[1009] Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

[Juni '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Ilario
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[1009] Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Ende des Jahres 1009. Obwohl die Nacht noch jung war hatte sich tiefe Nacht über Mascharana gelegt und feiner Nieselregen tauchte auch die Villa des Konsuls in kalte, feuchte Dunkelheit. Toma und eventuelle Bedienstete waren empfangen worden und in aller Stille weiter in die inneren Gemächer geführt worden. Dort hatte man anscheinend im großen Saal Platz geschaffen. Das Modell erwartete den Künstler.

Ilario war ziemlich aufgeregt gewesen und hoffte, dass alles gut gehen würde. Als Toma eintraf hatte er diesen respektvoll gegrüßt und ihn persönlich und in aller gebührenden Form mit seinem Gast bekannt gemacht. Dann wartete er, während Toma vermutlich mit den Vorbereitungen beginnen würde. Da das Modell ihnen durchaus Konversation untereinander erlaubt hatte, sich selbst aber in Schweigen hüllte... bemühte Ilario ein altes, wenn auch interessantes Thema zum Zweck der leichten Unterhaltung.


"Sagt werter Toma, ihr stammt von weit her und müsst dementsprechend weit gereist sein. Welche Länder, welche Städte habt ihr gesehen? Ich erhalte zwar immer wieder Berichte der Botschafter, doch keiner davon hat bespielsweise die Lande nördlich der Alpen bereist. Zumindest nicht in den letzten Jahren. Wie ist es dort?"

Auch wenn das Thema vermutlich unverfänglich war und wenig Fallstricke bot, war Ilario dennoch angespannt. Zwar versuchte er es sich nicht anmerken zu lassen, aber wer würde schon zwanglos plaudern können unter solch alten Augen?
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Immer näher war die Nacht gerückt. Bereits Wochen zuvor hatte Ilario ihn über das Eintreffen des Gastes und auch um wen es sich handelte informiert. Es machte Tomas Anspannung nicht schlimmer, aber auch nicht besser.
Er musste gut sein. Seine Arbeit musste herausragend sein. Zumindest besser als sein Mittelmaß und selbst da hatte er die Latte bereits relativ hoch angesetzt.

Und es waren nicht nur diese Sorgen die ihn plagten. Es war auch das stetige Wissen selbst nichts besonderes mehr zu sein. Er war immer seine schönste und beste Kunst gewesen. Nun war er nichts mehr. Sicherlich war ein solches menschliches Antlitz aus dem zu formen was er vorher war, durchaus bemerkenswert, doch nicht genug in seinen Augen. Es würde nie gut genug sein.

So hatte er auch diesmal zum ersten Mal das Problem nicht zu wissen was er anziehen sollte.
Früher war es sein Körper gewesen den er zur Schau gestellt hatte. Kleidung nur unnötige Verhüllung die bei gesellschaftlichen Anlässen aber irgendwie erwartet wurde. Und nun hatte er nichts mehr, womit er glänzen könnte. Sein Körper war entsetzlich gewöhnlich und nicht wert präsentiert zu werden. Natürlich war er auch nicht dort um sich zu zeigen, sondern um zu arbeiten, aber dennoch…jede Veranstaltung war gleichzeitig eine Bühne wo man von jedem gesehen wurde. Er hatte nichts besonderes an Kleidung. Es war alles schlichter Schund. Bewusst gewählt um nicht von ihm selbst abzulenken, aber nun…nun blieb nur das.

Martha hatte mehrere Nächte gebraucht Tomas Gemüt wieder aufzuheitern und ihn davon zu überzeugen, dass er trotz allem schön war und ein herausragender Künstler und nur auf das letzte würde es nun ankommen. Darauf musste er sich konzentrieren. Und seine Kleidung würde bei der Arbeit ohnehin dreckig werden. Es war nur sinnvoll nichts teures oder wertvolles zu tragen.

