[1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

[April '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Ilario
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Nun war es an Ilario Seresas Worten aufmerksam zu lauschen. Ihre Analyse schien in vielen Punkten durchdacht und deckte sich mit vielem das er ähnlich sah. In der Zunge der Franken antwortete der Lasombra fast als wäre es die Sprache seiner Kindheit gewesen, so fließend und natürlich.

"Sehr treffend werte Seresa, ich sehe euer Verstand ist geschärft genug und ich will euch zu den meisten, wenn auch nicht allen euren Gedankengängen zustimmen. Weiterhin werde ich mich dazu nicht äußern, da mich die Loyalität zu meiner höchst verehrten Lehnsherrin zur Verschwiegenheit in dieser Sache verpflichtet. Jedoch... seid ihr auf dem richtigen Weg, lasst eure Gedanken diesen weiter beschreiten."

Dass Genua so viel mehr war als nur die jüngste Eroberung und Vasallendomäne des Mailänder Bundes, ließ der Kastellan unerwähnt. Seresa musste nicht wissen um was es ging, welches größere Ganze auf dem Spiel stand. Sollte sie es je erfahren müsste das korrigiert werden. Was eine Schande wäre... dafür schätzte er ihren Geist zu sehr.
Leise fuhr Ilario, das fränkische nutzend fort:


"Nun, da wir euer Verständnis und eure Fähigkeit unter Beweis gestellt haben... beginnen wir mit den Lektionen. Mit einem etwas weniger tödlichen Thema, zumindest für Unseresgleichen. Den darin verwickelten Sterblichen ist oft nicht so viel Glück beschieden. Wenden wir uns der Politik der Menschen zu, der Stadtpolitik Genuas. Die großen Familien: Arduinici, Brigori, Fieschi, Embriaci, Spinola und ehemals die Bianchi. Keine der Familien hat es geschafft sich wahrnehmbar über die anderen zu erheben. Warum denkt ihr ist das so?"

Er zögerte einen Moment, vielleicht war Seresa enttäuscht weil er nicht detailiert auf ihre Analyse des Hoftagsgeplänkels eingehen wollte. Vielleicht fragte sie sich auch wie sie aus seinen Fragen nach der Stadtpolitik lernen sollte.

"Ihr werdet sehen, einige grundlegende Regeln die zwischen den Erhabenen der Sterblichen gelten finden auch in der Politik der Unsterblichen ihre Entsprechung."
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Seresa
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Seresa »

Seresas Lippen hatte ein sichtlich angetanes Lächeln umspielt, als Ilario von dem - in ihren Ohren krächzenden Klang - des Italienischen, in den weichen Singsang des Fränkischen gewechselt hatte. Für einen kurzen Moment hatte sie die Augen geschlossen, ganz so als würde sie es genießen. Womöglich, weil es so selten war, dass jemand in der Sprache ihrer Heimat mit ihr sprach. Womöglich jedoch auch, um das Glitzern in ihren Augen zu verbergen, als der Schatten sie für ihren Verstand lobte. Als der Lasombra dann davon gesprochen hatte, dass Loyalitäten seine Verschwiegenheit erforderten, hatte sie Ilario langsam und respektvoll zugenickt, bevor sie danach die Augen geöffnet hätte und ihn angesehen hatte. Sofern sie davon enttäuscht gewesen wäre, dass er ihr keine offensichtliche Antwort gegeben hatte, so hätte man es ihr nicht angesehen. Womöglich lag es daran, wie sie den Lasombra sah und womit sie dementsprechend rechnete oder gerechnet hatte. Schließlich hörte sie ihm zu, bis er geendet hatte und sprach ebenfalls leise weiter mit ihm auf fränkisch.

