[1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

[Juli '17]
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Sousanna
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[1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Sousanna »

In dem Augenblick, als Sousanna ins Alla Murra zurückgekehrt war und man ihr von den Geschehnissen nach ihrem Verschwinden berichtete, war kalte Angst in ihr aufgestiegen, vermischt mit einer dunklen Wut. Er hatte sie nicht nur in Schwierigkeiten und dazu gebracht, diese Dummheit tatsächlich zu begehen, nein, er hatte sie auch noch in ihrem eigenen Revier beraubt.
Wütend hatten sich die schmalen Hände zu Fäusten geballt, als Bernardo ihr auch noch von den letzten Worten dieses Unholds berichtete - und noch wütender hatte sie drein geblickt, als etwas in ihr sich mit einem Mal darüber freute, dass sie so einen Grund hatte, ihren Geschäftspartner wiederzusehen.
Mit einem wortlosen Schrei voller Zorn war sie nach oben gestürmt und hatte sich erst einmal sammeln müssen, bevor dieses Chaos an Gefühlen wieder gebändigt war.
Dann hatte die Ravnos sich hübsch gemacht und sich mit seltsam bitterem Tonfall an ihre Ghule gewandt: "Ich werde zu ihm gehen - wenn ich bis zum Sonnenaufgang nicht zurückkomme, dann alarmiert die Söldner und bittet Gaius, den Herren des Domus, sowie die Herrin von San Donato um Hilfe."
Sie hatten überrascht und verunsichert genickt. Selten sah man ihre Herrin so aufgebracht - und noch seltener war offensichtlich, dass sie um ihre Existenz fürchtete. So hatte man sie unwillig und besorgt verabschiedet, nachdem man ihr versprochen hatte, dass diesmal keine Dummheiten begangen werden würden.

Sehr blass und mit dem Gefühl als poche ihr das untote Herz bis zum Hals wanderte die Byzantinerin also zu dem einzigen Ort, von dem sie wusste, dass man den Herrn der Schatten vielleicht finden konnte, selbst wenn sie ob der Geschehnisse unsicher war, ob sich hier noch jemand fand, der wusste, wo sie Fabrizio sprechen konnte: Der Werkstatt des toten Schneiders.
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Die dem lieben Griechenlande rann,
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Fabrizio
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Fabrizio »

Die Werkstatt lag ausgestorben und tod da, wie der Schneider...

Die Türen und Fenster waren allesamt verschlossen und mit Brettern zugenagelt. Kein Licht oder Geräusch drang aus dem inneren. Und sogar die Straße davor schienen die wenigen Passanten zu meiden als wäre der Ort verflucht.
Der Schneider hatte sich erhängt. Oder wurde erschlagen von diesem roten Roger, dem vogelfreien Strauchdieb. Oder zumindest von eben diesem in den Freitod getrieben. So oder so, alles keine guten Omen.

Nichteinmal die Verwandten, die für ihre Zwielichtigkeit berüchtigten Spinola, waren offensichtlich bisher daran gegangen das Haus des Schneiders wieder zu öffnen.
Die Werkstatt lag ausgestorben da, Sousanna blieb dort alleine.
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Sousanna
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Sousanna »

Nun gut, was hatte sie eigentlich erwartet? Dass er hier verharrte und trauerte? Über ihre Dummheit fluchte sie nun selbst leise auf Griechisch vor sich hin. Dieses Blut musste sie vollkommen verblödet haben.
Zumindest das nagende schlechte Gewissen musste ihr Hirn zu Honig gematscht haben. Lächerlich war diese Suche! Und noch viel lächerlicher der Anlass.

Aber gut, jetzt war sie schon einmal da. Da konnte man sich genauso gut einmal die Gegebenheiten ansehen. War hier wirklich noch niemand hergekommen? Und vor allem, gab es noch nicht einmal Plünderungen hier? Das wäre allerdings ungewöhnlich
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Fabrizio
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Fabrizio »

Das Gebäude war zwar gut versiegelt, doch für Sousanna war es sicherlich eine Kleinigkeit trotzdem einzudringen...
Ein Fenster etwas abseits der Straße, zack zack die Bretter gelockert und hineingeschlüpft.

Stockfinster und staubig lag der übergroße Raum vor ihr. Nur ganz schwaches Streulicht, vor allem hinter ihr aus dem aufgebrochenen Fenster, ließ sie erahnen, dass jegliches bewegliches Inventar feinsäuberlich entfernt war. Wohl auch eine form des Plünderns.
Die leisen vorsichtigen Schritte ihrer Füße hallten seltsam verzerrt wieder in dem absolut leeren Saal.

Und plötzlich kam da eine unangenehm vertraute und ersehnte Stimme aus dem Nichts, von überall und nirgends.

"Hallo Sousanna, schön das du da bist. Ich habe auf dich gewartet."
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Sousanna
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Sousanna »

Mit einem Seufzen hatte die Ravnos sich umgeblickt und sich durchs Haar gestrichen, während sie in ihrer Muttersprache räuberisches Pack und Piraten mit einem Hang zum Versteckspiel verfluchte.
Vorsichtig und leicht waren ihre Schritte in den Saal hineingewandert. Wäre ein Beobachter da gewesen, hätte er an ihren Bewegungen und Blicken erahnen können, dass die Schönheit gerade nicht ihren ersten Einbruch verübte.

