[1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

[Juni '18]
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Er hatte also eine Gelehrte vor sich. Das begeisterte ihn. Jemand belesenen zu sprechen, war um einiges erquickender, als wenn da jemand sass, der Dumm wie Stroh war. Aber so hatte er sie sowieso nicht eingeschätzt, da sie sehr nachdenklich wirkte und ihre Worte durchaus auf interessante Art wählte.
Als er sie darauf ansprach, glitzerten förmlich seine Augen vor Begeisterung.

"Das klingt wunderbar. Könnt ihr diese Sprachen auch lehren, oder nur anwenden? Ich bin zuversichtlich, dass ihr auch altgriechisch meistern werdet. Vielleicht indem ihr einige Schriften dazu finden könnt? Einen alten Griechen ausgraben, wäre auch eine Option, aber ich denke, das dürfte sich als noch schwieriger herausstellen. Vor allem sind Tote nicht besonders erfreut darüber, dass man sie im Schlaf gestört hat und reden dementsprechend auch nicht viel."

Er wunderte sich leicht selbst, warum er plötzlich so seltsame Scherze machte. Die Situation mit dem Krebs hatte wohl dazu geführt, dass er derzeit einfach nicht so steif sein konnte, wie es vielleicht die Gesellschaft von ihm verlangen würde. Komischerweise hatte er gerade auch keine Angst vor dieserPerson, denn bisher war alles recht freundlich gelaufen und sie hatte ihm geholfen. Ein anderer hätte womöglich schon für die Entfernung des Krebses einen Gefallen eingefordert.

"Ich habe mit meiner Schwester im Blute noch nicht viel Kontakt gehabt. Das muss ich demnach noch nachholen. Allerdings, so wie ihr es sagt, unterscheiden sich unsere Gebiete schon. Ich untersuche, was nach dem Tod kommt und was uns befähigt, wieder am Leben zu sein."

Er blickte sie etwas verwundert an, als sie meinte, dass Gott beide Seiten sehen würde, Gut und Böse. Er nickte dazu.

"Der Herr sieht alle Taten, ja und er sieht auch, welche Gründe zu ihnen führten. Gott kann viele Taten vergeben, die, die aus guten Gründen geschehen sind, umso mehr."

Betreffend der Befürworter lächelte er.
"Ich werde versuchen, noch andere Kainiten kennen zu lernen und wer weiss, vielleicht hilft es, meine Aufgabe gewissenhaft zu erfüllen, oder zumindest anzugehen. Sie ist ganz gut für mich geeignet und ich werde einen grossen Teil meiner Energie hinein stecken. Vielleicht wird gute Arbeit anerkannt, vielleicht nicht. Ich werde es sehen."
Etwas verwundert blickte er sie an.
"Einem euren Blutes ist es nicht gelungen, sich hier nieder zu lassen? Man hat sich gegen ihn ausgesprochen? Darf ich fragen, warum?"

Die Melancholie schien sie nun etwas ergriffen zu haben, denn sie wurde recht philosophisch oder zumindest sehr nachdenklich und Galeno blickte mit hinaus aufs Meer, wendete sich ihrem Blick aber zu, als dieser sich vom Meer wieder auf ihn gerichtet hatte.

"Wir müssen es nicht allen recht machen. Und das müssen manche auch verstehen. Ich fürchte, dass manchen etwas niemals vollkommen recht ist und sie immer etwas auszusetzen haben. Aber vollkommen darauf verzichten würde ich auch nicht. Das Notwendige da einsetzen, wo es das Leben sichert, das Passende da, wo man auch denkt, dass es nicht verschwendet ist. Die, die ihr mögt oder die ihr beeindrucken wollt, denen sollte man es recht machen. Die anderen...“

Seine Fingerspitzen kribbelten und er sah auf sie verwundert herab. Was war denn jetzt wieder los?
Dieses Mal, vielleicht wegen der Ruhe hier draussen, oder weil das Chaos einfach ein Arschloch war, kündigte sich sein Anfall etwas anders an, viel sachter, sodass er sich wundern musste und dann vollkommen davon überrollt wurde. Es dauerte einen Wimpernschlag, in dem er plötzlich das Bewusstsein verlor und nach hinten weg klappte. Jegliche geistige Kraft, die dem Körper Befehle gegeben hatte, wurde nun anderweitig benötigt und die Muskeln erhielten keine Befehle mehr.
Lediglich einige ungenaue Zuckungen, wie die eines Epileptikers schüttelten ihn ab und an durch. Die Augen waren dieses Mal vor Schreck geweitet und die Pupillen kleine Punkte geworden.

