[1006] Burgus Stolz [Vergonzo, Titus]

[La Vedova]

An einem Winterabend früh im Jahre 1006 erreichte den Baumeister Vergonzo Faro über ein paar Umwege eine Einladung seiner alten Bekannten, der roten Witwe von Domus.

In der mündlich überbrachten Botschaft einer jungen Baderin wurde er gebeten, sich zu Vollmond in drei Tagen am Grabe San Siro di Genova einzufinden, da es etwas Wichtiges und Großartiges zu besprechen gäbe. Ebenfalls eingeladen sei der werte Titus, den all dies womöglich ebenfalls interessieren würde.
Seinfreda freue sich sehr, ihren Freund wiederzusehen, nachdem die gemeinsame Zusammenarbeit in Domus und auch außerhalb der Stadt schon solch prächtigen Züge angenommen habe und sie sich keinen anderen für die kommende Aufgabe vorstellen könne!


Bei einem gemeinsamen Gang durch Burgus sprach Seinfreda Titus auf eine ihrer großartigen Pläne an. Mit visionären Blick betrachtete sie den Dorfplatz und zeichnete ihm Zukunftsgebilde in die Luft. Kein anderer als Vergonzo Faro wäre geeignet diese zur Realität zu machen, ob er bitte in einigen Tagen zu einem gemeinsamen Rundgang dazustoßen würde?



An diesem sehr frischen und windigen Januarabend stand die Witwe in ihrem Nonnengewand neben dem Grabmal des sehr verehrten genuesischen Hauptpatronen der Stadt, des Heiligen Siro, der im vierten Jahrhundert Bischof von Genua gewesen war.
Die Kirche San Siro in Burgus war zu solch später Stunde nicht mehr von einfachen Menschen besucht, nur einzelne Kerzen Flackerten für Fürbitte. Der schwere Geruch alten Weihrauchs lag in der Luft.
Der Blick der Kappadozianerin war still nach oben gen Kirchendecke gewandt, ihre Hände wie zum Gebet vor der Brust zusammengelegt. Sie stand so still, dass man sie beinahe selbst für eine Statue in den Schatten der Kirche halten konnte, wären da nicht die herumirrenden Augen, als würde sie etwas sehen oder suchen. Doch folgte man ihrem Blick war da nichts als die einfache, schlichte Decke des Gotteshauses

[Vergonzo Faro]

Mit regem Interesse vernahm er die überbrachte Nachricht und willigte ein, das treffen wahr zu nehmen.
Worum würde es gehen? Was war geschehen?
Mit großen Erwartungen auf dem Buckel hinkte er also zum vereinbarten Treffpunkt zur vereinbarten Zeit.
Eine Kirche. Nett anzusehen, doch betreten hatte er bis dato nur wenige, ... er verlangte ihn auch nicht danach, es sei denn es war ein besonders eindrucksvolles und interessantes Bauwerk.
Aber für die liebe Seinfreda hatte er keine Probleme damit, diese Kirche zu betreten,...denn auch er hatte etwas, das er von Seinfreda, seiner guten Freundin, erfahren wollte.

Er schaute sich um, sah keine fremden Augen und betrat langsam und gemächlich die Kirche San Siro, und sah sich dabei genau das Bauwerk an. Wenn man schonmal hier war, konnte man wenigsten einmal alles genauer betrachten.
Er blieb am Eingang zum inneren Bereich stehen und ließ den Blick über Boden, Wände, Säulen und Decke streifen, in aller Ruhe.
Dann sah er Gestalt, stehend neben dem Grabmal des Heiligen Siro. Auch wenn sonst keiner hier war, zog er die Kaputze etwas weiter ins Gesicht und reupserte sich hörbar. Auch wenn er die Gestalt, die vermutlich Seinfreda sein mochte, nicht in ihren Gedanken oder Gebeten stören wollte, machte er sich dennoch bemerkbar.