In einer Nacht waren sie sogar im Elysium gewesen um seine bisherigen Arbeiten noch einmal kritisch zu betrachten aber auch um zu sehen, dass er sich nicht verstecken musste und jegliche Sorgen unsinnig waren.

Nun war es soweit, die Nacht war da und dass er durch seine Taten glänzen musste, denn nur das würde bleiben. Alles andere war nicht wichtig.
Toma trug nun tatsächlich einfache männliche Kleidung. Nichts was ihn schmückte und wirkte dadurch wie ein gewöhnlicher Handwerker. Wenn nicht sein durchaus ansehnliches Gesicht, die makellose Haut und das lange seidige Haar gewesen wären.

Den Marmor hatte Toma bereits vorher zu Ilario liefern lassen.
Nur Martha begleitete ihn in dieser Nacht und so schienen sie sogar wie ein junges hübsches Pärchen, wie sie da die Straßen entlang gingen. Was Martha besonders gefiel. Als würde sie mit ihrem Ehemann zu einem noblen Dinner gehen. Auch wenn ihre Familie von Adel war, so hatte sie doch von solchem Reichtum nie etwas mitbekommen. So bewunderte sie unter Neid die herrschaftlichen Villen im nächtlichen Mascharana.

Bei Ilario eingetroffen, hatte Toma seinen Gastgeber und auch den eigentlichen Hauptgast entsprechend begrüßt und sich diesem vorgestellt. Martha zeigte formvollendetes demütiges Verhalten im Angesicht der Vampire und schwieg den Rest des Abends. Allein um Toma Werkzeug zu reichen bewegte sie sich manchmal neben ihm.

Eben wie bei allen anderen Statuen die er gefertigt hatte bat er den Gast sich zu positionieren und betrachtete diesen von allen Seiten.
Erst als er zu diesen geübten routinierten Schritten überging, entspannte er sich etwas.
Doch ließ seine Aufmerksamkeit und Konzentration nicht wanken. Das Blut in seinem Körper machte seine Bewegungen leichter und geschickter.

Ilarios Versuch ein leichtes Gespräch zu führen, war ihm nicht sofort recht, doch er war sein Gastgeber und so ging er darauf ein.

„Es ist...anders... bedeutend andere Landschaft....“ Er musste überlegen. „Die Alpen haben wundervolle Gesteinsvorkommen, auch Schmucksteine.“ erklärte er und schien ganz begeistert von diesem Punkt.
„Es ist kälter wohl, es gibt Schnee. Ja etwas das hier selten vorkommt. So viel, dass es das Laufen schon erschwert. In den Bergen ist es natürlich noch mehr.
Die Städte unterscheiden sich nicht groß zu diesen hier. Die Häuser sehen mitunter anders aus, andere Bauweisen...doch auch nur je weiter man sich von hier entfernt. Dann werden die Städte auch rarer. Ich bin vom Osten hergekommen. Die Lande wirklich nördlich der Alpen kenne ich auch nicht alle. Ich verließ meine Heimatdomäne Satu Mare nach Westen, durchstreifte die ungarischen Lande nach Buda-Pest und weiter nach Salzburg und schließlich hierher. Das waren zumindest die Stationen wo ich mich länger aufhielt.“

Toma war kein guter Geschichtenerzähler. Er wusste nicht was es über die Lande oder Städte groß zu erzählen gab. So wie immer hatte er sich ja mehr mit sich selbst beschäftigt.

Im Nachinein fragte er sich ob sie darüber schon einmal gesprochen hatten. War dieses Gespräch also nur für den Gast? Oder damit kein Schweigen herrschte?
Kritisch beäugte Toma den Gast, aber natürich nur um ihn möglichst genau abbilden zu können.

