[1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

[Juli '18]
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

[1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Sousanna »

In einer stürmischen Nacht würde ein Knabe eine bestimmte Taverne betreten und nach bestimmten Dame fragen. Rothaarig sei sie, klug und schön - und, hier zupfte er an seinem Ärmel, sie würde seine Herrin wohl kennen. Ob sie denn da sei, fragte er, und wenn nicht, ob er ihr eine Botschaft hinterlassen könne. Weil es sei ja wichtig - und eine schöne Frau solle man nicht erzürnen, das wüssten die Herrschaften ja alle. Ein verschmitzes Lächeln ließ die kindlichen Züge erhellen.
So sie da war, würde er betreten schweigen und abwarten, bis sie ihn empfangen würde. So sie fern war, würde die Botschaft einen ihrer Mittelsmänner erreichen.
In jedem Fall lautete sie gleich: Die Herrin des Jungen lud die schöne, rote Dame ein. Zu einem Treffen im Privaten. Sie habe da einige Erinnerungen an die Goldene, die sie teilen wolle, und suche einen Ratschlag einer lieben Freundin. Man könne sich in einer der nächsten Nächte bei ihr treffen. Zu gewohnter Stunde in gewohntem Zimmer.

Auf welchem Weg die Livia auch immer erreichen würde, Sousanna würde in besagter Nacht in besagter Wunderkammer warten. Doch etwas war anders. Die überbordende Schönheit ihrer Kleidung war dem schlichten, groben Stoff dunkler Reisekleidung gewichen. Kein Tand zierte sie, nur das traditionelle Augendunkel ihrer Heimat schmückte das schöne Gesicht, ließ es exotischer wirken als sonst. Und ein einziger Ring ruhte an ihrer linken Hand. Das wallende Haar war in einen Kranz gesteckt und verlieh ihr noch mehr das Aussehen einer Wanderin, die in diese Schatzkammer eingebrochen war.
Zwar würde ihre Schwester ein Lächeln entgegenflacken, das auch durchaus von Herzlichkeit getränkt war, doch da war ein ernster Schwermut, den sie umfangen hatte.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Livia
Jünger des Seth
Beiträge: 1434
Registriert: Do 23. Nov 2017, 22:04

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Livia »

Livia erschien bald in jenem Raum der Wünsche, in dem Sousanna und sie schon den ein oder anderen Traum verbracht hatten. Sie war im Gegenzug zu Sousanna verhältnismäßig edel angezogen, hatte sich wohl am Pöbel des Alla Murra nicht gestört - oder war nicht gestört worden. Das Kleid welches sie trug war offensichtlich vor nicht all zu langer Zeit aus Konstantinopel herbeigeschifft worden und auch den Kamm aus Elfenbein mit der kleinen Bronzeeinlage, den sie in beiden Händen trug, schien aus jener Region zu stammen.

Langsam näherte sich Livia ihrer Freundin, sie wirkte zuerst vergnügt und leicht, doch diese Emotion wich rasch einer gewissen Verwunderung und Sorge, als sie Sousannas Gesichtsausdruck einordnete.
Nachdem die Tür hinter der Merkurianerin geschlossen worden war, nickte sie der Ravnos dennoch erfreut. "Die Nacht zum Gruße, liebe Schwester.
Es ist schön, hier zu sein. Doch du wirkst betrübt?" Die Gabe in ihren Händen ganz vergessen fragte die Kainitin mit erhobenen Brauen.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Die Ravnos würde auf Livia zugehen und sie in die Arme schließen, so sie es erlaubte. Dann würde sie sogar einen Kuss auf die Wange bekommen und ein weiteres Lächeln, in dem eine Spur Bitterkeit lag.
"Ich sehe, du trägst die Goldene immer bei dir.", kommentierte sie das Aussehen der Merkurianerin. Dieses Mal schien ihr Lächeln normaler, als tröste sie der Gedanke an die alte Heimat etwas über ihre seltsame Gefühlslage hinweg.

