[1003] Bleibende Erinnerungen [Seresa]

[Seresa]

Als Sousanna wieder zu Seresa blickte, sah sie, dass diese ausdruckslos, geduldig und starr in ihrer Sitz-Knienden Haltung verweilt hatte. Einzig ihr Schreibgerät hatte sie scheinbar für die Dauer wieder abgelegt. Seresa nickte der Ravnos höflich zu, als diese ihren Entschluss mitteilte. Sie nahm erneut ihr Schreibgerät auf.

„Bitte fahrt fort, sobald Ihr bereit seid, Sousanna.“

Kurze Zeit später erklang erneut das sanfte Kratzen einer Feder auf Pergament. Als die Ravnos schließlich geendet hatte, legte Seresa die Schreibfeder ab. Sie las Sousanna vor, was diese ihr bisher diktiert und was Seresa zu Pergament gebracht hatte. Dann erhob sie sich, ging auf Sousanna zu und reichte ihr mit einem kurzen Nicken das Schriftstück.

Die Buchstaben und Wörter bildeten ein wohlgeformtes Bild und ließen erahnen, dass Seresa tatsächlich sehr geübt war in ihrer Tätigkeit. Das Schriftstück selbst war nicht meisterhaft, was vielleicht mitunter daran lag, dass es nicht die Materialien waren, welche Seresa sonst verwendet hatte. Dennoch konnte man ihr Werk - getrost und ohne Übertreibung - außergewöhnlich nennen.*

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*Schreibertätigkeit Seresa:
@Seresa (Ria): 9d10 >= 6 f1 +wk = (2 6 8 5 3 5 5 4 8, 3 successes) = 3 -> 4 Erfolge

[Sousanna]

Etwas irritiert blickte die Hehlerin Seresa an. Sie schien nun wirklich nicht damit gerechnet zu haben, sich nicht erklären zu müssen. Oder nun wirklich gar keine Reaktion auf ihren Ausbruch zu bekommen. Kurz schien sie sogar eine List dahinter zu erwarten.
Dann aber schüttelte sie auch diesen Gedanken ab und schaffte es, wieder ruhiger ihren Brief zu Ende zu diktieren. Schließlich endete er mit einer Schlussformel, die wohl einen für jemanden, der kein Ravnos war, völlig unverständlichen Witz enthielt und einer kunstvollen Reihe frei erfundener Titel und Ränge.

Ruhig nahm sie schließlich das Schriftstück entgegen und flog kurz mit den Augen darüber. Schließlich nickte sie der Brujah anerkennend zu. "Ihr seid wirklich gut, in dem was ihr tut.", sprach sie ein Lob aus. "Ich werde mich nicht schämen müssen, diesen Brief abzuschicken."

[Seresa]

„Habt Dank für Eure Worte, Sousanna.“

Seresa verneigte sich leicht vor der Ravnos.

„Es ehrt mich, dass Euch meine bescheidenen Dienste zusagen.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Ihr spracht vorhin von mehreren Schreiben, welche ihr versenden wolltet. Wünscht Ihr eine weitere Nachricht zu verfassen?“

[Sousanna]

Sousanna zuckte die Schultern. "Wer schöne Dinge herstellt, der bekommt stets meine Anerkennung.", erklärte sie gleichmütig und voller Ruhe. Eines der wenigen Gesetze, die es in der Welt der Hehlerin zu geben schien. Vielleicht brauchte es solche Richtlinien, um mit dem Gesetzlosen Geld zu verdienen.

"Ja, es geht dabei nur um ein bisschen Hin und Her zwischen Händlern. Für euch sollte das recht langweilig sein. Es braucht in jedem Fall keine besondere Kunstfertigkeit." Um die Gleichgültigkeit der Angelegenheiten zu unterstreichen, machte sie sogar eine wegwerfende Geste mit der Hand. "Nur mein Gekrakel kann keiner lesen, ohne nicht mehrere Nächte dafür aufzuwenden."

[Seresa]

Seresa blickte die Ravnos leicht fragend an.

„Bitte gestattet die offene und direkte Frage, ob Ihr einen Handel - und sei er noch so unscheinbar und gering für Euch - abschließen könnt, ohne dass Ihr versuchen würdet, dass es der beste Handel Eures Lebens werden würde, Sousanna? Einfach, weil die Chance bestehen würde, dass Euch etwas wahrhaft Meisterliches damit gelingen würde.“

Die Brujah sah für einen Moment in Sousannas Augen, bevor sie respektvoll ihr Haupt verneigte. Dann würde sie ihre Antwort abwarten, bevor sie ein neues Pergament aufnehmen und sich in ihre alte Sitz-Kniende-Position zurück begeben würde.

[Sousanna]

Für einen Augenblick hätte man meinen können, Sousanna wäre von dieser Frage tatsächlich aus dem Konzept gebracht worden. Einen winzigen Moment lang wirkte sie beinahe perplex, ehe ein leichtes Grinsen ihr Gesicht langsam eroberte.

