[1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

[April '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Livia
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[1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Livia »

"Bist du sicher, dass du gar keine Kleidung für die Jagd anziehen willst, meine Liebe?" Fragte Livia die schöne Sousanna, während sie sich selbst aus einer weichen aber knapp geschnittenen ledernen Hose herausschälte. "Mit gefällt das Stück hier, ich nehme es auf jeden Fall mit... man weiß ja nicht, wie weit es in den Wald geht." Sie grinste fein.
"Aber ich verstehe schon... du meinst, die wahre Spannung bleibt sowieso im Lager zurück?" Grinsend hob sich eine ihrer leicht nachgezogenen Brauen empor. "Die stolzesten Männer werden sich eine wilde Hatz doch nicht entgehen lassen...
Auch wenn eine Frau im Kleidchen im Wald sicherlich auch ihren Reiz hat."

Raubtierhaft schlenderte sie zu der sitzenden Freundin, die ihre exotischen Schminkutensilien vor dem Silberspiegel sortierte. Livia kniete sich zu der sitzenden hinab und legte ihren Kopf an ihre Schulter. "Ich sehe geradezu burschikos aus, im Vergleich zu dir...
Womöglich sollte ich doch dir die Kleidungswahl für mich überlassen?" Fragte sie herausfordernd grinsend und trat einen Schritt zurück. Sie war kaum - mehr - bekleidet, nur ein feines Unterkleid aus dünnster Seide zierte sie noch.
Das Gesicht wurde weicher.
"Oh ja, gerne will ich deine Puppe sein... wähle für mich! Ich bitte dich, kleide mich ein!" Bat sie in höher werdender, jugendlich femininer Stimmlage, während sie ihren Arm über das Ankleidezimmer schweifen lies, das in allen Ecken mit den verschiedensten Kleidungsstücken der zwei und der Hausherrin befüllt war. Ein gespanntes Beben huschte schaudernd über den zierlich sehnigen Leib der Merkurianerin, während sie auf ihre Zehenspitzen ging, die Arme ausbreitete und verharrte...
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Sousanna
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Sousanna »

Mit ruhiger Hand zog der Lockenkopf den Strich an ihrem Lid zu Ende. Wie durch übernatürliche Kräfte schienen die großen, braunen Augen noch größer, da sie zu ihrer Freundin emporblinzelte.
"Gar keine Kleidung fände ich sogar durchaus charmant.", grinste sie sie breit an und legte dann den Kopf zur Seite, ehe das Grinsen zu einem nur schlecht gespielten, beschämten Ausdruck wurde. "Aber das wäre nichts, was eine Dame tun könnte."
Die gespreizten Finger fuhren durch die noch offene Lockenpracht, während sie sich elegant drehte, um sich zu Livia hinüber zu drehen. Ihr seidenes Unterkleidchen verhüllte ihre Schönheit kaum. Viel eher unterstrich es die überbordende Verlockung, die ihr Körper zu bieten hatte. "Und es gibt gewiss einen netten Herrn, der mich im Wald retten wollen würde."
Das verschmitzte Grinsen wurde vom Spiegel reflektiert, der ihr Gesicht wiederspiegelte. Mit einer Hand hielt sie ihn empor, mit der anderen tupfte sie sich Röte auf die Lippen. Eine Geste wie bei einem Ritual zu Ehren einer alten, heidnischen Gottheit.

Geheimnisvoll lächelte Sousanna die Tochter des Merkurs an und blickte einmal an ihr auf und nieder. Für einen Moment waren ihre Blicke die einer gekonnten Schneiderin. Dann sprang sie mit dem Elan einer Gazelle auf und nahm die Hand der Rothaarigen, um sie einmal herumzuwirbeln.
Ihr Strahlen war kaum zu ertragen. So schön übermütig war es. "Oh Schwesterchen, das wäre traumhaft.", jubilierte sie, um schließlich wie ein glückliches Mädchen oder ein sehr munteres Vögelchen durch ihr Zimmer zu hüpfen, um mal hier, mal dort eins der feinen Stücke aufzuheben, es fallen zu lassen und mit einem munteren Liedchen auf den Lippen weiterzuschweben.

