[1009] Medea [Alain]

[Juni '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Sousanna
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[1009] Medea [Alain]

Beitrag von Sousanna »

Hastige Schrift hatte sich an einen Bruder im Geiste gewandt und ihn zu einem Gespräch gebeten. Dringend sei es. Es gäbe einiges zu bereden, hieß es.
Und in jener Nacht, da sie um das Treffen gebeten hatte, wanderte Sousanna bereits an einer Wiese außerhalb der Stadt auf und ab. Ein seltsamer Treffpunkt, wenn man die sonstigen Gewohnheiten und Vorlieben der Schönen kannte. Und ein noch seltsamerer, wenn man ihr gramerfülltes Gesicht bedachte. Die bunten Farben hatte sie abgelegt und ihren Leib umschmeichelte nun strenger, schwarzer Stoff, während ihre Lippen sich zu feinen weißen Strichen geformt hatten.

Wer die lachende Schönheit voller Sonnenschein sonst kannte, der würde erahnen, dass sich Zeiten geändert hatte, dass Dinge geschehen waren. Dinge, die selbst einer Sünderin der Freude, tiefen Ernst abverlangten.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
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Alain le Beau
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain starrt lange auf das Schriftstück in seiner Hand. Seine Stirn ist gerunzelt, sein Mund zu einer dünnen Linie verzogen. Langsam fährt seine spitze Zunge über die Lippen. Die Falten vertiefen sich. Er schüttelt den Kopf. "Ich sollte wirklich lesen lernen... Ah, morgen vielleicht." Dann wendet er sich dem nächsten Elysiumsdiener zu, um sich das Schriftstück vortragen zu lassen.

"Sie muss es wirklich nötig haben", murmelt der Tzimisce einige Zeit später, als er durch die dunkle Nacht stapft. "Ich hoffe nur, dass keine Kühe involviert sind." Er schaudert, wie von einer unschönen Erinnerung geplagt.

Erst als er Sousanna erblickt hat, wird Alain ernster. Er sieht sich um, signalisiert zwei Gestalten, die ihn mit etwas Abstand begleiten, zurückzubleiben. Dann tritt er an die Ravnos heran und begutachtet sie im wenigen Licht, dass die Gestirne bieten.

"Nun..." seufzt er. "...soviel zu einer Nacht voller Vergnügungen. Was ist geschehen?"
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Sousanna
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Sousanna »

Die ersten Geräusche hatten sie sich umwenden lassen und tiefe Sorge sprach auch aus ihrem Blick. Sousannas Ausdruck besaß in diesen Augenblicken die Härte einer Kriegswitwe, der der Wahn anderer zu viel abverlangt hatte, um noch ein sanftes Wesen zu sein.
Sacht wehte ihr Haar im Wind, doch Sousanna machte sich nicht die Mühe, es zu richten. In diesen Augenblicken schien keine Zeit mehr zu sein, für Schönheit.
"Sie haben zugeschlagen.", verkündete sie in ernster Zusammenhangslosigkeit. Aus den Worten der lebhaften Ravnos drang Grabesschwere. "Die Lügner über eine Erlösung für die Kinder der Nacht haben sich entschieden, die Sünder zu bestrafen. Sie werden einen Krieg beginnen. Ich habe dich gerufen, dich zu warnen."
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Alain le Beau
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

"Sie?" Der Tzimisce sieht sich misstrauisch um, so als würden 'Sie' bereits hinter ihm lauern. "Wen meinst du? Jeder Narr und sein Nachbar versprechen Erlösung." Er legt den Kopf schief. "Und woher hast du diese Information? Ich wüsste nicht, wer mir feindselig gesinnt sein sollte. Außer vielleicht Amalia. Oder Angelique." Er hüstelt. "Aber ich denke kaum, dass der Blutvogt einen solchen Krieg zulassen würde, oder?"
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Sousanna
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Sousanna »

Ihr Lachen war kalt und sprach von seltsam harter Bitterkeit.
"Ich fürchte weder Amalia noch Angelique.", erwiderte Sousanna und schüttelte den Kopf. "Aber der wirre Prediger, dieser Ferrucio - Er hat sogar den Blutvogt hinters Licht geführt und besiegt... Vor nicht allzu vielen Jahren."
Ihre Stimme wurde zu einem leisen Wispern. "Alain, er wird versuchen, jeden von uns Brüdern und Schwestern der Sünde auszuräuchern. Es ist nicht die Frage, was ich getan habe. Und es wird nicht die Frage sein, was tu getan hast. Fakt ist, dass wir für ihn Gesindel sind, das es zu bekehren oder zu vernichten gilt." War da Wut in ihren Worten? In jedem Fall loderten wilde Feuer in den großen Augen. "Diese Information habe ich von den Leichen meiner Leute."
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Alain le Beau
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

"Ferrucio? Ferrucio..." Alain reibt sich das Kinn. "Warte, der Name sagt mir etwas. Ist er nicht der Grund, warum ich nicht in einigen der Dörfern jagen darf? Das macht es alles nicht gerade einfacher." Der Tzimisce wirkt irritiert. "Und jetzt will er uns vernichten, einfach so? Das erscheint mir recht willkürlich. Aber wenn er den Blutvogt besiegt hat, dann muss er ein Kainit von einiger Macht sein." Offenbar wird ihm die Bedeutung seiner Worte erst beim Sprechen klar, denn nun wirkt er deutlich ernster.