Im Geiste selbst war es dunkel geworden, tiefschwarz und grausig unheimlich. Das einzige, was Galeno wahr nahm, war das regelmässige Plitschen von etwas Flüssigem und die feine Note von Blut, die in der Luft lag. Doch das war sicher nur der Anfang.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte aufmerksam zugehört und bereits in ihrem Kopf entsprechende Antworten zurechtgelegt, bis ihr Gegenüber plötzlich schwieg… und nach hinten kippte.

Die Brujah war erschrocken aufgesprungen und blickte auf den Kappadozianer, der zuckend im Sand vor ihr lag. Was zum Teufel?! Ihre Fangzähne waren ausgefahren und ihr Blick ging ziellos - fast panisch - durch die Umgebung, begleitet von einem aggressiven Fauchen. Was war hier los?! Was war geschehen?! Was war das?!

Die Gelehrte fauchte den Kappadozianer wütend an, bevor sie sich wieder überfordert zurückzog. Was sollte das?! Was war das für ein Spiel, dass diese vermaledeiten Toten da mit ihr spielten?! Seresa blickte sich erneut um, doch da war nichts zu sehen. Nicht zu finden. Sie war alleine. Sie und der noch immer zuckende Galeno.

Seresas Hände formten sich zu Fäusten. Sie ging auf ihn zu, bevor sie sich wieder zurückzog und ihn anfauchte. Was war das?! Kainiten taten so etwas nicht! Die Hände der Gelehrten wanderten zu ihrem Kopf und sie blickte sich nach Genua um. Toma kam ihr in den Sinn, doch der Weg war weit und sie hatte keinen offiziellen Weg in die Stadt, um Galeno zu ihm zu bringen. Ihr Blick ging in die andere Richtung gegen Burgus. Benedetto?! Seresa fauchte und blickte in Richtung Osten. Verdammt! Nein! Nein! Nein! Ganz sicher nicht!

Die Gelehrte schüttelte wild den Kopf und trat von Galeno zurück. Sie würde ihn nicht zu Titus bringen! Nein! Nein! Und nochmal Nein! Titus würde es falsch verstehen, so wie er alles falsch verstand was sie tat. Er würde ihr die Schuld geben für das was Galeno passiert war. Erneut. Wieder. Nein! Und nochmal Nein!

Seresa wandte sich um zum Gehen. Sie schuldete Galeno und den Kappadozianern nichts. Absolut Garnichts! Der Clan hätte es verdient! Sollte er doch hier liegen bleiben und… Ein wütender Schrei ging über die Lippen der Brujah, während sie sich umdrehte und auf den Zuckenden blickte. Sie konnte ihn hier nicht zurücklassen. Sie konnte nicht zulassen, dass er von jemandem schutzlos hier gefunden wurde. Sie konnte nicht zulassen, dass er hier sterben würde, wenn die Sonne aufging.

Verflixt und zugenäht! Warum immer sie?! Mit einer fließenden Bewegung ging sie zu dem Kappadozianer zurück, nahm ihren Umhang ab und wickelte den jungen Benediktiner bestmöglich darin, so dass er sich selbst nicht weiter wehtat und seine wilden Bewegungen gehemmt wurden. Dann nahm sie ihn wie einen viel zu großen und schweren Mehlsack auf und über ihre Schulter. Die Gelehrte hielt ihn sanft, aber bestimmt fest, damit er sich nicht selbst verletzte und allzu sehr zappelte.

Die Brujah eilte so schnell es ihr möglich war mit dem Kappadozianer in Richtung der Martinsfeste. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie wusste sie würde keine passenden Worte finde, um zu erklären was geschehen war. Ihr blieb nichts weiter als die stumme Bitte auf ihren Lippen.

„Herr steh mir bei.“
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Dunkelheit umhüllte ihn noch immer, dick wie tiefer Morast. Er merkte nicht, wie er fortgetragen wurde oder dass er verschnürt wurde. Er war fest gefangen in einer seiner Visionen.
Das Blut, welches er in seiner Nase und auf seinen Lippen förmlich schmeckte, regte seine Vorsicht, aber auch seine Gelüste an. Seine Fangzähne schoben sich vor und seine Sinne waren geschärft.
Er machte endlich das Blut aus, welches von irgendwo herunter rann und dann in kleinen Tropfen gen Boden fiel.

