[1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

[Juli '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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[1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Ein Bote hatte die Brujah am Wachturm am Monte Bisagno erreicht. Dieser hatte - entgegen anderer Boten Glück - denn es war einer jener seltenen Nächte, in welchen die Brujah dort anzutreffen war. Seresa hatte sich das Wachstäfelchen reichen und sich über den Absender informieren lassen. Nach seinen Worten wies die Brujah die dort stationierten und wachhabenden Männer an, dem Boten Essen, Trinken, sowie einen Platz am Feuer zu geben, während sie das Innere des Turms betrat und eine Antwort verfasste. Die Worte waren in einer schnörkellosen Schrift in ein Wachstäfelchen geritzt, welches mit fingerdicken Leinensteifen umwickelt war. Mit der Anweisung, die Botschaft sei einzig für die Augen von Bruder Galeno Fiore bestimmt, schickte sie den Boten nach seiner Rast zum Kloster zurück.


An
Galeno Fiore,
Neugeborener vom Clan des Todes


Habt Dank für Eure einladenden Worte. Ich hoffe Euch ist es in den vergangenen Nächten wohl ergangen. Es wäre mir eine ausgesprochene Freude Euch in der Nacht des kommenden Vollmondes um Mitternacht an altbekannter Stelle erneut zu begegnen.


Gezeichnet,
Seresa,
Neugeborene vom Clan der Gelehrten,
Kind von Fabrizio Piccolomini, Ancilla vom Clan der Gelehrten

Am nächsten Vollmond schritt Seresa vom ersten Wegekreuz - auf welches man von der Porta di San Pietro her traf - ruhigen Schrittes alleine in Richtung Strand. Der Körper verborgen unter der altbekannten Kleidung eines einfachen Botenjungens. Einzig der Umhang, welcher diese verborgen hätte, fehlte in dieser Nacht.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Der Vollmond stand hell am Himmel, zumindest für die ersten paar Schritte, die Galeno schon aus dem Kloster hinaus gegangen war. Luciano trat an seiner Seite, etwas nachdenklich wirkend. Die Geschehnisse der letzten Zeit hatten ihm besonders des Nachts den Frohsinn etwas beraubt. Er liebte seinen Herrn, doch es waren Dinge geschehen die nicht unbedingt zu verzeihen waren. Doch er schwieg.

Die Nacht wollte nicht so klar bleiben. Der Mond wurde schnell von einigen Wolken eingenommen, die schwere Schatten auf die ohnehin schon dunkle Nacht warfen. Der Wind gewann mehr und mehr an Stärke und wirbelte vereinzelt einige Blätter auf.
Galeno sah zum Himmel und musterte die Wolken ein wenig. Sollte es tatsächlich noch regnen oder gar der Wind zu einem Sturm werden?

Seine Schritte trugen ihn zum Strand. Er erinnerte sich an das Gefühl des groben Sandes unter der Fusskante und an den Krebs. Er musterte den Sand genauer und entschied sich dann einfach hier zu warten und sich nicht schon wieder die Blösse zu geben, wie ein kleiner Junge, der es nicht schaffte, einen Krebs vom grossen Zeh los zu bekommen, herumzuhüpfen.
So blickte er auf die vom Wind gepeitschte See, die mit grossen Wellen den Strand umspühlte und deren Wassermassen an einigen der Felsmassive in hoher Gischt zerschellten.

Es war durchaus ein interessantes Schauspiel und doch sah sich der junge Mönch immer wieder um, denn er wartete auf jemanden. Sein Bruder stand gross und stoisch da, der Blick auf das Meer gerichtet mit nachdenklicher Mine. Er hielt ein kleines Bündel in den vor der Brust gefalteten Händen.
Als Galeno schlussendlich den bekannten "Botenjungen" den Weg herunter schreiten sah, kam er auf ihn zu. Sein Bruder wich ihm nicht von der Seite, war immer direkt hinter ihm, gross gewachsen, wie ein Fels, der hinter einem Kiesel seinen Schatten warf.