Schließlich aber schien sie ihre Auswahl getroffen zu haben, denn sie hielt ein Kleid aus feinster, satt grüner Seide und mit kunstfertigen Stickereien aus Gold an den schmalen Leib der Rothaarigen. "Es bringt deine Augen zum Strahlen, meine Hübsche.", stellte sie ruhig klar und würde sie an ihren ehemaligen Platz ziehen, um sich dort an ihr Werk zu machen. Mit geschickten Fingern, würde sie die Vorzüge der hübschen Bardin noch herausarbeiten.
Sacht ruhte ihre Hand an ihrer Wange, während sie die seidene Haut streichelte und färbte. "Was glaubst du, welche der hohen Herren heute kommen wird? Vielleicht sogar der hübsche Evangelos?", stürzte sie sich ins fröhliche Geplapper. "Und was ist mit der edlen Xenia? Sie hatte letztens dieses großartige Kleid an. Mit Perlen... Ach, so eines hätte ich auch gern." Sie seufzte sehnsüchtig.
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Livia
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Livia »

Livia grinste wie eine kleine Prinzessin, als die unersättliche Ravnos ihr erneut schmutzige Gedanken in den Kopf setzte... vor einem solchen Abend unter Menschen war ihr das nur recht.
"Dieser Herr müsste aber erst einmal mich ausstechen, also übertrumpfen, sonst wäre ich noch deine Retterin im Walde!" Fügte sie frech an, die Hand emporreißend.

Als Sousanna ihr ein Kleid ausgewählt hatte, betrachtete die Merkurianerin es einen Moment skeptisch, dann jedoch lächelte sie breit. "ja.... du hast recht. Es hat sogar eine gewisse Ähnlichkeit.
Ach, es ist nicht leicht mit dem Rotstich meiner Haare!" Sie seufzte theatralisch.

"Also die Kleiderwahl, der Rest, der ist manchmal viel zu leicht." Hatte sie dabei gerade Sousannas Sprachduktus imitiert? Parodiert nicht, aber wohl angenommen... war die Ravnos für sie schon ein geflügeltes Wort und Vorbild geworden, wenn es um zu erobernde Männerherzen ging?

"Ich bin fast sicher, dass der hübsche Evangelos da sein wird. Die olle Xenia wird sicherlich auch kommen - sie ist ja hinter Evangelos her." Livia schüttelte gespielt pikiert den Kopf. "Will ihn teilhaben lassen, an all diesen Perlen... zumindest einer.
Er scheint aber eher generell alle Perlen zu wollen." Ergänzte sie mehrdeutig grinsend.

"Auch sehr gespannt bin ich ob des Majawendi Sarivur und des Satrapen von Ginzka... sie sollen fabulouse Jäger sein, exotische Wilde aus dem Orient, Stiergötzen anbetend!" Die grünen Augen der Schlangentochter glänzten beim Gedanke an noch weitere Exotik. "Sie tragen die Federn eines Vogels an ihrem Turban... den es nur in ihrem Lande am Euphrat gibt! Sicherlich der Phönix. Das Rätsel gilt es zu lösen..."

Kurz überlegte sie, ehe sie weiter schwärmte.
"Was hälst du denn von der alten Geschichtenerzählerin Kassandris... sie gibt sich ja immer so, als habe sie alle Vergangenheit selbst mit erlebt. Aber womöglich ist daran ja etwas..." Sie grinste breit. Blickte zu Sousanna. Ach, welch eine Zeit!
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Sousanna
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Sousanna »

Das zunächst nur andeutungshaft anzügliche Grinsen der Ravnos wurde nun eindeutig zweitdeutig. Für einen Moment räkelte sie sich gekonnt auf ihrem Sitz, ehe sie schnurrte: "Hmmm, das würd ich gern sehen. Vor allem, wenn ihr dann um mich streiten würdet. Vielleicht in einem hübschen Duell..." Sie grinste listig. "Vielleicht würde ich sogar mitkämpfen."