Tropf


Tropf


Erst schien es aus dem Nichts hervor zu treten, ohne erkenntlichen Ursprungs.


Tropf


Tropf


Das Geräusch des fallenden, süssen Safts des Lebens, hier wohl eher Verkünder des Todes, begann in seinem Kopf wider zu hallen.


TroPF

Und wurde lauter...

TrOPF

Und endete eines Glockenschlags gleich.


TROPF



Er hielt sich die Ohren zu, denn es war zu einer Lautstärke angeschwollen, die Mauern hätten zum Einsturz bringen können. Unaufhaltsam, immer wieder dieser Klang.

Mit schmerzverzerrtem Ausdruck folgte sein Blick erneut dem Rinnsal aus Rot und erkannte, dass es aufgeklart war. Doch was er da sah, schockte ihn zutiefst.
Dort war ein Podest, eine Art grosser, steinerner Tisch, auf dem Kelche standen. Alle Kelche sahen identisch aus, aus schwarzem Metall, kaum von der Dunkelheit zu unterscheiden, mit roten Rubinen besetzt und einer eigenartigen Spirale, die von Pflanzenornamentik umgeben war.
Des weiteren tummelten sich auf dem Tisch Gerätschaften, die teils groteske Formen angenommen hatten, unzählige Messer lagen bereit und immens viel Blut rann davon herunter. Eingeweide, wie ein Lungenflügel, die Milz und der Darm lagen verstreut zwischen all diesen Dingen und ein Körper. Die bleiche Haut, die Knochen, die sich daran deutlich abzeichneten, als wäre die Haut nur noch ein seidener Überwurf, gaben zu erkennen, dass jegliche Hilfe für diese Person zu spät kommen würde.
Eine gross gewachsene Gestalt trat aus dem Dunkel. Er konnte das Gesicht nur als finstere, dämonische Grimasse erkennen, die lüstern auf den leblosen Körper vor sich starrte. Mit kräftigen Fingern umklammerte sie den Griff eines der Messer und führte fort, was sie begonnen hatte. Eine Hand griff in den Körper hinein, die andere mit dem Messer trennte etwas durch und triumphieren hob er das Herz heraus. Es schlug nicht mehr, war sogar leicht schwarz angelaufen. Diese Person war wirklich schon tot gewesen.
Doch als er den Blick abwenden wollte, bewegte sich der vermeintlich tote Körper. Der Kopf drehte sich langsam und somit das Gesicht auf Galeno zu. Und dann erkannte er diese Person, die da das Opfer war.
Seine eigenen kalten Augen starrten ihn an, tot und weit aufgerissen, als hätte er jede Grausamkeit gespürt, die ihm angetan worden war. Der Mund war geschlossen, doch die Lippen bewegten sich, als würden sie flüstern. Er war hagerer, als in der Realität, doch er war es, er höchst selbst.

Die Lippen begannen Worte zu formen, die aber ohne Klang waren. Und doch konnte man erkennen, was sie sagen wollten.
„Herr steh mir bei!“

Doch hier half kein Gott, hier war nur das Werk des Teufels zu erkennen und Galeno war von dem Anblick und den Worten wie gefesselt. Die ganze Situation lähmte ihn. Er konnte nicht helfen, wusste nicht wie. Und so beobachtete er weiter, wie er Stück für Stück auseinander genommen wurde und seine Seele blutete.
-----------------------------------------
Ausgefahrene Fänge sind auch beim realen Körper zu erkennen.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Titus
Kappadozianer
Beiträge: 1187
Registriert: Do 10. Nov 2016, 22:35

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Titus »

Die Martinsfeste stand, wie immer in diesen Nächsten trotzig dem Wind und dem Wetter entgegen und die vielen Wachfeuer vertrieben an strategisch wichtigen Punkten die Nacht. Am Tor war eine Gruppe von Wachmännern, die Seresa entgegen traten und sie fragend anschauten. Der Wachhauptmann trat vor, sah das Bündel auf ihrer Schulter und runzelte die Stirn, als dieses sich bewegte.

"Gott zum Gruße. Was führt Euch mitten in der Nacht zur Martinsfeste?"