"Ich bin für den Handel gestorben, Seresa.", gab sie zurück und erinnerte nun sehr an jene Frau, die die Brujah einst in jener verfluchten Gasse kennengelernt hatte. Da war die füchsische Art der Ravnos wieder. "Um den besten Handel meines Lebens abzuschließen, habe ich mein Leben geopfert. Also nein, mein Unleben, mein Fluch und meine Freude ist und bleibt der meisterliche Handel."

Da war eine Leidenschaft in ihrer Stimme, die zu brennen vermochte. Eine tiefe, brennende, verzehrende Liebe wie man sie sonst nur in sehr dummen Affären zu spüren vermochte. Sousanna mochte moralisch gesehen wahrlich eine Hure sein, doch in diesen Worten wurde deutlich, dass der Handel ihr götzengleicher Zuhälter war, für den sie alles getan hätte.

[Seresa]

„Wenn Euer Ziel der meisterliche Handel ist, Sousanna, wie könnt Ihr dann annehmen, dass ich wissentlich versuchen würde, weniger zu tun, als es mir möglich wäre, um Euch mit meinen bescheidenen Fähigkeiten wahrhaft zu dienen?!“

Seresa blickte aus ihrer knienden Haltung auf.

„Entscheidet selbst, ob es einem meisterlichen Handel zuträglicher wäre, ein Gekrakel zu erhalten oder eine besondere Kunstfertigkeit. Welchem Händler wärt Ihr zugeneigter? Bewusst oder womöglich sogar unbewusst. Mit welchem würdet ihr womöglich interessantere Geschäfte abschließen wollen?“

Die Art und Weise wie Seresa das Wort ´interessantere´ betonte, legte nahe, dass sie gerade nicht von Geschäften sprach, bei denen man Kunden verprügelte, um Versäumnisse einzutreiben, sondern den tatsächlichen An- oder Verkauf von teuren Waren.

„Euer Aussehen, Euer Auftreten und Eure Waren wecken ohne jedweden Zweifel Begehrlichkeiten. Bitte erlaubt, Sousanna, dass ich meine bescheidenen Dienste für Euch in bestmöglichster Form fortführe, auf dass sie Euch zur Ehre gereichen. Auf dass sie Euch zu womöglich meisterlicherem Handel verhelfen mögen.“

Erneut verneigte sich Seresa leicht vor Sousanna.

[Sousanna]

Sousanna legte ihr Haupt leicht schief. Ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen.

"Ihr habt euch mir verpflichtet. Ich würde nichts anderes von euch erwarten, als dass ihr euer möglichstes tut, mir wahrhaft zu dienen.", gab sie ruhig zu und überschlug gelassen die Beine.

"Aber ihr wisst als eine Freundin der Worte doch gewiss, das interessant und interessant stets zweierlei meinen kann.", erwiderte sie und grinste ihr listiges Ravnosgrinsen. "Es kommt stets darauf an, welchen Handel man gerade vollzieht. Ich würde niemandem trauen, der mir gestohlene Edelsteine liefern will und mir eine Mitteilung des Lieferzeitpunkts als vergoldete Urkunde ausstellt.

Ihr Kopf neigte sich auf die andere Seite und dunkle Locken ergossen sich wie ein Wasserfall über ihre Schulter.
"Ich bin mir sicher, dass ihr eure Dienste so ausführen werdet, wie ich es für richtig halte."

[Seresa]

„Ihr habt Euch diesbezüglich unmissverständlich, klar und eindeutig ausgedrückt, Sousanna.“

Seresa verneigte ihr Haupt vor der Ravnos.

„Als ich von einem interessanten Handel sprach, sprach ich tatsächlich von einem Handel, bei welchem beide Seiten profitieren, Sousanna. Ein meisterlicher Handel beinhaltet in meinen Augen, dass er redlich ist und hält was er verspricht. Ein Handel bei dem beide alles gewinnen, beide nichts verlieren und man am Ende Jemanden hat, dem man gerne erneut für einen weiteren meisterlichen Handel aufsucht.“

Die Brujah zuckte dann leicht mit den Schultern.

„Doch bitte verzeiht, ist der Handel wahrlich keine meiner Stärken, Sousanna. Ich bin nur eine einfache Schreiberin und meine Ansichten in diesem Punkt womöglich gänzlich naiv.“

[Sousanna]

Dieses Mal war es Sousanna, die leicht das Haupt neigte. Ihr Lächeln war einmal mehr das eines Raubtiers.

"Ein Fehler, den die meisten begehen.", erklärte sie und begann wieder auf und ab zu wandern. Dieses Mal jedoch wirkten ihre Schritte beschwingt, beinahe tänzerisch. "An einem Handel ist nichts redlich. Er ist ein Kampf. Aber kein redlicher Schaukampf. In gewisser Weise ist ein Meisterhändler eine Art Attentäter. Nur weniger tödlich. Es geht um Täuschung, um das Nutzen jeden winzigen Vorteils. Ein guter Händler ist ebenso flink und anpassungsfähig wie ein Assassine." Ihre Worte waren von tiefer Liebe gekennzeichnet. Weich und sanft wirkte sie selbst bei diesen kalten Worten. "Nur wenn zwei wahre Meister miteinander handeln, wird am Ende ein ausgewogener Handel, bei dem niemand verliert, zu Stande kommen."