[1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Mit vielen der merkwürdigen Titeln, die sie sich gab, oder die andere ihr gegeben hatte, konnte Galeno nichts anfangen. Aber es bewirkte natürlich, dass die Vorstellung schön lang wurde und somit eindrucksvoller wirken konnte. Manch anderes verfehlte seine Wirkung natürlich nicht.
Auch sonst bewirkten ihre Worte, dass der die Brauen zusammen zog und ernst wurde.

"Nicht jeder gebildete Geistliche ist unbedingt des Griechischen mächtig. In erster Linie lernte ich Latein, doch leider ist in unserer kleinen Priorei der Rest zu kurz gekommen, aus Ermangelung an Mentoren. Auf Grund der begrenzten Möglichkeiten, ersuchte ich auch nach der Möglichkeit zu reisen, welche mir gewährt wurde. Sonst wäre ich nicht hier, um zu lernen."

Er lächelte milde.

"Ja, es ist bedauerlich, dass wir bei unserem ersten Zusammentreffen nicht schon einander besser bekannt wurden und dass ich bis vor Kurzem nicht wirklich viel über euch hörte, geschweige denn jemand darauf aufmerksam gemacht hatte."

Sein Kopf legte sich leicht schief.

"Ihr kennt mich aus Geschichten?" Er wirkte tatsächlich neugierig.

"Ich hoffe doch, sie waren einigermassen unterhaltend. Wobei, wenn ich euren Rat so höre, sollte ich dabei Bedenken hegen?"

Und trotzdem schlich sich ein nun vielmehr selbstsicheres Lächeln auf seine Züge.
Er wusste, dass er schon die eine oder andere kleine Schwierigkeit hier in Genua gehabt hatte, aber er hatte kein schlechtes Gewissen, ausser vielleicht bei der Begegnung mit Ravunthu, der Ventrue. Aber auch da arbeitete er ja darauf hin, es besser zu machen.
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Die rote Zunge glitt über die vollen Lippen. "Ich höre aus Prinzip nur unterhaltsame Geschichten.", schmunzelte sie und begann die dunkle, tiefgelockte Mähne in einen wieder ordentlichen Zopf zu flechten. "Die euren haben mich tatsächlich amüsiert. Sie erklärten mir zumindest, weshalb ihr euer Schweigegelübte gebrochen habt." Ein Zwinkern, das im besten Falle nur zufällig lasziv wirkte. "Man sagte mir, ihr genießt die Schönheiten der Stadt."
Seine Ausführung über das Griechische, ließen sie nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Eine solch ausführliche Ausführung hatte sie gewiss nicht erwartet. "Aber ich verstehe. So ihr einmal das Bedürfnis habt, diese Sprache zu lernen, kommt zu mir."

Dann aber wandte sie den Blick noch einmal nachdenklich zu Galeno. "Sucht ihr also Frauen, um zu forschen oder um zu helfen?" Eine Schärfe lag in der warmen Stimme, die die beiden Brüder bisher noch nie gehört hatten.
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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Er legte den Kopf leicht schief und blickte sie verwundert an. Was sie wohl alles gehört hatte? Doch wirkte es so, als mache sie seltsame ndeutungen und er war sich nicht sicher, ob er wirklich gerade zwischen den Zeilen lesen wollte. Aber er behielt es im Kopf...
So schmunzelte er und meinte dann: "Nunja, die Stadt weist ein paar schöne Orte auf, jedoch gibt es auch noch viel zu tun, um sie noch viel schöner werden zu lassen."
Sein Schmunzeln wurde zu einem Lächeln. "Was das Griechische angeht, so werde ich bei Gelegenheit sehen, was sich machen lässt. Es hat allerdings nicht höchste Priorität. Anderes ist durchaus wichtiger im Moment. Jedoch habt dank für das Angebot."

Er musterte sie einen gewissen Augenblick und als sie sich noch einmal speziell an in wandt, schaute er abermals verwundert.
"Wieso oder? Schliesst bei euch das eine das anderes aus? Muss man nicht erst forschen, um dann helfen zu können?"
Er steckte die Hände zusammen, sodass die Ärmel unterhalb der Brust zusammenlagen, ohne einen Blick auf die Hände freizugeben.
"Meine Forschung ist dazu da, um zu helfen. Manches Mal könnte es ein gewisses Opfer verlangen, aber im Endeffekt ist dieses nicht vergebens. Ab und an lässt es sich nicht vermeiden, dass ein paar wenige leiden müssen, damit danach vielen geholfen werden kann. Bei der Forschung, die ich anstrebe, bin ich allerdings weniger der Verursacher von Leid, als derjenige, der es zu lindern oder zu heilen versucht."
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Ihr Grinsen machte klar, dass Sousanna sehr wohl wusste, dass er nicht nur die schönen Orte genossen hatte. Leicht hatte sich ihr Kopf zur Seite gelegt und eine Spur Sanftmut lag in dem Blick voller Schalk. "Wenn ihr das sagt.", schmunzelte sie.
"Ihr habt eine Ewigkeit es zu lernen.", meinte sie nur und zuckte die Schultern, während sie in die Schatten blickte, als sähe sie dort bedeutend spannendere Dinge. "Und ich eine Ewigkeit es zu lehren. Wir haben nichts zu überstürzen."

