[1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

[Juli '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Avelina di Braida
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

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Die Braue wanderte zaghaft in die Höhe bei den Worten der Harpyie.
„Ich fühle mich zweifelsfrei geehrt. Nun, das tat ich bereits zuvor. Euren Worten entnehme ich, dass ihr selbst Teil dieses Zirkels seid. Darf ich fragen, wer noch zu jenem zählt?“

Aufmerksam lag der Blick auf der Harpyie, für den Moment geradezu unschuldig. Und sollte der Blick der Harpyie auch nur kurz zu jenem Ring an ihrem Daumen gehen, so würde Avelinas Blick folgen.
„Schließlich sollte ich wissen, wenn ich zu den 'meinen' zählen sollte, nicht? Ich bin immerhin nicht lange in dieser Stadt.“

Die Viscontessa ließ sich in den Kissen zurücksinken. Zwar schien ihr stets eine gewisse steife Etikette anzuhaften, doch hier in ihrer Zuflucht wirkte sie weit entspannter, als noch im Elysium.
„Ich scheine nicht die erste vom Clan der Rosen zu sein, welche die verehrte Signora della Velanera in diesen auserwählten Kreis holt. Doch die anderen erwiesen sich offenbar nicht als würdig? Was ist geschehen? Waren es jene, die man Catarina und Matteo nannte?“
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Sousanna
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Sousanna »

Was die Viscontessa nun sah, war etwas, das man nicht anders beschreiben konnte als ein Grinsen der Ravnos. Durchtriebenheit vermischte sich mit einem derart liebenswert spöttischen Amüsement, dass man es kaum übel nehmen konnte. Es war das Grinsen eines Händlers, der einem derart charmant eine Murmel für einen Edelstein verkaufte, dass man ihm tatsächlich noch mehr gab als für besagten Stein.
"Die Reihen wurden stark ausgedünnt.", erzählte sie schließlich. "Im Augenblick gibt es eine" Sousanna zögerte ein wenig. Das Wort, dass sie verwenden wollte, schien ihr in diesem Fall nicht leicht von den Lippen zu gehen, ehe sie mit betont wohlwollender Miene doch in den Mund nahm. "Dame, die der verehrten Signora zumindest der Beobachtung wert scheint. Eine junge Brujah. Sehr jung, sehr ungestüm, sehr - sagen wir besessen auf ihr Wissen über die Welt der Toten. Aber klug und geschickt. Sie steht auf der Liste potentieller Kandidatinnen, doch davon weiß sie noch nichts." Ein vertrauliches Zwinkern flog zu Avelina hinüber. "Es bewegt sich noch der verehrte Blutvoigt in unserer Nähe, sowie auf seine Weise der wohlwerte Kastellan. - Die höchstverehrte Prinzessin ist uns gewogen"

Mit einem breiten sonnigen Lächeln neigte sie sich in ihre Richtung und senkte so verschwörerisch die Stimme, als wären das folgende pikante Details, nach denen andere sich die Finger ablecken würde. "Aber ich kann euch auch sagen, wer definitiv nicht dazu gehören wird.", raunte sie und die dunklen Augen glommen intensiv. Das Wissen und all die Geheimnisse, die sich dahinter verbargen, schienen geradezu greifbar zu sein. "Eine Kappadozianerin namens Seinfreda, sie hat Verstand, doch ihr mangelt es an Anstand und wenn das selbst eine Ravnos erkennt, fehlt es weit. Eine Königin, Raventhu, ihr wiederum fehlt es nicht an einem Gefühl für Anstand, doch der Verstand fehlt. - Sie hätte Potentiale, doch muss zunächst Demut lernen... " Bedauernd zuckte sie die Schultern. Schien sagen zu wollen, dass sie es bedauernswert fand, wenn Töchter der Nacht solche Chancen verspielten. "GIbt es andere, die euch besonders interessieren?"

