[1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

[Mai '18]
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus stockte einen Moment.

"Mein Erzeuger hat seine Zuflucht in Neapel...aber ich habe seit meiner Abreise von dort keinen Kontakt mehr. Wenn dem so ist, dann habe ner und Benedetto es vor mit gut verborgen...wobei ich auch nicht nachgefragt habe. Mir ist meine Abstammung nicht so wichtig. Aber ja, Georg könnte ein Gelehrter unseres Clans werden, wenn er den Kuss erhalten hat. Und da wärst Du ihm eine wissendere Lehrerin, als ich es wäre."

Ein anderkennendes Nicken...er wusste wo seine Stärken aber auch seine SChwäche nlagen.
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda war durchaus erleichtert, als Titus das so sagte, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Sie zuckte mit den Schultern "Vielleicht solltest du das bei Gelegenheit einmal herausfinden, wäre ja schon ein seltsamer Zufall, nicht?"

Sie war ebenfalls erleichtert, dass Titus wohl nicht auf eine Ausbildung als Krieger bestehen würde. Langsam erhob sie sich wieder, strich die Falten ihres Gewandes glatt und setzte sich wieder auf den Sessel, etwas verlegen vielleicht.
"Du kommst also eigentlich aus dem Süden? Aus Neapel?", fragte sie dann neugierig nach "Weshalb bist du von dort weggegangen?"
Sie hatte irgendweshalb immer geglaubt, er sei von Anfang an Benedettos Leibwächter gewesen. Doch natürlich war das nicht weitsichtig genug. Titus hatte so Recht, sie wussten kaum etwas von einander...
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus nickte, als Seinfreda ihre Frage stellte. Als er das Wort ergriff sah er in die Flammen des Kaminfeuers. Kleine Schatten tanzten dadurch auf seinem totenbleichen Gesicht.

"Ich hörte von dem Überfall der Sarazenen in Genua...sie hatten damals die Stadt fast vollständig zerstört. Viel schlimmer als bei ihrem jüngsten Angriff."

Seinfreda konnte deutlich wahrnehmen, dass der Angriff der Sarazenen noch ziemlich an ihim nagte.

"Ich hatte meinen Erzeuger um die Erlaubnis gebete, nach Genua ziehen zu dürfen, um hier die Christenheit gegen die Sarazenen zu verteidigen und den Menschen hier zu helfen. Widerwillig gab er mir die Erlaubnis und hier schloss ich mich Benedetto an, der zu dem Zeitpunkt nnur wenige Jahre hier war."
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Die Schatten auf Titus Gesicht beobachtete Seinfreda mit morbider Faszination. Sie mied Feuerstellen für gewöhnlich, doch Titus schien das nichts auszumachen.
Sie sagte eine Weile nichts, konnte nicht ganz nachvollziehen, weshalb Titus so getrieben war von dem Verlangen, gegen die Sarazenen zu ziehen. Natürlich, es waren Umgläubige und die hatten die Stadt geschändet...doch weshalb hatte er es zu seiner eigenen heiligen Mission gemacht hatte? Langsam regte sich in ihr ein Verdacht.
"Titus...was ist damals geschehen, bevor du in die Nacht geholt wurdest? Du hast gesagt, deine Familie sei gestorben...", sie blickte mit gerunzelter Stirn zu ihm hinüber. War es Rache, die ihn trieb?
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus wandte wieder das Gesicht zu Seinfreda und ließ seinen Blick über die Gestalt seiner Blutschwester schweifen. Und da war etwas, was für einen kurzen Moment ein Runzeln seiner Stirn verursachte, und er sah sie einige Augenblicke seltsam an. Ob es daran lag, dass sie das Thema auf Titus menschliche Vergangenheit lenkte, war in dem Augenblick schwer zu sagen. Er blickte wieder ins Feuer und für einige Augenblicke schien es, als wolle er darüber nichts sagen. Doch dann brach er das Schweigen.

"Sie sind nicht gestorben..."

Titus machte eine unheilvolle Pause und seine Stimmung verfinsterte sich spührbar. Auch wenn die flammen sein Gesicht erhellten, wurde es finster. Seine Hände schlossen sich um die Lehnen des Stuhls.

