[1010] Bastarde und Huren [Canio]

[Juli '18]
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Sousanna
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[1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Sousanna »

Das Alla Murra war und blieb eine dreckige, widerwärtige Spelunke. Es hatte die besten Zeiten gesehen und die schrecklichsten überstanden. Wein und Blut waren hier in Strömen geflossen und hatten den dreckigen Boden noch schmutziger gemacht. Hier trafen sich Huren, Räuber und Gesindel. Es hieß, es gäbe hier nichts, was man nicht kaufen könnte.
Schon immer war es so gewesen - auch wenn in den letzten Jahren sich immer wieder ein paar hohe Herrschaften hierher verirrt hatten, was, so sagte man zumindest, den Männern Tizianos zu einem ungewöhnlichen Aufschwung verholfen hatte. Stets fanden sich diese speziellen Spießgesellen in der Taverne. Erst mit grimmigen Gesichtern und dann, im Laufe des Abends mit immer frivoleren Grimassen. Dann wurde es laut und wild. Ausgelassen hätte man es nennen können, doch niemand hier verlor jemals den Ausdruck purer Gier aus seinen Augen.
Niemand, der hier Gast war - außer natürlich den armen Toren, die aus Versehen hier landeten -, hatte jemals im Leben etwas zu verschenken gehabt. Sie alle hatten ihr ganzes Leben lang Nächstenliebe gepredigt und doch immer wieder Dreck zu fressen bekommen. Was hatten sie noch mit Güte zu schaffen? Ihnen gegenüber war niemals jemand gütig gewesen.

Und ohne jede Güte oder Erbarmen balgte sich hier alles um alles. Kinder und Hunde um abgenagte Knochen. Huren um diejenigen Freier, die noch am erträglichsten waren. Und Untiere von Kerlen, um alles, was sie fanden. Weiber, Geld und eine krude Form der Ehre, die wohl keiner von ihnen jemals würde in Worte fassen können.
In diesem erschreckend lebendigen Gewühl als Schankmaid zu arbeiten musste Knochenarbeit sein. Die wenigsten ertrugen es lange. Doch eine gab es, von der man sich voller Stolz erzählte. Sanna war ein junges Ding. Zierlich und anmutig wie ein Rehlein. Mit sanften Blick, roten Wangen und immer einem Lächeln auf den Lippen. Man sagte, dass sie eine gefallene Adelstochter aus Konstantinopel war. Aber ein gutes Mädchen. Immer lustig, immer artig und vor allem auch zum wildesten Ganoven frech genug, dass man sie gern haben musste und geschickt genug, nicht jeden Abend verdroschen zu werden.
Angeblich hatte sie es sogar geschafft, den ärgsten Bastard des Murra, Tiziano selbst, zu zähmen. Man munkelte gar, dass er sie gern hatte und deshalb immer wieder zu seinen Unternehmungen mitnahm. - Den klug war sie angeblich auch. Naja, zumindest so klug, wie es eine Frau eben sein konnte.
Aber wer wusste, was davon stimmte. Am Ende waren es alles nur Gerüchte.

Auch an diesem Abend suchte sich die außergewöhnlich hübsche Griechin ihren Weg durch diese lebendig gewordene Darstellung kleinerer und größerer Sünden. Mit Krügen in den Händen schritt sie über die Alkoholleichen, wich den Händen aus, die ihren Weg unter den guten grünen Rock suchten, und versuchte, nicht allzu viel zu verschütten, wenn sie bei den unausweichlichen Keilereien angerempelt wurde.
Immer wieder hielt sie an, um ein paar der Gäste zu unterhalten, ihre Zoten auszuhalten und mit ihnen zu plaudern.
So war sie gerade bei einer Gruppe Würfelspieler stehen geblieben und hatte ihren Wein abgestellt, um sich vielleicht ein bisschen weiter als nötig nach vorne gebeugt, was keinen der Kerle auch nur im Ansatz störte, an ein paar Runden des Spiels zu beteiligen.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
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Canio
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Canio »

Das Alla Murra dies, das Alla Murra jenes... überall war den Menschen dieser Name im Munde. Es musste etwas besonderes sein dieses Alla Murra. Ein Geschwürr das inmittem vom guten alten Ravecca gewuchert war und sich von dort ausgeweitet hatte. Oh ja, Ravecca, das hatte er erst nicht glauben können, was aus dem beschaulichen Siestri geworden sein sollte.
Freudig hatte er sich die Hände gerieben und war auf einiges vorbereitet...
...jedoch nicht auf das volle Ausmaß von dem was ihm dann schlußendlich entgegenschlug, als er durch die Pforte zum sündigsten Höllenkreis einschritt.
Ein Lächeln des freudigen Unglaubens zeichnete sich quer über sein dreckiges Gesicht.