"Ich grüsse euch werte Seresa. Ich freue mich, dass ihr einem weiteren Treffen zugestimmt habt und dass ihr gekommen seid." Mit freundlicher Mine nickte er ihr zu.
Sein grosser Schatten verbeugte sich etwas tiefer, sagte aber keinen Ton. Auch ihn hatte sie schon einmal gesehen, im Elysium bei Galeno stehend. Diesmal wirkte der grosse Mönch allerdings nicht so freundlich, sondern eher düster.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Die Düsterkeit, welche der größere Mönch ausstrahlte, schien die Brujah nicht weiter zu stören oder gar zu beeindrucken. Aus den Augenwinkeln nahm sie seine Verneigung wahr, ging jedoch nicht weiter darauf ein. Stattdessen waren ihre braunen Augen auf den jungen Benediktiner gerichtet, welchen sie mit einem Nicken und leichten Lächeln begrüßte.

„Seid gegrüßt, werter Galeno. Es ist mir eine aufrichtige Freude Euch wiederzusehen. Ich freue mich darauf unser unterbrochenes Gespräch in dieser Nacht fortzuführen.“

Mit einer einladenden Geste deutete die Brujah in Richtung Sand, auf welchem es deutlich angenehmer zu sitzen sein würde, als auf den Kieseln. Für einen Moment blickte sie auf das Meer, als versuchte sie sich daran zu erinnern, wovon sie gesprochen hatten, bevor der Kappadozianer… Ja was eigentlich?! Wie bezeichnete man einen solchen Zustand?... Seresa schwieg für einen kurzen Moment. Sie fragte sich, ob man über derlei Dinge besser redete oder höflich schwieg. Einen Brujah sprach man schließlich auch nicht jedes Mal aufs Neue darauf an, nur weil er ein Rasereiproblem hatte. Außer natürlich man wollte ein solches Problem heraufbeschwören. Dann blickte sie zu dem Kappadozianer, während sie ihn etwas südlicher führte.

„So ich mich richtig erinnere unterhielten wir uns über Sprachen. Darüber ob ich sie zu lehren vermag oder einzig anzuwenden.“

Die Gelehrte schwieg für einen kurzen Augenblick.

„Ich hatte nie einen Lehrling, welcher eine gänzlich fremde Sprache neu lernen wollte, doch hatte ich eine überragende Lehrmeisterin, welche mich die wahre Schönheit und den wirklichen Nutzen lehrte. Bedauerlicherweise erkennen und anerkennen die Wenigsten dies. Zumal ich in den Augen der Welt eine Frau bin. Solcherlei Dinge geziemen sich wahrlich nicht und Jene unserer Art haben mich nie darum ersucht, sie zu lehren.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern, bevor sie schließlich anhielt an einem Ort, welcher ihr geeignet schien.

„Beherrscht Ihr selbst andere Sprachen außer dem Lateinischen, werter Galeno?“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Der junge Kappadozianer war Seresa gefolgt, hatte die einladende Geste verstanden. Auch wartete er ab, bis sie ihr Ziel erreicht hatte und scherte nicht vorher aus. Und Luciano folgte weiterhin wie ein Hund seinem Herrn, die Augen nun besonders auf Seresa gerichtet.

Galeno war überrascht, dass nach den Monaten, die vergangen waren, auch noch Gedanken und unbeantwortete, aber gestellte Fragen in ihren Erinnerungen vorhanden waren.
"Ihr habt ein gutes Gedächtnis" bemerkte er daraufhin anerkennend.
"Und doch habt ihr etwas vergessen, als ihr die Martinsfeste so schnell verlassen hattet."
Er wendete sich seinem Bruder zu und liess sich das kleine Bündel geben. Dieses überreichte er Seresa ehe sie sich setzen wollen würde.
Es war ihr Umhang, gewaschen und zusammen gelegt.

Erst danach beantwortete er ihre Frage.

"Die Pilgerreise hat einen guten Grund. Ich möchte von anderen Orten und anderen Gelehrten lernen. Der Fundus, zu dem ich vorher Zugang hatte, war in Latein geschrieben und ich bin mir nicht sicher, aber ich befürchte fast, dass kaum jemand oder sogar keiner meiner bisher mir bekannten Ordensbrüder eine andere Sprache zu lesen und zu schreiben gelernt hat. Ich bin also nur des Lateins und der Sprache des einfachen Volkes mächtig."

