[1001] Mietschwerter [Ilario, Angelique]

[Angelique]

In Bälde fand sich Angelique bei den Ruinen ein. In ihrer Art baumelte sie mit den Beinen von den bröckelnden Ziegeln. Die Kalkverputzung, die wie Marmor gewirkt hatte, war längst abfallen. Auch die Römer waren mehr Schein, als Sein gewesen.

Geduldig wartete das Vampirkind auf den Schattenmeister.

[Ilario]

Alsbald erblickte das scheinbar junge Mädchen die Gestalt des Magisters die sich im Mondlicht abzeichnete. Wie so oft in jenen Nächten war er in Begleitung eines Bewaffneten, der jedoch in einiger Entfernung zurückblieb. In seinen Zügen zeichnete sich tiefe Sorge ab als Ilario heran trat und das kindliche Orakel mit respektvollem Nicken grüßte. Angespannt und auf der Hut, galt seine Vorsicht jedoch weniger der Malkavianerin, als den Schatten der Umgebung.

"Seid gegrüßt werte Angelique. Schön dass ihr kommen konntet in diesen stürmischen Zeiten."

[Angelique]

Angelique hüpfte vom Gemäuer herab und verbeugte sich elegant. "Seid acuh Ihr gegrüßt, wohlwerter Magister."

Sie betrachtete den Schutzmann Ilarios und legte den Kopf schief. Ihre Miene konnte man zwar nicht deuten, trug sie doch wieder ihre Maske, aber man vermochte die gehobene Braue erahnen.

"Werdet Ihr verfolgt, Meister Ilario? Ich hoffe, es sind Schatten, die Euch gehorchen und nicht welche von Familienmitgliedern, die Euch übelwollen. Braucht Ihr dehalb Soldknechte? Welcher Natur sollen sie sein? Zur Hand hätte ich nur hiesigen Abschaum, dem man aber nicht trauen kann. Je weniger Legionäre die Sprache derer kennen, bei denen sie eingesetzt werden, und je weniger Verwandtschaft sie dort haben, desto gewisser ist man ihrer Treue. Das wussten schon die Kaiser der Römer." Aber so etwas braucht Zeit und Geld."

[Ilario]

"Vielleicht werde ich verfolgt, vielleicht auch nicht. So genau lässt sich das nicht sagen. Aber nein, für meine persönliche Sicherheit brauche ich die Söldner nicht. Dafür sind sie auch nicht geeignet, sowohl in Sachen Loyalität als auch wegen der Dinge die sie erblicken könnten. Nein, ich brauche Männer mit Disziplin, die einen Ort besetzen und sichern können ohne dass die Bevölkerung darunter leidet. Ich möchte keine geplünderten Häuser, keine ermordeten Väter und Söhne und keine geschändeten Mütter und Töchter. "

Vor allem letzterer Punkt schien Ilario recht wichtig, weswegen er auch etwas skeptisch schaute als Angelique von Abschaum sprach. Vielleicht hatte er sich geirrt und sie konnte solche Männer nicht vermitteln.

[Angelique]

Angelique nickte. "Da seid Ihr bei mir richtig. Söldner verletzten das Gebot, nicht zu töten. Das macht sie für alle geringeren Sünden um so anfälliger. Wer das schlimmste schon getan hat, was hindert ihn noch?
Aber ja, es gibt Söldner, denen Disziplin wichtig ist und Ehre. Solche sucht Ihr. Solche kann ich vermitteln. Denn ich war ein eine Tochter, die eine gute Beute gewesen wäre, und kannte Frauen, die Beute waren. Ich hege kein Interesse, dies Leid zu vermehren.

Aber sagt, warum kauft Ihr Euch nicht Kriegersklaven von Sizilien, wo Euer Klan über die Heiden und Oströmer herrscht?"

[Ilario]

"Weil ich mir damit höchstwahrscheinlich damit nicht nur sizilianische Kriegersklaven, sondern auch Spione ins Haus und in die Domäne holen würde. Feinde Genuas." Ilario seufzte, wie oft sollte er denn noch erklären, dass Lasombra nicht gleich Sizilien war? Gleichwohl konnte er diesen Gedankengang schon nachvollziehen. Vermutlich ordneten die meisten anderen Kainiten seine verehrte Prinzessin auch den Ethruskern oder den Barbaren Hardestadts zu.
"Der Ätna ist ausgebrochen... auch ohne dass sizilianische Krieger fraglicher Loyalität unter meinem Dach hausen bedeutet dies dunkles Unheil..."

