatte die Hüterin auf die durchnässte und nun wieder trockene Ravnos gewartet. Mit dem Blick einer Kennerin glitten ihre Augen kurz über den Sitz des Kleides, ehe ein feines, zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen entbrannte. „Das Kleid steht dir. Behalte es.“, meinte sie sehr mit sich selbst zufrieden, ehe sie sich wieder den schwerwiegenderen Themen des Abends widmete.

Sousanna wirkte ein wenig irritiert ob der Frage, sodass Acacia nicht verhindern konnte kurz zu lächeln.
„Nun folgendes: Ich bin über Umwege in den Besitz eines Mannes gelangt, der die Miliz von Ravecca leitet. Vielleicht kennst du Gherardo? Er hat vor einige Jahren das Turnier der Ghule draußen in der Arena gewonnen. Wie auch immer. Ravecca interessiert mich nicht und diese Miliz hat wenig direkten Nutzen für mich. Du lebst jedoch in dem Siestieri und auch Caterina fühlt sich dort sehr wohl, sodass ich glaube, dass Gherardo besser in deinen Händen aufgehoben wäre … inklusive seiner Miliz. Wärst du daran interessiert?“ Aufmerksam blickte die Hüterin zu der Byzantinerin und man konnte beinah erneut ein Lächeln an ihren Mundwinkeln zupfen sehen, bei der Erwartung welchen Blick Sousanna ihr ob des Angebotes wohl schenken würde.
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Sousanna »

Überrascht, aber erfreut lächelte Sousanna die Dame aus den Schatten an. "Ich danke euch sehr.", erwiderte sie ernst und neigte leicht das Haupt.

Dieses zweite angebotene Geschenk dann schien sie noch ein wenig mehr zu überraschen als alles zuvor. Leicht wanderten die dunklen Brauen nach oben und sie schien zunächst etwas sagen zu wollen, sich dann allerdings anders zu entscheiden, um kurz das Gehörte zu bedenken.
"Es ... wäre ein sehr großes Geschenk.", erwiderte sie dann langsam und dennoch freundlich lächelnd. "Ich wäre töricht und stolz dieses Angebot nicht anzunehmen. Allein schon, dass eure Wahl auf mich gekommen ist, ehrt mich. Allerdings frage ich mich, wie ich euch diese Freundlichkeit vergelten könnte. Was kann ich also tun, um mich für dieses Angebot angemessen zu bedanken?"
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Acacia
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Re: Gespräche beim Klang der Regentropfen [Acacia]

Beitrag von Acacia »

Acacias Lächeln vertiefte sich bei der erwartbaren Überraschung der Ravnos, aber auch bei ihrer bedachten Reaktion. Sie verstand, dass Acacia solch ein Geschenk nicht ohne Hintergedanken machte und solcherlei Dinge immer ihren Preis hatten und doch war sie dabei nicht unhöflich. Beides Dinge, die der Lasombra imponierten. „Nun, ich werde nicht jünger und die Menschen werden mir mit jedem Jahr das vergeht fremder. Der Kontakt mit ihnen wird anstrengender und ich überlasse es lieber jüngeren Geistern, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Ich möchte dich als meine Verbündete haben, Sousanna. Eine Linie zwischen mir und der schrecklich schnelllebigen sterblichen Welt.“ Ernst blickte sie die jüngere Kainitin an und für einen Moment mochte man die vielen Jahre in den klaren, nachtschwarzen Augen sehen, die die Schultern der Lasombra drückten. „Zudem werde ich mich zur Ancilla erheben und ich möchte, dass du und jeder, den du davon überzeugen kannst, das unterstützen. Die Alten mögen die entscheidenden Stimmen haben, doch ist diese Stadt jung und wild und ich glaube, dass es die Jungen sind, die hier die wahre Macht bilden.“
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