Ein nicht gerade so sehr begeistertes Lächeln huschte über seine Lippen.

"So liegen die Weisheiten alter Denker leider verborgen in den dunklen Schatten des Unwisses und erst wenn ich ihre Sprache erlernt habe, kann ich vielleicht in ihren niedergeschriebenen Gedanken die Erleuchtung finde."

Er genoss eine kleine Pause und musterte sie dann. Sie war ganz anders, als manch andere Frau, die er getroffen hatte. Sie wusste sich auszudrücken, das wussten sie alle auf ihre Art irgendwie alle, war aber nicht so aufgetakelt oder feminin, sprühte keine körperliche Verführung aus. Aber geistig war das anders. Und er schätzte intelligente Gesprächspartner.
"Da sich derlei Wissen für Frauen für gewöhnlich nicht ziemt, wie ihr eben sagtet, nutzt ihr also das Äussere Erscheinen eines Knaben?"
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte das Bündel mit einem dankbaren, aber seltsamen Lächeln entgegengenommen. Wie Galeno selbst sagte: Sie hatte ein gutes Gedächtnis. Ihr Gesichtsausdruck legte dann jedoch nahe, dass sie sich durchaus im Klaren darüber gewesen war, dass sie ihn nicht einfach vergessen hatte. Dennoch ließ sie ihr Gegenüber vorerst zu Ende sprechen. Als er geendet hatte, blickte sie an sich herab, bevor sie schließlich erneut zum Kappadozianer sah und den Kopf schüttelte.

„Nein, die Wahl meiner Kleider hat wahrlich nichts mit Wissen zu tun. Anderenfalls würde ich die Robe eines Gelehrten tragen und nicht jene eines Boten.“

Ihr Blick wanderte abschätzend über die Kleidung des Benediktiners.

„Ich weiß nicht, ob Ihr Erfahrungen damit gemacht habt in einer Robe zu kämpfen.“

Seresa machte eine kurze Pause. Sie alle waren Kämpfer, wenn es ihr Tier wollte, doch neigten manche Clans eher zum körperlichen Disput als andere. Manche mussten auf Grund ihres Aussehens öfter Kämpfen als andere. Bei einem Geistlichen würden wohl nur die aller schlimmsten Halunken wagen, tatsächlich Hand anzulegen.

„Es ist wenig erfreulich, so sich Eure eigenen Kleider gegen Euch verschwören. Zumal es mir als ehrbare Frau in dieser Welt nicht möglich wäre, mich fortzubewegen ohne auf einen oder mehrere Männer als Wachen angewiesen zu sein, welche mich begleiten.“

Ihr Blick wanderte für einen kurzen Moment auf den Begleiter des Geistlichen, bevor sie wieder zu ihm blickte.

„Begleitungen erfordern stets Führung und die Sicherstellung von Stillschweigen. Zumal sie mancher Orts ein Hindernis darstellen oder von anderen Dingen abhalten. Solange ich nicht zwangsweise auf Schutz angewiesen bin, verzichte ich. Es macht vieles zwar weitaus gefährlicher, jedoch ebenfalls einfacher und schneller.“

Ihr Blick wanderte auf den Sand unter ihren Füßen, auf welchen sie einen Moment später hindeutete.

„Wollen wir uns nicht setzen, werter Galeno?“

Sie wartete auf ein Zeichen der Zustimmung, bevor sie sich mit einer langsamen und sehr geschmeidigen Bewegung in eine knieende Haltung in den Sand begab. Sie verlagerte ihr Körpergewicht nach hinten und saß schließlich auf den Fersen. Ihre Hände strichen kurz nachdenklich über den Umhang auf ihren Oberschenkeln, bevor sie ihn neben sich auf den Sand ablegte. Ihre braunen Augen wanderten zu Galeno zurück.