Aufmerksam hatte sie ihre Freundin betrachtet, als diese so skeptisch dreingeblickt hatte. Dann aber trat ein liebevoller Ausdruck auf ihre ebenmäßigen Züge und zärtlich strichen ihre schlanken Finger über das rote Haar. Ein verzaubertes Seufzen kam über die vollen Lippen. "Ach, meine Hübsche, es gibt Frauen, die würden alles geben für dein Haar. Was würde ich nicht tun, wenn mein Haar nicht einmal wie das Fell eines garstigen, dunklen Widders wäre?" Sie kicherte leicht, ließ eine ihrer Locken zurückspringen und imitierte ein Blöken. "Ich schaue in einen Spiegel und muss fürchten, dass ich eines Tages anfange Gras zu fressen."
Schmollend sah sie zu Livia empor, ehe sie liebevoll lächelte. "Deine sehen aus wie wunderhübsches, rotes Gold. Wie Kupfer... und sie sind bestimmt ein Traum zum Frisieren."

Wieder grinste sie. "Ja, es wär ja auch schlimm, wenn der Rest genauso schwer wäre... Stell dir vor, man müsste sich genauso konzentrieren wie bei der Auswahl eines Kleides. Das Leben wäre so, wie die Priester es predigen." Ein gespieltes Schaudern durchfuhr Sousannas zierlichen Leib. "Brr, wie schauderlich wäre das?"

Das Lachen der Händlerstochter mochte einem wohlige Schauer über den Rücken jagen. Sie musste sogar den Kohlstift einen Moment absetzen, um der Merkurianerin keine hässlichen Male ins Gesicht zu zaubern. "Jaja und dabei sollte sie einmal die hässlichen Pusteln besser verstecken. Dann klappt das auch mit den Perlen." Sie grinste gehässig.
"Aber Evangelos hatte doch schon alle Perlen dieser Stadt. Also fast. Hat er dir schon mal gezeigt, wie er mit Perlen umgeht? Vor die Säue passt da doch ganz gut." Leichtfertig zuckte sie die Schultern. "Aber bei dem Aussehen muss er sich auch nicht anstrengen. Da schmelze sogar ich dahin."

Neugierig funkelten die großen Rehaugen. Vielleicht war es der Reiz des Fremden, der sie doch noch anzog. "Stiere - und Phönixe", wiederholte sie beinahe schon verträumt. "Du warst doch reisen. Hast du so einen Phönix schon einmal gesehen? Ich hab gehört, sie leben im Feuer. Unheimlich... aber so zauberhaft." Einen Augenblick sah sie aus dem Fenster vor dem sich die Stadt ausbreitete wie ein Teppich aus brodelnder Lebenskraft.
Mit geschickten Fingern zog sie sich schließlich selbst ihr Kleid an und spielte mit einem halben Lächeln mit der Schnürung. Hände, die geübt waren, allerlei Verschlüsse zu öffnen, waren offensichtlich ebenso begabt darin, alles perfekt zu verknoten. "Ach, ich liebe Geschichten... vor allem so gut erzählte.", säuselte Sousanna. "Sie hat die Zeiten sicher erlebt. Wie könnte sie das sonst so gut erzählen? Natürlich schmückt sie sie aus, aber das kann man nur, wenn man Teile der Wahrheit kennt." Es klang wie eine Tatsache.
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Livia
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Livia »

„Für dich würde ich jedes Schwert der Welt ergreifen!“ Theatralisch sprang Livia zu ihrer Jagdgefährtin heran und wirbelte das Stofftuch in ihrer Hand wild umher, schob ihren Arm auf und ab.

Das dreiste Lächeln der Merkurianerin wandelte sich wenig später in ein verlegeneres und die freche Duellantin begann sanft an ihrem so gelobtem Haar zu spielen, es zu drehen und danach nach hinten zu werfen. „Man will fast meinen, mit den Frauen hast du genau so viel Erfahrung, wie mit den Männern…“

„Wobei…“ Sie legte die schlanken Finger an ihre Lippen. „Mit jenem Evangelos scheinst du dich ja doch ausgezeichnet auszukennen… oder mit seinen Perlen?
Aber nein, ich weiß nicht wirklich… was hinter all diesen Geschichten steht. Weißt du – wenn ein Mann für alle zu haben ist, dann…“ Sie schüttelte leichte den Kopf, seufzte.

