[1004]Etiam nunc regredi possum[Sousanna;Titus]

[Titus]

Das Alla Murra bekam in einer kalten Novembernacht Besuch von einem kräftig gebauten Mann im mittleren Alter. Er hatte blonde kurze Haare mit einem ganz leichten Rotstich und er hatte dunkelblaue Augen. Er fragte höflich nach der Herrin des Hauses und nannte als Grund seines Kommens eine Nachricht, die er übermitteln sollte. Das Gesindel, was sich im Alla Murra herumtrieb machte es Silvestro, so wie er sich vorstellte, nicht gerade einfach. Er wurde ein wenig angepöbelt und bedroht, doch Silvestro schien sich davon nicht zu sehr einschüchtern zu lassen. Er hatte einen Auftrag und würde ihn erledigen...es dauerte einen Moment, bis der Wirt das Gesindel verscheuchte und Silvestro zu Sousanna brachte. Vor dieser verbeugte sich Silvestro tief und trug seine Botschaft vor. Er war im Auftrag von Titus hier, um Sousanna um ein Gespräch zu bitten und würde ihre Antwort sogleich an seinen Herren weiter leiten. Offenbar hatte Silvestro, so stellte er sich auch Sousanna vor, des öfteren Umgang mit Kainiten und wusste sich in ihrer Gegenwart entsprechend zu benehmen.

Mit der Botschaft der Sousanna kehrte er zu seinem Herren zurück. Dieser stattete diesem Drecksloch dann zwei Nächte später persönlich einen Besuch ab. Titus hatte sein Großschwert nicht dabei, dennoch hatte er ein Messer an seinem Gürtel hängen, denn ganz unbewaffnet wollte er nicht herkommen. Die Besucher beäugten ihn misstrauisch, wagten es jedoch nicht Titus irgendwie zu belästigen. Er trug dunkle Wolle und einen grauen Mantel. Der Rosenkranz um einen Hals zeichnete ihn eindeutig als einen gläubigen Mann aus. Mit abschätzigen Blick musterte er die Besucher...welch ein sündiger Ort. Er ging schließlich zum Wirt, der ihn nach ein paar knappen Worten dann zur Herrin des Hauses bringen würde...

[Sousanna]

Im Gegensatz zu der blutrünstigen Meute schien die Herrin des Hauses ein wahrer Engel zu sein. Sie empfing Silvestro mit einem sanften, freundlichen Lächeln und hatte ausschließlich gute, liebenswerte Worte für ihn. Es täte ihr wirklich leid, so ihre Männer ihn behelligt hätten und noch mehr bedauere sie es, seinen Herren nicht sofort sehen zu können.
Sie zeigte nicht das für Kinder des Kains so typische, arrogante Verhalten, sondern schien dem Boten mit Respekt, Anerkennung und Freundlichkeit entgegen zu blicken. So er das wollen würde, würde sie ihn sogar auf Wein und ein Nachtmal einladen, ehe er wieder in die Kälte hinaus müsse.

Die Erscheinung des Kriegers dann ließ die Menge in aufgekratzte, misstrauische Neugier verfallen. Ob es nun jenes Kreuz war, das ihn eindeutig als Mann des Glaubens kennzeichnete, oder der im Hintergrund aufgestellte Kerl mit dem Gesicht eines Kampfhundes, der ganz offensichtlich über seine Männer wachte, war nur schwer zu erkennen.
Der beflissene Wirt zeigte sogar eine korrekte, wenn auch nur wenig elegante Verbeugung vor dem hohen Gast und würde eben diesen in eins der Zimmer oben geleiten.

Dort, in einem schlichten, hellen Raum, der sacht nach der Fremde Byzanz duftete, wartete dann Sousanna. Sie trug feine, aber schlichte Stoffe, wirkte ernster als je zu vor - und vor allem, trug sie den Schleier ihrer Heimat, der ihr hübsches Gesicht züchtig verhüllte ohne ihrer Schönheit Abbruch zu tun oder sie einzuschränken.
So die Tür verschlossen war, verneigte sie sich anmutig vor dem Kappadozianer. "Wohlwerter Titus, es ist mir Überraschung und Freude euch in dieser Nacht empfangen zu dürfen.", begrüßte sie ihn höflich und wies auf den einen Stuhl, der dort neben einem Kasten an der Wand stand. "Nehmt Platz, so ihr das wünscht."

[Titus]

Titus sah sich in der Kammer interessiert und aufmerksam um und Sousanna konnte auch sehen, dass er den Duft durch einen Atemzug in sich aufnahm.

"Danke, dass Ihr mir so kurz vor dem Hoftag noch empfangt."

Mit diesen Worten nahm er auf dem Stuhl, der ihm gewiesen wurde, plazu. Eine kurzer Moment der Stille verstrich, als er wieder das Wort ergriff.

"Ich wollte Euch sprechen, um Euch um einen Gefallen zu bitten."

Titus beobachtete die Reaktion der Ravnos aufmerlsam.

[Sousanna]

Ein für ein solches Drecksloch ungewöhnlich sauberes und ordentliches Zimmer, zeigte sich dem Krieger. Sogar ein Bett stand darin und jemand hatte dafür gesorgt, dass ein paar getrocknete Blümchen dem sonst so kargen Raum einen etwas aparteren Anschein gaben.
Die Düfte erinnerten unweigerlich an die Herrin des Hauses. So er ihr nahe gekommen war, hatte er diese ungewöhnlich angenehme Aura aus Wohlgeruch bereits einmal wahrgenommen.