"...sie wurden geschlachtet. Ich hatte eine Frau, eine Tochter, einen Sohn und ein ungeborenes Kind. Meine Tochter hieß Sofia und war so schön wie ihre Mutter. Mein Sohn...er war stark und lernte gerade die ersten Schritte zu laufen. Am Tag des Angriffes habe ich auf dem Feld gearbeitet, es war Sähzeit und der Ackergaul hatte sich verletzt, so dass ich selbst das Feld umpflügen musste. Als ich den Rauch aus der Richtung meines Dorfes sah, bin ich sofort hingeeil. Das Haus brannte, und das, was sie von meiner Familie übrig gelassen hatten lag am Brunnen vor dem Haus. Meine Frau war entblößt, sie wurde geschändet...mehrfach. Sie hatten ihr den Bauch aufgeschlitzt und ihre Eingeweide um sie herum verteilt, das ungeborene Kind haben sie ihr an die entblößte Brust gelegt, wie ein grausamer Hohn...es war ein Mädchen. Auch Sofia hatten sie geschändet ob sie ihr vorher oder hinterher mit dem blutigen Stein, der neben ihr lag, das hübsches Gesicht eingeschlagen hatten, weiß ich nicht. Meinen Sohn fand ich im Brunnen wieder, sie hatten ihn mit dem Kopf gegen den Brunnenrand geschlagen und dann hineingeworfen. Als die Teufel mich fanden , war ich blind vor Trauer und Wut. Ich hatte meine Mistgabel in der Hand und wollte sie töten...egal ob ich bei dem Versuch sterben würde...ich hatte nichts mehr, für das es sich zu Leben lohnte...einer stach mir mit einer Lanze in den Oberschenkel..."

Titus griff sich unwillkürlich an seinen rechten Oberschenkel, so als würde er den Schmerz dieses Stoßes noch heute spüren.

"...dann erhielt ich einen Schlag auf den Kopf...und es wurde dunkel..."

Er beendete seine Erzählung, die so grausam schien, dass ein menschlicher Geist das kaum hätte ertragen können. Und doch loderte in dem Blick des Kappadozianers ein so purer und unbändiger Hass, dass dieser kaum mehr als ein gerechter Zorn zu nennen war.
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Erschrocken starrte Seinfreda Titus an, als er seine grausame Geschichte erzählte. Sie zuckte vor ihm zurück, als sein Blick aufloderte. Die blutige Beschreibung war abstoßend und erregend zugleich.
Und gleichzeitig erfüllte sie eine, wie sie wusste, völlig unangebrachte Art von Genugtuung. Nein, sie war nicht die einzige, die noch an ihrer Vergangenheit hing. Auch ihr Blutsbruder hatte sein menschliches Leben noch nicht hinter sich gelassen, noch nicht vergessen. Und auch wenn sie alle gestorben waren waren, so entfachten die flüsternden Stimmen ihrer Erinnerungen seinen Zorn, steuerten seine Taten, veränderten die Zukunft. Die Toten waren noch nicht tot.

Faszination hatte sich in Seinfredas große, meeresgrauen Augen geschlichen und irgendwie hatte seine Wut sie angesteckt. Rachsucht war wie eine schleichende, grausame und tödliche Krankheit, das wusste sie. Und mit Krankheiten kannte sie sich aus. Diese Krankheit verzehrte nicht nur ihren Träger, sonder auch alles um ihn herum und wenn sie einst ihr Ziel gefunden haben würde, würde sie nicht rasten, sondern sich nur weiter ausbreiten...das hatten Krankheiten so an sich.
Beinahe hätte sie aufgelacht, als ihr ein absurder Gedanke durch den Kopf fuhr: Wie ähnlich waren Titus und Amalia tatsächlich? Beide getrieben von vergangenem Schmerz, den sie noch in sich trugen. Von menschlichem Schmerz, von der Sehnsung Geschehenes ungeschehen zu machen. Sie sinnlos und wie wunderschön!
War es nun ihre Aufgabe, diese Krankheit zu heilen?

Erregung erfasste Seinfredas toten Körper. Erregung und die Gier nach Genugtuung. Seinfreda tastete nach Titus Oberschenkel, wo er einst verletzt worden war, griff zu.
"Vergeltung ist es also , was du suchst", hauchte sie angetan aber auch ein wenig tadelnd. "Doch lehrte Christus uns nicht auch, unsere Feinde zu lieben und der endlosen Spirale des Hasses und der Vergeltung Einhalt zu gebieten?"
Ihr Blick strafte ihre Worte beinahe Lügen, zu gut konnte sie Titus Zorn nachvollziehen. Zu sehr verstand sie seinen Hass, sein Streben nach Gerechtigkeit, nach Wiedergutmachung.den sinnlosen Versuch, den Schrecken auszugleichen. Die Hoffnung auf Vergessen...
"Darf nicht nur Gott allein Rache und Vergeltung üben?"
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus blickte Seinfreda an. Er war zwar ruhig, aber in seinen Augen brannt ein Feuer. Es war schwer zu deuten, war es Fanatismus?...war es Wahnsinn? Hatte Titus über mehr als anderhalb Jahrunderte seinen Verstand verloren? Nichts an ihm hegte irgendeinen Zweifel daran, dass das, was Titus nun sprach, seine Überzeugung und die für ihn göttliche Wahrheit war.

