[1005] Mommy's home [Lorenzo]

[Februar '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Sousanna
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[1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Sousanna »

Mit einem lauthörbaren Knall schlug die Tür hinter der zierlichen Gestalt zu. Dann zerriss ein Schrei die weintrunkene Stille. "Wo ist dieser hirnverbrannte Sohn einer Hafenhure?!" Die sonst so angenehme, sanfte Stimme war vor Zorn schrill und gellend geworden. Sie vermochte wohl das gesamte Gasthaus zu erfüllen. In jedem Fall brachte sie einen der wenigen Trinker dazu vor Schreck seinen tönernen Becher fallen zu lassen. Nach dem Ausruf herrschte noch eine Weile lang so unbehagliche Stille, dass man den stetigen Tropfen des billigen Weines von der Tischplatte hören konnte.
Ein jeder der anwesenden Männer würde betroffen den Kopf zwischen die Schultern ziehen und sich an mindestens eine Situation erinnern, in der eine ihrer Frauen noch nicht ansatzweise so wütend schien wie die kleine Griechin - und das war schon grauenerregend gewesen.

Sie aber ließ die Trinker völlig in Ruhe, sondern stürmte zur Theke. Lombardo war gerade dabei gewesen, noch mehr Wein auszuschenken, doch als er die Zornesröte auf ihren Wangen sah, kam er sofort zu ihr geeilt. Nach ein paar gezischten Worten, würde sich der Wirtsbruder zurückziehen und sobald er ihn fand, Tiziano zu ihr schicken. Ihr Weg aber bahnte sich weiter nach oben. Jeder ihrer sonst so elfengleichen Schritte war hörbar. Eine anmarschierende Armee, hätte weniger bedrohlich geklungen.

Ohne jedes Zögern oder irgendeine Form des Anstandes würde schließlich eine bestimmte Tür aufgerissen werden und eine höchst verärgerte Sousanna sich im Türrahmen aufbauen. Ein anklagender Finger richtete sich einer Klinge gleich auf Lorenzo.
"Du", zischte sie überraschend ruhig, wenn man den Lärm bedachte, den sie bis eben noch gemacht hatte. Die sonst so weichen, braunen Augen funkelten bedrohlich. Funken schienen daraus zu sprühen. Dies schien das wirkliche griechische Feuer zu sein. "Du Hornochse! Hast du jemals in deinem erbärmlichen Leben nachgedacht? Legst du es darauf an, mir jeden einzelnen Nerv zu zerreißen oder trampelst du einfach nur herum wie einer dieses riesigen Elefantendinger?!"
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Lorenzo
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Lorenzo »

Lorenzo saß in seinem Zimmer, als er unten Sousanna hörte wie diese die versammelte Mannschaft zusammenschrie, und Lorenzo als Hafenhure betitelte. Er hatte schon beim Erwachen jenes Gefühl gehabt, das ein Unwetter aufziehen würde, und wie schon so oft in seinem Leben, sollte er Recht behalten.

Als er dann Schritte nach oben kommen hörte, wurde Lorenzo unruhig, und man konnte deutlich sehen, dass er es mit der Angst zu tun bekam. Al Sie die Türe aufriss und sich im Türrahmen aufbaute, konnte man zweierlei Dinge an Lorenzo erkennen, das Eine war Angst, und das Zweite bedauern, unglaublich großes Bedauern.

Lorenzo ging auf die Knie, legte den Kopf auf den Boden, drehte diesen Seitlich zur Seite, als würde er Ihr anbieten, ihn zu enthaupten. Tränen, tränen aus Blut liefen dabei aus seinen Augen.

„Ich entnehme eurer Reaktion,“ stammelte er verunsichert hervor, „das Ihr schon von Gehört hab, was ich getan habe.“ Er war bleicher als sonst, und seine Anmutige Art war wie weg gewischt.