„Eure Verschwiegenheit ehrt Euch, wohlwerter Ilario und ich weiß sie zu respektieren. Ich bin mir der Schwierigkeit der Situation bewusst und ich bin dankbar für all jene Dinge, worüber Ihr redlich zu sprechen vermögt. Denn wie beim Tausch des Wissens ist ein redliches Schweigen mehr wert, als eine vergoldete Lüge.“

Die Brujah nickte ihrem Gegenüber erneut zu. Schweigend blickte sie ihm dann in die meergrauen Augen, als versuchte sie seine Haltung in diesem Punkt zu ergründen, bevor sie schließlich fortfuhr.

„Was die Frage der menschlichen Politik angeht, so muss ich zu meiner Schande gestehen, weiß ich nichts über die großen Familien, außer den Gerüchten, welche man in der Stadt aufzuschnappen vermag.“

Die Brujah blickte leicht beschämt zu Boden, bevor sie kurz schwieg und schließlich noch einige Worte hinzufügte.

„Mir ist bedauerlicherweise nicht bekannt, welche Sterbliche sich derzeit Senator oder Konsul nennen, noch ist mir bekannt, wie die Organisation auf sterblicher Seite in Genua als solches aussieht.“

Seresa öffnete ihre Hände und zeigte Ilario ihre leeren Handflächen, bevor sie aufblickte.

„Bitte verzeiht, wohlwerter Ilario. Wie ich Euch einst sagte, verstehe ich selbst wenig von der Politik. Kreuze ihre Wege nur, sofern es sich nicht vermeiden lässt. Umgehe sie, sofern es mir möglich ist. Was Eure gestellte Frage angeht, weshalb ich denke, dass es keine Familie geschafft hat, sich wahrnehmbar über die anderen zu erheben, liegt womöglich an der Welt hinter der Welt. Ich nehme an, hinter jeder der Familien steht ein Vertreter unserer Art. Mich mutmaßen zu lassen, wer dies jedoch wäre, würde in einem äußerst blamablen Schauspiel für mich enden. Deshalb würde ich Euch höflich und aufrichtig darum bitten, mich Abstand davon nehmen zu lassen.“

Sie verneigte ihr Haupt.
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Ilario
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Ich danke euch."

Ilario schmunzelte. Seresa, die Meisterin des Ausweichens. Um den Wert von vergoldeten Lügengespinsten musste sie wohl noch lernen. Politik eben.

"Fieschi, Embriaci, Brigori, Arduinici und Spinola. Ehemals auch die Bianci. Die großen Familien. Auch ohne Kainiten die sie beeinflussen wäre das bestehende Gleichgewicht in etwa gegeben. Würden beispielsweise die Fieschi es schaffen sich merkbar von den anderen abzusetzen und mehr Macht zu erlangen, würden die anderen Familien dies merken und sich gegen sie zusammenschließen. Zudem leben sie alle recht gut, warum dies gefährden?
Diese Familien denken zudem weiter als gewöhnliche Handwerker oder Bauern. Sie denken über Generationen hinweg, planen dynastisch. Diese Denkweise ist ähnlich langfristig wie die unsere, nur dass das Erben und die Abfolge bei unseresgleichen eher weniger gegeben ist. Was denkt ihr sind die üblichen Mittel mit denen die Oberhäupter und führenden Kreise dieser Häuser ihre Politik betreiben?"


Anstatt ihr alles einfach darzulegen versuchte Ilario sie ihren eigenen Weg finden zu lassen, sich selbst Antworten zu erschließen. Was für ein Lehrer wäre er sonst? Schritt für Schritt würde er sie leiten, um dann irgendwann doch den Bogen zur kainitischen Politik zu schlagen. Aus ihren Antworten würde Ilario sich auch ein Bild machen können was Seresas Gedankenwelt und ihre derzeitige Nähe zum Tier betraf. Falls dem denn noch so war...
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Seresa »

