[1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

[Juni '18]
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Seresa
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[1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa war kein Vasall Genuas. Soviel war sicher. Auch war sie kein Vasall Mailands. Auch so viel war sicher. Oder? Ob sie ein Gast war? Nun, dies war sicherlich einer jener Punkte, über welchen man sich ganz vortrefflich streiten konnte, sofern man es wollte. Galten die Worte des Kastellans also demnach auch ihr oder würden sie nie gelten, weil für jemanden wie sie gänzlich andere Regeln diesbezüglich galten?

Sie war in einer Zeit der Ungewissheit nach Genua gekommen. Kurz vor einem Krieg, der so vieles verändert und verschoben hatte. Sie hätte bei Hofe den einfachen Weg gehen können, aber sie genoss die Unsicherheit und den Raum, der sich dadurch geboten hatte, dass sie den schwierigen Weg nahm. In diesem Punkt jedoch… Seresa tippte nachdenklich auf die Worte des Kastellans… In diesem Punkt würde sie handeln müssen, obwohl sie derzeit sicherlich das Schweigen bevorzugt hätte.

Und so geschah es, dass in der Villa des Konsuls in Mascharana im Frühjahr ein Wachstäfelchen abgegeben wurde. Eingeschlagen in fingerdicken Leinenstreifen. Abgegeben von Seresa selbst mit dem Hinweis, der Inhalt des Schreibens sei ausschließlich für die Augen Ilario Contarinis bestimmt. Auf dem Wachstäfelchen selbst befanden sich präzise aneinandergereihte und sauber geritzte Buchstaben in der Sprache des Landes.


An
Ilario Contarini,
Neugeborener vom Clan der Schatten,
Kastellan Genuas,
Kind von Lucius Valerius Galba, Ahn vom Clan der Schatten zu Venedig


Aus gegebenem Anlass erbitte ich höflich und mit allem gebotenen Respekt um die Ehre eines alsbaldigen Gespräches.


Hochachtungsvoll,
Seresa,
Neugeborene vom Clan der Gelehrten,
Kind von Fabrizio Piccolomini, Ancilla vom Clan der Gelehrten
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Ilario
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Seresa erreichte einige Nächte später, auf dem üblichen Wege, ebenfalls ein Wachstäfelchen, überbracht von einer ihr inzwischen wohlbekannten Botin. In der schlichten, aber akkuraten Handschrift des Kastellans stand dort geschrieben:
"Werte Seresa,
Neugeborene vom Clan der Gelehrten,
Kind von Fabrizio Piccolomini, Ancilla vom Clan der Gelehrten

Gewährt. Ich erwarte euren Besuch in der Nacht des kommenden Sonntag gen Mitternacht.


Möge die Dunkelheit eure Schritte leiten.

Ilario Contarini,
Neugeborener vom Clan der Schatten,
Kastellan Genuas,
Kind von Lucius Valerius Galba, Ahn vom Clan der Schatten zu Venedig"
Tatsächlich lag die Villa Embriaci in der genannten Nacht in Dunkelheit und Stille, lediglich in einem der oberen Fenster war ein schwacher Lichtschein auszumachen...
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Seresa
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Während Seresa die Buchstaben der Nachricht des Kastellans feinsäuberlich auskratzte und das Wachstäfelchen erneut aufarbeitete, verloren sich ihre Gedanken an den Schatten. Er hatte sich verändert seid sie ihm das erste Mal begegnet war und sie war sich nicht sicher, ob sie jede Veränderung an ihm gut fand. Auf der anderen Seite hatte auch sie sich verändert und es war die Frage, ob er jede dieser Veränderungen gut finden würde. Seresa wirbelte den Griffel nachdenklich zwischen ihren Fingern. Das würde kein einfaches Gespräch am Tag des Herrn werden.

Seresas Weg zum Kastellan hatte sie erneut am Elysium vorbeigeführt. Nachdenklich hatte sie den neuausgehangenen Schrieb gelesen. Die Zeiten änderten sich ganz offensichtlich. Die Schockstarre, in welche der Krieg sie alle geschlagen hatte, schien zu verbleichen. Es kam erneut Bewegung in das Spiel. Sie bedauerte, dass ihr Bruder im Blute Ajax nicht bei ihr war. Es würden ungemütliche Zeiten werden, in welchen sie alleine stehen und alleine Entscheidungen treffen werden müsste. Kein beruhigender Gedanke, zumal sie nun vor dem Gebäude des Konsuls in Mascharana stand.