Die ersten Schläge hallten durch den Raum und Marmorstaub rieselte auf den Boden.
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Ilario
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Tomas Worten lauschend, lag der Fokus Ilarios doch eindeutig auf dem Gast, bereit jederzeit das Thema zu wechseln sollte dieses das Missfallen des Ahnen erregen. Vor allem aber hoffte der Kastellan auf das handwerkliche Geschick des Drachen, auch wenn seine Zweifel gering waren, ein Missgeschick war nie auszuschließen. Schließlich griff er den Gesprächsfaden auf und sprach mit leiser, ruhiger Stimme.

"Ferne Lande... mir war es bisher nicht vergönnt weit zu reisen. Eigentlich nur von Venedig hierher nach Genua, doch würde ich gern einmal die Städte Norditaliens bereisen. Mailand, Pisa, Turin... scheinen mir allesamt einen Besuch wert, doch meine Pflichten hier werden wohl kaum längere Reisen zulassen. Obwohl ich auch eine Reise gen Süden erwäge nach Gallipoli, doch der Süden birgt viele Gefahren. Mehr noch als das Reisen an sich..."

Der Prinz wüsste wohl genau wovon Ilario sprach und auch Toma wüsste wohl, dass Siziliens Macht so nah am südlichen Ende der italienischen Halbinsel erschreckend sein musste. Dann verlagerte sich Ilarios Blick auf die Hammerschläge des Drachen und die herabfallenden Gesteinssplitter.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma war nicht wirklich vertraut mit der Politik und speziell schon nicht mit der Außenpolitik Italiens, aber selbst ihm war bewusst dass diese Städte hohe Bedeutungen hatten und ja auch welche Gefaren der Süden barg. Nun wusste er nicht wirklich was er darauf antworten sollte... so versuchte er es unverfänglicher zu lassen.

"Eine Reise ist immer gefährlich, ja und anstrengend, auch wenn es stets zu neuen Eindrücken führt...neuen Möglichkeiten. Natürlich je nachdem welche Ziele man verfolgt." Da warf er einen Blick zu Ilario hinüber. "Doch ihr solltet das sicher einmal tun. Reisen erweitert die Sicht auf Dinge."
Seine Worte waren langsam und bedächtig gesprochen, da er sich immer noch auf die Statue konzentrierten wollte und da wirklich keinen Fehler begehen durfte.
Dieses Gespräch war seltsam und irritierte ihn mehr als er wollte. Zu viel worauf er sich auch noch konzentrieren musste, denn was man vor einem Ahnen sagte, sollte immer wohl überlegt sein.

Nach und nach viel mehr Gestein dem Meißel zum Opfer und bröselte auf den Boden, zeichnete einen Kreis aus weissem Staub und Seinchen um den Block herum. Grob konnte man bereits die Figur des Gastes erahnen. Kopf, Schultern und ein breiterer Auslauf zum Boden, durch die Gewänder des Prinzen.
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Ilario
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Abermals, wie damals bei der eigenen, sah Ilario wie Toma in meisterhafter Weise dem gestein Form gab. Oder vielmehr diese aus dem Marmor befreite. Kurzzeitig blieb der Kastellan davon abgelenkt, dann fand er zurück zum Thema Reisen.

"Ich werde in den nächsten Dekaden ganz sicher die eine oder andere Reise wagen. Wenn möglich per Schiff, auch wenn dies kostspieliger sein mag und seine eigenen Risiken birgt. Doch vermutlich wird sich auch die Überlandreise nicht vermeiden lassen..."


Nachdenklich blickte Ilario zu dem modellstehenden Ahnen. Dieser hatte Dinge losgetreten die er angehen musste, es blieb eigentlich keine Wahl. Und so scheute er sich ncht nach Tomas Erfahrungen zu fragen.