Dann aber gewann der Blick eine tiefe Melancholie und wandte sich dem Boden zu. "Ihr nennt dort eine gute Freundin und einen treuen Partner.", seufzte sie und Schwere schien die schöne Unschuld zu umfangen. "Caterina gehörte dazu, das habt ihr recht erraten. Sie gehört zu den Opfern einer bösartigen Intrige, noch weit vor dem Krieg. Fiel dank der listigen Einflüsterungen des toten Blutes." Für einen Augenblick bebte die warme Stimme Sousannas. Eine leise Empörung war noch immer darin zu hören. Dann richtete sich ihr Blick auf Avelina und ihre Worte waren leise, aber so intensiv, als höre die Rose sie in ihrem Kopf: "Nehmt euch den Rat einer Zirkelschwester zu Herzen: Genua ist ein gefährlicher Ort für Rosen. Hütet euch, so man euch bekehren will, denn der Tod trachtet nach der Schönheit und Lebendigkeit der Rosen."
Ein trauriges Lächeln umspielte dann ihre Lippen. "Matteo unterdessen konnte als Mann nicht dem Zirkel beitreten, doch er war hoch geschätzt. Ein guter Freund der Signora, mein erster Handelspartner hier. Auch sein Verlust schmerzte."
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Avelina di Braida
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Avelina runzelte sacht die Stirn. Die einzige Brujah die sie kannte war Seresa und sie wollte gerade nach dem letzten Gespräch nicht in diesen genannten Kreis passen. Warum wußte sie nicht zu sagen, es war ein unbestimmtes Gefühl. Und ungestüm war auch ein Wort, das sie seit dem schwerlich mit der Brujah verband. Zudem... Wissen über die Welt der Toten? Nun, dies war auf verschiedenste Weise zu interpretieren.
„Ihr sprecht nicht von der werten Seresa, oder etwa doch?“

Als der Blutvoigt genannt wurde, runzelte sie kurz die Stirn. Sie glaubte die Bezeichnung schon einmal gehört zu haben.
„Der Blutvoigt? Es.... waren viele Namen und Titel die ich seit meiner Ankunft in Genua hörte. Wollt ihr mir auf die Sprünge helfen? Er ist einer der verehrten Ancillae, nicht wahr?“ ihr Gesichtsausdruck bei dieser Frage war entschuldigend.

Bei der weiteren Aufzählung blinzelte sie leicht.
„Nun, diese Seinfreda ist mir unbekannt. Allerdings lernte ich die werte Ravunthu bereits kennen. Ihr Benehmen war in der Tat tadellos.“ sie nickte sacht, „Die männlichen Kainiten die ihr nanntet darf man also eher in... unterstützender Position sehen? Verbündete? Den gleichen Zielen folgend? Ich hatte bereits das Vergnügen den wohlwerten Kastellan kennenzulernen.“

Die Worte die folgten waren allerdings wohl die bedeutungsvollsten für Avelina. Bei der Nennung Caterinas und der Reaktion der Harpyie hoben sich ihre Brauen sacht, und sie neigte den Kopf zur Seite.
Ebenso leise wie Sousanna gesprochen hatte, setzte sie zu einer Erwiderung an.
„Nun, das mit den Rosen mag mir ebenfalls so erscheinen. Letztendlich blieben von unserem hohen Blut nur Lorenzo und ich in dieser Stadt. Caterina, so sagte man mir, wurde vernichtet da kein Freispruch möglich war, nachdem es ihr aufgrund von Matteos Vernichtung an einem Mentor fehlte. Warum allerdings er gerichtet wurde... darüber hörte ich nichts. Und ebenso schleierhaft ist mir, wieso sich kein Mentor fand. Es klingt... geradezu tragisch einem jungen Kainiten eine Chance zu verwehren, weil es an jemandem fehlt, der ihn anleiten will.“

Sie zögerte und ihre strahlend grünen Augen lagen mit fragendem Ausdruck auf der Harpyie. Eine Lebendigkeit schien sich darin zu spiegeln, die untypisch für einen Kainit anmutete.
„Die wirklich große Frage die jedoch bleibt... wer sucht die Rosen zu bekehren? Und zu was?“ einen weiteren Augenblick verweilte das Unverständnis in ihrem Blick, dann allerdings zauberte sich ein Lächeln auf ihre Lippen, „Ich denke ich kann euch allerdings beruhigen. Ich bin sehr gefestigt in meinen Ansichten. Ich bemerkte allerdings, dass es in Genua einige... Bestreben gibt... nun, sagen wir... die Reihen der jeweils eigenen Via zu stärken. Meint ihr dies, wenn ihr vom bekehren sprecht?“
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Sousanna
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Sousanna »