Dann aber schlich sich ein irritierendes Lächeln auf ihre Lippen. Mit in die Hüften gestützen Händen musterte sie den Mönch vor sich. Schien seine tote Seele zu suchen.
Die Harpyie schüttelte den Kopf. "Was wisst ihr denn über den Körper einer Frau?", fragte sie schließlich mit einem bedauernden Blick. "Ihr habt nie einer Frau Freude gebracht und verurteilt die aus Not verdorbene Weiblichkeit. Euch mit den armen gefallenen Frauen unter meinem Schutz arbeiten zu lassen, wäre so als ließe ich einen Ochsen Enteneier bewachen."
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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Wieder diese Anspielungen..sie wusste definitiv etwas... Amalias lautes Mundwerk, oder vielleicht diese Livia? Beides hätte dazu führen können. Doch als sie dann über sein Unwissen bezüglich Frauenkörpern sprach, grinste er ein wenig.
"Nun...." Er wurde leiser.. "Nehmen wir an, eure Worte bedeuten etwas mehr, als das, was ihr direkt aussprecht, so sollte ich wohl doch etwas mehr wissen. Zudem verurteile ich nichts...ihr tut mir unrecht, weil ihr mich nicht kennt und weil ihr in mir jemanden zu sehen scheint, den jeder sieht, wenn er nur auf das Geistliche blickt. Da liege ich doch richtig, oder?"
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Das hübsche Köpfchen der Harpyie wandte sich zur Seite. Ihr Lächeln hätte nach süßem Honig geschmeckt, hätte man es gekostet.
"Nehmen wir an, ich wüsste Dinge.", ging sie auf das Spiel ein und schien jedes Wort zu kosten. "Nehmen wir an, ihr hättet nicht die Harpyie übergangen, wie ein heißes Kohlenstück. Dann würden sich sicher Informationen und Erkenntnisse eröffnen." Der Kopf legte sich auf die andere Seite und sie seufzte schwer. "Nehmen wir aber an, genau das wäre geschehen, dann müsstet ihr entweder die Konsequenzen tragen und darauf vertrauen, dass sie mit ihren Informationen sorgfältig umgeht. Oder aber ihr sorgtet dafür, dass sie ein wenig besänftigt ist."

Schließlich aber trat sie auf ihn zu. Kam so nahe, dass die Wärme ihres Körpers ihn unweigerlich berühren musste. "Ich tu euch Unrecht, weil ich gesehen habe, wie ihr eine Unschuldige anseht, wie ihr sie ihrem Schicksal überlasst, wenn sie sich ungebührlich verhält? Ich tu euch Unrecht, wenn ich euch frage, wie diese Untersuchung aussehen sollte? Wenn ich euch fragen würde, wie ihr mich anfassen würde, würdet ihr mich untersuchen?"
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Galeno war etwas verwirrt, sodass er gar nicht auf die ersten Worte einging, sondern sich gleich um die letzten bemühte.

„Wie wollt ihr bitte meinen Blick gesehen haben? Mein Gesicht war verborgen, meine Augen an sich sind ziemlich starr und wenn es auf Grund meines Handelns war, so muss ich euch sagen, dass ihr da falsch liegt. Ich zog mich lediglich zurück, da ich ohnehin nichts hätte ausrichten können und mein Ghul sich um Längen besser in Kneipen und deren Gastfreundschaft auskennt, als ich dies jemals könnte. Hätte ich nicht helfen wollen, hätte ich ihn zurück gepfiffen und ihm nicht diese Freiheit gewährt.“

Ihr Wärme war ungewöhnlich, aber passte zu ihrem Aussehen. Für Galeno ein Makel, einen, den der Herold schon einmal angesprochen hatte. Doch er ging auch darauf nicht ein. Dagegen würde sie ziemlich schnell spühren, dass so nahe bei ihm die Luft immer kühler wurde.

