[1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Alain le Beau
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[1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

An einem kleinen Strand an der Küste Liguriens würde sich einem uneingeweihten Beobachter ein seltsames Bild bieten. Dort, auf einem hübschen Kiesstrand, steht ein Tisch, erleuchtet vom Schein einiger Öllampen und dekoriert mit Früchten, feinen Tüchern und einem silbernen Krug. Für drei ist er gedeckt - drei Becher, drei Untersetzer, drei Stühle mit weichen Kissen. Und doch sitzt hier bisher nur einer.

Der blonde Jüngling spielt, offenbar appetitlos, mit einem Apfel. Seine Bewegungen sind gleichzeitig geschickt und geistesabwesend. Immer wieder blickt er in die Dunkelheit, suchen seine Augen die finstere Landschaft ab. Gelegentlich hält er inne, um eine vermeintliche Bewegung genauer zu studieren, nur um dann mit einem Ausdruck der Enttäuschung wieder in seinen Stuhl zurückzusinken. Ein leises Seufzen entringt sich seinen Lippen. Dann trommelt er mit den Fingern auf dem Holz des Tisches. Nur, um kurz darauf wieder in die Dunkelheit zu starren.

Im Gegensatz zu den Bewegungen des Mannes stehen in einigem Abstand - weit außer Hörreichweite - vier Bewaffnete, stockstill, wenngleich nicht weniger wachsam. Sie tragen Laternen in den Händen und der Lichtschein fällt auf kampfgezeichnete, wenngleich ausgesprochen attraktive Gesichter. Zwei von ihnen sind ohne große Schwierigkeiten als Mitglieder jenen Typs zu erkennen, der Ligurien seine Heimat nennt. Der dritte überragt sie beinahe um eine Kopflänge: Einer der Nordmänner, die Genua besuchen (oder, wie andere sagen würden, heimsuchen). Der vierte schließlich ist schwerer zuzuordnen, auch wenn seine Kleidung fränkisch wirkt. Ein hinterhältiger Ausdruck liegt auf seinen hübschen Zügen.

Ja, es wäre wirklich ein seltsames Schauspiel für einen Uneingeweihten. Aber warum sollte sich ein solcher um diese Zeit hierher verirren, weitab jeglicher Annehmlichkeiten der Zivilisation? Eingeweihte, andererseits, würden hier einen Ort für ruhige Gespräche finden...
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Sousanna
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Sousanna »

Sie hatte sich geziert. Hatte zu- und abgesagt, hatte Alain verrückt gescholten und ihn beschworen, ihr den Drachen vom Leib zu halten. Doch letztendlich kam die Harpyie von Genua.
Ihr blutrotes Kleid aus Seide leuchtete unter dem Sternenhimmel. Nein, es leuchtete nicht, es flammte. Das seidige Haar war in Zöpfe gelegt und um den Kopf geschlungen. Prächtiger Schmuck zierte ihren schlanken Körper, da sie den Strand am Arm eines einzigen Mannes hinab schritt. Nicht ihr gewöhnlicher Bluthund war es, sondern ein älterer, gut gekleideter Mann. Er trug die Zeichen genuesischen Adels und militärischer Ehren. Dunkel war sein Gewand aber fein. Sie hätten ohnehin zusammenpassen können, doch was sie noch mehr verband als der schlanke Arm, der auf dem seinen ruhte, war die düstere Anspannung in ihren Gesichtern. Eine, die beide zu zerreißen drohte.

Und doch zumindest auf den Lippen der Schönheit lag ein Lächeln. Kein freundliches, aber eines, das von sicher gewahrter Contenance zeugte. Eines, wohl einer der Gründe für ihre Ernennung zur Harpyie Genuas war.
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Alain le Beau
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Kaum betritt Sousanna den Kreis der Fackeln, da eilt der Tzimisce ihr auch schon mit einem Lächeln voll ehrlicher Freude entgegen. "Wohlwerte Sousanna", spricht er, mit einem Blitzen in den Augen, welche die förmliche Anrede Lügen straft. "Es ist wunderbar, dass du gekommen bist, trotz deiner Zweifel." Tief neigt er den Kopf, dann wirft er einen Blick auf ihren Begleiter - einen Blick bar jeder Eifersucht, aber voller Interesse. "Bitte", sagt er, wieder an die Ravnos gerichtet, "erlaube mir, dich zu deinem Platz zu führen."

Sofern Sousanna ihm ihren Arm reicht, wird er sie mit sanften Schritten zu dem Tisch bringen, wobei die Fackelträger respektvoll zur Seite treten, auch, um die inneren Dämonen der Kainskinder nicht zu reizen. "Ich bewundere deinen Sinn für edle Gewandung", sagt Alain, während er den Stuhl zurückzieht. "Und deinen Sinn für Ironie - ist solch sterblich anmutende Schönheit an meinen Clansbruder doch bedauerlich verschwendet. Sei dir versichert", fährt er fort, während er sich gegenüber der Harpye niederlässt "dass du zumindest einen Bewunderer hast, der dein Werk zu schätzen weiß. Mehr, wenn ich meine Diener richtig einschätze."