Die Stimme dann hatte sie zusammenfahren lassen und den vollen Lippen ein Stoßgebet entlockt. Während ihr das tote Herz bis zum Hals schlug, rang sie um Fassung. Furcht und Freude rangen miteinander und ließen Sousanna an ihrem Verstand zweifeln.
Schließlich begann sie sich langsam um die eigene Achse zu drehen und mit den Augen nach einer Gestalt zu suchen. (Wahrnehmung und Aufmerksamkeit zum Lokalisieren der Stimme: @Sousanna (Veronika): 5d10>=6 f1 = (5 10 1 10 3, 1 success) = 1)
"Es ist schön, euch zu hören.", brachte sie schließlich sogar überraschen furchtlos hervor, wenn man bedachte, dass gerade eine Stimme aus dem Nichts zu ihr sprach. "Noch schöner wäre es, euch zu sehen."
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Fabrizio
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Fabrizio »

Mit einiger Konzentration gelang es Sousanna wohl die Herkunft der Stimme tatsächlich einigermaßen einzugrenzen.
Der Lasombra musste sich irgendwo auf der anderen Seite des übergroßen Raumes befinden, eher etwas rechts von ihr.
Aber ihn zu sehen oder auch nur Konturen zu erahnen... war schlicht unmöglich, denn es herrschte absolute Dunkelheit, abgesehen das schale Streulicht von dem provisorischen Eingang in ihrem Rücken her.

Die Stimme erklang erneut, diesmal scheinbar von einer anderen Stelle her, wenn auch immernoch irgendwo auf der anderen Seite.

"Man kann nicht alles haben, liebste Sousanna. Du hörst mich, aber siehst mich nicht. Ich sehe dich, aber verstehe dich nicht. - Ich bin gespannt, und auch ein bischen neugierig, auf das was du mir nun erzählen möchtest. Die Wahrheit, hoffe ich, nichts als die Wahrheit."
Stille.
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Sousanna
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Sousanna »

Schattiger Bastard! Sie war sich sicher, dass er wieder verschwinden würde, wenn sie auf ihn zugehen würde. So entschied sie sich, dieses Spielchen nicht mitzuspielen, sondern stur bei der von ihr ausgemachten Stelle zu bleiben und sich möglichst wenig verängstigt zu zeigen. - Auch wenn ihr die Stimme Schauer über den Rücken jagte und sich wieder Furcht und Freude zu einer aufgekratzten Stimmung vermischten.

"Ich für meinen Teil kann euch anbieten, dass ich euch zu erklären versuche, was ihr nicht versteht.", erklärte Sousanna nach einer kleinen Stille und einem unnützen tiefen Durchatmen. "Aber ihr wolltet zuerst die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass es mich mehr als wütend gemacht hat, was dort in der Taverne geschehen ist. Vor allem, da man euch darin beschuldigt und bedroht hat. Es ist die Wahrheit, dass mir das unendlich leid tut. Und dass ich hoffe, dass euch dort niemand zu behelligen versucht hat - es wäre dumm gewesen, aber an diesem Abend haben sich einige Personen als sehr dumm herausgestellt."
Während sie sprach, drückte ihre Stimme zwar ehrliches Bedauern, aber keine Angst mehr aus. Ihr Blick blieb auf eine Stelle geheftet, an der er hätte stehen können. Wäre er dort gestanden, hätte sie auch seinen Blick ernst erwidert.
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Fabrizio
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Fabrizio »

Einige schnelle Schritte kamen direkt auf sie zu, stoppten dann abrupt, nicht all zu weit vor ihr.
Sie hatte nur das Geräusch des Auftretens und den Luftzug gespürt. Im absoluten Dunkeln sah sie ihn selbst nicht, wo er doch jetzt kurz vor ihr stehen sollte, konnte höchstens seine Anwesenheit dort erahnen.

Dann auf einmal wieder die Stimme, eiskalt schneidend und von erschreckend nah.

"Es tut dir leid. - Dann erklär mir wer und warum."
Da war kein Blick zu erwiedern, nur atemlose düstere lauernde Stille.
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Sousanna
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Sousanna »

Sie räusperte sich und richtete ihren Blick dorthin wo sie die Stimme vernommen hatte. Tat so als gäbe es Augen in die sie blicken konnte. Die einzige Reaktion, die sie auf das plötzliche Auftauchen der Stimme direkt vor ihr zeigte, war ein kurzes Zucken und ein leichter Verlust der Röte in ihrem Gesicht. Beides verriet, dass es sie wohl sehr viel Kraft kostete, möglichst ruhig zu bleiben.

"Mein Verlobter hat diese Söldner aus Eifersucht geschickt.", erklärte Sousanna schließlich leise und sachlich, während ihre Finger nach den Falten ihres Rocks tasteten als könne sie dort Halt finden. "Weil ich euch etwas gegeben habe, dass ihm - und bisher jedem anderen Kind Kains verwehrt blieb."
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Fabrizio
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Re: [1001] Freunden gibt man ein Küsschen [Fabrizio]

Beitrag von Fabrizio »

"Euer... Verlobter?"
Nun hatte sie wohl Fabrizio etwas irritiert.

"Was ist das für ein eifersüchtiger... Verlobter?"
Die Worte waren voll von düsterem Unwillen. Der Schatten war es nicht gewohnt Nebenbuhler zu dulden. War auch er etwa eifersüchtig?

Es folgte ein anrüchiges seltsam erstickendes Lachen.
"Du gabst mir dein Blut und dein Vertrauen. Hat er ein Recht darauf eifersüchtig zu sein?"
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