"Außerdem brauche ich im Fall der Fälle eure Söldner eher für einen kurzen Zeitraum und hoffentlich mehr als Symbol und Demonstration von Entschlossenheit und weniger für ein tatsächliches Blutvergießen."

[Angelique]

"Aaah", machte das gebildete Mondkind, "wie die Armeen der römischen Kaiser, die durch Größe und Schlagkraft allein den Frieden durch Abschreckung hielten. Sicher kann ich Euch Elitekrieger besorgen. Wenn Ihr schnell welche benötigt, rekrutiere ich Euch Schwertkämpfer und Veteranen aus den jüngsten Fehden von Kaiser und Päpsten."

Interessiert und neugierig fügte sie an: "Hephaistos Esse, unter der Typhon gefangen ist, ist ausgebrochen, sagt Ihr? Wird er freikommen und die Schatteninsel verschlingen? Oder ist es gar ein Abysszauber der sizilianischen Magister oder Qabilat al-Khaya, so nennt man Euch doch dort - oder würdet Ihr Khayal al-Zill, Schattenspiel, bevorzugen?"

[Ilario]

Ein düsteres Nicken war alles was Der venezianische Magister zu Angeliques Mutmaßungen zu erwidern hatte. Bezüglich der Söldner merkte er noch an:

"Es müssen gar nicht so viele Männer sein. Zehn oder Fünfzehn Mann dürften reichen um eine Ortschaft unter Kontrolle zu bringen, die Ordnung aufrecht zu erhalten und etwaigen Eroberern klar zu machen dass es einigen Blutzoll fordern würde anzugreifen.
Wichtig ist mir dass diese Männer Ehre haben oder zumindest ihr Handwerk pragmatisch betrachten. Keine Sadisten oder blutdurstige Seelen denen jede Entschuldigung recht ist grausam zu sein. Nicht so wie Godeocs Mannen in Kreuzdorf..."

[Angelique]

Unbewusst ballte das kleine Mädchen die Fäustchen bei der Erwähnung von Godeocs Schergen. Blutige Tränen schimmerten in ihren Augen.

"Das habe ich nicht vergessen! Und meine Aufgabe auch nicht! All die Unschuldigen und rechtschaffenden Christenmenschen!"

[Ilario]

"Wer ist schon unschuldig, wer wirklich rechtschaffen? Von kleinen Kindern und Heiligen einmal abgesehen. Mir ist diese Barbarei ein Gräuel. Grausamkeit mag ihren Platz haben, ein Werkzeug sein... auch wenn es fast immer bessere Wege gibt... aber wie wenig es bei manchen braucht den feinen Firniss der Zivilisiertheit fortzuwischen ist bedenklich."

Er überlegte kurz, dann rang er sich durch der kleinen Malkavianerin etwas zu verraten."Der werte Liktor Gaius hat zumindest nur Gefangene gemacht. Vielleicht könnt ihr ein paar der guten Christen ja aus seinem Kerker freikaufen.
Das Problem ist, beziehungsweise war, dass alle einem vermeintlichen Befehl der höchstverehrten Princeps folgten. Hätte ich nicht generell die Vorgehensweise für zu gefährlich befunden, wäre ich dem schriftlichen Befehl vielleicht auch gefolgt. Wenn auch unter Vermeidung unnötiger Todesfälle. Schließlich weiß ich wie wenig meine Herrin diese schätzt, auch Ferrucios Anhänger sind Teil ihrer Herde. Ihrer Schutzbefohlenen."

Der Lasombra seufzte leise, irgendetwas hatte ihn in dieser Nacht persönlich getroffen. Und es waren wohl nicht die zahlreichen Kolleteralschäden unter den Sterblichen. "Der Befehl war sinnig, wenn sich auch herausstellen mag, dass er eine Fälschung ist. Was er IST. Denn diese ganze Scharade, das ganze Morden in Kreuzdorf, diente nur dazu meine Höchstverehrte Prinzessin in eine Fälle zu locken."Wieder stockte Ilario, die Rekapitulation der Ereignisse nahm ihn sichtlich mit. "Ich war da. Habe alles versucht sie zu retten, aber was hätte ich schon tun können gegen ein halbes Dutzend Nosferatu und ihre Sterblichen Mordbuben? Außer einen sinnlosen zweiten Tod zu finden?"

Ilario suchte keine Absolution, nach wie vor war er der Ansicht dass ein törichter Heldentod Aurore nichts genutzt hätte. Sich zurückziehen um in einer anderen Nacht weiterkämpfen zu können war richtig gewesen.