[1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

[April '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

[1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Seresa »

Seresa hasste die Kürze der Nacht, die sie wieder und wieder zwang einen improvisierten Unterschlupf zu wählen. Eines Nachts würde sie wieder ein Pferd haben. Ein nachtschwarzes, stattliches Tier, dass ihr ermöglichte die Dauer der Strecke zwischen Stadt und Wachturm zu verkürzen. Oder aber sie würde sich ein Haus in der Stadt sichern. Nichts Großes, doch ausreichend für Raffaele und sie, so ihr die Kürze der Zeit die Rückreise nicht ermöglichte.

Für den Moment blieb ihr jedoch nichts anderes übrig, als das Opfer zu erbringen und den klassischen Weg zu wählen. Entsprechend missmutig war die Brujah unbekleidet in die kalten Fluten des Flusses gegangen, um die Reste ihrer Unterkunft vom Körper zu waschen und sich danach ausgestreckt auf die warmen Felsen zu legen, um sich trocknen zu lassen. Ihre Hände lagen verschränkt hinter ihrem Kopf, während ihr Blick zu den Sternen ging.

Die Brujah erwartete Sousanna um Mitternacht an diesem Ort, welcher selbst bei Dunkelheit durchaus als schön bezeichnet werden konnte. Die ersten Blumen sprossen und das Gras wurde wieder grüner. Der Winter war vergangen. Hinter einigen größeren Steinplatten, welche die Wärme des Tages gespeichert hatten, lag er abgelegen und ruhig. Das angenehme Rauschen des Flusses war die einzige Geräuschquelle in der Nähe.

Seresa hatte der Ravnos eine einfache Wegbeschreibung gegeben. Durch die Porta Soprana hinaus, entlang der Via Aurelia Pisa, bis sie sich bei Sant‘ Andrea kreuzte. Den rechten Weg nehmend, bis sie zum Fluss käme. Dann hundert Schritte in Richtung Norden. Seresa würde dort um Mitternacht auf sie warten.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Sie war noch nie sonderlich begeistert von der Natur gewesen. Und so war Sousanna nun ... nicht gerade begeistert über die Angabe des Ortes für ihr Treffen. Doch was half es? Es würde ihr nicht schaden, nach draußen zu kommen.
Dennoch war sie früher losgegangen, als sie es müsste. Gemeinsam mit ihrem treuen Gefährten, war sie über unebene Wege spaziert und hatte die Zeit genutzt, ihm einige griechische Worte beizubringen. Doch bedauerlicherweise blieben ihm nur die unnützesten, schmutzigsten Vokabeln hängen, was dazu führte, dass sie noch weiter fluchte, wobei er noch mehr Unsinn aufschnappte.

Gerade als sie ihm einmal mehr einen Klaps auf den Hinterkopf gab und er es einmal mehr wagte, sich einen Kuss zu stehlen, aber erklang das Rauschen.
Etwas zu früh brachen die beiden durch das Gebüsch. "Seresa?", erklang Sousannas Stimme in der Nacht.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Seresa »

Seresa gefror in ihrer Bewegung und hielt für einen kurzen Moment inne, als sie Sousannas Stimme vernahm. Ihr Blick wanderte auf die Kleidung neben ihr und sie schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Leise seufzte sie und legte die Wadenwickel beiseite. Dann griff sie mit inzwischen wieder geöffneten Augen nach dem Brustwickel. Da es eh zu spät war, begann sie ohne größere Eile damit, mit geübten Griffen ihre Brust abzuschnüren, während sie in Richtung der Stimme blickte und antwortete.

„Hier.“

Sobald die Ravnos sich nähern würde, würde sie sehen, dass Seresa mit angewinkelten Beinen auf dem warmen Stein saß. Ihr Körper nur bedeckt von einer kurzen Leinenbrouche, während sie den rauen Leinenstoff Runde um Runde um ihre Brust wickelte.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Eine ruhige Bewegung mit der Hand bedeutete Sousannas Bluthund, dass er fürs Erste entlassen war. Er würde sich bis man ihn brauchen sollte, mit groben Schnitzereien und vielleicht der ein oder anderen Straßenräuberei beschäftigen.

Die Tochter der Wanderer unterdessen schritt zu ihrer Schreiberin heran. Das Mondenlicht stand ihr gut zu Gesicht. Hier im silbernen Zwielicht wirkte sie einmal mehr wie eine Elfe. Ein wunderschönes, unwirkliches Wesen, das Segen und Fluch gleichermaßen zu bringen vermochte.
Ruhig legte sich ihr Blick auf Seresa und ein bedauerndes Lächeln spielte um ihre Lippen, als empfände sie es als Verschwendung, ein solches Potential einfach zu verstecken, als schäme man sich dafür. Doch die Schöne schwieg dazu.

"Guten Abend", lächelte sie und würde sich zu der Brujah an den Stein setzen.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Seresa »

Seresa schenkte der Ravnos ein Lächeln und ein Nicken.