Dabei wurde sie wieder etwas ruhiger, nachdenklich, sah Sousanna an. „Was glaubst du… ist das Schwerste in einem Leben oder Unleben?“ Ihre Brauen zogen sich nachdenklich zusammen. „Wenn man wie ein Phönix ein zweites hat… wie wir… was ist das Schwerste?“ Phönix… waren sie verwandt?
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Sousanna
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Sousanna »

Kichernd versuchte Sousanna sich des grausamen Todes durch ein Stoff zu erwehren, sprang zur Seite und schützte sich in dramatischer Geste mit einem Fächer, ehe sie in einem theatralischen Tod auf ihren Divan sank, von unten auf die Duellantin empor zu linsen.
"Männer sind meist grobe Werkzeuge. Frauen Kunstwerke.", erwiderte sie und begann sich nun selbst in ein Kleid aus violetter Seide zu schnüren. Ein träumerisches Lächeln zierte ihr so ebenmäßiges Gesicht. "Ich schätze beides - und auch wenn ich selbst ein Kunstwerk sein mag, so lerne ich die Kunst anderer gern kennen. Sie inspiriert mich zu weiteren Taten voller Zauber." Ein lächelnder Blick traf die Merkurianerin. "Hast du dich denn nie dafür begeistern können?"

Etwas in den großen, dunklen Augen begann zu funkeln und die warme, weiche Stimme bekam den geheimnisumwobenen Klang der schmutzigen Geheimnisse. "Er ist für alle zu haben, aber auch er ist ein Künstler. Es gilt nur, ihn aus seiner Trägheit zu erwecken und daran zu erinnern, dass die Kunst der Liebe stets ein Dienen ist - für beide Seiten." Ihr Grinsen wurde breiter, erinnerte nun ein wenig an eins dieser Wildfräuleins, die auf Wegen lauern sollten. "Ich bezweifle, dass es viele Frauen gibt, die ihn dazu brachten - aber wenn er sich anstrengt weiß er trefflich mit Perlen und Geschmeiden umzugehen."

Die Frage brachte sie zu einem schweren Seufzen, während sie als letzter Teil des Rituals Armspangen und eine Kette anlegte. "Das Schwerste ist es, dass jede Freude eines Tages vergänglich ist und lasch schmeckt.", erwiderte sie schließlich und betrachtete ihre Freundin nachdenklich, ehe sie auch ihr einige Schmuckstücke anzulegen begann.
Schließlich aber legte sich auch ihre warme Hand an die Wange der Rothaarigen und mit vor Vorfreude blitzenden Augen, den Augen einer Bacchantin, flüsterte sie: "Und nun lass uns die Wunder dieser Jagd erkunden." Die Worte erfüllten den Raum wie eine Zauberformel.
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Livia
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Livia »

Als Sousanna zu Boden ging wandelte sich Livias Ausdruck in pures Entsetzen und sie sprang auf die Knie daneben. "Geliebte! Was habe ich getan, erhebe dich, oh Herr, lass sie leben!" Flehte sie theatralisch die wortwörtlich Tote an, ehe sie theatralisch wie von Trauer dahingerafft neben ihr zu Boden ging und ebenso einen Moment die perfekte Tote wurde.
Als Sousannas Augen sich wieder öffneten, stimmte Livia ein feines feminines Gelächter ein. Sie schüttelte den Kopf. "Fast will man meinen, wir seien erst 9 Jahre alt..." Das Grinsen wuchs von einem Ohr zum anderen.

Zu Sousannas lüsternen Erzählungen grinste Livia weiterhin schmutzig, dann hob sie die Schultern. "Eventuell sollte ich es einmal probieren... manchmal, ja manchmal, da lässt die Lust des Blutes mir die Lust des Leibes schal aussehen, weißt du? Es ist bei den Männern doch stets das gleiche, auch als Weib wird es wohl schon so sein!" Etwas leiser wurde ihre Stimme, trotz der jovialen Erzählung... hier hatte Livia eine so klaffende Wissenslücke und es wurde ihr stets aufs Neue bewusst. "Und in unserer Welt erst... dazu finden wir sie doch erschöpflich und von geringer Ausdauer." Das Grinsen wurde wieder etwas hämischer. "Da mag ein Künstler mit den Fingern wohl ein anderes Kaliber sein..." Sie pausierte, während sie langsam zu Sousanna herantrat.
"Bei unsereins ist es etwas anderes... nicht nur sind wir unerschöpflich, die Lust der Vitae zu meiden und statt dessen der des Leibes zu frönen... es ist gar eine Form der Verhütung." Jauchzte sie leise, welch ein dummes aber doch einnehmender Vergleich.
Sanft wie jene Worte streichelten Livias schmale Finger über Sousannas Schultern, hin zu ihrem Halse, einen kurzen Moment spürte sie die scharfen Fingernägel über ihren zarten Nacken kraulen. Aber kein Griff entstand, kein Packen, kein Beißen... die Berührung blieb eine Berührung, eine Erinnerung, eine Fantasie, aber sie blieb es.