[La Vedova]

Seinfreda erwachte aus ihren Gedanken. Sie ließ die Hände sinken, als sie die kleine Gestalt am Portal bemekte und machte eine einladende Handbewegung in das Kircheninnere. Es handelte sich um eine schlichte, dreischiffige Basilika mit Obergarden, durch den tagsüber wohl Licht fallen musste. Vergonzo hatte einen Vorhof mit Brunnen überqueren müssen, bevor er die Kirche betrat. Momenten war das Hölzerne Gewölbe verschattet. Mehrere Grabmäler mit Inschriften und Statuen fanden sich aufgreiht, stehend und liegend, in den Seitenschiffen der Basilika. So auch jenes des heiligen Siro. Die Säulen entsprangen der schlichten dorischen Ordnung und waren aus dem Stein der Umgebung angefertigt, die Kapitelle einfach mit Pflanzenmotivik verziert.
Das Mittelschiff stand momentan leer, hinter dem Chor war ein weiterer Bauteil mit Gittern verschlossen, dahinter erhob sich der Altar, neben dem Seinfreda stand. Weitere Altäre und NIschen befanden sich im Querschiff, das vom Eingang aus jedoch nicht gut einsehbar war. Der steinerne Fußboden hatte einen rötlichen Farboton.

"WIllkommen, mein Freund.", erklang Seinfredas Stimme durch das Kirchenschiff "Wie schön, dass du es hier her geschafft hast. Wie gefällt dir die Kirche?"

[Vergonzo Faro]

Vergonzo nahm, gemäß seiner Berufung, die Details des Baus in sich auf und lächelte.
Das Heiligtum der Kirche ein wenig umgehend nickte er und schritt leise näher. Würde man ihn nicht kommen sehen, hören würde man es wohl nicht.

Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und strahlte Seinfreda offenherzig an, dann verneigte er sich.
"Hallo, meine schöne Freundin, die Kirche steht dir gut. Auch wenn du mir besser gefällst, muss ich gestehen das die Kirche doch mehr Eindruck macht als erwartet.
Mal wieder ein Hinweis darauf, das nicht nur der Bau, sondern der innere Ausbau, doch so manches noch heraus kitzeln kann." leicht anhimmelnd sah er ihr über die schöne sanfte blasse Haut bis er ihre Augen erreichte.
Dann schien er es zu bemerken und wandte sich zur Seite, schaute zu einer der Statuen.
"Nun, die Nachricht hat mich natürlich neugierig gemacht, und das warten auf die heutige Nacht war lang." er kicherte glucksend und schaute ihr wieder ins Gesicht, die Rötung der Wangen verschwand grade.

"Womit kann ich dir dienlich sein?" fragte er dann, unklar worauf diese Frage abzielte.

[La Vedova]

"Ich danke dir für das Kompliment", lächelte Seinfreda erfreut. Es geschah nicht oft, dass man sie schön nannte. "Und ja, die innere Gestaltung kann so viel bewirken...Aber im Endeffekt muss beides zusammenarbeiten, der Bau und der Schmuck, um eine harmonsiche Einheit zu bilden, die Gott gefällt und den Gläubigen im Idealfall die christliche Lehre ohne Worte vermittelt..."

