[1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Sousanna
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Sousanna lächelte leise vor sich in. "Ja, Orazio Visconti ist beachtlicht.", erwiderte sie beinahe nachdenklich.
Ein wenig verträumt neigte sie den Kopf zur Seite und lächelte in sich hinein. "Ich freue mich darauf, ihn einmal in Persona kennen zu lernen.", seufzte sie und man hätte beinahe meinen können, sie wäre eben so versessen auf ihn wie auf ihren Vater im Blute. "Seine Briefe sind in jeder Hinsicht eine Freude." In galanter Geste strich sie sich das duftende Haar aus dem Gesicht. "Ein zauberhafter Mann."

"Er war jung und dumm.", erwiderte sie schließlich und wischte die Sorge über die Vermittlung Lorenzo bei Seite. "Dafür wird er zahlen und hoffentlich daraus lernen." Damit schien die Angelegenheit für sie endgültig erledigt.

Über Quantus dann lächelte sie. "Unter den unseren ist der Kontakt oft ... speziell, so dass ich dich darin nicht verwickelt wissen wollte.", schmunzelte sie. Entspannt lehnte sie sich erneut an die warme Holzwand. "Ich hoffe doch, er war ein halbwegs angenehmer Zeitgenosse."
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
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Seresa
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Ich habe bisher keinen deines Blutes kennengelernt, der nicht ein angenehmer Zeitgenosse gewesen wäre.“

Ein Lächeln umspielte Seresas Lippen.

„Es ist wahrlich bedauerlich, dass es mir bisher nicht vergönnt war deinen Erzeuger kennen zu lernen. Nachdem was ich bei Hofe sehen durfte, kann ich nur allzu gut erahnen woher deine Begeisterung für ihn stammen mag, ist er ein wahrlich stattlicher, ansehnlicher und beeindruckender Mann.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment, bevor ihr Blick plötzlich ernster wurde, ganz so als schien ihr erst in diesem Moment etwas klar geworden zu sein.

„Andererseits sollte ich mich wohl eher glücklich darüber schätzen, dass er mich nicht zu sich rief, um mich daran zu erinnern, wie wenig erfreut auch er über mich gewesen sein durfte, nicht wahr?“

Der Blick der Gelehrten wanderte nachdenklich und wenig erfreut aufs Meer ab. Dann sog sie die mit den fremden Düften versetzte Luft ein, bevor sie sie unverbraucht entweichen ließ und sie den Kopf schüttelte.

„Wie dem auch sei.“

Ihre braunen Augen wanderten wieder zu Sousanna und der Versuch eines unbeschwerten Lächelns fand auf ihre Lippen zurück.

„Du hast mich doch sicherlich nicht auf dieses Heiligtum eingeladen, um über derartiges mit mir zu plaudern.“

Die Hände der Gelehrten beschrieben eine sich öffnende Geste.

„Bisher war es mir vergönnt nur einen kleinen Teil dieses wahrlich beeindruckenden Prachtstücks zu sehen. Würdest du mir die Ehre erweisen mich herumzuführen und mir mehr davon zu zeigen?“
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

"Wenn wir schon keinen Stand haben, so brauchen wir doch Charme.", witzelte die Ravnos und legte den Kopf schief, so dass sie für einen Augenblick sogar kleiner wirkte, als die Schreiberin. "Das ist unser Schwert und Schild."

Da das Gespräch auf Caspar kam, seufzte sie leise und sogar im Mondlicht sah man, wie ihre Wangen sich leicht röteten. Als versuche sie das mit einem Mal aufkommende Glühen in den dunklen Augen zu verbergen, schlug sie die Lider, verdeckte den Glanz darin mit den langen, dichten Wimpern.
"Er ist ..." Sie seufzte schwer und klang wie ein verliebter Backfisch. "Ach, es gibt keine Worte dafür ... einfach großartig."
Sanft legte sie die Hand an Seresas Oberarm und lächelte dann vertraulich. "Und ich bin sicher, er würde einer solch lieben und klugen Person wie dir nie auch nur ein Haar krümmen."

Beinahe schien es, als hätte die Wanderin nur auf ein Stichwort gewartet, denn begeistert klatschte sie in die Hände. "Du hast Recht." Ein Strahlen huschte über ihre Züge. "Es ist genug geredet und zu wenig gesehen bisher. Ich zeig dir all die Wunder meines Schiffes."
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Seresa
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte auf die Worte Sousannas nichts weiter erwidert. Auch ihre Verliebtheit schien sie nicht weiter wahrgenommen zu haben. Stattdessen nickte die Gelehrte einzig zustimmend, als Sousanna geendet hatte.