Als der Aufbruchswille ihre Freundin durchströmte, dachte Livia noch über deren Worte nach.
"Dazu muss ich dir eine Frage stellen, geliebte Freundin.
Doch später... du hast recht, wir sollten in den Walde! Dort mag es ebenso zauberhafte Momente geben." Mysteriös kündigte sie ihre Tat an.

Auch Livia hatte sich fertig bekleidet, war in das schöne Kleid, welches Sousanna ihr gereicht hatte geschlüpft, hatte es ergänzt mit einem silbernen geschwungenen Armreif, der über den Oberarm gelegt wurde... ein paar silberner Ohrringe mit kleinstem Smaragt und einem Hauch Augendunkel und Lippenblei. Zum Glück waren die Damen bereits einmal verstorben, all die Gifte in ihrer Schminke mussten sie nicht mehr bekümmern.

Dann lächelte sie Sousanna ebenso aufbruchsbereit an. Das Abenteuer könnte beginnen.
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Sousanna
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Sousanna »

In schönstem theatralischen Leiden starb die Geliebte wieder dahin, ehe sie ganz offenkundig dank eines Wunders die Augen wieder aufschlug und dramatisch die ersten Atemzüge tat. Mit großen Augen blickte sie ihre Duellantin und Retterin an, blinzelte einige Male und zeigte dann ein fröhliches Grinsen.
"Verglichen mit der Welt sind wir das doch auch.", stellte sie fest und erhob sich nach einem vertraulichen Zwinkern in ihrer eigentümlichen Eleganz.

Dann aber schien ihr die Freude etwas zu vergehen, denn Wehmut umfing die zarte Gestalt. Ihre so schöne Gestalt schien unter all der Traurigkeit zerbrechen zu wollen, da sie sich daran erinnerte, dass all die Lust doch nur mehr eine Einbildung war. Nur rotes Gold, dass in ihrer Hand zerrann, sobald sie es berührte.
"Es bleibt ein Seiltanz auf den Wogen der Welt. Man möchte doch, dass es Freude bringt und durchlebt doch nur die dürftige Erinnerung. Eine süße Frucht, die lang schon verfault ist." Ein schweres Seufzen hob und senkte ihre volle Brust. "Dennoch bringt es Ablenkung in der Trägheit unseren grauenhaft unendlichen Nächten. Es ist besser, als unser sinnliches Wesen zu verleugnen."
Sacht neigte sich ihr Haupt zu den Lippen ihrer Freundin hin. Schloss die Augen und atmete tief. Genoss die Idee der weichen Lippen auf ihrer zarten Haut.

Schließlich etwas getröstet stand auch Sousanna da. Eine Venus in fließenden Gewand und mit prachtvollem goldenen Schmuck. Die Schönheit ihres Gesichts noch einmal durch die eleganten Linien der giftigen Farben noch einmal herausgezeichnet.
Silber und Gold waren sie. Mond und Sonne. Beide so schön, dass man für sie hätte sterben wollen.

Die prächtigsten Pferde brachten die beiden Schönen zu einer zauberhaft geschmückten Lichtung. Tücher und Lampignons waren zwischen die alten Bäume gespannt. Teppiche ausgelegt und die hohe Gesellschaft begrüßte die Gäste voller Freude. Hier waren sie unter ihresgleichen konnte man meinen. Hier wusste man ihre Künste und Schönheiten zu schätzen.
Sacht wehte der warme Wind durch den Wald. Brachte den würzigen Duft der Wildnis heran und mischte die Wohlgerüche der Gesellschaft mit hinein. Bald würde die Gesellschaft zu Vergnügungen aufbrechen, doch noch vergnügte man sich mit sachtem Geplänkel untereinander.
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Livia »

Über ihrer geliebten Freundin wirbelte die siegreiche Schlachtenjungfer wild umher! *Ha* zischte sie mit dem männlichsten Lächeln der Nacht auf den Lippen - wie sie wohl als Knabe, als Jüngling, gar als Mann geworden wäre? Mehr als den Jüngling konnte man sich allerdings kaum vorstellen...

