[1011] Wasserspeier und andere Schönheiten [Toma, Alain]

[Alain le Beau]

Die beiden Gestalten, die an dem Kiesstrand nebeneinander stehen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Der blondgelockte Jüngling mit dem verträumten Lächeln im Gesicht und der rosigen Gesichtsfarbe, und neben ihm der bleiche Mann mit den schwarzen Haaren und dem ernsten Ausdruck auf seiner Miene. Und doch ist ihnen mehr gemein, als es einem Beobacter scheinen könnte.

"Und hier..." erklärt Alain gerade "...will ich einen Anleger. Für Schiffchen aller Art. Zumindest ist das der Grund für die sterblichen Besucher. Aber ich will euch noch nicht zuviel versprechen. Seid nur versichert, dass unsere Kunst ebenfalls zum Einsatz kommen wird."

Dann dreht er sich um und führt Toma in die Mitte des Kiesstrandes. "Vergonzo hat mir ein Meisterwerk versprochen und ich glaube ihm", sagt der Bretone mit Nachdruck. "Aber es braucht einen meisterhaften Bildhauer, um meine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Ich denke an ein Labyrinth im Inneren, Räume voll exotischer Vergnügen - oder widernatürlichster Sünden, je nach Sichtweise - und das soll sich in der Kunst widerspiegeln."

Er wendet sich seinem älteren Clansbruder zu. "In der Mitte dann ein Heiligtum. Wahrlich, ich habe das Ausmaß eurer Fantasie erkannt, Toma. Bisher habt ihr fleischliche Genüsse abgelehnt. Aber vielleicht kann eure Kunst aufzeigen, wie der Körper verändert werden müsste, um sie zu perfektionieren. Ich würde euch alle Freiheiten lassen, außer dieser: Von außen soll alles gewöhnlich wirken, klassisch vielleicht, aber züchtig. Je tiefer man eindringt, desto... interessanter soll es werden."

Der Sünder grinst dreckig. "Im Heiligtum? Ist alles erlaubt. Pervertiert kirchliche Motive, lasst euren blasphemischen Ideen freien Lauf. Wer dort hineingelangt, der ist ohnehin verloren."

[Toma Ianos Navodeanu]

Toma war Alains Einladung gefolgt und hatte seit langer Zeit einmal wieder die Stadt verlassen. Er hatte nicht oft das Bedürfnis danach. Eigentlich blieb er gern in seinen eigenen Wänden, aber manchmal war es eine willkommene Abwechslung in einer sonst gleichbleibenden Routine. Und das, das hatten die beiden auch gemein. Sie hassten Routine.
Neue Erlebnisse und Eindrücke mussten her und gerade nach der letzten Zeit, musste er einmal hinaus. Das Gefühl haben die ständigen Plagen hinter sich zu lassen. So war Toma den Weg zur Küste gefolgt in der Dunkelheit der Nacht und nur Urs Unul hatte ihn begleitet mit einer Fackel in der Hand, die ihnen den Weg geleuchtet hatte.
Doch die Nacht war auch sehr klar gewesen, so war das Feuer nicht einmal wirklich nötig gewesen unterm hellen Mondschein.

Als Toma neben Alain stand, war Urs im Hintergrund geblieben und etwas abseits am Weg entlang gegangen und hatte die beiden Vampire Raum für sich gegeben. Der ältere Tzimisce schaute in der Tat sehr mürrisch. Wenn man ihn so sah musste man sich fragen ob er überhaupt in der Lage war zu lächeln.

Toma mochte den Anblick des dunklen Meeres und den Wind auf seiner Haut, auch wenn er dessen Kälte nicht wirklich fühlte. Es war ein Gefühl, dass er in der Stadt kaum bekam.
Eine kräftige Brise ließ sein langes schwarzes Haar einen wilden Tanz aufführen, was ihn jedoch nicht zu stören schien.

Aufmerksam hörte er Alains Ausführungen und Vorstellungen zu und schritt mit ihm die geplanten Ausmaße ab. Versuchte sich in etwa vorzustellen, was sich sein Bruder da erdacht hatte.