In galanter Geste zeigte sie auf zwei Kissen, lud dazu ein Platz zu nehmen. Erst dann würde sie sprechen. "Die Nächte sind dunkel und kalt - und voller Verrat.", blieb ihre seltsam düstere Erwiderung. "Aber wie steht es bei dir? Wie macht sich Genua als neue Heimat?"
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Livia
Jünger des Seth
Beiträge: 1434
Registriert: Do 23. Nov 2017, 22:04

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Livia »

Livia wirkte besorgt, auch sie nahm den Leib der Ravnos entgegen - selbst wenn sie keine Wärme spenden konnte...
"Ich eh..." Erwiederte sie die düsteren Worte etwas irritiert, dann nahm sie auf dem vorgesehenen Kissen platz.
"Ich habe ein Geschenk für dich. Ein Kamm aus Elfenbein, er ging wohl drei Mal über den Markt der tausend Morgen - stammt aus den Nubischen Landen ursprünglich - nur eine Kleinigkeit, aber seine Geschichte hat mir gefallen und ich dachte, sie wird auch dir gefallen." Sie lächelte aufmunternd.

"Viel der Goldenen konnte ich nicht bewahren...
Aber was ich davon noch fühle, raffe ich an mich." Sie grinste kurz verstohlen. "Nun... manches teile ich."

"Du klingst dunkel und düster. Dein neues Amt und dein neuer Status, sie belasten dich?" Fragte Sousannas Schwester fürsorglich. "Mir selbst geht es ganz gut...
Genua ist eine neue Heimat, womöglich fast zu sehr.
Ich habe mich an die Kainiten und den Ort gewöhnt, aber er sich wohl noch nicht ganz an mich." Sie lächelte nun ebenso etwas bitterer.
"Genua ist ein grausam schöner Ort..."

Dann sah sie wieder zur grausam schönen Sousanna.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Das Lächeln der Schönen schien tatsächlich etwas getröstet, zumindest nicht mehr ganz so voller Bitterkeit, als Livia ihr die Geschichte des Kamms erzählte. Sie war wohl doch die Tochter ihres Blutes.
"Das ist sehr lieb von dir.", erwiderte sie und legte das Haupt kurz zur Seite. Da lag Wissen in ihrem Blick. Wissen darüber, dass Diebe und Hehler selten gern teilten - außer es gab etwas zu gewinnen.
Sacht würde sie das Kleinod betrachten und für den Bruchteil einer Sekunde schien es möglich, sich an jenen Menschen zu erinnern, der sie einst gewesen sein musste. Dieses überschwängliche Wesen, das Luxus und Schönheit über alles geliebt hatte.

Dann aber kehrte die Schwermut zurück. Seufzend verschränkte sie die feingliedrigen Hände in ihrem Schoß und eine Weile blickte sie auf den dunklen Stoff hinab. Dann schüttelte Sousanna den Kopf.
"Nein, mein Amt und mein Status sind und bleiben mir Freude und Ehre.", gab sie dann zurück und richtete den Blick der dunklen Augen dann auf die Merkurianerin. "Doch ich frage mich, ob du noch nichts davon gehört hast, was mich so betrübt... Von den Gemeinheiten, die man verbreitet, um mir und anderen zu schaden. Von Dingen, die zu Taten werden..."
Etwas lag in der warmen Stimme. Eine leise, düstere Wut, die sich nur durch die Anwesenheit der Freundin zu dämpfen schien. Eine Wut, die wie eine Glasscherbe nur darauf wartete, sich in Fleisch zu graben.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Livia
Jünger des Seth
Beiträge: 1434
Registriert: Do 23. Nov 2017, 22:04

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Livia »

Sanft rückte Livia entwas näher, sie ließ den Kamm noch nicht fahren sondern begann in einer langsamen Bewegung Sousanna damit zu kämmer - so diese sich nicht dagegen sträubte.
"Ja, ich hörte von den dunklen Gerüchten gegen deinen Weg. Von den aufgestachelten Massen. Von dem Gesetz, dass sich auch sehr explizit gegen Feiern wie die unsrige wenden soll.." Sie seufzte. "Genua wird zu einem Moralistennest... Ich weiß gar nicht, wie ich meine Aufgabe dann noch weiter vorantreiben soll." Auch sie seufzte kurz.

"Aber dich trifft es natürlich um ein vielfaches härter, stehst du doch im Rampenlicht und wahrlich in deiner Via verwurzelt..." Sanft schmeichelte der Kamm Sousannas zunehmend entflochtenen Haaren. Viele Gefühle mochten bei Kainiten abgestorben sein, aber nicht das wohlige Prickeln der Haut...