Wieder richtet er einen interessierten Blick auf Sousannas Begleiter, lässt aber die Frage unausgesprochen im Raum stehen.
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Sousanna
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna schenkte ihrem Gastgeber ein förmliches Nicken, das nur von einem sanften Glühen gebrochen wurde. "Ich danke dir für die Einladung.", erwiderte sie. Auch wenn ihr Tonfall davon sprach, dass sie zu diesem Thema noch einiges hätte sagen können, es allerdings aus Respekt vor dem Moment nicht tat. "Wenn dein Vorhaben klappt, bin ich dir zu Dankbarkeit verpflichtet."
Ihr Begleiter aber erwiderte den Blick gelassen. Er schien erfahren genug, nicht auf Blicke anderer Blutsauger zu reagieren. Oder vielleicht auch schlicht beherrschter als der Kampfhund, der die Schönheit sonst begleitete. Stattdessen tauschte er nur ein letztes, halbes Lächeln mit seiner Herrin, zog sich schlicht etwas zurück, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und verharrte einer Statue gleich.

Die Harpyie ließ sich mit einem Schmunzeln zu ihrem Platz führen und ließ sich anmutig gegenüber von Alain nieder.
"Schön, dass zumindest du es zu schätzen weißt.", erwiderte sie und besah sich mit mildem Interesse den Tisch. Dann grinste sie. "Und die deinen natürlich. Übrigens muss ich zu ihrer Schönheit gratulieren. Ein gutes Händchen hast du da bewiesen."
Mit geschickten Fingern begann sie mit dem Obst zu spielen ohne die Schönheit des Gedecks ernsthaft zu stören. Ihr halbes Lächeln hatte etwas bösartiges, als sie zu ihrem Begleiter hinüber nickte. "Gherado, Hauptmann der Wache von Ravecca.", erklärte sie schließlich und schenkte ihm ein schelmisches Lächeln, während der Angesprochene nur knapp nickte. "Dein Bruder hat sich in den letzten beiden Treffen nicht von seiner besten Seite gezeigt. Und ich verzichte darauf, ein weiteres Mal seine ekelerregenden Zähne in der Nähe meines Fleischs zu wissen."
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Die beiden musste nicht lange warten, bis sich drei weitere Besucher dem kleinen Strand inmitten der sternenklaren Nacht näherten. Die Wachen Alains wurden kurz gemustert, dann schritt der ältere Tzimisce zielgerichtet auf dieses seltsame Bild zu, dass sich ihm da bot.
Ein Tisch und Stühle am Strand. Er war schon verwundert gewesen warum Alain ihn hier heraus bestellt hatte. Nun das war...kreativ.
Toma war anders als die beiden in keiner Art besonders herausgeputzt. Seine Kleidung war so einfach und schlicht wie immer. Grau und schwarz und einfach nur zweckdienlich. Ebenso wie die der beiden hühnenhaften Guhle, die ihm folgten und die wie Zwillinge aussahen.

Als er bei dem Tisch ankam, starrte er für einen Moment, der sich wie eine Ewigkeit zu strecken schien auf Sousanna. Die eisblauen Augen sprühten förmlich Funken.

"Guten Abend, werter Bruder." sagte er dann und sah zu erst zu Alain, bevor er sich wieder an Sousanna wandte. "...werte Sousanna." Sie konnte alle merken, wie er sich Mühe gab das werte überhaupt auszusprechen.
Vielleicht hätten sie erst Gras über die letzte Sache wachsen lassen sollen...nun...jetzt war es zu spät.

Sousanna hatte den Drachen so noch nie gesehen....und doch kam ihr das Gesicht bekannt vor...
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Alain le Beau
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Auch als Toma in den Lichtschein der Fackeln tritt, erhebt sich Alain rasch - mit einem entschuldigenden Lächeln zu Sousanna - und eilt seinem Clansbruder entgegen. Wie bereits Sousanna begrüßt er diesen respektvoll und führt ihn zu seinem Platz, auch wenn er Toma weder seinen Arm anbietet, noch den Stuhl für ihn zurechtrückt.

Der junge Tzimisce schaut bei Tomas Begrüßung von diesem zu Sousanna und wieder zurück, mit gerunzelter Stirn. Er lässt der Ravnos kaum Zeit diesen Gruß zu erwidern, als er auch schon selbst zu sprechen beginnt. "Mit eurer Erlaubnis, werte Verbündete..." Als sich die Augen auf ihn richten, verneigt sich Alain entschuldigend. "Lasst mich kurz einige Worte sagen, auch wenn ich euch damit so rüde unterbreche. Ich versichere euch aber, dass ich damit nur die besten Absichten hege."