"Da hast Du vollkommen recht...und ich führe sein Richtschwert!"

Die Selbstverständlichkeit seiner Worte war verblüffend und konnte einem den Atem rauben. In diesem Moment wurde Seinfreda eines klar...Titus war nicht mehr dieser Bauer...der liebende Ehemann und Vater. Er war zu etwas anderem geworden..zu einem dunklen personifizierten Racheengel, der die Welt in Sünder und Heilige teilte, in Teufel und Engel. War das heiliger Zorn, war das Ketzerei? Was es auch war...es war bis ins Mark erschreckend.
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda blickte von dem Feuer in Titus Augen hinüber zu dem Feuer im Kamin und wieder zurück.
Glaubte er das tatsächlich? War das relevant? Was glaubte sie? Und war das wichtiger? Was war überhaupt wichtig? Und was war wahr?
Machte sein Glaube es zur Wahrheit?

Sie blinzelte. Ging in sich.
Vielleicht war er verrückt und vielleicht hatte er Recht...vermutlich hatte er Recht. Sie alle waren ausgewählt worden, um im Gottes Namen gegen das Böse zu kämpfen, gegen dunkle Kräfte, gegen das Gottlose.

Seinfreda ergriff wieder Titus Hand. "Gut."
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus blickte auf ihre Hand, wie sie die seine berührte und dann wieder in ihre Augen.

"Wir müssen wachsam bleiben...immer...und...ich brauche Dich an meiner Seite."

Titus suchte etwas in ihrem Blick...etwas, was ihm die Hoffnung bewahrte und Zuversicht schenkte. Da war nicht lüsternes oder begehrendes in seinem Blick...es war der Blick eines Mannes, der jahrzehnte damit verbracht hatte Prüfungen an Leib und Seele zu ertragen...und nur sehr selten Momente der Schwächen zuließ...so wie jetzt.
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Wachsam...
Sie begegnete seinem Blick vorsichtig...etwas lag darin, als wollte sie etwas sagen. Sie fischte nach Worten, wusste nicht wie. Schließlich sah sie ihn fest an.
"Titus. Ich bin an deiner Seite, sei dir gewiss. Egal was geschehen wird, was uns zustoßen sollte oder was du tun wirst oder ich, nichts wird etwas daran ändern. Ich werde an deiner Seite sein.", ihre Augen hatten sich geweitet, weiterhin wich sie seinem Blick nicht aus. Etwas klang in ihrer Stimme mit, als würden die wenigen Worte noch viel mehr sagen wollen, als sie es taten.
"Und selbst wenn Veränderungen kommen sollten, für Genua oder für unseren Clan. Ich glaube daran, dass wir diese Veränderungen gemeinsam überstehen können, wenn wir zusammenhalten und unserem gegenseitigen Wort vertrauen."
Sie konnte nur hoffen, dass er das wollte. Dass er es konnte... dass es es können würde. Dass er stark genug sein würde. Sie wollte ihn nicht zum Feind. Und sie fürchtete den Tag, an dem er zu seinem Vergeltungszug gegen die Sarazenen aufbrechen würde und sie hier alleine zurück ließ. Sie fürchtete auch den Tag, an dem er etwas missverstehen würde und sie vielleicht als Verräterin an seinem Glauben sehen würde...oder an etwas anderem.

In diesem Augenblick wurde Seinfreda klar, dass sie ihn nicht nur nicht als Feind wollte...Sie wollte ihn nicht verlieren. Sie wollte nicht bloß nicht alleine in der ewigen Nacht sein. Nein, sie wollte auch nicht ohne ihn sein. Das hatte nichts mit Liebe zu tun und auch nicht mit Begehren. Es war mehr, als wolle sie einen Bruder nicht verlieren.


"Titus, ich gebe dir mein Wort. Wenn es dir Milderung verschafft, gebe ich dir gerne auch mehr als das.", ihr Blick wanderte zu dem Becher auf dem Kaminsims, aus dem auch schon Lorenzo getrunken hatte. "Doch würde es mich freuen, wenn dies ein gegenseitiges Versprechen wäre."
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