„Ich bitte euch, vielmals um Verzeihung, für das was ich euch eingebrocke, dadurch das Ihr mich kennt. Ich weiß ich kann es allein damit nicht gut machen. Wenn Ihr es wünscht, werde ich sofort von hier ausziehen, und mich dem Schicksal der Sonne, wenn ich kein Ersatzquartier finde, übergeben.“

Seine Tränen aus Blut bahnten sich weiter Ihren weg, befleckten seine Kleidung, und den Boden.
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Sousanna
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Sousanna »

Was auch immer die Wütende erwartet hatte, ein Gegenüber, das sich sofort ergab, war es wohl kaum. Zumindest stockte sie, in dem Moment, als er sich vor ihr zu Boden warf. Für einen Augenblick schwieg sie.
Dann drang ein Schnauben hervor und ihre Arme verkreuzten sich vor der Brust, während weiter der Zorn von ihr abstrahlte wie Eiszapfen, die sich in das Fleisch ihres Opfers bohrten.

Doch sein Auftreten hatte ihre Art noch leiser werden lassen. Wäre er nicht so vor ihr gekauert, hätte er sie wohl kaum verstanden. Ihre Worte konnten ihn so aber in ihrer ganzen Kälte erreichen. Wie Frost krochen sie in Kochen, jagten Schauer über die Haut und ließen Haare zu Berge stehen.
"Warum hast du es dann getan?", brachte leise hervor und schloss in einer einzigen Handbewegung die Tür hinter sich. Nun waren nur noch sie beide da. Die vor Zorn schäumende Ravnos und der vor ihr kauernde Händler. "Wie kommt es, dass du auf die Idee gekommen bist, es wäre eine gute Idee, mordend durch die Straßen zu ziehen und dich dabei auch noch zu erwischen zu lassen? Ist das der Dank dafür, dass ich dich hier hausen lasse? Dass ich dir helfe? Dass ich dich lehre?" Jedes einzelne ihrer Worte war ein Dolchstoß. Kalt aber präzise gesetzt. Die Dolche einer Assassine. Wie hätte eine Meuchelmörderin in diesem Augenblick furchteinflößender wirken können, als die Hehlerin?
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Lorenzo
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Lorenzo »

Lorenzo kauerte weiter auf dem Boden. Dass sein Gegenüber ins Stocken kam, da Sie mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet hatte, bekam er nicht mit. Als Sie dann auch noch die Türe schloss, konnte man deutlich sehen, wie Lorenzo zusammen zuckte.

„Nun Ihr kanntet mein Problem mit Schuldgefühlen und Ähnlichem? Nun um diese loszuwerden, habe ich eine Entscheidung getroffen, welche mich von den Menschlichen Restemotionen losmachen wird. Ich wollte mit Gott endgültig brechen, und all seinen Moralischen Regeln, um frei von sämtlichen Gefühlen der Schuld existieren zu können. Also wollte ich ein letztes mal beichten gehen, und dem Herrn eine letzte Chance geben, mir Antworten zu liefern, bezüglich all der Fragen, welche mich beschäftigt haben.

Im Nachhinein betrachtet, habe den Priester getötet, um endgültig mit Gott, welcher immer nur schwieg, egal wie sehr ich flehte und bettelte, zu brechen, auch wenn ich es nicht geplant hatte, es ist aus dem Affekt passiert, als das Tier die Kontrolle übernahm.

Der Priester hat mir immer wieder aufs neue gesagt, dass ich nicht aufgeben dürfe.
Als ich gehen wollte, und er mir nachging, habe Ihn mehrmals gewarnt, bevor das Tier aus mir herausbrach. Danach war ich nur noch Zuseher. Ich hatte diese Tat nicht geplant gehabt, um den Priester tut es mir nur minder Leid, was ich bereue ist, dass ich euch beschmutzt habt, meine Meisterin und Königin der Nacht.