Erneut lachte die Schöne ihr wasserfallweiches Lachen. Amüsiert nippte sie an ihrem Kelch und schmunzelte über dessen Rand zu der Viscontesse hinüber. Jede einzelne ihrer Bewegungen schien dieses schöne Wesen aus der besten Seite zu präsentieren. Entweder unschätzbares Talent oder das Produkt jahrelanger Übung.
"Eine ungewöhnliche Wahl, oder?" Die dunkelumrahmten Augen blitzten als hätte sie ihre eigenen, durchaus erheiternden Gedanken dazu. "Spätestens seit ihre Fänge meine Kehle zerfetzt haben, denke ich das auch. - Aber wie gesagt, sie hat einen scharfen Verstand und ist geschickt. Gewissermaßen ein sehr roher Edelstein, den man nur mit jahrelanger Übung in Gesellschaftsdingen zu schleifen versuchen muss." Sie seufzte als wäre es ein Leid, allein daran zu denken und machte dann eine gelassene Geste mit der linken Hand. "Gewissermaßen ein Langzeitprojekt von dem das Projekt nichts weiß. Eine Art segensreiche letzte Chance, wenn ihr versteht."

Dann nickte sie und ihr Lächeln war nun verständnisvoll. Beinahe schwesterlich. "Es ging mir anfangs ähnlich - und damals gab es noch nicht so viele Ämter." Ein neckisches Zwinkern untermalte ihre Worte. "Es ist der verehrte Brimir Böggvisson. Ein rauer aber auf seine Weise umgänglicher Zeitgenosse."
Auch die zweite Frage beantwortete Sousanna mit einem Nicken. "Ihr habt richtig geschlossen, was die männlichen Söhne der Nacht angeht. Sie sind Verbündete. Seht sie wenn nicht als Brüder vielleicht als liebe Cousins an."
"Ach Ravunthu" Hier wurde Sousanna wieder leiser, ernster wenn auch kein Groll in ihrer Stimme lag. "Wie gesagt, ihr Verhalten ist tadellos, nur das Wissen um den richtigen Zeitpunkt ist nicht gegeben. Ihr müsst wissen, ihr erster Besuch im Elyisium endete mit einer Anmaßung ohne gleichen. Sie wird sich ihr Ansehen erst wieder verdienen müssen."

Je öfter der Name der Rose fiel, desto betrübter schien die Byzantinerin. Für einen Augenblick schienen die dunklen Augen rot zu schimmern, dann war ihr Lächeln wieder da. Doch es war ein trauriges, bekümmertes Schimmern, das dem sonstigen Strahlen kaum gerecht werden wollte. "Ich bin nicht in der Position ein Urteil anzuzweifeln, werte Viscontessa.", gab sie leise zurück. "Nur so viel: Ihre Vernichtung ist und bleibt das Ergebnis eines schon zuvor geführten Krieges."

Leicht neigte sich das Haupt der Harpyie. Dann lächelte sie milde. "Da habt ihr wohl Recht. Ja, das war es, was ich meinte. Die einen versuchen es mit Argumenten, die anderen mit Feuer und Schwert. Und die Rosen haben in Genua einen gewissen Ruf..."
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Avelina di Braida
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Die Viscontessa schaute ein wenig schockiert drein.
„Sie... hat euch... angefallen?“ die Augen waren ein wenig geweitet, doch dann senkte sie die Lider und wirkte leicht betreten, „Nun, die Gelehrten neigen wohl dazu die Kontrolle über ihr Tier leichter zu verlieren. Sie schien mir allerdings diesbezüglich recht beherrscht. Aber ja, ich verstehe. Sie ist in der Tat eine sehr interessante Signora, die in den meisten Fällen eine bereichernde Gesprächspartnerin ist, solange man nicht das falsche Thema erwischt.“ sie seufzte leise, machte dann allerdings auch eine leichte abwinkende Geste.