"Wenn dem so ist..." und offenbar schließt er die Möglichkeit nicht aus, dass dem nicht so ist "...dann, nun, was ist dann dein Plan?"
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Sousanna
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Sousanna »

Sie nickte. "Er ist der größte unserer Feinde hier in der Stadt.", berichtete die Ravnos. "Vor einiger Zeit wurde versucht, ihn zu vertreiben. Und viele Kinder der Nacht sind gegen ihn gezogen... Er ist entkommen, durch die Unfähigkeit eines Dummkopfes." Die letzten Worte schienen seltsam betont. Ungewöhnlich schwelender Hass lag in der warmen Stimme. Einer, der noch lange nicht befriedigt schien. "Seither ist er erstarkt zurückgekehrt."

Ernst hob Sousanna den Blick. Entschlossenheit stand darin. Eine Entschlossenheit, die man eher bei einem Heeresführer, denn bei einer schönen Dame hätte erwarten können. "Wenn er es ist, dann wird er in seinem blinden Hass früher oder später einen sehr dummen Fehler begehen.", erklärte sie - und der Tzimisce konnte erahnen, dass hätte sie welche gehabt, die Fänge der Sünderin bei diesen Worten hervorgetreten werden. "Je mehr die Stadt die Sünden schwelgt, desto eher wird er sich berufen fühlen, die Stille zu brechen ..."
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Alain le Beau
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

"Ja, ich hörte dass die Pfaffen von den Dächern schreien. Das alte Lied, Sünde, Sünde, Sünde. Dabei wäre Spaß, Spaß, Spaß doch so viel ehrlicher." Für einen Moment blickt er an Sousanna vorbei, in die Nacht, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. Dann wird er ernst. Schaut der Ravnos direkt in die Augen. "Wir warten also ab? Wie Hühner, um deren Stall der Fuchs schleicht? Das erscheint mir recht wenig. Gibt es denn keine Sünde, die er besonders verabscheut? Keine Schwachstelle, bei der man ihn greifen kann?"

Er reibt sich das Kinn. "Und wer war dieser 'Dummkopf'?"
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Sousanna
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna schnaubte. "Sie sollten von Heuchelei sprechen...", stellt sie hart fest. "Das trifft das Problem dieser Stadt eher."

"Oh nein", raunt sie dann. Der Rachedurst in ihren Worten ist greifbar. Beinahe vermag das Gift in ihrer Stimme schon zu verätzen, was sich nur in ihrer Nähe befindet. "Nein, wir warten nicht. Wir triezen ihn. Sorgen dafür, dass er gar nicht weiß, wo er zuerst hinstechen soll. Solange bis er tollwütig um sich beißt und gejagt werden muss... Es ist nicht mehr lang, dann wird er untragbar werden."

Unmerklich trat sie näher zu ihrem Bruder auf den Pfaden durch die Nacht. "Ferrucio ist ein Mann der Kirche. Je mehr wir seine Leute verderben und peinigen, desto wütender wird er werden." Die Worte waren kaum mehr als ein Wispern in der Nacht. Ein Wispern voller Hass und Kälte. Eines, das der Lilith selbst hätte gehören können.

Dann verzog die Sünderin das Gesicht wütend. Ein abfälliges Fauchen kam über die schönen Lippen. "Ein Idiot, der mir sein Herz geschenkt hat, und jetzt zurecht in Mailand zur Torpor verurteilt ist. Er hatte ihn überwältigt und seinen Körper dann verloren..."
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Alain le Beau
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Re: [1009] Medea [Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain nickt. "Bedauerlich. Viele schöne Dinge können mit einem Körper angestellt werden..." Für einen Moment erinnert sein Blick die Ravnos an Toma, ihren Peiniger. Kalt. Unmenschlich. Jemand, der in anderen nur Rohmaterialien für seine Zwecke sieht. Dann sieht er sie an und der Moment verfliegt. Sein Lächeln ist warm und mitfühlend. "Ich will mein Bestes geben", sagt er leise. "Die Gläubigen zu verführen ist für mich keine Mühsal, im Gegenteil. Es ist eine wahre Freude. Sag..." Er legt die Hand ans Kinn "...wie steht Ferrucio zu dieser Wahnsinnigen, Angelique?"
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