[1005] Männer mit Bärten [Livia]

[Februar '18]
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Sousanna
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Der Kopf des hohen Herrn zuckte leicht hin und her. Sogar sein Kopfputz wackelte dabei wichtigtuerisch. "Niemanden interessiert der Osten, solange ich hier residiere.", attestierte er mit seiner unerschütterlichen Selbstzufriedenheit. "Was sollte da jemanden der Osten interessieren, wenn es hier strahlende Sonnen wie mich gibt?"

Mit weiterhin voller Arroganz hochgezogenen Augenbrauen, setzte Megalion den unverschämten Wicht wieder ab, um ihn ein letztes Mal streng zu mustern. Dann zuckte er schlicht die Schultern. "Was, wo und wie waren schon immer die besten Regeln.", stellte er fest in seiner Ernsthaftigkeit fest. "Fehlen nur noch wer und wann."

In großen Schritten dann führte der Grieche seinen Gesellen weiter durch die Straßen. Hier und da bemerkte er einiges, das unbedingt perfekter werden müsse oder nicht angemessen sei. Oder er erwähnte, wie dringend all das Gesindel doch verschwinden müsse, um eine Stadt von alter Größe zu erbauen.
Es war und blieb eine Freude ihn stolzieren zu sehen und seinen Analysen, die nur so vor Größenwahn strotzten, zu lauschen.

Schließlich schien er doch etwas mehr Interesse an Amtoh zu gewinnen, denn auf dem Weg fragte er schließlich: "Also, Amtoh, wie gestaltet sich die Suche nach der Perfektion? Erzielst du Erfolge?"
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
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Livia
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Livia »

"Ich ja, Erfolge, ja!" Atmoh blühte kurz auf.
"Ich habe den perfekten Schmerzensschrei geübt... hört her..." Er hüstete, dann quiekte er vorzüglich... nun, mittelmäßig, er durfte ja nicht zu laut werden. Spannend blieb es jedoch - das Geräusch war hoch und feminin und zugleich tief und irgendwie... echt.* Danach richtete sich Atmoh auf, überdehnte seinen Rücken etwas und breitete seine Schultern stärker aus - die Stimme war jetzt noch etwas tiefer.

"Der Schmerz, er ist doch das Wichtigste nicht?" Mit großen Augen blickte er den Hohen an. "Wie könnten wir sie verstehen lassen? Wie könnten wir sie den Schmerz genießen lassen?" Sein Tonfall hatte sich wirklich geändert. "Wird das sie oder uns perfekt machen?"


*2 Erfolge
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Sousanna
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Der Grieche begann zu kichern. Es klang irritierend. Auf seltsame Weise zu fein, zu glockenhell. Aber was konnte man von so einem eingebildeten Schnösel erwarten, der wohl kaum zwei Jahre ein Mann war? Dazu war es überraschend wenig ... ehrenhaft. Eher übermütig und jung.
Dann aber kehrte sein Ernst wieder zurück. Das Kinn hob sich wieder und die Brauen hobem sich in jener kühlen Überheblichkeit. "Fürs Erste ganz annehmbar.", urteilte er also in altbekannter Manier, um die Arme lehrmeisterhaft hinter dem Rücken zu verschränken. So wirkte er noch mehr wie ein aufgeplusterter Gockel, der den Hennen beweisen wollte, was für ein großartiges Federvieh er war.

"Der Schmerz edelt.", erklärte Megalion bestimmt. "Mir geht es weniger um den Schmerz als um die Angst. Besser den Schmerz fürchten als sich nicht korrekt verhalten - das macht uns perfekt."
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Livia
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Livia »

Der dumme Kerl war einfach dagestanden, eine ganze Weile, hatte sich nicht geregt aber auch nicht reagiert, sicher 10 Minuten verweilte er zur schlimmsten Provokation seines Gegenüber als sei er in Starre geraten...
"Ich weiß nicht recht was wir tun, Herr?" Er sah sich verwirrt um.
"Eine Geschichte?" Fragte er ebenso verwirrt.
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Sousanna
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Megalion hatte seinen Gefährten zornig angefaucht, ehe er begann eine ganze Reihe wohlklingender, aber wohl völlig frei erfundener Namen herunter zu beten, die den unverschämten Kerl verfluchen und ausstoßen sollten für seine Respektlosigkeit. Von was genau und was ihn treffen sollte, blieb dabei allerdings ebenso offen, wie wer bei allen Heiligen ein "Einhardt der Großeulige, großer Held der Kleinköpfigen und Vasall von Atlantis" sein sollte und was er mit dem heiligen Blut zu tun hatte.

