[1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

[Mai '18]
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Titus
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[1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Es war eine bloße Nachricht, ein junger Bote, der zu Seinfreda geschickt wurde. Ein Mönch, vielleicht vierzehn Jahre alt. Die Botschaft, die auf den üblichen Wegen Seinfreda erreichte war einfach und doch ungewöhnlich. Es kam nicht oft vor, dass Titus seine Clanschwester zu einem Gespräch bat, denn seine Zeit war in den letzten Jahren deutlich von seinem Amt beansprucht worden.

Seinfreda traf in jener Nacht ihren Clansbruder im Rittersaal der Martinsfeste an, dorthin hatte er auch seine Clanschwester gebeten. Als sie eintrat hatte er gerade ein Gespräch mit Elio beendet, der sich vor Seinfreda tief verbeugte und sich dann beeilte die beiden allein zu lassen. Im Kamin des Saals brannte ein kleines Feuer, erhellte den Raum ein wenig mit Licht, doch waren keine Kerzen angezündet worden, so dass die Schatten vom prasselnden Feuer an den Wänden des Saales tanzten. Titus saß auf einem der Lehnenstühle ein paar Schritt von Feuer entfernt, sein Kettenhemd lag auf einem Haufen daneben, offenbar hatte er es kurz zuvor ausgezogen. Das Polsterwams, dass er noch trug, war aufgenöpft. Das Großschwert lehnte gegen den Stuhl, fest verstaut in seiner Scheide. Das Kreuz seines Rosenkranzes, der um seinen Hals hing, hielt er fest in der Faust seienr rechten Hand und stütze sein Gesicht auf diese. Er wirkte nachdenklich, gebeugt, erschöpft. In tiefen Gedanken starrte er ins Feuer, tiefe Furchen der Sorge oder des Nachdenkens hatten sich in seine Stirn eingegraben. Er schien Seinfreda zunächst nicht zu bemerken und hob den Blick und das Gesicht erst, als sie neben ihn trat. In seinem Blick konnte man erkennen, wie schleichend langsam seine Aufmerksamkeit von dem fernen Ort, in den er sich versetzt hatte, zurück ins hier und jetzt zurückkehrte.

Er bemühte sich um ein Lächeln, als er seine Clanschwester erkannte.


"Danke, dass Du gekommen bist, Schwester..."

Begrüßte er sie.
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda war aus ihrem Studierzimmer gekommen, wo sie die bisherige Nacht damit verbracht hatte, gemeinsam mit Georg einige Bücher zu prüfen und ein weiteres Vorgehen in Domus zu planen. Die Bauarbeiten liefen nicht so schnell wie geplant und es war ein größeres finazielles Defizit eingetreten als erwartet. Nun hirnte sie schon seit Nächten, wie sie Gelder für den Bau auftreiben konnte. Eine Möglichkeit gab es, doch betraf dies den Orden und damit auch Titus. Sie war gespannt, was er von ihrem Vorschlag halten würde, auch weil sie selbst nicht ganz überzeugt davon war.
So trat sie also an ihn heran und ließ sich ebenfalls in einen der Stühle sinken. "Titus, deine Nachricht hat mich etwas überrascht. Weshalb so förmlich?", fragte sie neugierig. "Gibt es neue ENtwicklungen? Du siehst...nachdenklich aus."
Nebenbei begann sie, ihre tintenverschmierten Finger mit einem Tuch zu säubern, während sie ihren Clansbruder beobachtete.
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

"Verzeih...es sollte keine förmliche Vorlage sind...eher ein Gespräch zwischen Bruder und Schwester."

Titus betrachtete das Gesicht seiner Clanschwester einige Augenblicke lang, bevor er weiter sprach.

"Seit dem letzten Hoftag habe ich mir des öfteren die Frage gestellt, wem ich eigentlich trauen kann. Wem wenn nicht meinem eigenen Blut? Doch habe ich festgestellt, dass ich so gut wie nichts über Dich weiß...das wollte ich ändern."

Titus zögerte, doch dann shcob er hinterher.