Ich hatte nicht nachgedacht, und ich habe mich als äußerst Töricht erwiesen, und bin euch ein schlechter Schüler in diesem Augenblick gewesen, als ich dies tat.
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Sousanna
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Sousanna »

Es war ein ungläubiges Lachen, das als Erstes auf diese Antwort folgte. Es war nicht Sousannas volles, helles Lachen, sondern ein kaltes Lachen. Eines, das weh tat, als hätte man in Scherben gefasst.
"Du wolltest mit dem brechen, der dich und mich geschaffen hat.", wiederholte sie kühl und fuhr sich durchs Haar. Hätte er aufgesehen, hätte man beobachten können, wie ihre Finger sich verkrampft hatten. Auch wenn sie die Eisprinzessin in Person zu sein schien, war sie dennoch von tiefen Gefühlen bewegt. "Als ob ihn der Mord an einem Priester treffen würde. Als ob Gott der Herr, sich darum scheren würde, was du Wurm nun tust oder nicht tust. Als ob es für den Glanzreichen wichtig ist, ob er nun einen seiner Diener verliert oder nicht."

Ihre Mundwinkel kräuselten sich leicht, während sie voller Härte in der weichen Stimme weiter sprach: "Aber das ändert absolut nichts daran, dass du ein Sakrileg begangen hast. Das ist schon schlimm genug. Aber du wirst mir, so man dich erkennt, auch noch mehr als nur Ärger bringen. Glaubst du, die haben dich nicht erkannt? Wie lang denkst du eigentlich, dass es dauert, bis ein Mob vor diesen Türen aufschlägt und die Herausgabe des Priestermörders fordert?"
Nun lag da eine feine Drohung in ihrer Stimme. "Was stellst du dir vor, was ich dann tun werde?" Ihre Pause ließ Raum für Interpretation, was dann geschehen würde.

Ohne sich noch um ihn zu scheren, trat die Byzantinerin an ihm vorbei. Oder besser, sie stieg fast über ihn hinüber. Der Saum ihres Rockes würde sogar Lorenzos Gesicht streifen. Geste der absoluten Missachtung. "Ich würde gerne wissen, was du zu tun gedenkst, damit ich dich denen dann nicht mit einem Lächeln im Gesicht ausliefere." Es klang als führe sie ein Selbstgespräch. Süßlich und schmeichelnd. Beinahe als tauschte sie gerade mit einem Geliebten Liebesschwüre aus.
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Lorenzo
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Lorenzo »

Als Sousanna ungläubig zu lachen begann, wurde Lorenzo noch ein Stück kleiner. Er hörte Ihr zu, ohne etwas zu sagen, was sollte er auch sagen, was er getan hatte, konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Erst als Sie auf den Mob zu sprechen begann, blickte er mit Sie, mit seinen von Tränen blutig rot verschmierten Gesicht, an.

„Warum mich nicht an den Auszuliefern, dazu weis ich auch keine Antwort, und wenn man es genau betrachtet, gibt es auch keinen Vernünftigen Grund, mich zu schützen. Und wie Ihr schon sagtet, es wird nicht lange dauern, bis jemand davon Kenntnis erlangt, wer dahinter steckt. Wenn ihr mich ausliefern wollt, werde ich mich nicht wehren, denn ich kann euch keinen Grund nennen, es nicht zu tun. Wenn Ihr es wünscht, werde ich mich selbst dem Liktor ausliefern, und die Dinge die dann auf mich zukommen, mit dem Gefühl der Reue ertragen, euch enttäuscht zu haben.“ Dabei blickte er Sie von unten wie ein Lamm an, welches man zur Schlachtbank führt, und nichts anderes als vollkommene Gebrochenheit, spiegelte sein Blick wieder.
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Sousanna
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Sousanna »

Als Lorenzo das Gesicht hob, um sie anzusehen, würde er ihre Miene zu Eis gefroren sehen, ehe sie sich schweigend abwandte. Wenn seine Tränen, sie rührten, barg sie diese Rührung durchaus sehr kunstvoll hinter einer Maske aus frostiger Gleichgültigkeit. Einige Augenblicke lang tat sie nichts anderes, als aus dem Fenster zu blicken und das Treiben auf der Straße zu beobachten. Es gab dort nichts zu sehen, doch offensichtlich hatte sie mehr Muse dafür, den herrenlosen Hunden dabei zuzusehen, wie sie sich um Essensreste balgten, als sich ihrem Gast zu widmen.
Einige Augenblicke lang, konnte er nur hören, wie sie immer wieder um Geduld ringend tief durchatmete. Ansonsten herrschte eisige Stille, die sich in jede Ecke des Raume schlich und dort lauerte. Auf was, konnte man kaum erahnen, doch war es nicht das, was ein Raubtier so bedrohlich machte? Dass man nur schwer erfassen konnte, was es erjagen wollte.