Sie lächelte ihn an "Und genau darum habe ich dich gebeten, herzukommen...Dieses alte Gemäuer ist schon einige hundert Jahre alt, wurde an vielen Stellen geflickt und erneuert und obwohl es natürlich ein heiliger Ort ist und von den Gläubigen ganz Genuas gerne besucht wird, auch wenn sie dazu die Mauern der Stadt verlassen müssen, ist es doch dem modernen Gebrauch und den Ansprüchen unseres Glaubens nicht mehr gewachsen. Deshalb ist es der Kirche...und unserem Clan...ein großes Anliegen, diesen Bau zu erneuern...", sie hielt kurz inne und sah ihn auffordernd an "Und aus ihm ein Wahrzeichen zu machen, das nicht nur in seiner Symbolhaftigkeit und Größe, sondern auch in der Kunstfertigkeit seiner Ausführung den Glauben der Menschen stärkt, die Gottesdienste zu erhebenden Erlebnissen macht und die Worte des heiligen Buches und der Lehre der Kirche verkörpert!"
Bei den letzten Sätzen hatte sie die Stimme erhoben und eine ausholende Bewegung in Richtung des Kirchenraumes gemacht. Sie gerat ins Schwärmen.
"Nach den neusten Erkenntnissen der Baukunst wollen wir ein Gebäude errichten, dessen Schönheit den Wohlwollen unseres Herren auf uns Zieht und die kommenden Jahre und Jahrhunderte übersteht und vielen Generationen Sicherheit und Stärke vermittelt!"
Ein seeliges Seufzen entrang sich ihren toten Lungen.
"Und jetzt verstehst du, weshalb ich wollte, dass du heute Nacht einen kleinen Rundgang mit mir machst, um dir das Gemäuer anzusehen. Um zu sehen was war, was ist und was schon bald sein könnte..."

[Vergonzo Faro]

Vergonzo grinste und überlegte wie vortrefflich es wäre, ein Bauwerk zu errichten das den Glauben der Menschen eben auf dieses jenes Bauwerk zieht, blasphemisches durch und durch.
Ein kleines Meisterwerk, das alle Erwartungen übertreffen und für manch einen vielleicht sogar Gott ablösen würde.
Den wohlwollen des Herren auf sich ziehen, soll er doch schauen und staunen was die Menschen alles von ihrem angeblichen Erschaffer ablenkt,... das feuert war entfacht.
Und so nickte er, sah sich um, überlegte, knetete die Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger, was ein leises schmatzen erzeugte.

"Oh ja, OH JA, ich habe verstanden in welche Richtung es gehen soll. Habe das Ziel klar vor Augen. Erzähl mir mehr von deiner Vision dieses friedlichen Ortes, und wenn du dich an die Klöster und Kirchen anderer Länder erinnerst die du bereits gesehen hast und mir sie beschreibst oder vielleicht malst, könnte ich sicher eine nach vorne gerichtete Idee und Eingebung erarbeiten, welche etwas noch nie da gewesenes darstellt,....was das neue Bauwerk einzigartig machen wird..." und so ratterte sein Kopf und vor seinem geistigen Auge flogen Baupläne vorbei, von deren Oberfläche sich Konturen und Bauteile lösten, in der Luft schwebten und sich mit anderen vereinigten oder sie gänzlich in sich aufnahm und manche wurden wieder weggestoßen...

[La Vedova]

Mit Freude beobachtete die Witwe im Nonnengewand die Begeisterung in Vergonzos Ausruck. Auf seine Aufforderung legte sie nachdenklich den Kopf schief und überlegte. „Du willst eine Kirche nach fränkisch-normannischem Vorbild schaffen?“, fragte sie nach, da sie wohl nicht ganz verstand, worauf er hinaus wollte oder weil sie es sich einfach nicht vorstellen konnte. „Oder eine Mischform?“
Sie sah ihn an „Vielleicht können wir uns bezüglich der Einzigartigkeit ja an der Umgebung orientieren…an Besonderheiten der Stadt und der Landschaft, an San Siros Leben, seinen Taten…“, sie hielt inne „Bedeutet das, du nimmst den Auftrag an?“

[Vergonzo Faro]

"Nun, ich bin von Parma direkt hier her gekommen damals vor langer Zeit. Ich habe die Welt nur durch alte und teilweise fade Worte gesehen. Die Zeit schreitet schnell voran, so auch der Stil der Baukunst. Wir sollten etwas noch nie da gewesenes schaffen. Ich werde mich zusätzlich auch noch umhören und Nachforschungen betreiben, die ich dir dann vorstellen werde. Es soll neuartige bögen und Winkel geben, neue Konzepte der Aufteilung..." er schien rasant nachzudenken, angefacht von den Ideen in seinem großen Kopf.
"Aber ja natürlich nehme ich den Auftrag an."