Als dieser geendet hatte, schaute Toma ihn mürrisch fragend an.

„Blasphemisch?“ wiederholte er und machte eine bedeutungsvolle Pause.
„Was stellt ihr euch darunter vor? ...Pervertierte kirchliche Motive...“
Alain wurde das Gefühl nicht los sich hier gerade um ein Fettnäpfchen herum zu manövrieren.

„Und sprechen wir lediglich von Steinmetzkunst, von Statuen und Reliefs? Oder Körperkunst? Diese Perfektion von fleischlichen Genüssen, die ihr meint...“

[Alain le Beau]

Alain wedelt mit der Hand. "Blasphemisch oder was auch immer ihr mögt. Nachdem ich euer Werk im Elysium gesehen habe - streng, perfekt, kalt - weiß ich, dass ihr die Stimmung eines Ortes in eurer Kunst zu erfassen wisst. Oder war das nur ein Zufall?"

Er legt die Hand ans Kinn. "Ich denke, die Attraktionen muss ich alleine schaffen, auch wenn ich euren Rat natürlich zu schätzen weiß. Nein, es geht allein um die Steinmetzkunst. Davon verstehe ich rein gar nichts. Aber in den Steinarbeiten soll ich natürlich der Geist dieses Ortes widerspiegeln."

[Toma Ianos Navodeanu]

Streng, perfekt, kalt....sicherlich auch eine Beschreibung die man für Toma treffen konnte. Genauso schaute er zumindest gerade.
Die Statuen waren nicht an das Elysium angepasst. Das war seine Kunst...nun nicht völlig.

„Die verehrte Hüterin wollte die Modelle bekleidet...ich hätte ja eher zu nackten Körpern tendiert. Schließlich liegt darin doch die wahre Schönheit oder zumindest die Basis aus der welche entstehen kann.“

Das war sicher etwas dem Alain zustimmen würde.

„Ich habe keinerlei Problem euch fleischige oder steinerne Kunst zu schaffen...so ich auch etwas davon habe, nur würde ich meine sicherlich nicht als blasphemisch ansehen. Im Gegenteil...unsere Kraft und alles was daraus entsteht ist doch wahrlich göttlich.“ intonierte er und schaute durchaus nun sehr erhaben und stolz.

„Ich glaube jedoch dass ich nicht der beste Ansprechpartner für Kunst bin die sich auf eure Gelüste bezieht.“ Schon allein weil in seiner Vorstellung Perfektion keine Geschlechtsorgane hatte.
„Zumindest solltet ihr mir dann sagen was genau ihr euch wünscht.“
"Einen nackten grazilen oder muskulösen Körper kann ich euch in diversen Posen darstellen...absonderliche Wesen schaffen ebenso...nur für alles was in den Bereich der fleischlichen Liebe geht...hege ich kein Interesse und habe daher womöglich nicht das nötige Wissen."

[Alain le Beau]

"Nackte Körper, sehr gut!" sagt Alain. "Was die fleischliche Liebe angeht - betrachtet es einmal vom Standpunkt des Künstlers, nicht von euren persönlichen Vorlieben aus. Ich besorge euch gerne Anschauungsobjekte. Ich bin sicher, ihr könnt dabei eine Menge lernen, was auch bei euren Studien nützlich sein könnte. Ich selbst bin immer wieder erstaunt, welche Dinge in welche Körperöffnungen passen."

Er macht eine kurze Pause und runzelt die Stirn. "Was das Blasphemische angeht: Ich rede von den engstirnigen Vorstellungen der Sterblichen, natürlich. Eure Kreatur ist wundervoll..." Alain schaudert leicht "...und dennoch würden die Sterblichen sie als Teufelswerk verdammen."