„Sei gegrüßt, Sousanna.“

Dann schob sie das Ende ihres engen Wickels unter.

„Wie ich sehe, hast du den Weg gefunden.“

Ihre Hände wanderten zu den Beinlingen, welche begann überzustreifen.

„Ich gestehe, besser und schneller als ich angenommen hätte.“

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie fast entschuldigend mit den Schultern zuckte.

Ohne die Stofflagen, die ansonsten den Körper der kleinen, jungen Frau bedeckten, wirkte die Brujah erschreckend hager. Vor allem, wenn man die in Genua verbleibenden Gelehrten wie Mattia oder Ajax im Vergleich dazu betrachtete. Sie schien nicht in das Bild der Krieger passen zu wollen. Weder auf Grund der Statur, noch auf Grund von Narben. Die Einzige sichtbare, war eine sehr dünne, feine aber lange Narbe an ihrem Unterarm.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Elegant und in betonter Gelassenheit lehnte sich die hübsche junge Frau an einen der Bäume, schien ein eigenes Kunstwerk bilden zu wollen.
Ruhig beobachtete sie die Verhüllung ihrer neuen Verbündeten und erwiderte das Lächeln auf eine Flüchtigkeit, die gewiss pure Kunst sein musste. Zumindest, wenn man ihren Worten beim letzten Treffen Glauben schenken konnte.

"Man mag es mir nicht ansehen.", erklärte sie und blickte in den Himmel, schien dem Mond nachzusehnen. "Oder es nicht glauben, doch ich bin eine Nachkommin meines Blutes, obwohl ich mich in Seide hülle und mein Haar in Duftölen tränke. Eine Tochter meines Vaters. Wir sind Wanderer. Das Sternenzelt ist unsre Decke und der Mond unser Freund."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Seresa »

„Den Mond zum Freund zu haben ist wahrlich ein Segen.“

Seresa lächelte, während sie begann ihre Unterschenkel einzuwickeln. Routinierte Handgriffe einer Frau, welche gewohnt war sich unter dem Aussehen eines Mannes zu verbergen. Dennoch war ihr Blick auf ihre Hände gerichtet, als sie weitersprach und nicht auf ihr Gegenüber.

„Ich wusste nicht, dass du die Wanderschaft pflegst, Sousanna. Ist ein Vasallenschwur dabei nicht etwas, was dem entgegensprechen müsste? Schließlich bindest du dich damit an einen Ort und ein Ideal.“

Die Brujah blickte fragend zur Ravnos auf.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

"Das ist es.", bestätigte sie ruhig und begann einige Grashalme zu kleinen Kränzen zu flechten. "Er ist ein sehr treuer, wenn auch launischer Gefährte. Doch man lernt ihn zu lesen."
Eine Weile richtete sich ihr Blick wieder auf die Bewegungen ihrer neuen Freundin. Die Bewegungen schienen sie mit sachtem Interesse zu erfüllen, ehe sie ein leises, seltsam raues Lachen lachte. "Es gibt auch andere Arten der Wanderschaft. Ich kann die Stadt verlassen, solange ich zurückkehre. Ich kann sogar wandern, ohne sie zu verlassen, Seresa. Die Wanderschaft ist ein Prinzip. Nichts, was mir ein Schwur nehmen kann."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Seresa »

„Wanderschaft bedeutet für mich, sich auf einer Reise zu begeben. Fremde Orte zu besuchen. Neue Kulturen kennen zu lernen. Unbekanntes Wissen zu erforschen. Dem Ruf der Freiheit zu folgen und zu sehen, wohin einen die eigenen Füße tragen werden.“

Die Brujah zuckte leicht mit den Schultern.

„Ich fürchte, bei der Wanderschaft der Ravnos muss es sich um ein clanseigenes Geheimnis handeln, welches sich nicht mit meinem Verständnis des Wortes deckt und mir somit gänzlich fremd ist.“

Seresa nickte der Ravnos um Verzeihung bittend zu.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1007] Beruf oder Berufung [Seresa, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Wieder blieb dieses Lachen. Das unbeschwerte Lachen, einer Frau, die solche Dinge oft gehört und oft dafür verachtet worden war. Das Lachen einer stolzen Wanderin.

"Es ist kein Geheimnis.", erwiderte sie und zuckte die schmalen Schultern, während ihre Finger flink Ornamente aus Gras woben. "Ich meine, es wäre vermessen, zu behaupten man könne selbst eine kleine Stadt wie Genua kennen. Wirklich in ihrem Herzen verstehen. Es wäre töricht, die eigene Freiheit an der Fähigkeit der eigenen Füße festzumachen. Die Wanderschaft beschreibt die Freiheit des Herzens, Seresa. Und meines, das meines Vater und die all unserer Brüder gehört niemandem. Das Geheimnis liegt darin, ehrliche Treue schwören zu können ohne sich selbst zu verkaufen. Sich selbst nur aus freien Stücken zu verkaufen- Auch wenn das ein harter Kampf ist."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Gesperrt

Zurück zu „1007“