Canio war wie ein plumper Ochse kurz hinter der Tür stehen geblieben und starrte um sich. Irgenein betrunkener Kerl riss ihn aus seinen Begutachtungen, indem er ihn unglücklicher Weise von der Seite anlallte. Ungehallten fur Canio herum und zischte ihn an "Halt besser dein Maul..."
ein Fachkundiger nüchterner Blick von oben nach unten, bevor er trocken ergänzte "... du Opfer."
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Sousanna
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Sousanna »

Der Kerl war einer der jüngeren Ganoven. Gewissermaßen ein "Lehrbursche" in der schmutzigen Truppe, die sich hier versammelt hatte, dem wilden Treiben endgültig Gefahr hinzuzufügen. Groß, aber nicht gerade beredsam. Die Frechheit von einem Fremden so genannt zu werden, ließ ihn den Mund öffnen und schließen ohne die richtigen Worte zu finden, so dass er aussah, wie ein Fisch.
Die Antwort "Halt du doch dein Maul" war nun nicht gerade eloquent, doch wurde von einem gezogenen Messer untermalt. Immerhin wollte er beweisen, dass er eben kein Opfer war.

Unterdessen war rauer Gesang aufgekommen. Ein Lied voller frivoler Freuden. Nicht gerade besonders künstlerisch, aber bekannt in den Spelunken Genuas. Dazu mischte sich das Geschrei einer gerade ausgebrochenen Prügelei und das Gezeter einer jungen Hure, deren Rock gerade zerrissen war. Noch achtete niemand auf den Fremden und den Betrunkenen.
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Canio
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Canio »

"Falsche Antwort..." murmelte Canio, während er im Hintergrund die ausbrechende Prügelei bemerkte die ihm bestätigte, dass er hier die richtige Sprache sprach.

Mit der routinierten Geschwindigkeit eines nüchternen Berufskämpfers flog die kurze Rechte Canios direkt ins Gesicht des nun doch von der Kaltschnäuzigkeit deutlich überraschten Ganoven.
Etwas desorientiert taumelte der Mann zurück. Hinter dem Schlag lag nicht viel Kraft, aber er hatte gesessen und ließ zumindest das betrunkene Gehirn kurz wirbeln.
Eh er sich besann bekam der Kerl zwei schnelle ungezielte Haken in die Magengegend, die aber nur in seinem Fetten Wanzt rumwackelten.

Canio sprang ruckartig zurück, die Wand in den Rücken bekommend und verkniff enttäuscht die Augen und seufzte knapp. Der große Brecher stand ja noch! War vielleicht doch ne dumme Idee!
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Sousanna
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Sousanna »

So verdutzt, als wäre gerade der Herrgott persönlich erschienen, taumelte der Betrunkene zurück. Einmal mehr schien ihn die Kaltschnäuzigkeit seines Gegenübers zu überraschen. Ein Fehler, den er wohl so schnell nicht mehr machen und von dem er seinen Leuten besser nicht berichten würde.
Doch glücklicherweise warfen die sich gerade in besagte auflodernde Schlägerei.

Er hatte gerade zu einem Schlag ansetzen wollen, als zwei Schläge seinen Bauch trafen. Mit einem Ausdruck als beobachte er gerade etwas unendlich kompliziertes war sein Blick der Faust gefolgt, die ihm kaum Schmerz zufügte. Dann trat ein breites, schmutziges Grinsen auf sein dümmliches Gesicht und offenbarte ein paar fehlende Zähne. In seiner Trunkenheit brach er in wildes, schamloses Gelächter aus.
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Canio
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Canio »

Der Kerl hatte etwas persönliches darauß gemacht.
Canios Augen funkelten und taxierten bereits jede Bewegung des Gegenüber, während dieser noch begann so schamlos zu lachen.
Sein Blut pulsierte.*
Ein angetäuschter Schlag der seinen Gegner genau so zucken ließ, dass er in optimale position kam - ein einzelner gezielter Haken aufs Kinn in den alle Kraft gelegt war...

Das Brechen von Knochen und das bersten von gleich einigen Zähnen aus dem mit Wucht gewaltsam zuschlagenden Kiefer. Ein stumpfes Blubbern von Blut aus dem überrascht wieder aufklappenden Maul, dann drehten sich die Augen auf links und der große Kerl kippte wie ein steifes Brett einfach auf den Boden ohne sich in nächster Zeit überhaupt wieder rühren zu können.

Canio knackte die Schlaghand und kommentierte den Unterlegenen. "Hättest dein Maul halten sollen..."