"...so Du mir das erlaubst."
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Ohne aufzublicken und beim Säubern ihrer Hände innezuhalten nickte die Nordfrau zustimmend.
"Ja, das mit dem Vertrauen ist eine schwierige Angelegenheit. Alle hier verfolgen eigene Ziele, auch ich, wie Ihr wisst. Dennoch haben wir gemeinsame Interessen, die eine gute Zusammenarbeit ermöglichen..."
Sie seufzte "Seit ich hier in Genua angelangte empfand ich den Wunsch danach, wieder ein Gefühl von Familie zu empfinden. ANfänglich gelang mir das auch mit Gaius und Angelique...doch seitdem er nicht mehr da ist, habe ich ift das Gefühl allein zu sein...und dass mir die Aufgaben, die ich mir ja eigentlich selbst stelle, über den Kopf wachsen..."
Endlich sah sie zu Titus auf "Manchmal denke ich, geht es dir ähnlich, auch wenn deine Aufgaben natürlich viel offizieller sind als meine. Du bist das Gesicht unseres Ordens...und auch unseres Clans. Benedetto und ich...wir forschen, wir schreiben und dokumentieren und planen im stillen Kämmerlein. Doch du bist unser starker Arm, unser Schild...wo ich angreifbar wäre, bietest du Schutz und dafür bin ich dir sehr dankbar.", ein sanfter Ausdruck war in ihre Augen getreten "Ich versichere dir, dass ich nichts unternehmen würde, von dem ich wüsste, dass es dir schaden könnte. Im Gegenteil...vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich in den vergangenen Monaten immer wieder versucht habe, einige Wogen zu glätten und Aussöhnungen herbeizuführen. Das ist eben meine Art, meine Untrstützung auszudrücken..."
Sie hielt inne "Natürlich eckst du oft an mit deiner Überzeugung, doch genau diese Geradlinigkeit weiß ich zu schätzen. Am Hoftag..als Ajax die Klage gegen dich anführte, wäre ich am liebsten aufgesprungen und hätte die Ungerechtigkeit herausgeschrien...doch damit hätte ich dir nicht geholfen. Doch Titus, ich verspreche dir, dass all dies nicht ungesühnt bleiben wird. Geh du deinen Aufgaben nach, blicke nach vorn, kümmere dich um die wichtigen Dinge. Ich kümmere mich währenddessen darum, dass Gerechtigkeit stattfinden kann. Auch wenn meine Wege langsamer begangen werden...sie werden begangen."

Dann legte sie das Tuch beiseite, das inzwischen voller Tinte war und lehnte sich etwas zurück.
"Nun, was interessiert dich denn? Zwar erzähle ich immer gerne von meiner Vergangenheit, doch fällt es mir ohne Anlass schwer, Episoden herauszupicken. Gibt es etwas, das du besonders gerne wissen möchtest?"
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

So sie es zuließ, ergriff er ihre zarte Hand mit der seinen. An der Größe der Hände konnte man besonders gut erkennen, wie unterschiedlich die beiden Kappadozianer waren. Ihre, zart und geschickt, seine grobschlächtig mit Schwielen. Sie konnte merken, dass er ihre Hand mit besonderer Vorsicht anfasste...in der letzten Zeit war die Welt um ihn herum zerbrechlicher geworden.

"Es ist meine Bestimmung, meinen Körper die Schläge ertragen zu lassen, die dem Clan gelten. Mein Körper kann Schmerzen ganz gut ertragen, doch merke ich, dass mein Geist nicht über die gleiche Widestandsfähigkeit verfügt. Es tut daher gut, wenn ich weiß, dass ich ab und zu mit jemandem sprechen kann, bei dem ich nicht Sorge haben muss, dass meine Schwäche irgendwann gegen mich verwendet wird...sojemanden, wie dir."

Titus blickte ihr in die Augen, so als wollte er ihre Gedanken erforschen und dieses Vertrauen wiedererkennen, welches er in sie setzte.

"Gibt es etwas in Deiner Vergangenheit, an das Du gerne zurück denkst?"
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Sie blickte auf die große Hand des Ritters hinab, als er nach ihrer griff. Vorsichtig sanft strich sie mit ihren Spinnenfingern über seine Schwielen als er sprach. Ihr Blick erwiderte seinen, ihre großen graublauen Augen, die so tief lagen, dass man beinahe ihren Schädel durch die dünne, pergamentartige Haut hindurch sehen konnte.
Sie wirkte zerbrechlich in ihrem weiten Habit, alles an ihr war so fein wie von einem Vogel. Doch ihr Blick, der so viel Sturheit und WIllenskraft ausdrückte strafte diesen Eindruck lügen. Dickköpfigkeit hätte Gaius damals vielleicht gesagt, Mut nannte es die Witwe.