[La Vedova]

Die Nordfrau begann freudig zu strahlen, als Vergonzo seine Zusage erteilte. "Wunderbar, dann steht den Planungen ja nichts mehr im Wege...Mir gefällt alles was du beschreibst. Vielleicht gibt es auch Möglichkeiten über Bekannte besonderen Stein und andere Materialien anzuschaffen...Natürlich nur von verbündeten Regionen Genuas, wir wollen ja keine falschen Zeichen setzen...."
Sie deutete in Richtung der vergitterten Krypta vor ihnen "Es gibt zwei DInge, die beachtet werden müssen. Erstens: Wir sollten die Krypta und alles unter der Kirche bewahren und möglichst unverändert lassen...eine Möglichkeit wäre womöglich, den Boden etwas anzuheben. Der zweite Punkt ist der Brunnen im Vorhof, der ebenfalls bestehen bleiben sollte, wenn auch nicht unbedingt in der momentandne Form. Man könnte ihn anders überbauen..."
Sie führte Vergonzo langsam durch die Kirchenhalle, deutete auf verschiedene Gräber, erklärte einige Details und bauliche Besonderheiten sowie Ideen, die sie hatte. Es dauerte nicht lange, bis sie auf dem umsäulten Vorplatz vor der äußeren Vorhalle des Portals standen. Seinfreda deutete auf den Brunnen in der Mitte des Platzes.
"Hier ist es geschehen" Sie nickte dem Baumeister zu "Die Bannung des Basilisken, der das Wasser hier vergiftete. San Siro, er stieg selbst hinein in den Brunnen und verbannte sie in die Hölle! Einst stand hier ein heidnisches Heiligtum, müsst Ihr wissen, als das Wasser noch nicht durch die Bitte des Heiligen an Gott gereinigt worden war. Deshalb hatte ich mir gedacht, in Gedenken an dieses Wunder, an die Tat des Heiligen Siro und in Dankbarkeit für das lebensspendende Nass die ganze Kirche dem Thema des Wassers zu widmen. Natürlich spielte auch die Nähe zur Küste eine Rolle, schließlich lebt Genua von Seefahrt, Handel, Fischfang und all diesen Dingen. Was sagt Ihr dazu?"

[Vergonzo Faro]

Vergonzo war äußerst erfreut über ihre Worte und grinste breit, die Vorstellungen waren sehr ausgereift und halfen ihm dabei zu verstehen wohin es gehen sollte.
"Ich denke das wir jemanden finden werden, der das richtige Material liefern kann, in Qualität wie auch Farbe. Ich hab da eventuell auch schon jemanden im Hinterkopf.
Wir sollten die Krypta somit umbauen, so das sie unangetastet bleibt, und da wir vermutlich die Fundamente verstärken müssen, wäre das anheben des Bodens somit sowieso unumgänglich. 2 Fliegen mit einer Klappe also. Den Brunnen können wir sicher hervorragend, passend zum Thema in den Eingangsbereich integrieren. Ebenfalls könnte dieser künstlerisch aufgewertet werden."

Er begann ihr zu folgen und lauschte ihren Träumen und ihren inspirierenden Vorstellungen.
"Das Thema Meer oder Wasser, und das Gefühl am Meeresgrund laufend auf die Kirche zu zu steuern, erdrückt von Meer als Zeichen der Last der Sünde, um dann über eine ausladende Treppe zum erhobenen Bereich der Kirche zu kommen, hat etwas vom Aufstieg aus der Not, und von Befreiung und Erlösung durch den Geist Gottes."
Seine Vorstellung von diesem Gang als Besucher, und erschlagen zu werden vom Pompösen Bauwerk Gottes, das er entwerfen würde,....sein Magen kribbelte.