"Sagt werter Toma, auf welche Art reist es sich am besten über längere Strecken zu Lande? Habt ihr irgendwelche Tipps und Tricks wie man eine solche Reise angenehmer und sicherer machen kann?"
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma lachte amüsiert bei Ilarios Frage, dann legte er den größeren Meisel zur Seite um einen schmaleren zu nehmen und sah in dieser Zeit kurz zu dem Lasombra.
"Eine Reise ist niemals angenehm. Außer ihr habt das nötige Vermögen in einer großen gesicherten Gruppe zu reißen und die Möglichkeit und Zeit öfter irgendwo unterzukommen. Das angenehmste was ich erfahren habe, war das einfache Transportierenlassen in einer Kiste. Natürlich birgt auch dies immer noch Gefahren, dass der Wagen unterwegs überfallen wird in etwa. Kurzzeitig sollte man sich dann Söldner anwerben. Wem all das fehlt...dem bleibt nur allein zu reisen oder mit wenigen Dienern und sich jeden Tag in die Erde zu graben." Toma wusste scheinbar von was er sprach und musste auch das schön öfter getan haben. "Man kommt dann deutlich langsamer vorran, aber fällt auch weniger auf."

"Ich schätze jedoch, dass ihr sicher in der Lage sein werdet es euch zu komfortabel wie möglich zu machen auf der Reise und nicht auf diese Art zu reisen zugreifen müsst."

Während der Tzimisce gesprochen hatte, hatte er sich dem Bildnis wieder zugewandt und bereits mit schnellen aber geschickten Schlägen begonnen die Oberfläche geradezu abzuschaben. In kleinen Schlägen brach immer mehr von dem weissen Marmor in einem Rinnsaal von der Statue ab und brachte doch immer mehr hervor. Seine Konzentration lag nun ganz auf dieser feineren Arbeit und sein Blut pulsierte durch seine Adern, als es seine Hände und Arme dazu brachte die Schläge mit noch mehr Feingefühl zu führen.

Toma und Ilario würden sicher noch eine Weile sich unterhalten, während der Tzimisce jedoch immer länger brauchte bis er antwortete, bis er die Konzentration so weit lösen konnte, dass er den Worten Ilarios überhaupt folgen konnte. Als es an die wirklich feinen Details ging, schien Toma gar nicht mehr wirklich ansprechbar oder ignorierte den Kastellan vielleicht auch einfach.

Durchdringend und jedes kleine Detail genau bemessend wanderte sein Blick über sein Modell und schien wohl schon vergessen zu haben, dass dieses ein alter Ahn war. Doch er tat wofür er hier war und dies so gut er vermochte.

Nach und nach bildete sich tatsächlich der Prinz, der da vor ihnen stand und der die ganze Zeit nie ein Wort gesprochen hatte, heraus und wenn Ilario sich noch erinnern konnte, wie grob der Block die Stunden zu vor ausgesehen hatte, so war der Fortschritt erstaunlich.

Ilario also auch Toma wussten, dass er durchaus noch beeindruckender Werke geschaffen hatte, wie die Statue von Acacia, doch in Anbetracht der Umstände und dem Fehlen eines Entwurfes war es eine Statue, die kaum ein Mensch hätte so schaffen können und von wahrem meisterhaften Können sprach.


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Toma (Sam) - 27.06.2018
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Il Canzoniere
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Schweigend, als sei er selbst eine Statue, hatte er dagestanden. Den Blick leicht erhoben, die edlen Gewänder seinen Körper umschmeichelnd wie eine vortrefflich gewählte Dekoration, aber mehr auch nicht. Sie konnte nicht von der Präsenz, der schweigenden Aura der Kreatur ablenken welche doch so menschlich wirkte.
Ohne zu blinzeln, zu schnauben oder auch nur einmal das Gewicht auf dem Standbein zu verlagern hatte er dagestanden und an ihnen vorbei an den hinteren Teil der Decke geblickt.
Ob er ihnen aufmerksam zuhörte oder in Gedanken versunken war, ließ sich beim besten Willen nicht sagen. Erst als Toma nach Stunden der Arbeit in einem wahnwitzigen Tempo dieses Juwel aus dem Stein geschält hatte und ein Zeichen gab, rührte sich der Prinz. Als habe er lediglich kurz innegehalten, glitt er hinüber zu den Beiden, ließ Ilario rechts und Toma links liegen und beäugte mit messendem Blick den präzise geformten Stein des untoten Steinmetzes. Zweimal umrundete er sie, kam im Gesicht gar so nahe das die echte und die nachgebildete Nase aneinander stoßen mussten, dann lehnte er sich zurück und nickte.