Er wirkte etwas verwirrt und man hörte deutlich, dass er angewiesen worden war, des Nachts misstrauische Fragen zu stellen.
Todesqualen, Gott, jedem Ketzer, den ich sehe
Denn dein Wille geschehe
und ungebeugt, bis zum jüngsten Gericht
tu ich gottergeben meine Pflicht
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Es hätte so einfach sein können. Sie hätte Galeno einfach dalassen können. Abwerfen wie unnötigen Ballast. Sollten sich die Kappadozianer um ihren Scheiß gefälligst selbst kümmern. Darum die Stille aufrecht zu erhalten. Es ging die Brujah doch nichts an. Nur leider war die Realität keine so einfache und das wusste Seresa. Sie lebte nicht alleine, sondern - wenn auch Widerwillen - in einer Gemeinschaft. Ob diese sie nun schätzte oder nicht. Ob Seresa es nun wollte oder nicht. Sie war gezwungen zu helfen. Die Sterblichen würden Fragen stellen. Titus würde Fragen stellen. Letzten Endes würde womöglich Aurore selbst Fragen stellen. Doch war Seresa nicht vor Etwas mehr als einem halben Jahr in einer ähnlichen Situation gewesen und war diese selbst nicht herrlich falsch gegangen, nur weil sie das richtige Tun wollte?!... Der Herr musste tatsächlich einen gänzlich makabren Sinn für Humor haben.

Stattdessen musste sich Seresa nun mit übervorsichtigen Wachen herumschlagen, weil sie keine Ahnung hatte, ob diese eingeweiht waren oder nicht. Innerlich fluchte Seresa und für einen Moment kam ihr in den Sinn den Hauptmann anzublaffen, was sie wohl zur Martinsfeste geführt haben würde, mitten in der Nacht, mit einem zappelnden, eingewickelten Ding. Den Hügel hinaufrennend in einer Geschwindigkeit, als würde sie selbst vom Teufel gejagt. Ohne Zweifel eine völlig unnötige, unwichtige und belanglose Sache, die erlaubte eine entspannte Unterhaltung zu führen.

Seresa verkniff sich den bissigen Kommentar und verzichtete darauf, die Wachen einfach einzuschüchtern. Sie hatte keine Zeit für unnötigen Stress.

„Bruder Galeno.“

Sie stoppte nicht, sondern umging den Hauptmann, um eiligen Schrittes weiter auf das Tor zuzuhalten.

„Ich muss zu Titus.“

Sie drehte ihren Kopf leicht um und blickte den Hauptmann eindringlich an, wohl wissend, dass ihre Aktion gerade die Wachen dazu veranlasste, ihre Waffen zu ziehen und ihren Weg zu blockieren.

„Sofort!“

Sie befahl nicht, aber die Dringlichkeit und Bestimmtheit, welche das Wort an den Tag legte und die Geschwindigkeit mit welcher sie trotz des zappelnden Dings auf ihrer Schulter den Hügel hinaufgeeilt war, machte deutlich, dass dieser seltsame Botenjunge mit seinem großen Paket keine Zeit hatte für Diskussionen.* Er musste zu Titus.

Sofort.

---
*Charisma + Leadership: 2 Erfolge
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Titus
Kappadozianer
Beiträge: 1187
Registriert: Do 10. Nov 2016, 22:35

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Titus »

Tatsächlich hatten einige der Wachen nach ihren Waffen gegriffen, doch der Hauptmann gebot ihnen Einhalt. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Mischung aus Verwirrung und Ehrfurcht ab, als Seresa so bestimmt ihre Forderung vortrug. Dann wurde sie eingelassen. Einige Wache nEilten in die Festung, wohl auf der Suche nach Titus, die meisten der Wachen begleiteten Seresa allerdings, beobachteten sie genau und beäugten das "Paket" misstrauisch.

Es dauerte nicht all zu lange, als Titus aus Richtung der Kapelle zum Vorplatz vor dem Rittersaal auf den Tumult zutrat und seine Stimme ließ das Stimmengewirr der Wachen augenblicklich verstummen.


"Was ist hier los?"

Eine gewisse Verärgerung konnte man aus seiner Stimme deutlich herraushören und einige der jüngeren Wachen zuckten ein wenig zusammen. Titus starrte Seresa an und das Bündel, was sie auf der Schulter trug. Mit seiner Hand deutete er auf den Rittersaal und sprach Seresa an.

"Geh hinein."

Dann wandte er sich an die Wachen.

"Ihr geht wieder auf Eure Posten, es ist alles in Ordnung. Elio, sorge dafür, dass wir ungestört bleiben."