"Es ist mir eine Ehre", erwiderte Sousanna mit einem leichten Neigen des Kopfes. Sie selbst blieb stehen. Ihre Hände hatte sie gelassen vor dem Körper aufeinandergelegt. "Dass ich es bin, die ihr vor einem solch wichtigen Ereignis um eine Unterredung bittet."
Dass er schließlich um einen Gefallen bat, ließ eine ihrer elegant geschwungenen Augenbrauen kurz emporwandern, doch das war nur für einen sehr aufmerksamen Beobachter überhaupt zu erkennen.

Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, ehe die Ravnos schließlich ruhig antwortete: "Ich kann euch nicht versprechen, dass ich jeden Gefallen erfüllen kann, doch so ihr ihn mir nennt, werde ich natürlich sehen, was ich tun kann."

[Titus]

Titus nickte und fing an seine Bitte vorzutragen.

"Ich möchte mit Eurem verehrten Erzeuger sprechen...nach dem Hoftag. Daher möchte ich Euch um den Gefallen bitten Kontakt zu ihm herzustellen und, wenn Ihr dazu bereit seid, mir Rat zu erteilen, ob ich bei einem möglichen Treffen abseits der gebotenen Etikette noch weiteres zu beachten habe."

Mit dieser gestellten Bitte endete er zunächst und erwartete ihre Reaktion und ihre Antwort.

[Sousanna]

War es wirklich Überraschung, die über das Gesicht der Schönen huschte wie ein Schatten. Erneut zuckte ihre Augenbraue etwas, dann schien sie etwas zu verstehen, denn ein nachdenkliches Nicken, senkte ihren Kopf, gefolgt vom Anflug eines dezenten Lächelns.
Dieses Mal dauerte es etwas, ehe eine Antwort kam: "Ich bin mir sicher, dass sich ein Treffen arrangieren ließe." Zu welchem Preis ließ sie noch offen.
"Was einen Rat angeht...", hier verharrte Sousanna und kurz trafen ihre Augen die seinen. Für einen Augenblick lag Ernst und Entschlossenheit darin. Vielleicht auch der sachte Anflug leisen Grolls. "Er war wenig erfreut zu hören, dass jemand seine Entscheidung, an wen er sein Blut weiter gab, als unwürdig und bemitleidenswert bezeichnet hat. Seht es also als meinen ernstgemeinten Rat an, dass ein Treffen von dieser Aussage überschattet sein dürfte." Man konnte in diesem Augenblick erahnen, dass der Zorn und die Erinnerung des Blutes der Wanderer in solchen Dingen ewig währte. In den Kreisen, in denen sich Tochter und Vater aufhielten, schien es nur wenig Gesetze zu geben. Doch eine krude Form der Ehre, schien ihnen heiliger zu sein, als manch anderes.

[Titus]

Titus wirkte nicht überrascht, er blickte Sousanna offen an. Offenbar schien er mehr als bereit den Zorn zu ertragen, den Sousanna und ihr Erzeuger für ihn bereit hatten. Doch in diesem Moment, als Sousanna das sagte, vertieften sich ein paar Falten auf seiner Stirn und sein Gesichtsausdruck mochte eine leichte Enttäuschung zeigen. Schließlich nickt er.

"Ich habe meine Worte in jener Nacht nicht vergessen."

Der Tonfall, mit der er diese Worte sprach, suggerierte, dass es andere Worte waren, als Sousanna gerade behauptet hatte.

"Somit ist es also eine Angelegenheit, die ich mit Eurem verehrten Erzeuger zu klären habe."

[Sousanna]

Sousannas Augenbraue wanderte nun demonstrativ nach oben. Doch mehr Zeichen ihres Trotzes oder Zorns war nicht nicht zu erkennen. So sie das Bedürfnis gehabt hatte, ihm zu widersprechen, verkniff sie sich jeden Einwand.
"Das solltet ihr in jedem Fall", erwiderte sie ruhig. "Ansonsten ist es nie verkehrt, sich daran zu erinnern, dass die Gebräuche der Goldenen sich in feinen Nuancen unterscheiden. Mehr kann ich euch erst sagen, so ich meinen verehrten Blutsvater gesprochen habe."
Ein kleines Lächeln ließ ihre Lippen zucken. "Wie kann ich euch erreichen, wenn ich Kunde von ihm für euch habe?"

[Titus]

Titus nickte.

"Eine Nachricht an der Martinsfeste oder am Tor nach Burgus wird mich erreichen,"

Damit schien der Teil für Titus abgeschlossen.

"Was möchtet Ihr als Gegenleistung für Eure Bemühungen haben?"

Fragte er offen und auch schein er ein wenig interessiert.

[Sousanna]

Auch die Sünderin nickte. Dieses Thema würde sie erst wieder aufgreifen, sobald sie mit Caspar gesprochen hatte. Innerlich brannte sie ja darauf, den Kappadozianer im Gespräch mit ihrem Blutsvater zu erleben. Es würde in jedem Fall ein Spektakel werden, selbst wenn der Heilige wohl nie die Größe ihres Lehrmeisters erreichen würde. Dieser Gedanke ließ sie unwillkürlich lächeln.

"Ich weiß, dass von dieser Unterredung für euch viel abhängen dürfte", erklärte Sousanna schließlich und zeigte ihr liebenswertestes Lächeln. "Ich habe die Worte der höchstverehrten weißen Prinzessin ebenso vernommen wie ihr und ich möchte euch nicht auf eurem Weg zum Anchilla blockieren. Dafür könnt ihr mir eure Unterstützung unter den Liktoren versichern."
Sie lachte hell auf, als wäre ich dabei gerade ein Gedanke gekommen. "Nein, ich habe nicht vor Verbrechen zu begehen und auch mein Soll als Mitwisserin habe ich zur Genüge ausgeschöpft, doch es stehen große Änderungen ins Haus... und ich werde unter den Liktoren jemanden brauchen, der meine Worte zumindest anhört."