[1002] Gang nach Canossa [Gaius]

[Luca]

Der Herbstwind strich kalt über die nackten Füße, die die schmucklos in das braune Gewand gekleidetet Person über Genuas verlassene Straßen trugen. Nur selten sah sich jemand nach dem unauffälligen Mann um, der zielstrebig die sich bereits in der Ferne im Mondlicht abzeichnende Festungsanlage ansteuerte. Als er schließlich den Fluss der Stadt erreicht hatte, konnte er das von einer Holzplalisade umschlossene und auf einem Hügel gelegene Bauwerk in seiner Gänze überblicken. Neben den hoch aufragenden Türmen, die dem Schutz der Palisade diente, konnte man hinter dem Bollwerk noch weitere Gebäude erahnen, wohl Quartiere und Ähnliches. Der Eingang der Feste war selbstverständlich bewacht, und auf diese Gerüsteten ging die vollständig unbewaffnete Gestalt nun zu. Sie musste mich schon von weitem gesehen haben, dachte sich der Ravnos, während er den Hügel hinaufwanderte, vorbei an Schafen und anderem Nutztier, das friedlich auf den satten Wiesen vor sich hin döste.

"Guten Abend," sagte Luca, sobald er auf Rufweite zu den Wachen war. "Ich möchte mit Gaius Marcellus Palatino sprechen. Kann ich hinein?"

[Gaius Marcellus]

Der Wächter wirkte fast genervt als er des einsamen Wanderers gewahr wurde. Er winkte ihn näher und fragte ohne zu Rufen nach seinem Namen.

Luca hatte das Glück der Spieler, denn es dauerte nicht lange, ehe das Tor aufging und der Hausherr dahinter stand. Ein sanftes aber erschöpftes Lächeln grüßte den Ravnos. "Die Nacht zum Gruße, werter Luca, Neugeborener vom Blut der Wanderer. Kommt herein, was kann ich für euch tun?"
Gaius führte den Ravnos in einen kleinen Besprechungsraum, bot ihm einen gemütlichen Stuhl an und war auf dessen Besuchsgrund gespannt. Das letzte Treffen war eher ungewöhnlich... und Gaius hatte derzeit sehr viel mit Kainiten zu tun, die seiner milden Strenge ungehorsam und Verachtung entgegen gebracht hatte. Noch einen konnte er nicht gebrauchen.

[Luca]

Luca sah sich, während der Liktor ihn zum Besprechungsraum führte, eingehend das Innere der Burg an, die er bisher nur von außen hatte sehen können. Als sie das Zimmer erreicht hatten, nahm der Ravnos Platz und begann mit leiser Stimme an zu sprechen. "Vielen Dank, das ihr mich empfangen habt. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen oder halte euch von dringenden Aufgaben ab?" Nachdem er sich vergewisserte hatte, das keine Sterblichen in Reichweite waren, nahm er eine Kapuze ab, woraufhin sein bleiches Antlitz zum Vorschein kam.

Kurz dachte der Wanderer nach. Sollte er gleich zur Sache kommen? Besser nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen. "Es ist nun bereits eine Weile her, das wir uns das letzte mal gesehen haben. Viel ist geschehen. Wir stehen quasi im Krieg mit den Sizilianern, und wenn wir das durchstehen wollen, sollten sich die Kinder Genuas zusammenraufen und Schulter an Schulter stehen. Oder nicht?" Gespannt sah der Ravnos zu dem Paladin. Würde es ihm gelingen, den Krieger milde zu stimmen?

[Gaius Marcellus]

Gaius nickte sehr zustimmend. "Ja, unser letzten Treffen war kurz, ich habe seither nichts mehr von euch gehört, euer Status hat sich auch noch nicht geändert?" Irgendwoher bekam der Liktor wohl Meldung, andererseits schien es auch relevant zu wissen, wer alles in seine Zuständigkeit fiel.

"Dringliche Aufgaben gibt es viele, da habt ihr recht, aber die Kainiten dieser Stadt sind wohl die wichtigste Aufgabe die man haben kann, nicht wahr." Er lächelte in der Tat milde.

[Luca]

"Nein, an meinem Status hat sich bisher nichts geändert. Ich habe mir Zeit gelassen, wollte die Kinder der Nacht, die hier ihr Unleben fristen, kennenlernen - nun ja. Als Liktor seid ihr darüber wohl besser unterrichtet als die meisten, nehme ich an." Es wirkte, als wolle Luca der Erinnerung an die letzte Begegnung zwischen den beiden so wenig Raum wie möglich geben. "Es freut mich in jeden Fall, dass ihr mir eure Zeit opfern wollt."

Unruhig scharrten die nackten Füße des Ravnos auf dem kalten Steinboden, als er das Gespräch in eine neue Richtung lenkte. "In den vergangenen Jahren habe ich, wie schon gesagt, ein paar neue Bekanntschaften gewonnen. Mit manchen verstand ich mich gut, mit anderen weniger. Aber eine Begegnung ist mir besonders im Gedächtnis geblieben, weil ich ... sie so bemerkenswert fand. Hat auch von euch gesprochen. Ich nehme an, Angelique ist euch vertraut?" Aufmerksam beobachtete Luca, welchen Effekt die Erwähnung des Mädchens bei dem Salubri verursachte.