„Mit allem gebotenen Respekt, wohlwerter Ilario, bezweifle ich redlich, dass es ein bestehendes Gleichgewicht innerhalb der Familien geben würde, sofern keine Einflussnahme oder Lenkung durch unsere Art stattfinden würde. Es widerspräche schlicht der Natur der Menschen. Wer wahrhaft mächtig werden und aufsteigen will, darf und wird wenig Skrupel besitzen. Er wird sich niemals mit dem zufriedengeben was er besitzt, denn Trägheit wäre der Anfang vom Ende. Er wird die anderen Familien mit Fehlinformationen oder falschen Anschuldigungen gegeneinander ausspielen, so dass sie sich selbst schwächen, während er sich einen Verbündeten suchen wird, der seine Vision teilt. Einen Verbündeten, der sein Spiel erkennt und seine eigene Chance darin sieht. Über kurz oder lang würden sich so die zwei stärksten Familien verbünden und die schwächeren Familien ihrer Besitztümer und Macht beraubt. Sobald diese den Betrug bemerken, würde ihnen nichts weiter übrigbleiben, als dies zu respektieren, sofern sie selbst nicht noch mehr verlieren möchten. Letzten Endes wird sich eine der beiden Familien über die Andere erheben und alleinig herrschen. Ob es dann zu Einflüssen von außerhalb käme, welche diese Familie wieder zerschlagen würden oder ob diese Familie sich bereits außerhalb der Stadt durchgesetzt hätte, wäre hierbei eine andere Überlegung und Betrachtung. Doch womöglich irre ich mich, wohlwerter Ilario, denn wie ich bereits sagte ist Politik zu führen wahrlich keine meiner Stärken.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern.

„Wäre unsere Art ohne Einfluss, so würde...“

Die Brujah unterbrach ihre Worte und für einen kurzen Moment wirkte sie abwesend. Ihre Augen wanderten ziellos hin und her. Ihre Stirn lag kurzzeitig in Falten, bevor sie ihre Augen zusammenkniff. Schließlich schüttelte sie leicht den Kopf, räusperte sich leicht und fuhr etwas stockend fort.

„So würde sich die Familie Bianchi wieder erheben, deren Güter nach dem Krieg vom Senat konfisziert wurden. Sie würden Rechtsmittel finden, welche diese Güter wieder zurückbringen würden. Sie würden Kredite aufnehmen, da sie sich um ihr eigenes Können bewusst wären. Sie würden sich Verbündete suchen. Kurzum: sie würden sich wieder aufschwingen.“

Sie schwieg für einen kurzen Augenblick.

„Inzwischen sind jedoch mehr als drei Jahre ins Land gezogen. Der Krieg hat die Familie hart getroffen und es ist noch immer so, als läge das Oberhaupt in Folge von unerwarteten Ereignissen in einer Art Starre.“

Ihr Blick verweilte ruhig auf dem Schatten. Eine gewisse Doppeldeutigkeit lag in ihrer Aussage, doch schien ihr Blick nicht wissend, sondern fragend zu sein. Sie schien tatsächlich keine Ahnung von Politik Genuas zu besitzen und schlicht Rückschlüsse zu ziehen aus Dingen, welche sie sah. Schließlich nickte sie fast entschuldigend dem Lasombra zu.

„Bitte verzeiht mein Abschweifen, wohlwerter Ilario. Eure Frage war, mit welchen üblichen Mitteln die Politik betrieben wird. Ich nehme an, es werden sowohl Mittel zum Machterhalt, wie zum Machtausbau verwendet. Mittel zum Machterhalt wären vermutlich Dinge wie die Förderung der Nachkommenschaft, die Sicherung der Familienbande, die Verbindung mit anderen Häusern durch Heirat, den Erhalt und Ausbau des gesellschaftlichen Status, die Beobachtung und Anpassung an die gegebene Situation und künftige Entwicklungen, den Ausbau und die Sicherung von Gütern und Vermögen, sowie fortlaufende Gespräche mit den anderen großen Familien. Mittel zum Machtausbau wären vermutlich Dinge wie das bewusste Streuen von Fehlinformationen, das Schließen unbesetzter Lücken, das Einbringen von Informanten, die Veränderung von Machtverhältnissen durch Zwang oder Bestechung, sowie letzten Endes als Ultima Ratio das Beseitigen dessen, was den Plänen gefährlich werden könnte oder sich weigert und somit dem Machtausbau im Weg steht. Sicherlich werden einige Familien dabei subtiler vorgehen, als andere. Einen ungesehenen Bolzenschuss - dem Angriff auf offener Straße bei Tage - vorziehen. Schlussendlich wird jedoch keine der großen Familien ihren Status halten können, ohne dass auf die eine oder andere Art und Weise Blut an ihren Händen kleben wird.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern. Ihre Stimme war als sie darüber sprach so ungewohnt ruhig und so entspannt, dass es beinahe unangenehm war ihr zuzuhören, sprach sie schließlich vom Mord. Nicht einmal der weiche und wohlwollende Klang des Fränkischen konnte über diese Tatsache hinwegtäuschen. Ihre abschließenden Worte legten nahe, woher ihre Entspanntheit rührte und weshalb sie kein Bedauern hegte.

