[1005] Vom Eise befreit [offen]

[Februar '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Sousanna
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Sousanna »

Wer wusste schon, was geschehen wäre, hätte die byzantinische Schönheit erahnen können, was ihre Berührung in Amalia auslöste? Hätte sie sie weiter bestärkt oder Abstand genommen? War hinter ihrer ebenmäßigen Stirn eine Pyromanin verborgen, die eines Tages Städte brennen sehen wollte, während darunter Bäche aus heißem Blut flossen und eine Symphonie der Schreie erklang? Oder war ihr Sanftmut wahrlich das Wesen Sousannas? War sie so schön und so gut, wie ihre Freundin sie zeichnete?
In diesen Augenblicken noch verweilte die Illusion über beider Häupter, dass die jeweils andere doch im tiefsten Inneren ihres verdorrten Herzens menschlich sein musste. Segenreiche Unwissenheit.

"Du bist meine Freundin", war die schlichte Antwort der schönen, garniert mit einem zierlichen Lächeln. "Und ich denke oft an meine Freunde. An meine Freundinnen in Byzanz habe ich immer gedacht, auch wenn ich sie jeden Tag gesehen habe. Und wenn eine nicht mit uns durch die Gärten streifen durfte, war sie doch in unseren Herzen dabei."
Gedankenverloren seufzte die Hehlerin und blickte seufzend in den Himmel. Theodora, Katerina und Aspasia sie waren gewiss schon alt und grau, wenn nicht sogar schon gestorben. Was wohl mit ihnen geschehen war? Ob sie wohl hin und wieder ihrer entführten Freundin gedacht hatten? Zart und fein wurde die Gestalt der Ravnos von einem bittersüßen Anklang an Melancholie umwoben.

Dann aber zogen sich die dunklen Brauen missbilligend zusammen. "Er hat dir davon berichtet?", fragte sie und eine ungewöhnliche Schärfe lag in ihrer Stimme.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
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Friedrich Hölderlin
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Amalia
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Amalia »

Amalia lächelte freudig, als sie den Grund hörte, warum an sie gedacht wurde. Ein Grund mehr, warum sie sich in der Nähe der Ravnos wohl fühlte. Ein sanftes Seufzen durchdrang ihre Kehle … ein Seufzen, welches zeigte, dass sie durchaus die Nähe der Ravnos schätzte. So schloss Amalia ihre Augen und schwieg einen Moment, ehe sie wieder ihre Augen öffnete. Das Gespräch war auf den Toreador gekommen. Man hätte den Abend auch angenehmer gestalten können.

Sie blickte ihrer Freundin in die Augen und richtete sich auf. “Ja … ich traf ihn in der Nähe von Burgus wo wir miteinander geredet haben … es war leichter als gedacht ihn zu überreden. Er gestand mir ohne Reue in der Stimme. Er sagte mir, er wolle mich mit dem Mord imponieren … wolle mir zeigen, dass er würdig sei mein Schüler zu werden. Ich konnte nicht glauben, was er da sagte … dieser Volltrottel. Ich habe ihm natürlich zurechtgestutzt, dann habe ich ihn weggeschickt, er sagte zu mir, mit hasserfülltem Blick, dass er seinen Erzeuger zu Fall bringen möchte. Ich packte ihm am Nacken und schickte ihn fort … ich hoffe ich habe dir dadurch keinen Ärger gemacht meine Liebe?“

Amalia guckte entschuldigend und man sah, dass es ihr leidtat. Den Kopf hatte sie natürlich erschrocken von der Schulter ihrer Freundin genommen.
"Ich kann deine Angst fühlen Mensch. Sie ist spürbar gegenwärtig. Ich kann mit den Fingern darüberstreichen und ihr krankes Aroma schmecken. Ist dieses Entsetzen Nährboden für Hass, dann lass mich daran laben und dich dabei völlig auslöschen."
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Sousanna
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Sousanna »

Missbilligend schnalzte Sousanna mit der Zunge und einige Worte kamen über ihre Lippen, die offensichtlich Griechisch waren - und noch offensichtlicher alles andere als anständig waren. Ihr blonder Begleiter zumindest schien sie zu kennen und eine Bedeutung zu erahnen, denn er kicherte recht schmutzig darüber.
Entnervt fuhr sie sich schließlich durch über duftende Haar und schüttelte schlussendlich den Kopf. "Als ob ein Bruch unserer Gesetze etwas wäre, das imponiert.", brummte sie und ihre Lippen spitzten sich, als hielte die hübsche Tochter nur mit Mühe weitere Flüche dahinter zurück. "Den Ärger hat er mir gemacht, nicht du.", stellte sie schließlich klar.

"Der Esel wird mir aufgebrachte Menschenhorden und die Liktoren ins Haus bringen und noch erwarten, dass ich alles richte. Sag Amalia seh ich aus wie eine Amme? Wie seine Amme?", ratlos blickte sie an sich hinab als frage sie sich, ob es tatsächlich etwas an ihr gab, dass sie als Kindermädchen für verirrte Blutsauger qualifizierte.
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Amalia
Salubri
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Amalia »

Ein Leuchten durchdrang Amalias Augen ehe die Zweigesichtige schnell ihren Kopf schüttelte und mehr als erschrocken dreinblickte. Irgendetwas belastete den Geist der Albanierin … irgendetwas, was ihr Innerstes zerfraß, wie Maden das süße Fleisch einer verwesenden Leiche.

”Du bist keine Amme meine Liebe … du bist eine Herrin …“

Dann flüsterte die Herrin etwas, was wohl nur sie verstand, denn die Ravnos würde keine Worte vernehmen können. Erschrockener als vorher blickte sie nun der Schönen in die Augen.