„Es freut mich zu sehen, dass Ihr an meinen Umhang gedacht hattet und es freut mich zu sehen, dass Ihr trotz der bestehenden Differenzen unserer Geschwister im Blute zu einer Fortsetzung des Gespräches bereit wart. Ich hätte Euch wahrlich gerne angeboten, Ajax zu fragen, ob er gewillt wäre, Euch das Altgriechisch zu lehren. Schließlich sind viele wahrhaft interessante Werke in dieser Sprache verfasst.“

Der Blick der Brujah wanderte auf das aufgewirbelte Meer.

„Mir ist jedoch bedauerlicherweise nicht bekannt, wie er oder Eure Geschwister im Blute dazu stehen würden.“

Seresa seufzte leise, zuckte mit den Schultern und blickte wieder zu Galeno.

„Vermutlich würden sie es nicht begrüßen, weshalb es derzeit keine praktikable Möglichkeit wäre.“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Der starke Wind zerrte an seiner Kapuze.
Der kleine Mönch sah zu Luciano und dann wieder zu ihr. "Ich kann nicht besonders gut kämpfen, Bruder Luciano durchaus schon. Und er kann in Robe kämpfen, ja."
Luciano nickte dazu nur.

"So wie ihr klingt, besitzt ihr keinerlei Diener, Beschützer? Die Sicherstellung von Stillschweigen ist dabei kein Problem. Bruder Luciano hier zum Beispiel muss über vieles Stillschweigen bewahren, denn wenn er mich begleitet, erfährt er auch viel."
Luciano wirkte bei dieser Aussage gerade, als hätte er eine schwere Verstopfung. Ja, er musste Geheimnisse wahren und verfluchte besonders für die letzten paar Tage, dass er nichts zu sagen hatte.

Galeno setzte sich und achtete nicht auf das Gefühlschaos, welches sich auf Lucianos Gesicht abzeichnete.

Eine Braue hob sich, als sie Ajax erwähnte. Und dann schüttelte er sachte den Kopf.
"Die Differenzen unserer Clansgeschwister sind ihre Angelegenheit, nicht die meine. Meine Aufgabe ist eine andere, als sich bei Streitigkeiten einzumischen, oder für sie ins Feld zu ziehen. Ich bin Forscher und mehre Wissen."

Er lächelte matt.

"Allerdings bin ich nicht töricht und gehe freiwillig zu jemandem, der offensichtlich als Feind meines Clans zählt, oder der zumindest als sehr gefährlich eingestuft wurde. Ich werde mich also nicht in dessen Gesellschaft begeben und sicherlich auch keine Wünsche äussern, die Gefallen erfordern könnten. Zu hoch wäre das Risiko, dass ich ausgenutzt würde, auch wenn ich selbst keinen Streit mit ihm habe. Ajax ist also keine Option."

Er zeichnete ein wenig im Sand herum, zeichnete eine Muschel mit gedrehtem Gehäuse.

"Dann werden die Werke noch ein wenig warten müssen, bis ich einen Lehrmeister gefunden habe, welcher mir das Griechisch beibringen kann."

Nun mustert er sie wieder, zeichnet aber an der Muschel noch etwas weiter, nimmt unterschiedliche Finger, um unterschiedliche Strichstärken zu erzeugen.

"Der wohlwerte Titus ist der Meinung, dass meine Schuld an euch abgegolten ist. Ihr selbst habt sie fallen lassen. Jedoch wollte ich mit euch auch darüber noch einmal sprechen. Darf ich erfahren, von welcher Schuld er euch frei gesprochen hat, wie schwer sie wog? War sie wirklich so viel wert, dass der Handel gerecht war? Was meint ihr dazu?"
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Seresa
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Sie ist abgegolten.“

Ihre Stimme klang ernst und überzeugt. Seresa ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie dies ebenso sah wie Titus. Dann schwieg die Gelehrte und ihr Blick wanderte von dem Benediktiner ab, hin zum Meer, welches vom Wind aufgepeitscht immer unruhiger wurde. Sie schien einige Momente nachzudenken, während sie die Wellenkronen betrachtete, bevor sie schließlich weitersprach.