„Es ist der Preis der Macht.“
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Es mag sein, dass es ohne den Einfluss der Söhne und Töchter Kains anders wäre... oder auch nicht. Kurzfristig könntet ihr sogar richtig liegen, derzeit scheint die Familie der Fieschi etwas einflussreicher als die anderen, aber auch das wird sich wieder ändern. Es mag theoretisch soweit kommen, würde man die Menschen einfach schalten und walten lassen, dass eine Familie die anderen dominieren würde. Doch langfristig würden die anderen sich gegen sie verschwören. Herrschaft durch Stärke allein ist selten von dauer. Zudem gilt es zu beachten, dass viele Verbindungen bestehen zwischen den Familien, zum Beispiel durch Heirat."

Die Erwähnung der Bianci ließ Ilario aufhorchen. Zufälliges Gedankenspiel oder klopfte Seresa hier wie beiläufig auf den Busch? Titus Worte kamen ihm wieder in den Sinn.

"Es mag auch sein, dass sich die Banchi wieder erheben und ihren angestammten Platz wieder erstreiten. Auch oder gerade wegen des kainitischen EInflusses hinter ihnen. Mag sein, dass der kainitische EInfluss derzeit ruht und andernorts beschäftigt ist. Mag sein, dass die Bianchi ein Bauernopfer waren. Strafe, Tribut oder Buße..."

Er wusste es, würde aber den Teufel tun und es der jungen Brujah verraten. Erstens gab es nichts geschenkt und zweitens war die Gefahr groß, dass sie dies zu Ajax weitertrug.


"Der Preis der Macht..." Wiederholte Ilario und es schien ihm nicht im geringsten zu stören wie Seresa von Mord sprach. Für ihn nur ein Mittel, ein Werkzeug wie so viele andere. Wenn auch eines welches der Lasombra nur selten gebrachte. "Ihr versteht schon viel mehr von der Politik als ihr bereit seid zuzugeben, auch wenn es zwischen den Mitteln die ihr Machtausbau und Machterhalt zuordnet viele Überschneidungen gibt.
Was ihr zunächst verstehen müsst ist, dass Politik immer eine Sache der Absprachen und Verbindlichkeiten ist. Und wann diese sich mit anderen oder den eigenen Interessen überschneiden. Welche Zugeständnisse ist man bereit zu machen? In materieller wie auch moralischer Hinsicht. Welchen Weg zu welchem Ziel nehmen? Opfere ich die Interessen eines Verbündeten zugunsten der Meinen oder ordne ich meine unter? Was dient meinen kurzfristigen, taktischen Zielen und was meinen strategischen, langfristigen?"


Die meergrauen Augen fixierten Seresa und Ilario nickte ihr anerkennend zu.


"Seht, die Politik erfordert stets Planung und verlangt einen wachen Geist. Deshalb war ich bereit euch zu unterweisen."
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Seresa »

„Und dafür bin ich Euch wahrlich zu Dank verpflichtet, wohlwerter Ilario.“

Seresa erwiderte in einer dankenden Bewegung das Nicken des Schattens.