"Haben deine Befragungen etwas ergeben? Ich muss zugeben, ich habe von keinem der mir bekannten Kainiten überhaupt etwas in die Richtung gehört... aber ich glaube ich verkehre auch in den eher passiven Teilen der Kainitenschaft." Sie lächelte entschuldigend.
Dann sah sie Sousanna wieder an. "Was ist es konkret, was dir auf dem Herzen liegt, meine Liebe." Sanft streichelte sie das schöne lange Haar. "Schweigen steht dir im erregten Moment, als Verzögerung der Lust... aber im Frust und der Trauer?" Sie schüttelte leicht den Kopf.
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Die dunklen Augen schlossen sich. Artig ließ sie sich kämmen, schien es auch zu genießen, auch wenn Livia unweigerlich die Anspannung im Nacken der Ravnos fühlen konnte. Auch sie seufzte tief, während sich die seidigen Locken langsam lösten. Doch sie wusste, dass die Sünderin gewiss noch einiges an Liebkosung benötigen würde, ehe sie sich ernsthaft würde gehen lassen.
"Das Moralistennest wirft die Moral über Bord.", erwiderte sie leise und immer noch lag tiefe Bitterkeit in ihrer Stimme. Eine Bitterkeit, die bisher nur eine Person in Genua zu hören bekommen hatte. "Meine Befragungen ergaben wenig - und dafür meine Gespräche mit anderen Quellen umso mehr..."

Leicht wandte Sousanna den Kopf um der Merkurianerin ins Gesicht sehen zu können. "Ich weiß um deinen Groll auf Alain und ich weiß um deine vortrefflichen Kontakte zu denen, die sich heilig nennen." Ein schweres, ehrliches Seufzen hob und senkte ihre volle Brust. "Ich weiß auch, dass er ein unvorsichtiger Trottel ist - und dass mit großer Wahrscheinlichkeit zurecht gegen ihn ermittelt wird."
Der sanfte Blick der dunklen Augen wurde sehr ernst. "Ich frage mich nun aber, ob die ... Heiligen so eitel wären, dem Übermut eines einzelnen auf einen Pfad zu übertragen, der sich bisher bedingungslos an die Gesetze der Nacht gehalten hat und dessen Sinn nicht nach Streit und Blutvergießen steht."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Livia
Jünger des Seth
Beiträge: 1434
Registriert: Do 23. Nov 2017, 22:04

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Livia »

Livia nickte sorgenvoll, während sie Sousanna weiter streichelte und kämmte.
Als sich die Harpye dann umdrehte und sie mit diesem... nun, es war gar kein echter Vorwurf? Was genau war es? Jedenfalls hob sie nun in einer anderen Art sorgenvoll die Brauen.
"Was willst du mir damit sagen, Sousanna?" Fragte Livia etwas unsicher und verwirrt wirkend.

"Also eh... ich weiß gar nicht, wen meinst du denn mit den Heiligen? Sind sie denn noch ein aktiver Bund?" Sie hob die Braue. "Dass Ferrucio gegen uns, vor allem gegen euch vorgeht, ist bekannt. Aber du sprichst immer im Plural?" Skepsis verflog nicht.

"Aber du hast recht, ich bin mit einigen der Wanderer der Via Ceali enger vertraut... vor allem unsere gemeinsame Schwester Angelique. Mit dem wohlwerten Titus will ich nicht behaupten eine Freundschaft zu haben... aber wir können Zusammenarbeiten, er gab mir immerhin seine Fürsprache.
Das tat aber auch Vergonzo, der deinen Weg teilt...
Benedetto und Ferrucio oder Furfur habe ich nie gesprochen... bei Seinfreda weiß ich nichts von derartigen moralischen Einschränkungen. Auch wenn sie selbst nicht vielen Sünden fröhnt... das tue selbst ich jedoch auch nur mit sehr ausgewählten Wesen..." Länger noch fixierte sie Sousanna.

"Das mit Alain... ach... er ist ein unvorsichtiger Trottel und er hat Angelique angegangen, ja, ich bin erbost darüber... aber ich bin keine Idiotin, ich weiß selbst, dass nichts getan werden muss und er sich schon von selbst erledigt..." Sie schüttelte den Kopf. "Wie gut du das verhindern kannst, will ich dir überlassen, ich habe ja gesagt, meine Bitte ihn zu bestrafen nehme ich dir zuliebe zurück.." Sie grummelte etwas traurig, selbst das war also nicht positiv angekommen?
Benutzeravatar
Sousanna
Ravnos
Beiträge: 2931
Registriert: Mo 14. Nov 2016, 21:12

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Sousanna »