Die Wachen beeilten sich, wieder auf ihre Posten zu kommen und langsam aber sicher kehrte wieder Ruhe in die Martinsfeste ein. Hinter Seresa trat Titus in den Rittersaal ein, der außer ihnen verlassen war. Das Feuer im Kamin war schon runtergebrannt und spendete nur noch wenig Licht. Titus schloss die Tür hinter sich und trat auf Seresa zu. Sein Blick war eine Mischung aus Verärgerung und Aufforderung zu sprechen.
Todesqualen, Gott, jedem Ketzer, den ich sehe
Denn dein Wille geschehe
und ungebeugt, bis zum jüngsten Gericht
tu ich gottergeben meine Pflicht
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Ohne Zögern war Seresa eingetreten und als ob sie den Gedanken des Kappadozianers erahnen könnte, hatten sie ihre ersten Schritte in der Festung bereits in Richtung Rittersaal geführt. Die Brujah blieb einen Moment stehen und ihr Körper versteifte sich als sie Titus Stimme hörte. Das tiefe Senken ihres Kopfes kurz darauf war sowohl Zeichen der Begrüßung, wie auch des Verstehens.

Als Titus den Rittersaal betreten hatte, hatte Seresa bereits das zuckende Bündel auf dem Boden abgelegt und kniete selbst daneben. Ihr Blick ging schweigend zu dem Kappadozianer auf, als dieser die Tür schloss. Dann senkte er sich erneut, während sie den Umhang von Galenos Gesicht zurückschlug.

"Galeno."

Seresa hielt vorsichtig den Kopf, so dass dieser durch das Zucken nicht auf den Boden aufschlug. Dass sie dabei in der Nähe von scharfen Fangzähne war, machte sie unruhig, doch war sie mit der Situation zu überfordert, als dass sie sich darüber Sorgen machen konnte in diesem Moment.

"Er kippte ohne Vorwarnung am Strand nach hinten und zuckt seitdem unkontrolliert. Ich..."

Sie hatte so etwas noch nie gesehen. Sie war überfordert. Sie wusste nicht was tun. Sie hatte Angst. Sie wusste nicht, ob es gut war ihn hergeschafft zu haben. Sie wusste nicht, ob sie ihn einfach den Wachen hätte übergeben sollen. Sie wusste nicht, ob das Einwickeln half oder schadete. Ihr Blick ging zu Titus auf, jederzeit bereit ihm den Kopf seines Bruders im Blute zu überlassen oder einfach nur zurück zu treten, wenn er ein entsprechendes Zeichen gemacht hätte. Sie hätte vieles sagen können und die meisten Sätze hätten mit ich angefangen. Doch in diesem Moment ging es nicht um sie und ihr Blick sprach ohnehin mehr, als Worte es je vermocht hätten.

"Er benötigt Hilfe."

Seresa schwieg für einen kurzen Moment. Die Gelehrte blickte auf den jungen Benediktiner und dann wieder auf Titus.

"Bitte."
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Fänge des jungen Kappadozianers waren ausgefahren, der Körper zuckte nun merklich weniger, als zuvor. Die Augen waren noch immer geweitet und mit starren, Punkte gleichen Pupillen versehen, als hätte ihn ein Schock weiterhin in seinen Krallen.

Tatsächlich war dem auch so.

Galeno war gefesselt von der Szene, die vor ihm noch immer herrschte. Kaum noch etwas war übrig geblieben, literweise Blut war dem Körper entflossen. Das Ungeheuer, welches diese grausige Tat vollführte, genoss seine Tat und labte sich ab und an am Blut oder einigen Teilen, die es herausgenommen hatte. Es war ekelerregend und doch konnte sich Galeno nicht abwenden. Als wenn eine Macht ihn fest hielt und ihm zu verstehen geben wollte, dass er es bis zum Ende ertragen müsse.

Er wusste nicht, wie lange diese Vision schon dauerte. Er war in ihr schon so sehr eingebunden, dass er es für real hielt. Es war dieses Mal anders, als sonst, länger und intensiver. Vielleicht hatte es Auslöser dafür gegeben. Doch darüber konnte er jetzt nicht nachdenken.

Er verfolgte mit seinem Blick den grausamen Zerstückler, der nun in bereitstehende Körbe mit anderen Leichenteilen die von Galeno packte, ebenfalls sortiert. Organe getrennt von Extremitäten, den Kopf separat, sowie den Rest des Torsos und sogar die Männlichkeit wanderte in einen eigenen Korb. Von den Organen wurde das Herz in ein spezielles Gefäss aus Ton gelegt und als sich Galeno darauf konzentrierte, konnte er Stimmen hören, die wie das Säuseln des Windes waren, nur flehend, vor Qual.

"Hilfe.... Bitte!"