„Dennoch liegt - bei allem gebotenen Respekt - ein Unterschied darin, ob man etwas versteht oder ob man Dinge schlicht betrachtet und man eigene Rückschlüsse daraus zieht.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Ich gestehe, ich hatte der menschlichen Politik zu wenig Beachtung geschenkt, seit ich in Genua verweile. Euer Hinweis hatte mich schlicht zum Nachdenken gebracht. Wie Ihr wisst, wollte ich Euren werten Bruder im Blute Fabrizio Aurelio Sizilianus aufsuchen, weil ich überlegte, ein Schiff als Unterkunft zu wählen. Dies war im Jahre 1002 anno Domini, kurz bevor die Sarazenen über Genua hereinschwappten. Der damalige Capitano del Mare Mario Bianchi hatte im darauffolgenden Jahr gestanden, dass er die Suche nach dem Schiff Eures werten Bruders im Blute Fabrizio als vorgeschobenes Argument verwendet hatte.“

Sie pausierte, bevor sie weitersprach.

„Ich gestehe, ich hatte die politischen Geschehnisse danach nicht weiterverfolgt. Ohne Zweifel ein großer Fehler. Euer heutiger Einwand, dass die Familie Bianchi ehemals einflussreich war, veranlasste mich Rückschlüsse zu ziehen. Bisher nahm ich an, dass die Familie Bianchi unter dem Einfluss der verehrten Acacia oder dem verehrten Maximinianus standen. Ich bezweifle jedoch redlich, dass die verehrten Ancilla auf eine Enteignung wie diese, keine entsprechende Reaktion gezeigt hätten. Sofern man also annähme, dass einer unserer Art hinter dieser Familie steht und seine oder ihre schützende Hand über sie gehalten hätte, ist es ihm oder ihr derzeit nicht möglich dies zu tun. Was bedeutet, dass diese Person entweder in Starre liegt oder…“

Seresa zögerte kurz und schloss die Augen. Dann schüttelte sie den Kopf, als würde sie eine unliebsame und schmerzliche Erinnerung verscheuchen wollen. Zu gerne hätte sie dem Schatten eine Frage gestellt, doch sie wusste, sie würde darauf keine Antwort erhalten.

„Würde man dieser Mutmaßung folgen, würde es naheliegen, dass der wohlwerte Gaius seine Hand über die Familie Bianchi hielt oder aber dass es Euer werter Bruder im Blute Fabrizio selbst war.“

Sie schwieg erneut und die Vorstellung schien ihr sichtlich zu missfallen.

„Ich gestehe, ich hoffe wahrlich, dass es Letzterer nicht war, denn dies würde bedeuten, dass ich mich womöglich in Eurem werten Bruder im Blute Fabrizio getäuscht hätte.“

Die Brujah zögerte für einen kurzen Moment, bevor sie erneut den Kopf schüttelte.

„Dies wäre ohne Zweifel schmerzhaft, denn ich gestehe, ich täusche mich wahrlich ungerne. Dennoch verändert sich ein Bild mit den Teilen, welche man sehen kann. Mit dem Blickwinkel aus welchem man es betrachtet. Mit den Aussagen, welche man gewillt ist als Wahrheit anzuerkennen.“

Sie zuckte leicht mit den Schultern, bevor ihre Hände eine öffnende Geste beschrieben.

„Wie Ihr selbst seht, wohlwerter Ilario, ist meine Aussage, ich verstände selbst wenig von der Politik durchaus richtig, denn ich folge für gewöhnlich nicht ihren Pfaden. Ich bin mir meiner eigenen Unfähigkeit und Ungeübtheit dieses verworrenen Tanzes wohl bewusst. Ich kreuze die Wege der Politik nur, sofern es sich nicht vermeiden lässt. Anderenfalls umgehe ich sie, sofern es mir möglich ist.“

Seresa wiederholte damit die Worte, welche sie bei ihrem ersten Treffen mit dem Schatten bereits gebraucht hatte.