[Gaius Marcellus]

Gaius nickte mit einem warmen Lächeln. "Angelique ist mir vertraut, ja. Wieso?" Er verhehlte seine Zuneigung zu der Kleinen gar nicht.

"Auf wen seid ihr sonst getroffen, habt ihr interessante Ziele gefunden? Jenes ist doch immer die zentrale Frage, wenn es um die Heimatwerdung einer Domäne geht... hat man sich eine Grundlage schaffen können, hat man Ziele, sind die Kainiten der Domäne sympathisch." Das Lächeln wurde versonnen.

[Luca]

"Ich traf Angelique zufällig, und sprach mit ihr über dies und das. Nicht einmal besonders wichtige Themen, aber sie ... war sympathisch. Ist eine der wenigen Personen, von der ich nicht erwarten würde, jemandem ein Messer in den Rücken zu stoßen, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet. Im übertragenen Sinne natürlich. Sie war sogar so gütig, für mich zu sprechen. Aber ..." Etwas verwundert sah der Ravnos den Salubri an. "Sie sprach nur in den höhsten Tönen von euch, und auch ihr könnt sie scheinbar gut leiden. Aber dennoch führt ihr keine Beziehung, richtig?" Die Frage nach dem Wieso lag unausgesprochen in der Luft.

Auf die Nachfrage des Paldins zeigte Luca erstmals an diesem Abend sein diebisches Grinsen. "Interessante Ziele, allerdings, das kann man schon so sagen. Die Kainiten hier sind so verschieden wie die Schatten der Nacht. Impulsive Bruhja habe ich getroffen, verschlagene Lasombra, angriffslustige Drachen und verführerische Rosen. Aber wenn ihr schon so fragt ... was sind euch denn die liebsten Mitglieder unserer kleinen Gemeinschaft?"

[Gaius Marcellus]

Gaius lächelte. "Doch, sie und ich sind in Freundschaft verbunden. Vor langer Zeit heilte ich Wunden, die ihr fast die Vernichtung brachten... nicht nur körperlich.
Also doch, wir sind uns nahe stehend. Wie einige weitere Kainiten der Domäne. Manche von diesen Bünden sind offensichtlicher als Andere, aber ja." Das Lächeln wurde zum Schmunzeln und Nicken. "Die Domäne bringt die unterschiedlichsten Mitglieder hervor, aber meiner Meinung nach lässt sich mit den allermeisten gut zusammen arbeiten. Erst jüngst erwarb ich beispielsweise die Thermen von Fabrizio Begado von den Schatten." Streute der Salubri ein.

"Sagt, habt ihr den Thron entwendet?" Fragte er dann mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. "Ich frage nicht als Gesetzeshüter, versteht mich nicht falsch, menschliche Dinge sind nicht unser Aufgabenbereich - außer die Stille, wohlgemerkt."

[Luca]

Nach dem Diebstahl gefragt, machte Luca eine wegwerfende Geste. "Ach, nehmt das Geplapper auf den Straßen nicht so ernst. Wer wäre schon so dreist und würde einen Thron stehlen?" Allerdings konnte der Ravnos bei diesen Worten ein schmales Grinsen kaum verbergen. "Wenn es tatsächlich jemand gemacht hätte, dann dürfte er sich nun zumindest fragen, was er mit dem Ding anfangen soll - verkaufen wird bei einem solchen Objekt wohl eher schwierig. Was ich sehr viel beunruhigender finde, sind die Geschichten über einen drohenden Piratenüberfall." Der Ravnos sah Gaius nachdenklich an. "Und die Mordserie in der Clavicula. Sollte es dort einen kainitischen Machtwechsel geben? Wisst ihr zufällig etwas darüber?"

"Die Therme? Das ist sehr interessant. War da zwar noch nie, habe aber einges darüber gehört. Baden ist dort wohl bisher eher zweitrangig gewesen." Luca wirkte amüsiert. "Aus welchen Gründen habt ihr sie gekauft?" Die andere Frage, die sich stellte, war, ob der Verkauf freiwillig vonstatten gegangen war. Der Botschafter war schließlich eine eher umstrittene Persönlichkeit in der Stadt.

[Gaius Marcellus]

"Ein gar fabulouser Dieb, der sich einen Namen machen will oder ein Exzentriker." Gaius schmunzelte. Er mochte Throne nicht, aber sie zu stehlen... "Der Piratenüberfall..." Gaius wog den Kopf hin und her. "Ich glaube das bezieht sich auf den drohenden Angriff der Sizilianer, die Menschen kennen den Feind noch nicht, sie glauben lediglich Mailand bedrohe uns... womöglich besser so."

Dann wog er den Kopf hin und her. "Machtwechsel in Calvicula. Was ist euch eine Antwort auf die Frage nach einem Machtwechsel wert? Werter Ravnos?" Lächelte er schelmisch. Einen Handel mit den Reisenden einzugehen war stets dann eine Freude, wenn es keine Lebenswichtige ware war, um die gefeilscht wurde. Womöglich wüsste der unaufällige Reisende ja andere spannende Details.

"Und ja, die Therme, Baden, Pflege, Vergnügung... alles gehört dazu. Ich wollte die Reichweite meiner Gesundheitsversorgung ergänzen, und einen vergnüglicheren Weg ausprobieren. Womöglich erreicht es so Andere..."