Dann hörte er Schritte und bemerkte, dass der Blick des Monsters sich ihm zugewandt hatte. Panik stieg in ihm auf und er lief langsam rückwärts, stolperte plötzlich über etwas, krachte zu Boden und robbte Rückwärts weiter, Panik stieg in ihm auf... Die Person kam immer näher und wurde immer bedrohlicher.

Wie eine Ratte, die man in die Ecke gedrängt hatte, meldete sich nun Galenos Tier. Er fletschte die Zähne und sprang auf, attackierte den bedrohlichen Kerl, der ihn sehr wahrscheinlich nochmal ausweiden wollte. Das konnte er nicht zulassen, da war der Selbsterhaltungstrieb geweckt.


Das Bündel vor Seresa und Titus begann urplötzlich heftig zu zucken. In den Augen konnte man plötzlich Leben erkennen, allerdings nicht das von Galeno, sondern eine starke Panik und Aggression, wie die eines wilden Tiers. Die Gesichtszüge des jungen Mönches hatten sich schlagartig zu einem grotesken, verzerrten Bild gewandelt, welches nach Fleisch und Blut dürstete und jeden in seinem Umfeld als Feind erkennen würde, vor allem denjenigen, der einer Bedrohung am nächsten kommen würde.

Dies war Titus, welcher sich mittlerweile über ihn gebeugt hatte. Dieser grosse, dunkle und bedrohliche Schatten war nun real und das Bündel würde alles tun, um diese Bedrohung zu zerfetzen.


------------------------
Selbstbeherrschung: 1 Runde: 1 Erfolg ... 2. Runde: 0 Erfolge > Raserei
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Titus
Kappadozianer
Beiträge: 1187
Registriert: Do 10. Nov 2016, 22:35

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Titus »

Titus spannte sich unwillkürlich an, um dem Angriff zu begegnen. Doch Seresa war schneller und packte Galeno, um ihn festzuhalten. Dieser fauchte und keifte und kämpfte gegen die Umklammerung an. Doch Seresa schaffte es ihn festzuhalten, auch wenn es am Ende ein schweres Unterfangen war, denn das Tier hatte die Macht des Blutes genutzt um die Kraft des zierlichen Körpers über die Maßen zu steigern.

Doch kurz bevor das Tier durchbrach, erwachte Galeno aus der Vision und das Tier zog sich zurück.

Titus hatte sich nicht eingemischt, hatte Seresa das Feld überlassen. Als sich Galeno wieder beruhigt hatte und offenbar ein bisschen verwirrt war, nickte er Seresa zu.


"Ich erwarte eine Erklärung."

Titus war zwar immernoch auf einer körperliche Konfrontation vorbereitet, jedoch nahm er keine aggressive Haltung mehr ein.
Todesqualen, Gott, jedem Ketzer, den ich sehe
Denn dein Wille geschehe
und ungebeugt, bis zum jüngsten Gericht
tu ich gottergeben meine Pflicht
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1009] Das Flüstern des Meeresrauschens [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte reagiert ohne weiter darüber nachzudenken. Die Signale, welche der Körper des jungen Kappadozianers ausgesendet hatte, waren zu vertraut. Blind griffen altbewährte und vielgeübte Routinen. Sie hielt Galeno fest und sicher, bis er die Raserei überstanden hatte.

Als er schließlich in ihren Armen erschlafft war, hatte die Gelehrte ihn instinktiv losgelassen. Seresa hatte sich zwei Schritte nach hinten von ihm entfernt. In einer tiefen, verteidigenden Haltung stand die Brujah etwas abseits von den Beiden da. Galeno zwischen sich und der Geißel. Was auch immer hier geschehen war, gefiel ihr sichtlich ganz und gar nicht. Der Gedanke an eine Falle oder einem ganz und gar bösen Spiel der Kappadozianer kroch erneut in ihren Hinterkopf, gepaart mit den warnenden Worten von Ajax. Erst das Nicken von Titus sorgte dafür, dass sie sich zumindest etwas entspannte und es ihren schlimmen Verdacht für den Moment besänftigte.

Die Brujah zuckte dann leicht mit den Schultern, während die Bewegung ihrer Hände und des Oberkörpers ihre eigene Unwissenheit wiederspiegelte, welche in ihrem Gesicht geschrieben stand. Sie konnte der Geißel offensichtlich keine befriedigende Erklärung bieten. Was sie wusste hatte sie bereits gesagt und so wanderte ihr Blick auf den am Boden liegenden Galeno.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Gesperrt

Zurück zu „1009“