„Sehr gerne, Sousanna. Es wäre mir eine Freude. Bitte, führe mich.“

Sie beschrieb eine sich öffnende Geste mit der Hand und würde Sousanna nachfolgen, wo auch immer sie die Brujah hinführen würde.
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Sousanna
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Einer alten Freundin gleich, die ihr unbedingt etwas zeigen wollte, griff Sousanna nach dem Handgelenk der Brujah und zog sie freudig hinter sich hier.
Der Garten in all seiner Schönheit war schon Wunder genug, doch es wäre nicht das Boot einer Wanderin auf dem Weg der Sünde gewesen, gäbe es nicht noch mehr an überbordenden Denkwürdigkeiten.

Einen kleinen Ballsaal, wohl für Versammlungen und Vorstellungen gedacht, Mosaike, die Tiere zeigten und Kunst der Schwester Roms, Kammern, in denen man vertrauliche Gespräche führen oder noch vertraulichere Freuden durchleben konnte.
Glanz und Schönheit fand man hier. Kein Luxus fehlte und kein Schutz. Waren es Schatten die dort in den Ecken krochen oder nachtschwarze Schlangen von monströsen Ausmaßen? Bildete man sich das Zischen ein? Würde sich Seresa nicht darauf konzentrieren, so wäre sie nicht im Stande es einzuschätzen.

Das Strahlen der Harpyie aber stellte all das in den Schatten. Es verwandelte die Geheimnisse des Schiffes zu sonniger Schönheit.
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Seresa
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Sousanna konnte spüren, wie sich der Körper der Brujah instinktiv versteifte, als diese nach ihrem Handgelenk gegriffen hatte, doch wirklich ziehen musste die Ravnos sie nicht. Stattdessen wirkte es eher, als würde die Gelehrte bewusst langsamer gehen, um Sousanna bei ihrer Führung nicht unabsichtlich zu überholen. Aufmerksam und sichtlich interessiert blickte sich Seresa um. Betrachtete die Mosaike und die Kunst, so Sousanna ihr dazu die Möglichkeit gegeben hätte. Ihr Blick wanderte ziellos umher. Offensichtlich versucht alles in sich aufzunehmen und auf sich wirken zu lassen. Fasziniert betrachtete sie das Schattenspiel, doch als sie sich auf das vermeintliche Zischen der Schlangen konzentrierte*, geschah etwas Unerwartetes und etwas, womit Seresa wohl selbst in diesem Moment nicht gerechnet hatte. Die Schönheit des Schiffes verwandelte sich in den größten Alptraum der Gelehrten und ihre Fangzähne fuhren instinktiv aus. Von einem Augenblick auf den nächsten wirkte sie wie versteinert, fast panisch.

„Ich… ich muss hier raus…Sousanna… Sofort… Verzeih…“

Ehe die glückliche Ravnos begriff was hier gerade eigentlich passiert war, hatte sich die Brujah losgerissen und rannte wie vom Teufel selbst gejagt schnellen Schrittes nach oben an Deck.

So Sousanna ihrer Schreiberin nachgefolgt wäre, hätte sie sie an der Reling stehend gefunden. Den Blick aufs Meer gerichtet und die Hände fest in das Holz der Brüstung verkrallt. So die Gelehrte über den Anschein des Lebens verfügt hätte, so hätte sie nun wohl kreidebleich gewirkt. Ohne diesen Vorzug stand sie einfach mit ausgefahrenen Fangzähnen, zitternd, schwer atmend und um Fassung ringend an der Balustrade.

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*Wahrnehmung + Aufmerksamkeit: (8 + 3 + 6 + 4 = 21)
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Offensichtlich war so eine Reaktion nicht das gewesen, womit die Ravnos gerechnet hatte. Gewollt konnte sie es nicht im Geringsten haben.
Dafür sprach die mit einem Mal verblasste Röte ihres Gesichts, das panische Zucken des feinen Leibes, da sie die Fänge ihrer einstigen Angreiferin erkannte - und vor allem die Tatsache, dass sie mehr als nur einige Augenblicke brauchte, um der Schreiberin zu folgen.