„Wessen Schuld schwerer wog ist nicht länger von Belang. Ich habe das Angebot von Titus angenommen und es ist somit bindend für beide Seiten. Ich werde in diesem Punkt keine Nachverhandlungen führen.“

Dann wanderte ihr Blick zu Galeno. Die Brujah wirkte noch immer sehr ernst.

„Ich verstehe Eure Verwirrung oder gar Verärgerung darüber, haben weder Titus noch ich Euch ein Mitspracherecht bezüglich Eurer eigenen Schuld eingeräumt. Was Titus meinte tun zu müssen ist seine Sache. Es steht mir nicht zu darüber zu urteilen oder seine Beweggründe zu hinterfragen. So er mit Euch darüber sprechen will, was er für Euch aufgegeben hat, so ist dies seine Entscheidung. Eine Angelegenheit zwischen Euch und ihm. Ich für meinen Teil werde darüber Stillschweigen wahren.“

Seresa schwieg. Für sie war der Handel abgeschlossen und es gab für sie keinen Grund, weshalb sie den Kappadozianer über die Irrungen und Wirrungen der vergangenen Jahre ins Bild setzen sollte. Sie vermutete, es wäre ihr ohne hin nicht gelungen. Zumal ihre Worte nichts verändert hätten. Ebenso wenig wie sie damals bei Seinfreda etwas verändern konnten. Ein Jeder glaubte was er wollte und der Glaube an ein Mitglied des eigenen Clans wog schwerer, als der an einen Fremden.

„Was die offensichtliche Feindschaft und Gefährlichkeit meines Bruders im Blute Ajax angeht, so ist es Eure Entscheidung, wie Ihr damit umgehen wollt, werter Galeno. Trotz der Differenzen unserer Brüder im Blute ging ich über viele Jahre regelmäßig zu Titus. Alleine und unbewaffnet.“

Ganz stimmte es nicht, denn sie waren nie allein und nie unbewaffnet. Das Tier war immer in und bei ihnen. Doch das war nicht was Seresa damit meinte. Sie war ohne Schutz durch Ajax oder ihren Clan zu dem Kappadozianer gegangen.

„Ajax hatte mich nie davon abgehalten meinen eigenen Weg zu gehen oder mir meine eigene Meinung zu bilden. Er klärte mich auf, weshalb es Differenzen gibt. Er vertraute meinen Fähigkeiten und er hat mich einzig darauf hingewiesen, mich in Acht zu nehmen. Etwas, was immer ein guter Rat ist, einerlei mit wem von unserer Art wir verkehren. Wenn Ihr auf Grund der Aussage Eures Clansbruders zu dem Entschluss gekommen seid, dass Euch das Risiko seiner Gesellschaft zu hoch ist, so ist dies bedauerlich, jedoch nichts was ich ändern kann. Solltet Ihr Eure Meinung diesbezüglich ändern lasst es mich wissen. Sofern Ihr einzig das schnöde und derzeit gesprochene und geschriebene Griechisch lernen möchtet, vermag auch ich Euch dies zu lehren, sofern Ihr Euch an dieser Vorstellung weniger stört.“

Die Brujah zuckte mit den Schultern und sprach nicht weiter. Es war ein Angebot, welches sie so stehen ließ, ohne weiter darauf einzugehen. So der Benediktiner Interesse bekundete, so war dies in Ordnung. Wenn nicht, dann nicht. Ihr Blick wanderte von Galeno ab hin zu Luciano.

„Was Eure Frage nach einem Diener oder Beschützer angeht, so habe ich seit einigen Jahren einen Begleiter.“

Ihre braunen Augen wanderten zurück zu dem Mönch.

„Sofern es sich verhindern lässt, vermeide ich es, dass er in Kontakt mit unserer Art gelangt. Ich will ihm diese Last nicht über Gebühr aufbürden müssen.“

Dann wanderte ihr Blick auf die Zeichnung im Sand. Sie legte ihren Kopf leicht schief, als sie sie betrachtete. Ihr Gesicht spiegelte eine gewisse Nachdenklichkeit wieder, während sie mehr zu sich als zu Galeno noch einige Worte sprach.