Auch bei Ravunthus Geschichte wurden die Augen wieder etwas größer und der Blick fragender.
„Nun, wegen der Blutwinzerin... das ist betrüblich zu hören. Gerade da sie sehr vertraut mit der allgemeinen Etikette zu sein scheint. Da überrascht ein derartiger... offensichtlicher Ausrutscher. Hoffentlich doch ein Ausrutscher. Darf man fragen, was passiert ist?“
Dann lächelte sie.
„Brimir Böggvisson... das hört sich sehr nordisch an. Ich konnte leider noch nicht seine Bekanntschaft machen. Ich hoffe doch das wird sich mit der Zeit ändern lassen. Der Kastellan allerdings ist ein sehr angenehmer Mann, ich genieße die Gespräche mit ihm sehr. Er war äußerst hilfreich dabei, sich in dieser Stadt zurecht zu finden und hieß mich sehr höflich willkommen.“
Und wieder hielt sie kurz inne, und neigte nachdenklich den Kopf zur Seite.
„Was ist mit der jungen Händlerin? Livia? Ihr nanntet sie nicht. Ihr nutztet die Formulierung 'sehr begabte Töchter der Nacht', sie scheint recht emsig in ihren Handelsgeschäften.“

Vorsichtig, die Situation abschätzend, näherte sich ihre Hand der Hand der Harpyie, um sie tröstend auf die ihre zu legen, als sie die betrübte Stimmung Sousannas ob der Nennung Catarinas bemerkte. Sie schien sehr bedacht darauf die Reaktion der Harpyie im Auge zu behalten, bereit die Hand jeden Moment sofort wieder zurück zu ziehen, sollte sie in irgendeiner Weise spüren, dass die Geste ihr unangenehm war. Sie besaß immerhin ein gewisses Einfühlungsvermögen.
„Es tut mir wirklich sehr leid.“ ihre Stimme, die sowieso etwas dunkel und weich wie samt klang, ertönte noch ein wenig wärmer bei diesen Worten, „Ihr scheint sie wirklich sehr gemocht zu haben. Und auch ohne sie gekannt zu haben, so trauere ich um jede Rose. Zumal es in dieser Stadt... ich will offen sein, ich bin es nicht gewohnt, dass wir derart... sporadisch vertreten sind. Es ist nicht einfach derart... einsam zu sein als einzige Toreador derzeit. Doch sagt... was meint ihr mit dem 'gewissen Ruf'? Man versicherte mir bislang wäre keine Schande auf den Clan der Rose gekommen. War dies eine reine Höflichkeitsausrede?“
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Sousanna
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Sousanna »

Ein ernstes Nicken hob und senkte das schöne Haupt. "Sie hat gelernt seit diesem Vorfall - und wenn sie weiter lernt, wird ihr eine glorreiche Zukunft ins Haus stehen." Der Ton immitierte den einer alten Wahrsagerin - und einmal mehr überbordete die Exotik in ihrer Erscheinung alles. Man mochte sie sich vorstellen wie jene Salome, wie die Königinnen des Ostens oder eine jener Frauen, die die Fäden der Zukunft zu sehen vermochten.
Dann grinste sie leicht. "Aber man wird sehen."

Sousanna schmunzelte. "Sie hat sich dort im Elysium als die verehrte Acacia selbst ausgegeben.", wisperte sie dann so leise und mit betroffener Miene als wäre es ein schmutzigeres Detail als alles, was sie in ihrem sündigem leben bisher erlebt hatte. "Werte Viscontessa, ich hoffe ihr verzeiht mir meine Offenheit, aber die verehrte Hüterin des Elysiums ist mehr als nur erbost über eine solche Anmaßung."

"Livia" Die Ravnos kopierte die Geste der Rose charmant. "Hat Potential zweifellos, doch sie hat ihre Vertrauenswürdigkeit noch nicht bewiesen. Dazu ist sie jung und impulsiv..." Nachdenklich schweifte ihr Blick über den Raum und ihre Worte schienen einen sanften Nachhall zu besitzen. "Emsigkeit in einem Bereich reicht leider nicht, zu den sehr begabten Töchtern Genuas zu zählen."