Die Hand vor sich gestreckt, fährt der Bretone eine imaginäre Mauer ab. "Blasphemisch also - Wasserspeier, wie an ihren Kirchen, die es wild mit Nonnen treiben. Oder Heilige, die sich den Zuwendungen von Waldgeistern hingeben. Was Jesus angeht, dürft ihr mich gerne überraschen, aber auch da habe ich Ideen. Das alles natürlich nur im verborgenen Heiligtum - ich will ja nicht dass die Kirche mein Heim niederbrennt." Er lächelt milde.

"Im übrigen Haus, nun, draußen bekleidete Figuren, drinnen entkleidete. Wie diese Statuen aus alten Tagen. Ich werde euch außerdem die Formen meiner Heimat näherbringen. Mit gestickten Stoffen, mit Holzschmuck. Knoten und Wellen. Es soll an Aremorica gemahnen, wohin man auch schaut. Ihr wisst ja, wie heimatverbunden unsere Familie ist. Oh - und wir sollten darüber sprechen, was ihr im Gegenzug von mir erwartet."

[Toma Ianos Navodeanu]

Toma schaute äußerst skeptisch bei Alains Meinung, dass ihm die Anschauung fleischlicher Liebe bei seinen Studien helfen könnte. Alles konnte überall hinein passen, immerhin konnte sie es einfach passend machen.

Bei Alains Meinung zur blasphemischen Auslegung der Sterblichen runzelte er erst nachdenklich die Stirn und nickte dann, als er diesem Gedanken zustimmen konnte.

Wasserspeier..hm...nun da könnte er sich immerhin tatsächlich auslassen, so waren diese doch häufig wenig natürlichen Ursprungs. Doch ein solches Abbild...das eine Nonne vergewaltige?...Toma schüttelte seufzend den Kopf.

„Warum erfreut euch ein solcher Gedanke?“ fragte Toma darauf. „Kirchendiener in unzüchtigen Posen? Weil es im gängigen Weltbild falsch ist? Verdorben?“ Toma legte den Kopf zur Seite.
Nun auf eine Art schien sein Bruder also auch Grenzen zu überschreiten.
Auch wenn Toma dem Metier nichts abgewinnen konnte, so es ihn nicht weiter brachte, konnte er das zumindest verstehen.

„Ein Überschreiten sittlicher sterblicher Grenzen...nun, auch eine Art Veränderung herbei zu führen..“
Er schaute dennoch nicht begeistert. Solche Arbeiten würden ihn nicht weiter bringen und waren ihm doch noch zu nieder...zu sehr dem menschlichen alten leben verhaftet.

„Ich habe kein übermäßiges Interesse daran Abbilder verschiedener Wesen zu schaffen die Körperteile einander irgendwo reinstecken...Dies gibt mir nichts...Mischwesen, aus Sagengestalt, Getier und Mensch...nun das wäre eher faszinierend.“ sprach er weiter und dann schweiften seine Gesten aus. „Wie Schimären, Zentauren...aber auch Wesen mit mehreren Köpfen, Armen und Beinen...Flügeln...was durchaus etwas engelsgleiches hätte, nicht wahr?“

„Doch es ist euer Haus. Natürlich wollt ihr darin sehen was euch gefällt. Der Preis wird nur nicht niedrig sein.“ erklärte Toma dann wieder sachlicher. Er war Handwerker, er schuf zwar Kunst vor allem für sich, aber hatte es auch schon immer für andere getan. Wenn Alain dafür bezahlte, würde er sich darauf einlassen, jedoch auch nur so es seine Zeit zu ließ und es nicht Überhand nahm.

„Was ich erwarte...derzeit nur dass ihr die Materialien bezahlt. Doch es wird die Nacht kommen, in der ihr auch wieder mir behilflich sein könnt.“
beschloss er und lächelte leicht.

[Alain le Beau]

"Das ist doch selbstverständlich. Und ich denke, unsere Zusammenarbeit war bisher sehr fruchtbar" sagt Alain und faltet die Hände. "Mich erfreut dieser Gedanke nur insofern, als dass es jene schockiert, die sich der Wahrheit unserer Monstrosität verweigern. Kirchendiener sind tatsächlich keine guten Liebhaber. Unerfahren zumeist, zu abgelenkt von ihrem schlechten Gewissen und außerdem wollen sie danach oft heiraten. Sofern es Frauen sind, versteht sich."