---
* 2 Bp auf Körperkraft
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Sousanna
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Sousanna »

Nun, damit hatte der junge Räuber nun wirklich nicht gerechnet. Noch im Lachen war er erstarrt. Blut quoll aus seinem Mund und ehe auch nur jemand reagieren könnte, war er zusammengeklappt.
In jedem anderen Etablissement hätte sich jemand darum gekümmert. Doch das hier war das Alla Murra. Wer fiel, blieb liegen. Bis er selbst wieder aufstand oder bis er so sehr störte, dass man ihn nach draußen warf. Und im Augenblick schien niemand der Sache auch nur einen Blick zu schenken.

Dennoch wandte sich eine Stimme an den siegreichen Schläger. Keine sonderlich schöne oder angenehme Stimme, aber eine, die es wohl gewöhnt war, dass man ihr Gehör schenkte. Zumindest an Orten wie diesen.
"Schöner Schlag", schnarrte die Stimme und man könnte das hämische Grinsen darin hören, ehe man den dazugehörigen Mann sah.
Er schien die Angelegenheit schon länger beobachtet zu haben, sich aber nicht sonderlich daran zu stören, zumindest lehnte er recht gelassen an einem Tisch. Vielleicht war er früher einmal gar nicht mal so hässlich gewesen, doch heute zerfurchten tiefe Narben sein Gesicht und bildeten mit der diverse Male gebrochenen Nase eine Landkarte der Gewalt. "Vielleicht ists ihm ne Lehre."
Mit einem Kopfschütteln blickte er zu dem Mann am Boden, ehe er dem Sieger ein hässliches Grinsen voller Gewalt zuwarf. "Für heute gehörst du zur Familie. Was willst du trinken?"
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Canio
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Canio »

Canio ruckte herum, offenbar noch etwas kampfeslustig.
Auch der andere Kerl wurde knapp taxiert und von Oben bis Unten gemustert. Aber diesesmal schien das Urteil positiver auszufallen.
Canio grinste schief aber zufrieden.

Er gab sich wortkarg und nickte nichteinmal, stellte sich allerdings tatsächlich zu dem Narbigen Zuschauer an dessen Tisch. Lehnte sich ebenso lässig daran.

"Trinken, ja? - Blut. Ich will Blut trinken." seine Stimme trocken und rau, perfektes genuesisch, aber doch irgendwie fremd
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Sousanna
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Sousanna »

Der Kerl wirkte für einen kurzen Moment irritiert. Die Worte schienen einige Zeit zu brauchen, ehe sie durch den bereits vom Alkohol verschleierten Geist drangen.
Einen Moment lang sah er den Fremden an, kratzte sich am Kopf und sah dann nachdenklich in seinen Becher Wein. "Blut", wiederholte er. Schien einige Augenblicke über dieses Wort nachdenken zu müssen.
Dann grinste er Canio an. Dreckiger als zuvor. "Dann hast du Glück, dass du hier zu uns gekommen bist. Ich hab junges, schönes Blut für dich.", grinste er und würde einen schrillen Pfiff erschallen lassen.

Kaum, dass der unangenehm hohe Ton über die Menge hinweg geschallt war, schob sich eine Frau zu ihnen durch die schäumende Menge hindurch. Sie war klein und zierlich. Für einen geneigten Beobachter ein Traum von einer Frau. Die richtigen Rundungen an den richtigen Stellen, ein hübsches Gesicht, bei dem man beinahe eine Adelsdame hätte vermuten können. In großen dunklen Augen lag pure Unschuld, während ihr Lächeln von all den wunderbar verruchten Geheimnissen sprach, die man an einem Ort wie diesem finden konnte.
Sie schien den ganzen Abend schon gearbeitet zu haben. Das dunkle, sanft gelockte Haar hatte sich gelöst, auf dem schönen, grünen Kleid aus gutem Stoff zeigten sich schon einige Weinflecken und die Wangen hatten sich gerötet.
Ein wenig irritiert blickte sie zwischen den beiden Schlägern hin und her, ehe der, der sie gerufen hatte, erklärte: "Der Herr will Sonderleistungen."
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Canio
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Re: [1010] Bastarde und Huren [Canio]

Beitrag von Canio »

"Gut..." Canio lachte laut aber etwas aufgesetzt und wartete gespannt wer da nun kommen würde. Mit ner so hübschen Schankmaid hatte er allerdings nicht gerechnet!

Langsam und vorsichtig doch mit einer geübten Eleganz beugte Canio sich dann nach der ersten Überraschung nah an sie heran, statt irgendetwas anderweitig zu kommentieren...

"Blut..." wisperte er nur in ihr Ohr und zog sich wieder ein wenig zurück um ihr in die Augen blicken zu können.
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