Die Harpyie ließ die Annäherung zu. Ihre Wärme drang auch durch Avelinas Haut. Traurig blickte sie zu Avelina empor. "Sie war mir auf ihre Art Schwester - und ich bin dankbar für jede Nacht, die ich sie kennen durfte.", gab sie schließliech leise zu.
Dann aber lächelte sie leicht. "Matteo und Caterina gehörten zu den sinnlichsten Wesen der Nacht, auch Lorenzo war ein Freund aller Freuden - man könnte eurem Blut einen gewissen Hang zur Sünde unterstellen - selbst wenn das, wie wir wissen, gelinde gesagt, Blödsinn ist."
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Avelina di Braida
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

„Nun, ich bin gespannt. Sie war eine der ersten Kainitinnen die ich in Genua kennenlernen durfte, und ich muss sagen diese erste Begegnung war recht erfrischend. Wenngleich wir... in manchen Dingen recht unterschiedliche Ansichten haben, die uns scheinbar auseinander treiben.“ sie seufzte leise bei der Erinnerung an das letzte Zusammentreffen mit Seresa. Ein wirklich bedauerliches Gespräch.

Dann allerdings wurde ihr Blick ein wenig ungläubig, und sie sah Sousanna aus großen Augen an. Was sie über Ravunthu zu erzählen wußte hätte der Rose wohl ein deutliches Schlucken entlockt, wäre sie noch menschlich.
„Das... ist... nun, es überrascht mich zugegebenermaßen, denn dies ist wahrlich eine... schwer wiegende Anmaßung. Ich... kann mir vorstellen, dass die verehrte Signora della Velanera nicht gerade erfreut darüber ist.“

Und schon war wieder ein Stimmungswechsel zu sehen. Es war so typisch für die Rosen von einem Gemütszustand in den nächsten zu rutschen, und dies innerhalb nur weniger Augenblicke. Die Worte über Livia schienen sie ein wenig zu amüsieren und sie nickte verstehend.
„Ja, sie scheint in der Tat jung, doch ich maße mir nicht an ihr wahres Alter zu raten. Letztendlich ist es immer sehr schwierig in unseren Reihen, und man muss sich hin und wieder selbst daran erinnern, dass das Äußere rein gar nichts aussagt. Gerade wenn jemand als Kind gewandelt wurde, wie die werte Angelique.“
Sie seufzte leise und verharrte einen Moment bei diesem Gedanken.
„Ich bin wirklich froh dieses Schicksal nicht teilen zu müssen. Für ewig auf der Schwelle zwischen Kind und Frau? Das scheint mir ein hartes Los.“

Die Wärme der Haut unter ihrer Hand vermochte sie für einen Moment leicht zu irritieren. Womöglich war es da ganz ähnlich wie mit dem nach Außen sichtbaren Alter. Sie hatte den Blick gesenkt und lauschte den Worten der Harpyie mit einem leisen Seufzen.
Dann allerdings blickte sie mit einem milden Lächeln auf.
„Höre ich da eine zurückhaltende Frage nach der Wahl meines Pfades?“ ein leichtes Schmunzeln huschte über ihre Lippen und die Augen ruhten neugierig auf Sousanna, „Die beiden wandelten wohl auf dem Pfad der Sünde, allerdings... nein, ich denke nicht dass dies ein typischer Pfad meines Blutes ist. Doch es scheinen sich in Genua wohl jene eingefunden zu haben, die gerade jenem Weg folgen.“
Sie machte eine bedächtige Pause, ohne den Blick von der Harpyie zu wenden und auch ohne die Hand von ihrer zu nehmen.
„Ich schätze in dieser Hinsicht werde ich eine Enttäuschung für euch sein.“ meinte sie mit sanfter Stimme, „Ich wandele nicht auf jenem Pfad. Wenngleich Sinnlichkeit mir durchaus sehr am Herzen liegt. Man kann sich als Rose nicht davon frei sprechen sich zu den sehr menschlichen Erfahrungen der Sinneseindrücke hingezogen zu fühlen. Sei es ein verführerischer Duft, der Klang der Lyra, oder das Gefühl von weicher, lebendiger Haut unter den Fingern.“
Sie schmunzelte, und strich noch einmal sanft mit den Fingerspitzen über Sousannas Hand, bevor sie ihre eigene mit einem leisen Seufzen zurückzog.
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Sousanna
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Sousanna »

Die Schöne nickte gemessen. Ein leicht amüsiertes Lächeln schien ihre Mundwinkel etwas nach oben zu tragen. Doch das mochte genauso gut ein Gespinst aus Licht und Einbildung sein, denn da sie erneut das Wort erhob, waren ihre Worte trocken und es war kaum deutbar, wie ernst sie sie tatsächlich meinte: "Es ist ihr Talent zwischen Erfrischung und enervierendem Starrsinn zu wandeln. Man frägt sich, ob es auch Vorteile bringen kann, so streng auf seinen Ansichten zu beharren - außer natürlich äußerster Moral." Die letzten Worte waren eindeutig spöttisch und eine elegante Handbewegung schob die Moral von sich weg wie man es mit einer zu aufdringlichen Katze tun würde.