"Wirklich gut getroffen, werter Toma." langsam hob er die Hand, ließ sie über die eigene steinerne Wange gleiten. "Es ist wirklich lange her das ich so etwas gesehen habe." die Finger glitten an den steinernen Hals, wo sich eine Reihe alter Narben abzeichneten die Toma exakt so wiedergegeben hatte wie sie sich auch in echt darstellten. Langsam senkte sich der Blick des Alten darauf. Als ob er völlig vergessen habe das diese dort waren. Oder zumindest wie sie aussahen. Einen Moment stockte er, dann glomm kalte Wut in seinen Augen auf. Nur einen kurzen Moment, aber lange genug das sie beide bemerkten das etwas nicht stimmte. Vielleicht war der Mann auch nicht diese bestechende Ehrlichkeit Tomas gewohnt. Der ihn so darstellte wie andere ihn sahen. Nicht wie er sich selbst sah. Keine schmeichelnden Weglassungen. Keine vorteilhaften Hervorhebungen oder gewinnende Herbeidichtungen.
Und plötzlich erschienen auch seine lobenden Worte in einer viel düsteren Deutungsmöglichkeit. War Tomas schonungslose Ehrlichkeit vielleicht...dreist? Welchem Herrscher ging es schon um Ehrlichkeit? Wer wollte schon das, statt der Idee für die man stand, die Narben die man trug solch eine prägnante Aufmerksamkeit erfuhren? Kurz blickte er zu Ilario hinüber, in dessen Gesicht lesend ob dies ein Scherz sei, dann verschränkte er die Arme auf dem Rücken. Blickte zu Toma hinüber. "In Anbetracht eurer Fähigkeiten sollte es euch ein leichtes sein jene Narben verschwinden zu lassen... oder?" ohne eine dazugehörige Geste ließ er offen was genau er damit meinte.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Selbst sehr zufrieden mit seiner Arbeit, war Toma zur Seite getreten, hatte sich kurz verbeugt und dann den Ahn gespannt dabei beobachtet, wie dieser sein Werk betrachtete. Sich selbst betrachtete und Toma kam dabei nicht einmal der Gedanke, dass er etwas falsch gemacht haben könnte, dass ein Ahn und Prinz etwas anderes erwartet haben könnte. Er sollte ihn abbilden, er hatte ihn abgebildet und das so passend und perfekt wie es ihm möglich war.

Die Erwartung darauf, was die Meinung des Alten sein würde, verursachte ein angespanntes Gefühl in ihm. Ein Druck in seiner Brust, das aber auch nur sein Tier sein könnte, das ebenso unruhig war wie er und dazu nun noch hungrig. Er hatte so viel Mühe, Kraft und Willen hineingesteckt, alles gegeben, was er vermochte und spürte dies nun auch.

Für einen Moment fühlte er kurz Erleichterung und Stolz, als er „gut getroffen“ hörte, doch als die Wut des Ahnen spürbar wurde, kehrte das vorige Gefühl zurück.
Dazu kamen Zweifel. Was war das Problem? War es ironisch gemeint gewesen? Gefiel es ihm also doch nicht?

Doch dann…Die Narben? Das Problem waren die Narben?
Irritiert blickte Toma von dem Ahn zu seiner Statue, wieder zu dem Ahn und auf dessen Hals. Sie störten ihn also? Es störte ihn, dass er sie zeigte? Er hätte sie lieber versteckt? Sie vielleicht gar nicht erst? Toma wusste nicht was der Ahn nun genau gemeint hatte, aber es kam ihm einfach unweigerlich in den Sinn. Ja er konnte Narben verschwinden lassen. Womöglich auch diese…
Aber wie lange musste er sie schon tragen, wo er doch so viel älter war? Warum störte ihn dies jetzt? Oder war es wie bei Amalia? Dafür sahen sie aber zu alt aus.