Ihr Blick wanderte zu dem Fenster in welchem Licht brannte und für einen Moment sinnierte sie darüber nach dort hochzuklettern. Doch sie war kein Dieb und der Grund ihres Besuches war keiner, welcher einen Fehltritt erlauben würde. Zumal sie in dieser Nacht die lange dunkle Robe unter dem dunklen Mantel trug, welchen sie bereits bei dem letzten Treffen mit dem Kastellan getragen hatte. Ihre kurzen Haare waren entgegen den Malen zuvor nicht unter einer Kopfbedeckung verborgen, sondern zu einem außergewöhnlichen Kunstwerk geflochten und hochgesteckt worden, welches ihren Hals und Nacken bloß gab. Dieser war noch immer von dem roten Strich Tomas gezeichnet, welcher sich für immer wie ein Feuermal in ihre Haut gebrannt hatte. Ihr gesamter Körper versteifte sich unwillkürlich unter der Vorstellung das Haus des Konsuls zu betreten.

Seresa schloss für einen kurzen Moment die Augen und sog die Nachtluft ein, bevor sie sie unverbraucht durch die Nase entweichen ließ. Mascharana war nicht besser als die anderen Stadtteile, aber es roch darin zumindest weniger nach Abschaum. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen bei dem Gedanken, bevor sie den Kopf schüttelte und die Augen öffnete. Ihr Gesicht wurde wieder ernst. Es würde nicht leicht werden, aber es war nötig, dass sie mit Ilario sprach. Jetzt mehr denn je. Und so näherte sich Seresa der Tür und klopfte zweimal kurz daran. Leise genug um nicht die gesamte Umgebung zu wecken, aber bestimmt genug, um einem Diener den erwarteten Besuch anzukündigen.
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Ilario
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Es dauerte nicht lange und die Pforte öffnete sich. Eine junge Bedienstete verneigte sich tief vor Seresa und führte diese dann über den hinter der Mauer liegenden Vorhof zur eigentlichen Villa. Sie passierten mehrere Hauswachen und Flure, ehe sie eine Treppe hinaufgeführt wurde. Die Bedienstete klopfte oben angekommen an eine der Türen und öffnete diese nach kurzem Warten für Seresa. Sie selbst blieb zurück. Es war eine kleine Schreibstube, erhellt nur von einigen Kerzen und einer kleinen Öllampe. EIn Tisch, auf dem sonst wohl Pergamente lagen, trug ein Schachbrett. Da Spiel befand sich in der Anfangsphase und es befanden sich zwei Stühle am Tisch. Ilario selbst stand davor und begrüßte Seresa mit einem leichten, respektvollen Nicken.

"Kommt herein und nehmt Platz werte Seresa. Euer Ersuchen kam etwas überraschend, doch bin ich erfreut euch als meinen Gast willkommen heißen zu dürfen."

Er deutete auf einen der Stühle und nahm selbst auf dem anderen Platz. Im Schatten, nahe des Fensters stand Ilarios Schatten, Mercurio, der Seresa bekannt war. Selbst im Haus war er bewaffnet und gerüstet, entsprach seiner ewigen Pflicht. Der naheliegende Schluss war, dass Ilario wohl mit seinem Ghul das Spiel der Könige gespielt hatte oder es vielmehr im Begriff war diesem beizubringen. Zumindest waren die Züge die Weiß getätigt hatte eher Laienhaft...
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Seresa
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa nahm die Verneigung zur Kenntnis und quittierte sie mit einem zufriedenen, kleinen Nicken. Ilario hatte seine Diener wohlerzogen, doch wirklich verwundern tat es die Brujah nicht. Es hatte durchaus gute Gründe, weshalb sie den Schatten zu schätzen wusste. Ruhigen Schrittes war sie gefolgt, während sie versuchte ihre innere Anspannung in den Griff zu bekommen. Nachdem sie den Raum betreten hatte und der Schatten Seresa begrüßt hatte, hatte sie Ilarios Nicken ihrerseits mit einer langsamen, tiefen und respektvollen Verneigung des Kopfes quittiert, bevor sie der Einladung sich zu setzen nachgekommen war. Ihr Blick lag in seinen meergrauen Augen, während sie sprach.