Sacht schüttelte sie den Kopf und das pure Unverständnis war nun deutlich aus den dunklen Augen zu lesen. "Nicht erfreut ist kein Ausdruck.", wisperte sie und schien ein klein wenig zu schaudern. "Die werte Raventhu wird sich einiges zur Wiedergutmachung ausdenken müssen, ehe ein solches Fehlverhalten vergeben werden kann."

Dann aber lächelte auch Sousanna wieder. "Hinter der größten Unschuld vermag sich das düsterste Untier zu verbergen - und hinter abscheulicher Gestalt ein wahres Lämmchen.", sinnierte sie und lehnte sich als Bild purer Gelassenheit zurück. "Das ist eine der Angelegenheiten, die unseren Tod so reizvoll machen." Etwas blitzte in ihren Augen auf. Eine hintergründige Wahrheit schien sich dahinter zu verbergen.
Ihr schweres Seufzen hob und senkte dann aber die volle Brust. "Es muss schrecklich sein...", murmelte sie. "Vor allem, da die Leute bei ihr zu gern vergessen, dass dieses wahnsinnige Kind mächtig ist. Mächtiger als so manches der scheinbar so viel älteren Kinder der Nacht."

Einige Augenblicke schwebten diese Worte in der Luft, dann lachte die Ravnos leise auf, während Avelina sogar einen Herzschlag unter der warmen Haut zu spüren meinte. "Ich fürchte ich muss euch enttäuschen, werte Schwester im Zirkel der verehrten Signora.", schmunzelte sie und legte charmant den Kopf schief, um die Rose anzusehen. "Mich interessiert, was ein Kind des Kains ist, nicht welchem Pfad er sich zugehörig fühlt. Und bei beiden Kindern über die wir sprechen stimmt die Annahme nicht, dass sie als Sünder vernichtet wurden. Dennoch zogen sie oft den Zorn der Heiligen auf sich." Schwer seufzte sie und schüttelte den Kopf. "Es ist ein alt verwachsenes Vorurteil - ebenso wie das, dass die meinen Diebe seien."
Da sich die kühlen Finger zurückziehen wollten, legte sich eine warme, zarte Hand auf sie. Sie hielt sie nicht zurück - und lud doch dazu ein, zu verweilen. "Dann lasst uns diesen Abend dazu nutzen unseren Sinnen zu schmeicheln.", hauchte sie leise und sah unter den dunklen, langen Wimpern zu der Viscontessa empor.
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Avelina di Braida
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Avelina di Braida »

Sie schmunzelte ob Sousannas Worten zu der Schreiberin und hob sacht die Schultern.
„Ich gebe zu ich weiß nicht viel über ihr Leben, doch oftmals liegt in irgendeinem Ereignis der Vergangenheit der Grund für einen solche Haltung begraben. Schlechte Erfahrungen womöglich, vielen geben stabile Grundlagen Sicherheit.“
Ihre Augen lagen auf der Harpyie und sie nickte zustimmend zu den Worten über Ravunthu, sowie auch jenen über Angelique.
„Ja, ich dachte mir, dass sie alt sein muss. Sie scheint recht gebildet in Sachen... Theologie. Ich muss zugeben ich konnte ihr bei sicher der Hälfte ihrer Ausführungen nicht folgen, dabei versuche ich mich stets auf sämtlichen Gebieten weiter zu bilden.“ sie hob abermals sacht die Schultern, „Zudem... ist es oftmals verwirrend sich mit Angehörigen des Clans des Mondes zu unterhalten.“