Wieder seufzte sie und schüttelte den Kopf. Dacht schmiegten sich die offenen Locken um dieses zum Sterben schöne Gesicht. Dann winkte sie ab. "Vergiss es, ich wollte dich nicht kränken. Nur meine Nerven werden dünner...", murmelte sie und in diesem Moment schien sich ein Knoten in der Brust der Harpyie zu lösen.
Die Anspannung brach und stattdessen sackte ihr Rücken zusammen. Die Schultern krümmten sich und mit einem seltsamen Geräusch, das mehr an ein verletztes Tier erinnerte, vergrub sie das Gesicht in den Händen. Livia wusste, dass die Ravnos ihre letzten Tage in Verzweiflung und Angst verbracht hatte und in diesem Moment schien es als wäre sie erneut in diesen Moment gefangen. Völlig menschliche Trauer hatte sie übermannt. Die dunkelsten Wolken, dunkelster Nächte hatten sie eingeholt.

So die Merkurianerin sie nicht unterbrechen würde, herrschte eine Zeit lang Schweigen. Da die Wanderin das Haupt erneut hob, schimmerten rötliche Tränen in den großen Augen.
Ihre Stimme bebte leicht vom Timbre schwerer Nächte und ihre vollen Lippen zitterten. "Noch sind sie nicht eins. Noch sind sie eine zerstrittene Fraktion, aber es wird nicht lange dauern und der Hass auf die Sünde wird sie einen.", wisperte sie. Ein Schaudern schien Sousanna erfasst zu haben. Als hätte die frostige Kälte einer Winternacht sich in ihren Nacken gestohlen. Als hätte ein Geist der Zukunft ihr seine eisigen Hände über die zarte Haut streichen lassen.
"Aber dann wird Genua in Blut ertränken. Was glaubst du, was geschieht, wenn Angelique ihren Wahnsinn, Titus seinen Hass und Seinfreda ihre Kälte entfesseln?" Der Blick der Rehaugen wurde intensiv. Ja beinahe fiebrig. "Wenn es nicht nur Ferrucio ist, der meine Leute abschlachtet, sondern sie all jene bestrafen, die nicht ihren Vorstellungen genügen. Livia, ich fürchte mich vor diesen Nächten. Ich fürchte, all die armen, unzulänglichen Gestalten nicht schützen zu können. Ich fürchte mich, mich irgendwann gegen jene stellen zu müssen, die ich jetzt Schwestern oder Partnerinnen nenne."

Mit einem heftigen, unkontrollierten Kopfschütteln wandte sie sich Livia nun ganz zu. "Ich bin dir dafür unendlich dankbar.", lächelte sie dann. Auch wenn es traurig wirkte. "Und ich bin froh, dass du mir zuliebe so viel zurückgesteckt hast. Das ist alles, was ich zu dieser Sache noch zu sagen habe. Verzeih, dass ich es noch einmal aufgebracht habe."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Livia
Jünger des Seth
Beiträge: 1434
Registriert: Do 23. Nov 2017, 22:04

Re: [1010] Was sich liebt, das neckt sich [Livia]

Beitrag von Livia »

Livia hob die Brauen irgendwie unzufrieden und streichelte die gequälte Ravnos weiter.
"Ich habe euren Ruf zu den Waffen gegen Ferrucio gehört und zumindest ich wäre durchaus bereit...
Aber ich habe Sorge, dass du so sehr gegen die Heiligen im Gesamten schießt, dass du sie damit zu dem machst... was du befürchtest.
Die Macht deiner Worte ist groß geworden, Sou." Liebkoste sie ihre arme Schwester auch verbal.
"Aber ebenso die Gefahr für dich, die davon ausgeht..."

"Ach, wir alle sind bedroht. Du stehst nicht alleine.
Wenn Fanatiker erst einmal beginnen..." Sie hob die Schultern. "Unterscheiden sie nicht zwischen Schuld und Unschuld oder weniger Schuld, dann gibt es nur noch sie und die Anderen... Du bist aber das Symbol von uns Anderen." Livia seufzte und schüttelte den Kopf.

"Aber wenn wir aufpassen, dass wir die Anderen, die anfällig für diese Wege sind, nicht befeinden... wenn wir sie nah bei uns und offen uns gegenüber halten... dann verhindern wir womöglich Schlimmeres." Ein Hauch echter Hoffnung lag in ihrer Stimme.
"Die wenigsten werden Genua brennen sehen wollen."