"Ich...danke dir", sagte sie mit wieder weicher gewordenem Ton. "Ich weiß nicht, weshalb ich dich diesen Schritt habe machen lassen. Er ist so wichtig..und doch habe ich meinen Kopf so oft in meinen Plänen und Träumereien, dass ich die wichtigsten und einfachsten Dinge darüber vergesse. Wie gut, dass du so bodenständig bist."
sie drückte seine Hand sachte.
"Ja, natürlich gibt es Dinge, an die ich gerne zurück denke...so viele Dinge.", sie lächelte "Ich hatte wirklich ein schönes Leben...ein kurzes Leben aber ein schönes, auch wenn ich es damals nicht sehen konnte...Und auch mein Unleben begann sehr harmonisch, so sich das sagen lässt."
Sie musterte ihn und fragte sich, wie weit sie zurückgreifen sollte. Verschiedene Episoden kamen ihr in den Sinn, verschiedene Länder, verschiedene Menschen und Sprachen und Religionen.
"Ich glaube, der schönste Tag war, als ich am Hof der Normandie ankam, nachdem man mich als Kind in eine Klosterschule gegeben hatte, um gutes Benehmen und Lesen, Schreiben und all das zu lernen. Meine Schwester war schon länger am Hof und erwartete mich. Ich war dreiundzwanzig, garnicht mehr so jung also und ich war hungrig, endlich die Welt zu entdecken außerhalb der Klostermauern. Als Kinder waren wir auf den Inseln unserer Vorfahren aufgewachsen, doch kamen wir mit neun Jahren zu Verwandten in die Normandie. Sie waren streng...und das war gut. Mein Vater hatte sich mit den Normannen gegen die Besatzer aufgelehnt, mit Erfolg. Als ich am Hof vorgestellt wurde, lernte ich dort Richard von der Normandie kennen, der inzwischen mit Hilfe meines Vaters Herzog geworden war...er war so prächtig und voller Mut, er wurde nicht umsonst "der Furchtlose" genannt...alle verehrten ihn, auch meine Schwester...doch wählte er mich.", sie sah lächelnd auf "Wir lernten uns bei einer Jagd kennen, er erlegte einen enorm großen Eber und schenkte mir seine Hauer. Es war Sommer, heiß, wir waren ausgelassen und ich war so aufgeregt, als er mich bei den Feierlichkeiten zum Tanz aufforderte...und als er mich bald darauf zu Spaziergängen und Ausritten einlud und schließlich...in seine Kammer.", sie senkte den Blick, was jedoch nicht darüber hinweg täuschte, dass sie sich keineswegs dafür schämte. "Wir haben uns geliebt...so sehr, es erfüllte mich vollkommen. Doch er war verheiratet, eine politische Ehe, und deshalb währte unser Glück nicht allzu lange...", sie stockte und hing einigen Gedanken nach. "Dennoch...war es wohl die glücklichste Zeit meines Lebens. Inzwischen ist er natürlich schon lange verstorben...so wie alle." sie biss sich auf die Lippen und setzte nach "vermutlich."
Sie sah zu Titus hinüber "Verurteilt mich nicht dafür, mit einem verheirateten Mann zusamen gewesen zu sein. Das ist in der Normandie völlig normal..auch er selbst entstammte aus der Verbindung seines Vaters mit einer Konkubine...Die politische Ehe war genau das, er hat sie nie angerührt, sie hatten nie Kinder. Geliebt hat er mich..."
Dass die Geschichte sehr viel brutaler und gefährlicher Ausgegangen war, verschwieg sie wohlweislich.
"Ich habe dann auch irgendwann geheiratet, doch das war weniger glücklich...erneut eine politische Sache.", sie sah zur Seite "Als er starb, beschloss ich, dass ich genug von der Welt gesehen hatte, und begab mich ins Kloster,um mein Leben Gott zu widmen und wieder zu lernen. Es war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können...Auch das waren schöne Jahre. Ich erlernte die Heilkunst, die Buchmalerei, ich genoss die Gesänge und die geregelten Abläufe und die Geborgenschaft der Gemeinschaft...das tue ich noch immer.", sagte sie lächelnd. "Und ich habe dort noch eine andere Liebe gefunden, außer die zu Gott", meinte sie dann beinahe andächtig.
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus horchte den Erzählungen seiner Clanschwester und versuchte die Erinnerung die sie an diese Zeit hatte nachzuvollziehen und sich an das Gefühl seiner eigenen glücklichen Zeiten zu erinnern. Ihre Sünden...wenn er sich darüber ein Urteil erlaubte, dann ließ er es sich in diesem Moment nicht anmerken. Für den Moment begnügte er sich damit der Geschichte zu lauschen und ihr Gesicht dabei zu beobachten, wenn sie sich an die Bilder zu ihren Worten erinnerte.