“Darf ich mich wieder anlehnen? Bitte?“

Etwas in der Stimme der Bestie klang anders … irgendwie sanfter, aber auch mit einer Spur der Verzweiflung.

“Vielleicht sollten wir das Thema wechseln … dieser Vollidiot, bei dem ich wirklich verwundert bin, wie mein Lehnsherr ihn freisprechen konnte ... er trübt uns nur die Stimmung … wir könnten ja etwas spazieren gehen … wenn du möchtest.“
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Sousanna
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna wirkte irritiert über diese Veränderung an jener Frau, die sich so gern als Bestie darstellte. Ruhig, aber doch mit besorgtem Blick öffnete sie die Arme. "Immer", war ihre gehauchte Antwort und zärtlich würde sie der Salubri übers Haar streifen, ihr geben, was auch immer sie brauchte.

Dann glitt sie elegant von der Mauer hinab. "Ja", bestätigte sie. "Ja, lass uns gehen. Es wird uns gut tun."
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Amalia
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Amalia »

Eng schloss die Albanierin die Ravnos in die Arme, presste sie an ihre Brust und genoss das streichen über ihre Haare. So verharten die beiden, Hass und Sanftmut, Blumen der Nacht, Herrinnen ihrer eigenen Welten. Minuten vergingen und während Sousanna irritiert und verwirrt war führte Amalia in ihren Gedanken einen Krieg, welcher immer hoffnungsloser wurde. Doch nach einigen Minuten war sie gewonnen. Die Schlacht, doch der Krieg würde noch lange dauern. Amalia blickte auf, sah ihrer Freundin in die braunen Augen und gab ihr einen sanften Kuss.

“Ich bin dir so dankbar … du kannst dir nicht vorstellen, wie gut die Nähe einer Person sein kann. Wollen wir aufbrechen?“

Amalia war wieder sie selbst, und wirkte wieder erstarkt … wie an jenem Abend im Alla Murra, wo sie ihre Schüchternheit bezwingen konnte. Sie stand auf, erhob sich von der Mauer und bot der Ravnos ihre Hand an.
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Sousanna
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Sousanna »

Leicht wie eine Feder war der Kuss der Sünderin und auf seltsame Weise tröstend. "Ich kenne das zu gut.", flüsterte sie und strich eine der schwarzen Strähnen aus Amalias Gesicht. "Auch wir haben doch nur Herzen aus Wachs."

Mit einem leicht schelmischen Lächeln entließ sie unterdessen Alfio und würde Hand in Hand mit Amalia durch die Straßen spazieren.
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Amalia
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Amalia »

Amalia lächelte und würde Sousanna einfach folgen. Ihr gefiel die Leichtigkeit und fröhliche Art der Ravnos. Sie tat ihr tatsächlich gut und so würde sie der Ravnos folgen, wo auch immer sie sie hinführte. Während sie Hand in Hand durch die Stadt gingen lächelte die Zweigesichtige und strich mit dem Daumen sanft über die Hand der Ravnos, wollte ihr etwas zurückgeben von dem, was ihr gerade geschenkt wurde.
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Sousanna
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Sousanna »

In jener Leichtigkeit ließ auch die Ravnos sich treiben. Unwillkürlich schritten sie auf die Märkte zu - jene Orte an denen die Ravnos sich selbst am sichersten und am glücklichsten fühlte. Selbst Nachts verflog der Duft guter Geschäfte nicht ganz von diesen Orten. Sie waren ihr Wiege und ihr Totenbett zugleich. Denn auch wenn sie es tapfer vor jedem anderen geleugnet hätte, Sousanna wusste sehr genau, dass es ein Handel sein würde, der sie eines Tages zu Fall bringen würde.
So umfing sie in den Momenten eines solchen Spaziergangs stets ein Hauch von Melancholie. Und während ihre Schritte freier wurden, senkte sich eine feine Traurigkeit über ihren Blick.

"Sag", wandte sie sich mit einem Mal an ihre Freundin. "Sag, was glaubst du, was uns noch ausmacht - nun da wir schon lange tot sind."
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Amalia
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Re: [1005] Vom Eise befreit [offen]

Beitrag von Amalia »

Amalia lächelte liebevoll und als Sousanna anhielt blickte sie sich ein wenig auf dem verlassenen Markt um. Stellte sich vor, wie es wohl ist, wenn der Markt besucht wäre. Als die Ravnos die Salubri ihre Frage stellte machte sie große Augen und was sie sah, bekümmerte sie. Sie sah die Traurigkeit des kleinen Rehs und ehe man was sehen konnte, hatte sich die Kriegerin hinter ihre Freundin gestellt, ihre Arme um die Ravnosmitte gelegt und sie liebevoll in den Arm genommen. Der Halt war gegeben, so dass sie die Kleine Kainitin bequem zurücklehnen konnte. Nun war die Salubri mit ihrer Wange an der der Hehlerin.

“Lass dich fallen meine Liebe, ich bin da.“ flüsterte sie, ehe sie eine Antwort auf die Frage gab. “Wenn du mich so genau fragst, würde ich sagen, dass unsere Taten und unser Vermächtnis das ist, was uns ausmacht. Wir sind unseres eigenen Glückes Schmied. Es sind unsere Gefühle und Gedanken welche uns zu dem machen was wir sind. Liebe, Ruhe, Lust … Hass … das alles sind Dinge die uns vollkommen machen.“

Amalia lächelte die Ravnos an und schenkte ihr einen Kuss auf die Wange. Eine interessante Frage, welche ihre Freundin ihr da stellte. Ruhe war eingekehrt in den Geist der Salubri … die Ruhe vor dem Sturm.
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