„Nur weil man weiß, wo das tödliche Ende eines Schwertes ist, man einst jemanden damit hat kämpfen sehen und einige Begrifflichkeiten aufgeschnappt hat, bedeutet dies nicht, man könnte es selbst führen. Darin liegt - bei allem gebotenen Respekt - der Unterschied, wohlwerter Ilario.“

Die Brujah verneigte sich höflich vor dem Lasombra.
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Im Beobachten und Rückschlüsse ziehen liegt der Schlüssel zum Begreifen. In allen Dingen. Den ersten Schritt seid ihr also bereits gegangen, ob ihr das nun so betrachtet oder nicht."

Ausweichen, infrage stellen, hinterfragen. Seresa. Seresa, die gar nicht ahnte wie sehr sie in Manchem richtig lag und wie hochgradig sie sich in anderen Belangen täuschte.

"Ihr liegt falsch, zumindest was den werten Gaius betrifft. Wo auch immer er überall seine Hände überall hatte, die Bianchi waren nicht in seiner. Bei Fabrizio liegt ihr, wie ihr hofft, auch falsch. Auch wenn ihr euch in mannigfaltiger Hinsicht in ihm täuscht und getäuscht habt. Der den ihr Fabrizio nennt war anders...
Die Ancillae betreffend habe ich eine kleine Lektion für euch werte Seresa. Eine Lektion die auch die Politik betreffen mag: Es mag überraschen, aber aber es ist niemals so einfach wenn es um Kainiten geht. Schon wir Neugeborenen sind oft vielschichtige Persönlichkeiten und die Ancillae erst recht. Die Beweggründe der Älteren zu verstehen ist niemals einfach."


Ob nun Acacia oder Maximinianus, oder sogar Godeoc, zumindest hatte Ilario ihr den Hinweis gegeben dass die Bianchi eher in Ancilla-Hand gewesen waren. Auch wenn es noch möglich war, dass er sich in Hinblick auf seinen Clansbruder irrte ob dessen erratischen Wesens...


"Der Vergleich mit der Schwertkunst ist durchaus treffend werte Seresa. Beobachtung und Begrifflichkeiten machen euch nicht zu einer aktiven Kämpferin, doch stehen sie am Anfang des Weges. Wie weit ihr ihn beschreiten mögt liegt an den äußeren Umständen ebenso wie an eurem Willen und eurer Eignung. Die Umstände mögen euch zwingen oder auch behindern, eure Eignung setzt möglicherweise Grenzen... doch letztlich ist es euer Wille der euch alle Mühen überwinden lassen kann."
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte Ilario schweigend zugehört und ein Funke Erleichterung war in ihren Augen zu sehen gewesen, als der Schatten den Zusammenhang zwischen Bianchi und Gaius, wie auch Fabrizio verneinte. Bezüglich des Hinweises der Vielschichtigkeit hatte sie nur dankbar das Haupt zu einem tiefen und respektvollen Nicken geneigt. Als Ilario geendet hatte, antwortete sie ihm.

„Die Zeit wird zeigen, ob und welche Rolle ich in Genua einnehmen kann und einnehmen werde. Dies hängt jedoch vor allem davon ab, ob ihre höchst verehrte Majestät Aurore gewillt ist und mir erlauben würde, als anerkannter Gast in ihrer Domäne zu verweilen. Ich gestehe, dies ist etwas worüber ich gerne mit Euch einige Worte wechseln würde, bevor sich unsere Wege in der heutigen Nacht trennen.“

Eine kurze, höfliche Verneigung des Hauptes, bevor sie zum eigentlichen Thema zurückwechselte.