Schließlich aber nickte der Junge zufrieden und strich sich sein bartloses Kinn. "Eine Geschichte", wiederholte er. "Ja, Geschichte werden wir schreiben." Seltsame Gewissheit lag in seinen Worten.
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Livia »

"Was diese Geschichte angeht, mein Herr!" Fügte der Tölpel dann in etwas ernsterer, weniger verstellter Stimme an. "Was das erste Kapitel angeht so dachte ich mir etwas. Wenn ihr..." Er sah sich in der heruntergekommenen Taverne um, in der sie gestoppt hatten. Richtete weiterhin in der gespielt unterwürfigen Art einen Platz für seinen 'Herren', wischte Tisch und Sitzplatz ab, räumte den Müll fort und schob einen Stuhl für seinen Herren zurecht.

"Mein Herr... ich... ich hätte da eine Frage." Er lächelte sanft. "Zu einer Geschichte. Die zu schreiben wir beauftragt wurden."
Etwas hatte sich verändert, auch wenn es zu bleiben schien, wie es war.
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Sousanna
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Sousanna »

In eben jenem übertriebenen Gestus eines zu eingebildeten Herrn überwachte er noch, wie sein Platz bereitet wurde, doch in jenem Moment, da er sich unter großem Hallo gesetzt hatte, schien etwas von ihm abzufallen. Die dunkel umrahmten Augen wirkten sanfter, größer... Weniger arrogant. In seltsam lässiger, ja beinahe schon schludriger Art stützte er sein Kinn in die Hand und blickte zu Amto empor.
"Und was willst du wissen?" Es klang beinahe schon liebevoll und geduldig. Als spräche der große Bruder zu seinem jüngeren Bruder. Auch hatte sich etwas an seinem Akzent verändert. Er hatte etwas von der Hochgestochheit verloren und klang bedeutend natürlicher. Beinahe als hätte sich der Sprecher daran erinnert, dass er diese Sprache tatsächlich sprach.
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Livia »

Nachdem beide Männer saßen, blickte der Diener seinen Herren an.
"Nun Herr. was die eitel Großen angeht, so hörte ich, sah ich, ach... schwer ists zu sagen. Traf ich? Ja! Traf ich einen..." Er lächelte etwas verlegen, als wäre es ihm peinlich.

"Und der schien mir gar ein Geist voller Quelle, Gold und Silbern sprudelten Ideen aus totem Gehölz! Wenn ihr versteht..."
Kurz pausierte er. "Nun, anders gesagt... ein kalter Bekannter stellte mir eine kalte Bekannte vor, deren Geist viel nützliches in sich zu tragen scheint und deren Sehnsucht - die sie selbst wohl nicht zur Gänze stillen kann - von unsereins gestillt werden könnte...
Jedoch." Er pausierte.
"So weiß ich nicht, wie ihr dazu steht, hoher Herr, weil ihr mit diesen Kalten wohl einen Zwist hättet?" Er hob vorsichtig die Braue, ließ dann aber ein verspieltes Lächeln durchblitzen. Noch hielt jede Posse.
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Sousanna
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Megalion hatte aufmerksam zugehört, doch als der Handwerker geendet hatte, verzog sich sein Gesicht in einer Mischung aus Qual und Ablehnung, die versucht wurde zu verschleiern. Er schien etwas unüberlegtes sagen zu wollen, schüttelte allerdings das Haupt bevor es seine Lippen verlassen konnte.
"Die Kalten sind stolze Wesen, das weißt du. Dennoch bleibt ungerechtfertiges Erheben über ein ebenso göttliches Wesen ein kränkender Akt, der kaum vergessen werden kann.", seufzte er und fuhr sich durchs geölte, perlengeschmückte Haar. "So es jemals eine Handlung angemessener Entschuldigung geben würde, wäre die Sonnentochter jederzeit bereit, der Quelle dabei zu helfen, alles wieder zum Blühen zu bringen. Davor muss alles Zauberwerk dort bleiben, wo es hingehört." Der Fremde klang ruhig, aber bestimmt. Kein Groll lag in seiner Stimme, aber eine Sicherheit, als definiere er gerade ein Naturgesetz.
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Re: [1005] Männer mit Bärten [Livia]

Beitrag von Livia »

Der Kleine nickte sehr eifrig. "Oh göttliches Wesen." Jubelte er in seinen schmächtigen Bart leise. "Euer Wunsch möge Wahrheit werden!"

Dann stockte er. "Sagt Herr... eine Frage unabhängig dessen: Was ist der Nutzen dieser Worte? Bringen sie nicht - wenn sie nicht aus wahrem Herzen stammen, sondern aus Furcht, Höflichkeit oder Nutzen - nur Feindschaft und Fehde, verhindern wahre Liebe? Oder geneigen sie einem selbst zur köstlichen Speise und dürfen daher diesen Preis tragen?" Ein wenig Verwunderung war nicht gespielt im Gesicht des Niederen, als sei solches Vorgehen für ihn eher schwer nachzuvollziehen...
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