Sein Zeigefinger tippt an die Stirn. "Käfige in den Köpfen. Kunst könnte sie daraus befreien helfen. Vielleicht."

Dann dreht er sich zu Toma. "Wobei mir einfällt... offenbar haben die Heiligen den Krieg gegen die Sünder erklärt. Ich habe zwar keinerlei Interesse an solchen Konflikten, aber nun ja. Schuld durch Assoziation. Eine unerfreuliche Geschichte, das." Er zuckt mit den Schultern. "Unsere Abmachung, dass ihr mich mit wichtigen Informationen versorgt, gilt weiterhin, oder? Sofern es euch nicht schadet, natürlich."

[Toma Ianos Navodeanu]

Toma sah Alain mit einer hochgezogenen Augenbraue von der Seite her an.
"Ich wüsste nicht, dass wir ein solches Abkommen über wichtige Informationen hatten...dass ich euch unterstütze, so es mir keine Mühe oder Schaden macht...
An eurem Krieg teilzuhaben, würde mir aber schaden. ich möchte damit nichts zu tun haben. Ihr solltet euer Haus also sehr gut schützen, denn wenn ihr die anderen reizt..."
Toma sah ihn ernst an. Ungern würde er mit hineingezogen werden, nur weil sein Name auf den Statuen stand..

"Ich habe keine Informationen über eure Feinde, falls ihr das auch wissen wollt."

Seinetwegen könnten sie sich gegenseitig auslöschen. Auch wenn Alain sein Bruder war...er war selbst für sein Schicksal verantwortlich und bei dem Weg den er beschritt, war er ohnehin dazu verdammt zurück zubleiben. Für Toma nahmen sich die Sünder und sogenannten Heiligen nichts. Alle waren sie die Ewiggestrigen.

[Alain le Beau]

"Keine Sorge", sagt Alain und hebt die Hand. "Ich will euch keinesfalls in diese Narretei mit hineinziehen. Im Gegenteil. Mir geht es sogar darum, selbst möglichst wenig Anteil an dem Geschehen zu haben. Ihr müsst wissen, dass es Sousanna war, die jetzt behauptet, es gäbe Krieg."

Ein Schulterzucken. "Die Übergriffe auf die Rothaarigen, ja, das mag ein Angriff gewesen sein. Aber ich halte das weiterhin eher für den Racheakt eines einzelnen Kainiten... mehrere Kainskinder hätten wohl kaum so etwas Närrisches vereinbart. Und daher frage ich mich: Ist dieser Krieg mein Krieg, der Krieg der Sünder - oder nur Sousannas Krieg?"

Der Blonde wendet sich Toma mit einem Stirnrunzeln zu. "Ich will von euch nur eines wissen: Wer sind die Könige? Wer ist ihr Anführer - und wo kann ich diese Person finden?"

[Toma Ianos Navodeanu]

„Die Könige?“ Fragte Toma überrascht nach. Nun das ging nun doch in eine ganz andere Richtung als erwartet.
„Ich bin mir nicht sicher. Schließlich bin ich kein Teil derer. Der verehrte Maximinianus ist meines Wissens nach ein Anhänger der via regalis und als Ancilla wohl möglich als deren Anführer...wie es nun aussieht, nachdem er kein Seneschall und Mondsenator mehr ist und als Botschafter abkommandiert wurde...“ Toma zuckte mit den Schultern.
„Die verehrte Acacia wäre wohl ebenso dabei und der werte Ilario. Letzterer ist für euch sicher ein einfacherer Ansprechpartner als die Ancilla.
Ihm gehört die Villa des Konsuls in Mascharana."

Nach einem Moment des Schweigens, sprach er erneut, die Stirn gerunzelt: "Sousanna spricht also von Krieg?"