Sousannas Erläuterung der Lebenslust der Sünde quittierte Livia mit einem nicken. Ob sie den Weg verstand? Überhaupt von ihrem eigenen differenzierte? Wer wusste das schon.
"Mehr als Ablenkung, mein Herz.
Zukunft ist Leben." Fügte sie schließlich kryptisch oder womöglich eher theatralisch an. Aber auch hier... mehr war dahinter.

Als die beiden Märchenprinzessinnen schließlich auf ihren Rössern - Sousannas war ein roter Hengst, Livias eine Schimmelstute - auf der prachtvollen Lichtung ankamen, wurden sie von allen Seiten gegrüßt.
Sie stiegen ab und überließen ihre Rösser den Pagen. Kurz streifte Livias Blick den der Ravnos - wen wollen wir uns zuerst vornehmen, schien er zu fragen.
"Der ehrenwerte Ritter Palatino!" Kündigte kurz darauf ein alberner und viel zu schlanker Herold an. Livia verdrehte die Augen beim Anblick des Gespenstes deutlich, doch der Ritter Palatino war von spannenderer Art... ganz entsprach er seinem Kulturbilde. Ein Mann, bald so groß wie ein Nordmann, breit wie einer, in einem Schuppenpanzer gehüllt und mit feinstem Schnurrbart im braungebranntem Gesicht. Er nahm seinen spitzen Helm ab, klemmte ihn unter den Arm, trat auf die zwei Prinzessinnen zu und verneigte sich.
Dann erhob er langsam seine Hand zum Gruße, einer der beiden Schönheiten Hand zu küssen - ganz nach seinem Charakter.
Er ...
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Sousanna
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Re: [1007] Die wilde Jagd (Sousanna)

Beitrag von Sousanna »

... Er war schon ganz im Zauber der Schönheiten gefangen und bald begann das höfische Spiel des Umwerbens. Das Lachen der Damen war wie das wohlklingende Zwitschern der Vögel und der Charme des Ritters war weich und kunstvoll wie Samt. Nichts an ihrem Gespräch war plump oder gar geistlos. Die Zeit verging im Flug und schon gesellte sich ein weiteres Grüppchen Jungspunde zu ihnen. Alle schön. Alle edel. Alle von so hohem Geblüt. Und die beiden Töchter der Nacht unter ihnen. Gleiche unter gleichen.

Schließlich kamen sogar die höchsten Herrschaften zu ihnen. Die schöne Xenia grüßte sie und versuchte ihre Konkurrentinnen während der Begrüßung mit Küsschen mit Blicken zu erdolchen. Sousanna lobte ihr wunderhübsches Kleid und den wundervollen Schmuck, er sei ja wirklich zauberhaft.
Dann trat Evangelos zu ihnen und die Frauen in der Gruppe verstummten in andächtigem Schweigen. Seufzen und wehmütige Blicke folgten ihm wie ein Schleier. Doch da die Ravnos ihm ihre wunderhübsche Begleitung vorstellte - offensichtlich war sie der Meinung, dass es eine Schande war, ihn nie genau kennen gelernt zu haben - schien er nur noch Augen für diese zu haben.

Dann erklang der Ruf zur Jagd und wieder schwang sich die Gesellschaft in die Sättel. Und auf ging der Ritt in den Wald. So viel Schönheit in so großer Freiheit, da alles an ihnen vorbei rauschte. Sachtes Zwielicht schien die großen, alten Bäume zum Flackern bringen. Die Gesichter noch schöner zu machen. Die Luft schmeckte würzig und in ihr lag der Duft nach Abenteuer.
Da... war es Einbildung? Oder jagte da tatsächlich etwas durch den Wald? Hatten die Gäste aus dem fremden Osten tatsächlich die roten Wölfe ihrer Heimat mitgebracht. Raunen ging durch die Menge. Unwillkürlich suchten die Dame die Nähe der stolzen Recken, die sie vor diesen Untieren schützen konnten.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
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Friedrich Hölderlin
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