„Und mir ist es - wie immer - eine Ehre, dass Ihr Zeit für mich erübrigen konntet, wohlwerter Ilario, und mich als Euren Gast empfangt.“

Ihr Blick wanderte über das Schachbrett. Über die Züge, welche bereits getan wurden. Sie schien nach einem Muster zu suchen oder zu rekapitulieren, was bereits gespielt worden war. Wie es zu der bestehenden Situation gekommen war. Es dauerte kaum mehr als einige flüchtige Augenblicke. Während sie sprach, musterte sie das Spiel weiter. Es war lange her, dass sie es gespielt hatte und Seresa war - nach ihren eigenen Einschätzungen - nicht gut darin. Womöglich lag es auch mit daran gegen wen sie es gespielt hatte. Es war schließlich das Spiel der Könige. Dennoch interessierte sie sich noch immer offenkundig dafür und es faszinierte sie.

„Euer Aushang zwang mich zum Handeln.“

Seresa blickte erneut zu dem Lasombra auf.

„Ihr zwangt mich einen Zug zu machen, welchen ich bevorzugt hätte, nicht zu tun.“

In ihrer Stimme lag kein Vorwurf. Stattdessen schien sie nüchtern die Fakten wiederzugeben, bevor die Gelehrte für einen kurzen Moment schwieg.

„Noch nicht. Dennoch besteht die Gefahr, mich wahrlich schlecht zu positionieren oder gar das Spiel frühzeitig zu verlieren, nur auf Grund meiner Weigerung nicht zu tun, was ohne Zweifel nötig ist.“

Seresa blickte kurz zu dem Ghul, welcher sich noch immer im Zimmer befand, bevor ihr Blick zurück zum Kastellan wanderte. Offensichtlich wollte sie sich rückversichern, wie offen die beiden Kainiten sprechen konnten.
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Ilario
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Ilario folgte ihrem Blick zu seinem Ghul und schien abzuwägen. Schließlich nickte er Mercurio zu. "Warte draußen." Nachdem der Leibwächter der Aufforderung nachgekommen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprach der Lasombra weiter. "Mercurio ist absolut vertrauenswürdig, doch sehe ich euch an, dass ihr das Folgende lieber unter vier Augen klären möchtet. Falls es wirklich brisant ist, ist es auch besser wenn nur wir beide davon wissen. Jeder auch noch so loyale Diener mag dazu gebracht werden können Geheimnisse zu verraten."

Einen langen Moment betrachtete Ilario nun seinerseits das Schachbrett und lächelte hintersinnig.

"Habe ich das? Welchen Zug seht ihr euch denn genötigt zu tun werte Seresa? Welches Spiel meint ihr verlieren zu können?"


Mit erwartungsvollem Funkeln wandte Ilario seinen Blick wieder Seresa zu. Zwar hatte er einen Verdacht, doch ließe er besser Seresa selbst sprechen. Die Leute neigten dazu mehr preiszugeben wenn man sie reden und im Unklaren liess wie viel man selbst wusste.
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa blickte schweigend in die meergrauen Augen ihres Gegenübers. Hätte Seresa von Ilarios Verdacht gewusst, so hätte sie ohne Zweifel wissen wollen, weshalb der Schatten ihn hegte. Auf der anderen Seite war der Kastellan ein Wissenssucher und so hätte es die Brujah wenig überrascht, wieviel er tatsächlich wusste oder wo er einfach geschickt raten würde. Nachdem Ilario geendet hatte, wartete sie einen Augenblick, bevor sie zu sprechen begann.

„Lasst mich Euch versichern, wohlwerter Ilario, ich hege keinerlei Zweifel an der Loyalität, Diskretion oder Vertrauenswürdigkeit Eures Dieners, doch vermag ich nicht zu beurteilen, ob Ihr gänzlich alles mit ihm teilt. Es sind gefährliche Zeiten in der Domäne Genua für ein Kind Brujahs. Für Jemanden aus der Linie der Syphax ganz zu schweigen.“

Die Gelehrte schwieg für einen kurzen Moment. Drei hingerichtete Brujah, sowie ein Blutlinienbruder in Starre war ein deutliches Signal bei Hofe, was die Konsequenzen anging so man sich nicht an die Spielregeln hielt.

„Ihr habt in Eurem Aushang von wiederholten Verletzungen des bestehenden Jagdgebietes der Via Regalis im Sestieri Platealonga berichtet. Davon das nach dem Verstreichen der Frist, die Jagd diese ereilen würde. Sowohl durch den hoch verehrten Godeoc, wie auch durch den verehrten Brimir, wie auch durch Euch selbst.“

Die Brujah pausierte für einen Augenblick und betrachtete unschlüssig Ilario.