„Ich habe nicht vor, euch zu untersuchen. Nicht in diesem Fall, da es um die sterblichen Probleme geht und nicht um die, von uns. Bei sterblichen Frauen müsste ich mir den Heilungsprozess ansehen, ohne einzugreifen und ihn beobachten nach Verabreichung heilender Salben oder Tinkturen. Nichts also, was irgendein Leid vergrössern würde. Ich will heilen, nicht quälen oder gar töten.“
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Sacht streckte sich ihre Hand aus. Wärme würde seine kalten Wangen berühren. Auch wenn Sousanna die Lebendigkeit eines Menschen anzuhaften schien, besaß sie wohl kaum Skrupel oder die menschliche Zimperlichkeit, was so etwas anging. Die Berührung wäre beinahe liebevoll, läge da kein Gefühl in ihrem Blick außer eisige Berechnung.
"Eine Hure muss wissen, wie sie angesehen wird.", flüsterte sie und das Lächeln war scharf wie eine Klinge und doch lieblicher als eine Rose. "Aber ihr könnt beweisen, dass ihr die Gefallenen nicht aus Wahn heraus verachtet."

Dann schüttelte sie den Kopf, schien einen Witz amüsant zu finden, den er nicht kannte. "Ich kann euch helfen.", erklärte Sousanna schließlich leise. "Gegen Bedingungen. Die erste lautet, dass ich die Forschung an meinen Mädchen überwache. Seid ihr bereit das zu akzeptieren?"
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Ernst war sein Blick, als sie ihn berührte. Er konnte ahnen, fast schon wissen, was sie für einen Wahn meinte.
Ihre Berührung, die er zu liess und nicht weg schlug, war warm, passend zu ihrem menschlich wirkendem Äusseren.
Er lächelte ein wenig und überlegte, ob er das Gelernte bei Avelina anwenden sollte.
Sie hatte doch gesagt, dass Frauen es schätzen würden, wenn man ihnen Komplimente machen würde und sie war schön anzusehen. Also wäre es noch nicht einmal gelogen.
"Ihr habt schöne, warme Hände. Passend zu dem sonst so hübschen und zart wirkendem Äusseren. Lediglich euer Blick würde das Gemälde ein wenig in Rätsel hüllen...Jedoch frage ich mich, von was für einem Wahn ihr da sprecht. Ich hoffe doch nicht, dass ihr alle Gläubigen wahnsinnig nennt."

Er lauschte zudem ihrer ersten Bedingung. Die war machbar. Doch das liess er erst einmal offen. Er wollte noch die anderen hören.
"Und die weiteren Bedingungen wären?"
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Ganz sacht spitzten sich die vollen menschlich roten Lippen. Beinahe hätte man meinen können, sie deute einen Kuss an. Man hätte meinen können, für einen Moment fühle sich die Harpyie von den Worten des jungen Mönchs geschmeichelt.
Doch ihr Lächeln blieb das einer schönen Frau, die derlei und bedeutend poetischere Komplimente wohl zu ihrem täglich Brot zählen konnte. Nur leicht neigte sich ihr Kopf. Der Blick noch immer voller rätselhafter Drohungen und bittersüßer Freuden, raunte sie nur: "Die Kunst der Verführung ist die Kunst der Verhüllung. Das ist das Geheimnis jeder schönen Frau."
Für einen Moment vertiefte sich das Lächeln noch, schien vertraulich, ja ließ den Eindruck entstehen, sie hätte ihm gerade einen Ratschlag unter Freunden gegeben.

Gelassen lehnte sie sich dann neben Galeno an die Wand und einmal mehr würde ihm der Duft nach teuren Ölen in die Nase steigen. "Nein, Glaube ist sehr sinnvoll. Immerhin hat Gott der Herr unsere Welt erschaffen und uns verbannt." Leichtfertig zuckte sie die Schultern. "Nicht zu glauben ist dumm und naiv. Aber diejenigen zu verdammen, die zu schwach sind, den Versuchungen zu widerstehen, ist eitel und falsch." Ernst trafen ihre Augen die seinen und zum ersten Mal klang sie völlig ehrlich. "Es wir alle können zur Sünde gebracht werden. Es ist nur eine Frage der Umstände."

Dann aber winkte die Ravnos ab und ihr Lächeln hatte wieder den Charme eines goldzähnigen Händlers, der einem die besten Pferde versprach. "Keine, die ein gebildetes Mitglied unserer Gemeinschaft nicht erwarten würde.", war die rätselhaft enthüllende Antwort. "Vielleicht kann ich euch auch eine neue Möglichkeit zur Forschung eröffnen - natürlich nur wenn ihr wollt."
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