Kurz überlegte sie, dann sprach sie weiter.
"Ich hätte auch eine konkrete Idee diesbetreffend.
Wir sollten herausfinden, wer Gefahr läuft, ganz der Paranoia und dem Religionswahn zu verfallen und alle anderen soweit sanft einbinden, dass sie zwar nicht ihren Weg in Frage stellen müssen oder derartiges... aber dass sie nicht klar gegen uns, vor allem gegen deinen Weg, gehen.
Und wir müssen verhindern, dass sie als Kolleteralschäden von anderen in die Sache reingezogen werden, denn sonst hat Genua diesen Krieg wirklich eines Nachts." Sie schauderte spürbar bei dem Gedanken.

"Ein Beispiel ist Seinfreda. Sie kontrolliert ja die Therme und alle Welt, vor allem die Kainiten, tummeln sich gerne dort... Aber kaum jemand scheint zu wissen, wessen Blut in all diesen Menschen schlummert...
Wenn du und Seinfreda also die Therme auch öffentlich gemeinsam betreibt, aber dabei ist wichtig, dass sie eben als Besitzerin mit klar ersichtlich ist und du dich nicht ganz in den Mittelpunkt stellst." Sie schmunzelte. "Egal wie, ob ihr das Ding nachts zum Elysium erklärt oder dort Gäste der Domäne einladet oder nur sie das macht und du als Harpye das ganze eben verbreitest...
Dann wird auch sie stark genug mit der Feierkultur Genuas verbunden sein... selbst wenn ihre Thermen kein Sündenphul mehr sind, wie unter ihrem Geliebten da, so sind sie ein Ort von Vergnügungen, welche Ferrucio nicht gutheißen wird...
Eine Zusammenarbeit dieser beider gemeinsam, wird dann nur gehen, wenn Seinfreda entweder die Therme komplett entsündet - und dann würde gar niemand mehr hin gehen - oder sie abstößt...
Im Kern eine Form der Verführung?" Sie hob die Schultern.
"Problematisch ist dabei, falls der sehr verehrte Nosferatu sich wirklich einmischt und alle die keine Könige sind aus Platealonga vertreiben will... das könnte diesen Konflikt natürlich anheizen und Kappadozianer wie Seinfreda und mit ihr Benedetto auf Konfrontation schieben." Sie seufzte kurz - Godeoc würde keiner abhalten können...

"Ein anderes Beispiel ist Angelique. Sie wird sicher nicht gegen uns, gegen euch, aufbegehren oder eure Taten verurteilen... ganz im Gegenteil, ihre Interpretation des Weges, ich bekomm das immer os schlecht beschrieben, aber es ist genial! Nunja... sie jedenfalls meint ja, Kainiten sollten sündigen und verführen, da sie Teil der Strafe Gottes wären..." Sie hob warm lächelnd die Schultern. "Wenn man sie also nicht in die Ege drängt, zu deutlich zu Leuten wie Alain hält - obwohl er deinen Weg teilt - oder sie zu sehr selbst in Gewissensprobleme stürzt, dann wird sie sicher niemals an der Seite dieses Ferrucio stehen...
Sie hasst ihn."

"Bleiben nur noch die klareren Fälle...
Aber auch da... dieser Salubri, Furfur, er ist nicht mehr in der Domäne.
Also steht Titus als die schwerst zu benennende Gewalt da..." Livia atmete kurz durch, überlegte. "Zu dem kann ich dir leider noch nicht genug sagen, was das angeht...
Aber... nun... wenn du willst...
Ich könnte ihn einfach fragen?" Die Brauen erhoben sich, eine IDee die ungewöhnlich wirkte in der Nacht tausender Intrigen.
"Er ist zwar ein kalter Fisch, aber er arbeitet frei von Standesdünkel mit uns niederen Clanen, duldet ganz andere Auslegungen der Religion - wie durch Angelique - und arbeitet auch mit anderen Wegen zusammen. War er nicht vor zehn Jahren noch die rechte Hand eines Königs?" Sie lächelte zaghaft.
"Mit den Angriffen von Ajax auf ihn, wird er vielleicht aufgescheucht... das wäre schlecht. Aber gibt es denn tiefere Hinweise, dass er aktiv je gegen uns vorgegangen wäre?" Irgendwie traute Livia das dem Kappadozianer schlicht nicht zu?
Gesperrt

Zurück zu „1010“