„Und möglicherweise oder auch nicht länger, durch eines oder mehrerer Eurer Geschwister im Blute. Da Ihr den verehrten Maximinianus nicht erwähnt hattet, nehme ich an, er befindet sich nicht länger in Genua, sondern geht seiner neuen ehrenwerten Tätigkeit als Botschafter ihrer höchst verehrten Majestät Aurore nach.“

Erneut unterbrach Seresa, bevor sie schließlich fortfuhr.

„Meine eigene Position in der Domäne ist und bleibt per se schwierig. Viele verurteilen mich auf Grund meiner Abstammung. Sehen den Angriff auf die Harpyie ihrer höchst verehrten Majestät Aurore, welcher trotz eigener Klärung und Freispruch als bedenklich genug an, mir Gefallen aufzubürden. Einige mögen den Grund meines Unwillens, mich von meinem wohlwerten Bruder im Blute Ajax zu distanzieren oder gar abzuwenden - trotz dessen Vasallität zu Mailand - noch immer nicht verstehen oder mich gar deswegen ablehnen. Meine Nähe zu ihm vermag sie zu ängstigen, weil sie sie nicht begreifen. Auch wenn ich daran arbeite dagegen zu wirken, häufen sich die Dinge auf der unschönen Seite der Medaille und ich will nicht ausschließen, dass es auf Grund dessen möglicherweise zu Diffamierungen und Verleugnungen mir gegenüber kam.“

Unruhig tippelten die Daumen ihrer in den schoßgelegten Händen aufeinander.

„Ich ergründe in Platealonga seit einiger Zeit einen möglichen Ansatz, um etwas zu schaffen, was für die Gemeinschaft wahrlich von Nutzen wäre, weshalb ich dort öfter zu sehen war. Es wäre mir äußerst unrecht, so meine Anwesenheit im Sestieri für Unbehagen bei den Königen gesorgt hätte oder in Zukunft sorgen würde. Mir liegt es fern - versehentlich auf Grund eines Missverständnisses - zum Ziel einer Jagd zu werden. Seid versichert, ich achte und respektiere das Jagdgebiet der Wandler auf der Via Regalis. Sollte es deshalb zu Verdachtsmomenten gegen meine Person auf Grund meines regelmäßigen Aufenthalts in Platealonga kommen, so würde es mir zur Ehre gereichen, jetzt und auch in Zukunft dies ohne Aufwendung unnötiger Gewalt lösen zu können.“
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Schweigen war es auf das Seresas viele Worte zunächst trafen. Einige, möglicherweise die Saat des Zweifels säende Minuten lang. Dann nickte er und erläuterte zunächst folgenden Sachverhalt:

"Die hingerichteten Brujah waren Plünderer die die logischen Konsequenzen des Überfalls, ihrer kriegerischen Handlungen tragen. Dass eure spezielle Linie dem Clan der Könige als besonders verdorben gilt mag sein, mag auch sein dass dieser Clanszwist euch das Unleben hier erschwert... und doch dürft ihr bleiben und euch beweisen. An eurer Nähe zu dem werten Ajax ist nichts Falsches, doch rate ich euch haltet an eurer Freiheit fest und begebt euch nicht aus freien Stücken in Vasallität zu Mailand. Das würde ein falsches Zeichen sein was eure Anwesenheit hier betrifft, das würde euren Stand bei ihrer höchst verehrten Majestät erschweren."

Die Angelegenheit der unerlaubten Jagden in Platealonga ließ der Kastellan noch einen Augenblick länger im Raum stehen und sein meergrauer Blick senkte sich bleiern auf die junge Brujah.