Sie driftete kurz in Erinnerungen, blinzelte dann und schüttelte den Kopf, um die Gedanken wieder los zu werden.
Bei den folgenden Worten zuckte der Mundwinkel kurz. Dann blickte die Rose sinnierend auf eines der Fresken, wenngleich sie eher hindurch sah, statt wirklich das Bild wahrzunehmen.
„Das sind äußerst kluge Worte. Sünde ist auch solch ein... unbestimmtes Wort, findet ihr nicht?“
Sie richtete den Blick wieder auf Sousanna, und auch ihr Kopf neigte sich spiegelbildlich zur Seite. Die Harpyie konnte dem Ausdruck wohl entnehmen, dass ihr Charme durchaus bei der Toreador anzukommen schien.
„Ich meine... in den Augen der Kirche sind wir alle injeh Sünder, die wir als Frauen auf die Welt gekommen sind. Dazu nähren wir uns von den Sterblichen... Doch ganz davon ab frage ich mich, ob es wohl auch ein wenig am Einzelnen liegt, was er als Sünde betrachtet, und was nicht.“
Sie lächelte sacht und wirkte überrascht, als sich die Hand auf die ihre legte. Und doch hielt sie bei der Berührung inne und schien einen Moment die lebendige Wärme der Haut zu genießen.

Die sonst so selbstsichere, königliche Haltung die ihr als Spross der Adelshäuser mit in die Wiege gelegt, und in Jahrelanger Übung perfektioniert wurde, schien von ihr abzufallen. Verlegenheit zeichnete sich auf ihren Zügen ab, und ließ sie um Jahre jünger erscheinen, wie die junge Frau, die sie eben war. Noch immer hielt sie den Blick auf die Hände gerichtet und ein scheues Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
„Was ist es, das euren Sinnen schmeicheln würde, wohlwerte Signora?“ fragte sie leise, „Schließlich soll es euch im Namen der Gastfreundschaft in diesem Hause an nichts mangeln.“
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Sousanna
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Re: [1010] Vermittlerin der Schatten [Sousanna, Avelina]

Beitrag von Sousanna »

Wieder war jenes hintergründige Funkeln in den dunklen Augen aufgeflammt, das von sachtem Amüsement und tieferem Wissen sprach. Gelassen strich ein zarter Finger eine der dunklen Strähnen aus dem Gesicht und ein Lächeln, zart wie ein Schleier leuchtete einmal mehr dort auf. "Man weiß es nicht.", sinnierte sie und ihre rechte Hand begann mit dem kupfernen Ring an ihrem linken Daumen zu spielen begann. "Das Leben entfaltet doch nur, was Gott der Herr uns mitgegeben hat." Eine Nuance des Lächelns änderte sich. Noch immer war kaum zu durchschauen, was genau davon ernst gemeint war. "Und der Tod tut es noch mehr." Sacht zupfte sie den fließenden Stoff des Kleides zurecht.
"Das mondgetränkte Blut ist ebenso aufschlussreich und verwirrend gleichermaßen." Heiter schmunzelte sie vor sich hin. "Ich persönlich finde es erfrischend. Aber ja, die werte Angelique ist ein wahrer Wissensschatz. Bestimmt könnt ihr euch mit eurem Interesse für Geschichte großartig mit ihr unterhalten."

Auch der Blick der Harpyie wanderte zu jenem Fresko hinüber. Sie jedoch schien es voll und ganz in sich aufzusaugen. Zwar hatte die Ravnos behauptet, sie verstünde nicht viel von diesen Dingen, doch die Wachheit in ihren Augen erzählte etwas anderes. Melancholische Erinnerungen lagen darin.
Dann aber lächelte sie zu der Rose hinüber. "Es gibt viele Theorien dazu, was Sünde ist.", erwiderte sie und hielt den Blick Avelinas fest in ihren warmen, schönen Augen. "Ich will euch nicht mit meiner langweilen. Ihr habt die Bekehrungsversuche hier schon erlebt - und ich möchte nicht zu denen zählen, die euch wie eine ungehörige Marktfrau beschwatzen." Ein verschwörerisches Schmunzeln untermalte das heitere Schulterzucken.

Ruhe lag dann in ihrem Blick, als ihr Finger ganz sacht über die kühle, glatte Haut der Viscontessa strich. Eine beruhigende, prickelnde Bewegung. "Mir schmeichelte jede Freude.", hauchte sie und ganz sacht schien der warme Körper sich dem kühlen, kalten genähert zu haben. Sachter Duft nach wohlriechenden Ölen schmeichelte auch der feinsten Nase. Vielleicht waren sie auch immer so nahe gewesen, nur war es erst jetzt bemerkbar. "Aber ich liebe Erzählungen."
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