„Was die Politik der Domäne als solches angeht, so ist es in meinem Fall sicherlich ein Nachteil kein Vasall ihrer höchst verehrten Majestät Aurore oder ihrer höchst verehrten Majestät Totila zu sein. Dies wird ohne Zweifel immer einer der Umstände sein, welche gegen mich sprechen werden. Dennoch danke ich Euch dafür, dass Ihr gewillt wart, mir ein Verständnis dafür zu schaffen. Eine Basis, wenn Ihr es so nennen wollt. In wieweit es mir gelingen würde etwas Stabiles darauf zu erbauen, wird wie Ihr selbst sagtet, von meinem eigenen Vermögen und Können abhängen. Dem Willen etwas zu erreichen und dafür zu kämpfen. Denn etwas, was man geschenkt bekommt weiß man nicht zu schätzen und was umsonst ist besitzt keinen Wert. Etwas, was man wahrhaft sein Eigen nennen will, muss man sich hart erarbeiten. Man muss es sich verdienen. Man muss sich beweisen. Wider jedweder Umstände und Dinge, welche gegen einen sprechen. Dennoch bin ich mir meiner Unwissenheit derzeit mehr als bewusst. Blind in mein Verderben zu stürzen ist wahrlich das Letzte, was ich tun wollen würde.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Was Euren werten Bruder im Blute Fabrizio angeht, so mögt Ihr wohl recht haben. Wie Ihr selbst sagtet, wohlwerter Ilario, sind selbst wir Neugeborene oft vielschichtige Persönlichkeiten und mir war einzig die Ehrenhafte an ihm vergönnt zu sehen. Jene, welche behauptete treu ihrer höchst verehrten Majestät Aurore zu dienen. Jene, welche seine Aussage diesbezüglich nicht in Frage gestellt hatte. Ich gestehe jedoch sein…“

Sie schwieg für einen Moment, als suchte sie nach einem passenden Wort. Als sie es schließlich gefunden hatte, klang es unsicher. Zögerlich fragend. Dennoch scheinbar wissend, dass sie keine Antwort erwarten konnte.

Verschwinden bei Hofe war verwirrend.“

Ihre braunen Augen ruhten in den meergrauen des Lasombra.

„Die Tatsache, dass Ihr ihre höchst verehrte Majestät Aurore um die Untersuchung batet, war ein Zeichen, dass sein Verschwinden nicht das war, was Ihr erwartet hattet. Euer Verzicht in der Anrede gegenüber Eures werten Clansbruders ist jedoch ebenso ein Zeichen, dass sich etwas an Eurer Haltung ihm gegenüber verändert hat, seit dem letzten Mal, als wir über ihn gesprochen hatten. Doch ist mir bewusst, dass sowohl das eine wie auch das andere auf die eine oder andere Art und Weiße in Verschwiegenheit auf Grund von Loyalitäten übergehen würde.“

Seresa nickte Ilario höflich zu.

„Womöglich wird es mir eines Nachts vergönnt sein, in den Schatten zu sehen, was Euch vergönnt ist zu sehen. Womöglich geschieht es nie. Zwar bat ich Euch um die Unterweisung der Dinge, welche für mich noch schleierhaft sind, jedoch bezogen sie sich in dieser Nacht schlicht um die Unterweisung in der Politik.“

Ein höfliches Lächeln umspielte ihre Lippen, womit sie den Schatten sanft zurück auf das eigentliche Thema der heutigen Nacht lenkte.

„Was die Beweggründe und dessen verstehen angeht, danke ich Euch redlich für Eure Lektion. Ich werde sie mir zu Herzen nehmen.“
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Gern, meiner Einschätzung eurer Person nach spricht nichts gegen euren weiteren Verbleib in Genua. Mag jedoch sein, dass ihre höchstverehrte Majestät dies aufgrund eurer speziellen Abstammung anders sieht. Meinethalben sprechen wir nachher noch darüber."

Ihm schwebte da schon eine Lösung vor, doch ohne den Willen Aurores in dieser Angelegenheit zu kennen hatte es wenig Sinn Seresa Hoffnungen zu machen.


"Was auch immer ihr gesehen habt... Gern würde ich euch noch einmal in den kommenden Jahren befragen zu euren Erlebnissen mit Fabrizio, ihre höchstverehrte Majestät wird dies sicher sehr interessieren. Das was bei Hofe geschah hatte ich tatsächlich so nicht erwartet, wirft es doch ein ganz anderes Licht auf so viele Dinge."