"Solche Erinnerungen sind sehr kostbar, es freut mich, dass Du Dich so lebhaft daran erinnerst. Wie lange ist das jetzt her?"

Titus betrachtete die Hände seiner Blutsschwester.

"Hast Du Gaius in dem Kloster kennen gelernt?"
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La Vedova
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda versuchte in Titus Gesicht zu lesen, was er von all dem hielt...verurteilte er sie? Konnte er sie verstehen? Oder war es ihm egal? Sein Ausdruck verriet so wenig über das, was er dachte.
Sie räusperte sich leise "Nun, das war vor etwa sechzig Jahren", sagte sie nach kurzem Überlegen. "Aber es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Sein Sohn regiert momentan..."
Falls Titus mit dieser Frage hatte herausfinden wollen, wie alt sie wirklich war oder wie mächtig, hatte sie kein Problem damit es ihm zu sagen. Sie war noch nicht alt, das wusste sie. Doch schon ihre leibliche Mutter hatte gesagt, dass sie schon alt geboren sei, dass das Blut und die Erinnerungen ihrer Vorväter und mütter in ihr weiterlebten.
"Wie lange ist es bei dir her?", fragte sie im Gegenzug nach, denn auch das hatte sie ihn bisher nicht gefragt.
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Titus
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von Titus »

Titus legte nachdenklich die Stirn in Falten, als er in seinen Erinnerungen nach wahrhaftig glücklichen Momenten seiner Existenz suchte. Es dauerte eine ganze Weile bevor er antwortete.

"Meine gesamte Familie ist gestorben, noch bevor ich in die Nacht geholt wurde. Wahrhaftig glückliche Erinnerungen...ja ein paar schwache Echos davon sind noch vorhanden und mit jeder vergehenden Dekade werden es weniger. Ich glaube, dass sie nun schon mehr als einhundertundfünfzig Jahre her sein müssen...Gesichter, die mir einst lieb und teuer waren, verschwimmen vor dem Schleier der Zeit und was bleibt ist nur noch ein schwaches Gefühl von dem, was mich damals ausgemacht hat...Glück... Liebe...Zufriedenheit..."
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Re: [1008] Einsamkeit des Todes [Seinfreda, Titus]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe drückte Titus Hand sachte und mitfühlend.
EInige Momente des Schweigens vergingen, sie wollte nicht nachfragen. Wenn er etwas erzählen wollte, sollte es von ihm kommen.
Sie fragte sich, ob es ihr auch bald so gehen würde, dass sie die Zeit nicht mehr in Jahren, sondern Dekaden messen würde. Noch war das nicht der Fall, doch kannte sie das, was er den Schleier der Zeit nannte. Sie selbst hatte inzwischen wohl auch das Datum ihres natürlichen Todes überschritten. Währe sie nicht von Kassia geküsst worden, so wäre sie jetzt eine uralte Greisin...doch vermutlich wäre sie niemals so alt geworden.


Dann ging sie auf seine zweite Frage ein.
"Ich habe Gaius nicht im Kloster kennengelernt, sonderm am Hof. Er war ein Reisender und Heiler. Seine Fähigkeiten faszinierten mich, die ich nach meinem Tod begonnen hatte, mich zunehmend der Heilkunde und der Erforschung des Körpers zu widmen. Außerdem war er von einnehmender Gestalt und sehr hilfbereit. Nachdem meine Sire mich verlassen hatte, tat es mir gut, mit anderen Kainiten zu verkehren und nicht nur mit meinen Schwestern im Kloster. Ich wollte mehr von der Welt sehen, andere Kappadozianer aus anderen Blutlinien kennenlernen, Forschen, Lernen...Neue Kloster gründen.", sie sah Titus an "Die Welt innerhalb der Klostermauern ist zwar heil und wohltuend, doch nach einer Weile auch klein. Irgendwann ist alles gelesen, alle Gesänge sind gesungen, alle Kräuter gepflanzt und gepflegt. Ich sah immer die gleichen Gesichter, die Tode der Schwestern geschahen oft aus Altersschwäche und brachten mir selten neue Erkenntnisse. Die Menschen im Dorf begannen, langsam misstrauisch zu werden...Es fällt eben doch auf, wenn man nicht altert. Außerdem..wollte ich Abstand gewinnen zum Hof der Normandie. Ich wollte nicht sehen, wie geliebte Menschen starben..."
Sie zuckte mit den Schultern "So viele Gründe, fortzugehen und so wenige zu bleiben. Und so gingen wir, Gaius und ich...und fanden hier einen Ort, an dem wir das Gefühl hatten, gebraucht zu werden."
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