"Sollte es zu ungerechtfertigten Verdachtsfällen kommen werde ich eure heutigen Worte im Besonderen achten. Was ihr abseits des Jagens im Hafen tut ist eure Sache und die der dort ebenfalls Ansässigen. Meine Interessen dort sind nicht besonders ausgeprägt. Abseits der Jagd natürlich, die wie ihr sagt den Anhängern der Via Regalis und ihrer Unterpfade vorbehalten ist."
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Das leichte Tippeln ihrer Daumen wollte sich nicht gänzlich unterbinden lassen. Seresa schien zwar zu versuchen einen ruhigen Eindruck zu wahren, doch war sie deutlich angespannter, als in den Treffen zuvor. Die Brujah wirkte unruhig und sie wusste woher diese Unruhe kam. Die Könige hatten sie mit ihrem Aushang gezwungen sich zu bewegen und Seresa schien sich selbst noch immer zu unsicher in diesem Spiel zu sein. Zu unerfahren und offensichtlich besorgt einen Fehler zu begehen. Das Schweigen Ilarios hatte es nicht einfacher gemacht für sie. Für einen Moment war sie versucht einige Worte nachzuschieben. Worte die neben dem bereits Gesagten ausgesprochen werden mussten. Doch sie zwang sich weiter zur Ruhe und zur Geduld. Sie war zum Zug gezwungen worden, aber noch hatte sie die Wahl, wie sie das Spiel tatsächlich spielen wollen würde und im Moment lautete die Antwort darauf: Bedacht und ruhig.

Bei Ilarios Worten über die Brujah öffneten sich Seresas Lippen leicht, wie zu einem stummen Protest. Sie hatte damit keine Kritik am Hof andeuten wollen, doch ließ sie den Schatten zu ende sprechen. Was er sagte verriet, dass er womöglich mehr wusste, doch ob er ihr mehr erzählen würde, war fraglich und so schlossen sich ihre Lippen wieder. Als Ilario davon sprach, dass sie bleiben und sich beweisen durfte, nickte sie nur kurz. Er hatte recht. Aurore hätte sie bei Hofe vor allen abweisen können, doch das hatte sie nicht getan. Es war eine Chance und so schwieg sie für die restliche Zeit, in welcher der Schatten sprach. Die Worte Ilarios hatten für den Moment dafür gesorgt, dass das Tippeln zumindest etwas ruhiger geworden war.

„Ich danke Euch.“

Sie verneigte ihr Haupt vor dem Lasombra, wobei sie ihre Augen schloss und die Verneigung hielt. Der bleierne Blick des Schattens schien sie in diese Unterwürfigkeit zu zwingen und doch schien sie sich nicht daran zu stören. Er zog sie nicht nach unten wie ein Stein, sondern war mehr ein Anker, welcher ihr Sicherheit und Halt zu geben schien. Dann öffnete sie ihre Augen und sah den Schatten erneut an. Die Nervosität der jungen Brujah schien sich langsam zu legen. Entsprechend ruhig klangen ihre Worte.

„Ich würde gerne mit Euch bezüglich des Hafens noch einige Worte sprechen. Erlaubt mir jedoch bitte zuerst, die anderen Punkte abzuschließen, welche aufgeworfen wurden.“

Seresa wartete für einen kurzen Moment, ob dies für den Kastellan in Ordnung wäre, bevor sie schließlich fortfuhr.

„Ihre höchst verehrte Majestät Totila ist ohne jedweden Zweifel ein Prinz mit immenser Weisheit, Weitsicht und Führungsstärke. Ihm als Vasall zu dienen ist eine Ehre.“

Seresa pausierte, während sie dem Lasombra in die meergrauen Augen blickte. Ihre Stimme wirkte ernst und sie schien die Worte, welche sie gesprochen hatte so zu meinen, wie sie sie sagte. Sie hatte Totila bei Hofe erlebt und es war niemand, dem man einfach ablehnte.

„Dennoch möchte ich Euch daran erinnern, dass wir uns vor sechs Jahren - als wir uns das erste Mal in Kreuzdorf begegneten und kennenlernten - über das Vasallentum unterhalten hatten. Ich sagte Euch damals, dass ein Vasall zu sein immer Verpflichtungen beinhaltet und gerade in Nächten wie diesen, es nicht immer nur ein Segen ist. Ich bin mir dessen noch immer wohl bewusst. Seid deshalb versichert, wohlwerter Kastellan, ich bin kein Vasall Mailands und gedenke auch nicht ein solcher zu werden. Trotz der Lehntreue meiner Geschwister im Blute.“

Die Brujah war noch immer der festen Überzeugung, dass auch Ajax Schwur an Mailand kein freiwilliger war. Doch selbst wenn sie weiterhin zu Ajax stand, bedeutete es nicht, dass es für sie einen Grund gab, sich ebenfalls in dieselbe Abhängigkeit zu gegeben wie er.