Abzuwarten blieb was die Untersuchung der Überreste ergab, dann würde die eigentliche Ermittlungsarbeit beginnen. Die letzten Jahre, vor allen die des Krieges, galt es zu erhellen was Fabrizio betraf. Insbesondere der Zeitpunkt...
Zur Politik meinte Ilario heute und für den Anfang genug gesagt zu haben, Seresa genug zum Nachdenken wie auch zum Lernen gegeben zu haben.


"Meine Andeutungen und vor allem eure eigenen Schlussfolgerungen sollten für ein erstes Verständnis reichen. Das tödliche Spiel der Politik ist stets im Wandel und so mag es sein, dass wir bei unserem nächsten Treffen nicht nur weitere Lektionen, sondern auch neue Erkenntnisse austauschen können. Gibts es bis dahin etwas das ich für euch tun kann? Sprecht frei heraus werte Seresa."

Anscheinend war dem Kastellan daran gelegen Seresa in der Domäne zu halten, ein kluger Geist der besser in Genua weilte als außerhalb. Ob nun ihr Aufenthaltsrecht oder andere Dinge, er gab ihr die Möglichkeit ohne die Zwänge des Protokolls darüber zu sprechen.
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Re: [1007] Das Spiel der Könige [Seresa, Ilario]

Beitrag von Seresa »

„Es wäre mir eine Ehre.“

Seresa neigte ihr Haupt tief und respektzollend vor dem Lasombra. Dann hob sich ihr Kopf und für einen Moment blickte sie schweigend in seine meergrauen Augen.

„Ich gestehe, es gibt etwas, was Ihr für mich tun könnt und es hängt mit dem zusammen, worüber ich einige Worte mit Euch wechseln wollte. Ich konnte ihrer höchst verehrten Majestät Aurore bei Hofe keine Aufmerksamkeit darbieten, denn ich besitze nichts, was ihrer würdig wäre. Auch konnte und kann ich ihr keine Namen nennen, die ihre Hand für mich ins Feuer legen. Dennoch bemühe ich mich und hoffe aufrichtig, mich auf lange Sicht in die Gemeinschaft einzufügen, um ein helfender Teil zu werden. Mir ist bewusst, es spricht vieles gegen mich, doch hoffe ich darauf die Möglichkeit zu erhalten, zu beweisen, dass ich mehr bin, als die Sünde meines Blutes. Ich hoffe die Worte jener, welche ich ihrer höchst verehrten Majestät Aurore als Fürsprecher zu nennen vermag, werden sie gnädig stimmen, auf dass mir das dauerhafte Gastrecht - sowie das entsprechende Jagdrecht - innerhalb der Domäne Genua gewährt werden kann. Mir wurde mitgeteilt, dass Ihr als Kastellan ihrer höchst verehrten Majestät Aurore für die Entgegennahme der Namen der Fürsprecher zuständig seid. Diese würde ich Euch gerne in der heutigen Nacht nennen.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment.

„Ich gestehe, ich bin mir nicht sicher, ob dies der Form, sowie Euren und somit den Ansprüchen ihrer höchst verehrten Majestät genügen wird.“

Ein Stück eingerolltes Pergament kam zum Vorschein, welches sie dem Lasombra mit einer Verneigung entgegenhielt.

„Es würde mir zur Ehre gereichen, so Ihr mich dies wissen lassen würdet, auf dass ich entsprechende Korrekturen daran vornehmen könnte, falls dies nicht der Fall wäre.“

Seresa schwieg für einen Moment.

„Ebenso wie ich Euch dankbar darüber wäre, so Ihr mich zeitnah und rechtzeitig darüber informieren würdet, so mein Aufenthalt innerhalb der Domäne Genuas von ihrer höchst verehrten Majestät Aurore nicht geduldet wird.“
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