Kurz wartet er die Reaktion der beiden ab. Eine kleine, strategische Unhöflichkeit ist das eine, eine andauernde Provokation das andere. Alain ist nicht suizidal.
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Sousanna
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Sousanna »

Eine Augenbraue hatte sich zart erhoben, als sie die neue Gestalt des Drachens gesehen hatte. Kurz war ihr etwas sehr dummes durch den Kopf gehuscht, doch der Instinkt einer Harpyie war inzwischen wohl doch stärker als der der frechen Ravnos. So blieb es bei einem Aufblitzen der dunklen Augen, das unter einem leichten und dennoch anmutigen Kopfnicken verschleiert wurde.
"Werter Toma", erwiderte sie. Die warme Stimme war voller Eiszapfen und doch ruhig und höflich. Vielleicht hatte sie noch etwas hinzufügen wollen, als Alain die Stimme erhob.

Wieder nickte sie leicht. Erlaubte ihm seine Unterbrechung. Schenkte ihm sogar ein aufmerksames Lächeln, beinahe so als wolle sie im Unterton andeuten, dass seine Worte ohnehin interessanter wären, als alles, was der Drache hätte sagen können.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma ließ sich auf den dargebotenen Platz nieder, während seine beiden Guhle hinter ihm Position bezogen. Beide trugen heute keine Speere, sondern hatten ihre Hände frei, auch wenn unter ihren Umhängen noch Äxte hervorlugten.

Aufrecht sitzend, so dass sein Rücken kaum die Lehne des Stuhles berührte, schaute er Alain doch sichtlich überheblich an (vielleicht war er aber auch einfach nur mies gelaunt oder beides) und nickte ihm zu, dass er sprechen konnte.
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Alain le Beau
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Alain nickt dankbar und beginnt zu sprechen: "Lasst mich damit beginnen, dass ich keineswegs erwarte, dass sich am Ende der heutigen Nacht zwei Kainiten weinend in den Armen liegen. Es ist nicht mein Ziel, aus euch Freunde, ja, nicht einmal Verbündete zu machen. Böses Blut ist zäh und langlebig. Ich weiß, Worte wurden gesprochen, Rippen wurden geborgt - und im Bewusstsein all dieser Dinge sage ich: Ihr solltet dennoch zumindest zusammenarbeiten. Warum? Nun..."

Der blonde Tzimisce neigt sich vor. "Ich habe mit euch beiden gesprochen und ihr habt immer wieder die Verachtung gegenüber dem anderen betont. Toma hier verachtet Sousannas - und meine - Vorliebe für sterbliche Genüsse, während Sousanna im Umkehrschluss... wenig erfreut ist über Tomas Vorliebe für unmenschliche Experimente, insbesondere solche die sie betreffen." Er macht eine Pause. "Als neutraler Beobachter, der Sousanna über ihren Weg und Toma über sein Blut verbunden ist, sehe ich Wahrheit in beiden Vorwürfen. Aber ich sehe noch mehr. Ich sehe Gemeinsamkeiten."

Eine Pause. Der Sprecher winkt einen der Fackelträger heran und reicht ihm den Krug, lächelnd. Lässt den Gedanken einsinken.

Schließlich wendet er sich wieder seinen Gästen zu. "Seht ihr, in eurer Feindschaft habt ihr beide euch auf das konzentriert, was euch am Eindrücklichsten erschien. Das ist verständlich. Aber betrachtet die Angelegenheit einmal mit kühlem Kopf. Toma, würdet ihr Sousanna oder mir unsere Vergnügungen verbieten, egal wie sehr ihr diese verachtet? Sousanna, stört es euch in der Sache, wenn Toma Menschen - und sich selbst - in monströse Formen bringt? Bitte antwortet ehrlich."

Interessiert blickt Alain seine Tischgefährten an.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1012] Stimme der Vernunft [Toma, Sousanna, Alain]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Als Alain davon sprach was Toma an Sousanna störte, öffnete dieser schon den Mund um etwas einzuwerfen, aber ließ Alain dann doch zu erst zu Ende sprechen.

„Das stimmt so nicht.“ erwiderte er dann und sah Alain an.
„Ich verachte sie nicht wegen ihren Genüssen, nicht hauptsächlich und ausschließlich zumindest.
Sondern weil sie schwach und jämmerlich war.“
Nach diesen Worten wanderte sein Blick zu der Ravnos.
„Ihr habt euch unwürdig und nieder verhalten , also habe ich euch so behandelt. Irgendwann schient ihr dann zwar euren Stolz gefunden zu haben, aber das macht euch leider nur noch nerviger.“

Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Alain.“Also nein, ihre/eure Vergnügungen sind mir völlig egal, auch wenn es keinem von euch Schaden würde, solche unnötigen Taten sein zu lassen.“
bemerkte er noch mit sichtlichem Missfallen.
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