"Es gibt keinen Grund, warum ich dich nicht verraten sollte.", attestierte sie schließlich so sachlich, als stelle sie fest, dass man im Regen nass wurde. "Ich könnte direkt die Liktoren rufen lassen oder den Mob selbst anschüren. Ich könnte zur Heldin der Stadt werden, wenn ich meine Männer die blutige Masse, die eins Lorenzo war, an den Stadtrat ausliefern würde."
Ruckartig wandte sie sich um und blickte den Toreador kalt an. Aus ihren Augen sprach der Grund, weshalb man sagte, dass man den Wanderen nicht trauen konnte. Eine unaussprechliche, kalte Berechnung, gemischt mit glühend heißer Gier. "Aber es hält mich etwas davon ab." Nun klang sie tatsächlich bedrohlich. Wie das Rasseln einer Schlange, ehe sie zubiss. "Weißt du, was es ist?"
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Lorenzo
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Lorenzo »

Noch während Sie sprach stand Lorenzo auf, und er wischte sich die Tränen aus den Augen. Sein Blick war eiskalt und berechnend.

„Nun ich sehe schon, mit Schauspiel komme ich hier nicht weiter, wenn Ihr meint einen Verbündeten und Freund ausliefern zu müssen, oder gar als Leichnam an den Mob weiterzugeben, dann tut es.“ Den Blick den er Sousanna dabei zuwarf, hatte nichts als Kälte in sich, und kein bisschen Reue lies sich darin lesen.

„Aber wisset, Ihr seid eine der wenigen Kainiten, die mir etwas bedeuten.“ Kaum hatte er zu reden aufgehört, drehte er Ihr den Rücken zu, ging zu einem Fenster, öffnete es. Danach hob er die Hände und verharrte dort, wie jemanden den man gestellt hatte.
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Sousanna
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Sousanna »

War es das gewesen, was sie hatte sehen wollen? Dass er endlich einmal ein wenig Rückgrad zeigte? In jedem Fall flackerte ein leiser Ausdruck von Befriedigung in ihren Augen auf. Auch zeigte sie ein knappes Nicken, ehe sie sich zur Seite drehte, um Lorenzo direkt anzusehen.
"Ich tu es nicht, weil ich dir versprochen habe, dich zu unterrichten.", erklärte die Ravnos schließlich ruhig. Noch immer war dort eine gewisse Härte in ihrer Stimme, doch auf andere Weise. Sie schien nicht mehr so nagend zu sein. "Und auch wenn du für dein Verbrechen die gerechte Strafe über dich ergehen musst, bleibe ich deine Lehrmeisterin. Du wirst lernen müssen. Viel lernen. Und es wird hart werden. Aber wenn du es schaffst, wirst du nie wieder solche Fehler begehen."

Ihr Kopf legte sich zur Seite und etwas in ihrem Gesicht erinnerte an ein lauerndes Raubtier. "Willst du weiter lernen oder gibst du jetzt nach einer Dummheit auf?", fragte Sousanna leise.
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Lorenzo
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Re: [1005] Mommy's home [Lorenzo]

Beitrag von Lorenzo »

Lorenzo lauschte jede Ihrer Worte und ging dann langsam mit einem kalten Lächeln auf den Lippen auf Sie zu. Dann drückte legte er sanft den Arm um Sie, und gab Ihr einen sanften, voll mit Gefühlen aufgeladenen Kuss auf die Lippen und frage, „Wäre damit eure Frage beantwortet, meine Königin der Nacht“.
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