„Das ist sehr hübsch, was Ihr da macht.“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Galeno liess einen langen Moment die Worte wirken, die Seresa zu ihm gesprochen hatte. Die Schuld war abgegolten und so nahm er es hin. Wenn es für sie passte, passte es für ihn auch.

Was Ajax anging, schien sie ihn verteidigen zu wollen, aber es war auch ihr Bruder im Blute. Er überlegte, ob seine Worte vielleicht ein wenig zu negativ gewesen waren, doch eigentlich hatte er sie doch recht normal oder logisch gewählt.

Die Stille lag noch eine Weile zwischen ihnen, gut, Stille nicht ganz. Die peitschende See und der tosende Wind generierten ihre ganz eigene Geräuschkulisse. Aber eben keine Worte.

"Ich bin noch neu in Genua und ich halte mich vorläufig an Warnungen. Wie dies dann über längere Zeit aussieht, weiss ich noch nicht. Vielleicht bringt die Zeit Kontakte, die jetzt noch nicht möglich sind, oder mir jetzt als Neuling in dieser Stadt und der Gesellschaft zu unsicher erscheinen. Eine Warnung sollte man durchaus ernst nehmen, so denke ich. Allerdings bedeutet dies für mich nicht, dass ich mir nicht selbst eine Meinung bilden werde, fernab von dem, was mein Clansbruder sagt. Doch wünsche ich mir dies in einer sicheren Umgebung."

Er lächelte leicht verlegen.
"Denn ich fühle mich hier noch nicht sonderlich sicher. Alles ist recht verworren."

Er sah zu seiner Muschel, die er gezeichnet hatte.
"Nun, dies ist meine kleine Leidenschaft nebst der Forschung."
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa nickte leicht auf die Aussage des Kappadozianers hin. Sie kannte das Gefühl sich nicht sonderlich sicher zu fühlen. Nichts was sich für sie mit den Jahren in Genua gebessert hätte. Sie hatte viel gelernt und machte deutlich weniger Fehler als früher. Die Irrungen und Wirrungen der Domäne verstand sie dennoch bis heute nicht und musste es zu ihrem Glück auch nicht zur Gänze. Wirklich sicher, würde sie sich wohl nie fühlen in Genua, aber womöglich würde dies Galeno gelingen. Ihr Blick blieb auf seiner Kunst hängen.

„Eine schöne Leidenschaft.“

Sie kannte sich damit nicht wirklich aus. Ein Punkt, an welchem sie schon zu oft ebenso bei Toma gescheitert war. Sie fand es hübsch was er tat, aber der tiefere Sinn offenbarte sich ihr nicht. Dann wurde sie kurz nachdenklicher.

„Ihr hattet von Eurer Forschung erzählt. Etwas über einen dunklen Kern?!“

Fragend wanderten ihre Augen zu Galeno.

„Was genau ist das was Ihr erforscht? Ich habe diese Begrifflichkeit - mit Ausnahme von Euch selbst - noch Niemanden nutzen hören.“
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Nubis
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Re: [1010] Gefährliche Brandung [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

"Es ist eine, die sich mit der Forschung ergänzt", meinte Galeno. "Meine Notizen sind voll mit Zeichnungen zu den Forschungsergebnissen oder anderen Dingen. Bilder können Inhalte auch denen übermitteln, die nicht lesen können. Sie veranschaulichen Dinge oftmals besser, als es der blosse Text kann."

Sie schien aber nun mehr seine Forschung zu interessieren. Sie war klug, könnte es vielleicht verstehen.

"Wir tragen jeder etwas in uns, was wir meist verbergen, wegsperren, versiegeln. Doch ab und an bricht es aus, wird rasend und monströs. Und dann verfallen wir ihm. Das ist der dunkle Kern. Meiner Ansicht nach könnte es sein, dass wir, die von Gott als Menschen geschaffen wurden, im Unleben auch etwas vom Teufel erhalten haben. Als eine Art Ausgleich. Ich will herausfinden, was es genau ist, ob meine Theorie vom Ursprung stimmig ist und ob wir mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen diesen Kern eliminieren oder verändern können."
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