„Doch wird es mir auch nicht vergönnt sein eines nachts Vasall Genuas zu werden. Dagegen spricht zu vieles. Dennoch werde ich mein Möglichstes tun, mich in die Gesellschaft einzufügen und aus ihr heraus Genua dienlich zu sein. Dies mag bedeuten, dass ich nie ein Amt innehaben werde. Dies mag bedeuten, dass ich immer von manchen Dingen ausgeschlossen werde. Dies mag bedeuten, dass ich nie anderweitige Vorzüge genießen werde.“

Seresa schwieg für einen kurzen Moment, bevor ihr Blick sich auf das Schachbrett senkte. Sie schüttelte leicht den Kopf, bevor sie wieder zu Ilario blickte.

„Doch ich beklage mich nicht darüber. Es ist der Preis, welchen ich zu zahlen habe, überhaupt hier sein zu dürfen und ich zahle ihn wahrlich gerne. Mir ist Gnade erwiesen worden und ich bin dankbar hier sein zu dürfen.“

Die Gelehrte nickte dem Kastellan ihrer Majestät leicht zu, bevor sie ihren Kopf leicht schräg neigte und die Augen schloss. Seresa schwieg für einen kurzen Moment, bevor sie tief Luft in ihre toten Lungen sog, die Augen öffnete und den Schatten anblickte.

„Was meine hingerichteten Brüder im Blute betrifft…“

Ihr Körper schien sich in diesem Moment instinktiv anzuspannen. Auch der Clan der Schatten hatte herbe Verluste zu bedauern. Ebenso der Clan des Tiers.

„Ihr sagtet, sie waren Plünderer und ich bin gewillt Euch zu glauben. Auch, dass es sich bei den Hinrichtungen nicht um reine Willkür ihrer höchst verehrten Majestät gegen meinen Clan handelte. Doch sagt mir, wohlwerter Ilario, - so es Euch möglich ist darüber zu sprechen - weshalb trug nur einer meiner verurteilten Geschwister einen arabischen Namen, während zwei von ihnen einen nordischen trugen?“

Ihre Stimme klang vorwurfsfrei. Es schien eine Tatsache zu sein, welche ihr aufgefallen war. Etwas was sie verwirrt hatte und noch immer verwirrte. Und da Ilario dieses Thema angesprochen hatte, hatte sie keinen Grund ihn nicht danach zu fragen. Auch wenn sie bezweifelte, dass der Kastellan ihr tatsächlich etwas darüber zu erzählen würde. Nicht weil er womöglich nichts darüber wusste, sondern vermutlich, weil er nichts darüber erzählen durfte, wenn er es wusste. Loyalitäten waren ein schwieriges Thema.
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Re: [1009] Gehet hin in Frieden [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Der bleierne Blick senkte sich nicht, noch verlor er an Intensität. Dann begann ein feines, wissendes Lächeln des Kastellans Lippen zu zeichnen. Wissen war sein Metier und in den meisten Fällen würde er es nicht umsonst teilen, doch Seresas Fragen waren zum Teil gerechtfertigt und er wusste auch über sie ein Detail von dem sie wohl glaubte es sei ihm unbekannt.

"Wegen des Hafens... meinetwegen gern später."

Ihre Lobesworte über den mailändischen Prinzen ließen Ilario nicken und dabei schief lächeln. Totila war all dies ohne Zweifel, wie jeder Ahn im Clan der Schatten und doch hallten Galbas Worte dabei durch seinen Geist.

"Niemals Vasallin Genuas oder Mailands werden... stolze Worte, kluge Worte. Doch im Angesicht der Ewigkeit ist nichts völlig ausgeschlossen. Und ist das Vasallentum nicht Etwas das euch, nun in neuem Lichte betrachtet, als etwas höchst erstrebenswertes erscheinen sollte?"

Um die meergrauen Augen bildeten sich kleine, selten sichtbare Lachfältchen. Der Blick verlor an bleierner Schwere und wurde... freundlicher. Dann räusperte Ilario sich und sprach ohne größere Gemütsregung über die hingerichteten Brujah.


"Diese Nordleute, und auch der andere Brujah, wurden verhört. Sie selbst zählten sich der Domäne Catania zugehörig. Sizilianer. Ihr wundert euch ebenso wie ich es tat über die nordischen Namen, doch in ganz Italien und in den Frankenlanden kursieren Gerüchte, dass sterbliche wie kainitische Bewohner der Nordlande ihre Heimat verlassen. Irgendetwas muss dort vorgefallen sein."
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