Er brauchte einen Moment Worte zu finden, dann neigte er kurz den Kopf.
„Verzeiht, wenn mein Werk nicht euren Wünschen entspricht. Ich kann die Narben verschwinden lassen…“ Sein Blick schweifte von den künstlichen Narben zu den echten. „Jede Narbe…“
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Il Canzoniere
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis endlich wieder eine Antwort kam. Anderswo waren Monate in dieser Zeit vergangen, sollte man meinen.
Der reglose, schwere Blick des Besuchers lag auf der Statue, den Narben. Langsam strich er mit den Fingern darüber... dann nickte er.

"Gut. Ich erlaube euch erst diese Narben hier...." sein Finger stupste die Statue leicht an, bedrohlich begann sie zu kippeln, "...zu entfernen." Dann wandte er sich direkt an den Tzimisce, ließ den Blick dabei einmal warnend zu Ilario hinüberhuschen, bevor er mit dem Zeigefinger auf seinen Hals deutete. "Und dann diese." einen Moment schwebte nicht nur die Hand des Prinzen zwischen ihnen in der Luft sondern noch viel unausgesprochenes. Dann zog sich seine Präsenz ein wenig zurück. Als hätte er einen Schritt nach hinten gemacht ohne sich wirklich bewegt zu haben.

"Wenn das erledigt ist, halten wir uns nicht länger damit auf." eine Möglichkeit der Nachbesserung bei unzufriedener Lieferung. Wenn das ungewöhnliches Konzept war. Ob das sich durchsetzen würde?

Nun wrklich einige entfernende Schritte machend, wandte der Gast den beiden den Rücken zu und schritt zu den Steinsplittern hinüber die im Laufe Tomas Arbeit neben der Statue und auch etwas weiter davon im Raum verteilt wurden. Beobachtete sie aufmerksam. Obwohl Ilario schien als ob nicht die Splitter selbst das Ziel der Beobachtung seien. In der Hocke sitzend huschten die alten Augen über den steinübersähten Fußboden, nahmen Gravuren und Zeichnungen auf. Tasteten Formen und Unschärfen aus.
Ein ziehender Blick glitt zu Ilario hinüber, während Toma ein recht ordentlicher Blick auf seinen Hals gewährt wurde. Sollte der Kastellan dem Aufruf folge leisten, käme ein Nicken zu den Splittern hinüber. Und eine unausgesprochene Frage: Was siehst du?
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Ilario
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Re: Der marmorne Fürst [Toma, Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Als Ilario des warnenden Blickes gewahr wurde, neigte er sacht das Haupt. Bestätigte, dass er wachsam bliebe und den Drachen im Auge behielte. Die beeindruckende, raumfüllende Präsenz des Ahnen erfüllte sein Herz mit Ehrfurcht. Macht war einer der Stützpfeiler der Via Regalis, integraler Bestandteil seines Weltbildes und hier nicht von der Hand zu weisen. Unmöglich zu ignorieren, mehr noch als das mühelose Bewegen der schweren Statue. Dementsprechend kam Ilario der wortlosen Aufforderung des Prinzen umgehend nach, ging hinüber zu den Gesteinssplittern, begab sich ebenfalls in die Hocke. Was sah er dort? Splitter? Schatten? Was noch? Nachdem er einen Moment lang alles betrachtet hatte, schloss Ilario die Augen und konzentrierte sich. Als er sie wieder öffnete war die Farbe wogender See aus ihnen verschwunden, ebenso wie das Weiß. Da war nur schwärzeste Finsternis. Erneut betrachtete er, mit dem Blick eines Scholaren des Abgrunds, das was war…

Pierce the Veil: heute um 10:38 Uhr
@Ilario(Martin): 4d10 = (7+8+8+8) = 31
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