Und auch dies tat sie langsam, zögerlich, beinahe schüchtern. Leise, aber doch nicht zu leise, als dass sie sie würde erschrecken können, kam sie von unten hervor und blieb ein Stück entfernt stehen.
"Seresa" Ihr Tonfall war so sacht als spräche sie mit einem Kind. Einem Kind, dass ihr den Kopf würde abreißen können, so sie irgendetwas tat, das diesem noch mehr Angst machte. "Es ... tut mir leid. Egal, was dich dort so bewegt hat, ich wusste nichts davon - und habe es nicht gewollt."
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Seresa
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Es ist nicht deine Schuld.“

Seresas Stimme klang verbissen und das Lispeln auf Grund ihrer ausgefahrenen Fangzähne war deutlich zu vernehmen. Der Körper der Brujah hob und senkte sich unter dem falschen Atemzug, welchen sie tat. Für einen Moment schwieg sie, dann wiederholte sie die Worte erneut, doch dieses Mal waren sie klarer, bestimmter und ohne das störende Geräusch auf Grund der Reißzähne.

„Es ist wahrlich nicht deine Schuld, Sousanna.“

Das Weiß ihrer Knöchelt trat langsam zurück, als sie den Griff lockerte und den Kopf senkte.

„Mich haben einzig Schatten aus meiner Vergangenheit eingeholt.“

Seresas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie schüttelte ihren Kopf, um ihn anschließend zu heben und kurz schweigend auf das Meer hinaus zu blicken.

„Es hat nichts mit dir oder dem Schiff zu tun.“

Dann drehte sie sich zu der Ravnos um.

„Bitte verzeih, Sousanna.“

Die Brujah neigte ihr Haupt vor Sousanna.

„Es war wahrlich nicht meine Absicht dich zu erschrecken oder dich gar zu beleidigen. Die Räumlichkeiten im Bauch des Schiffes sind prächtig und nicht durch Worte in ihrer Schönheit und Wundersamkeit zu beschreiben. Dein Schiff ist wahrlich ein kleines Heiligtum.“
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Sousanna »

Vorsichtig tat die Sünderin einige Schritte auf Seresa zu. Noch immer langsam. Noch immer leise und doch so laut, dass sie sie nicht erschrecken würde. Ihre Bewegungen erinnerten an einen Tanz.
So die Brujah kein Zeichen von Ablehnung oder Schrecken zeigte, würde sie erneut ihren Platz neben ihr einnehmen. Wenn auch ein wenig weiter von ihr entfernt als zuvor.

Da sie den Blick zu den Augen der Schreiberin hob, lag ein seltsam trauriges Verstehen darin. Kein Vorwurf oder Wut lagen darin, viel mehr die besorgte Scham darüber, einer Schwester unwillentlich Leid getan zu haben.
"Es gibt nichts zu verzeihen." Ernst und tiefliegendes Verständnis schwangen in diesen Worten mit, wie man sie sonst selten von Sousanna kannte. "Ein jeder hat Dämonen und früher oder später ereilen sie uns immer."

Bedauernd schüttelte sie das schöne Haupt und hüllte sich einige lange Augenblicke in dunkles Schweigen.

Dann brachte ein Seufzen wieder Regung in diesen nahezu perfekten Leib und ein trauriges Lächeln schimmerte mit den Sternen um die Wette.
"Manchmal sind sie so schrecklich, dass wir sogar ihre Erwähnung vermeiden, aber so du darüber sprechen willst, sei gewiss, dass ich zum einen darüber schweige und zum anderen wohl mehr als jeder andere verstehe, was es bedeutet, so verfolgt zu werden."
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Re: [1012] Mein Haus, meine Schreiberin, mein Boot [Seresa]

Beitrag von Seresa »

Was auch immer die Brujah unter Deck derart erschreckt haben musste, hier oben unter dem Sternenzelt schien sie keinerlei weitere Schwierigkeiten mehr damit zu haben, entsprechend hob Seresa kurz bestimmt - aber dennoch respektvoll - um Einhalt bittend die Hand, als Sousanna begann ihr Angebot zu formulieren.

„Nein.“

Ihre Stimme klang ernst und unnachgiebig in diesem Punkt. Sie schüttelte kurz den Kopf.

„Es sind keine Dämonen, Sousanna. Es ist einzig eine noch nicht gänzlich vernarbte Wunde, welcher ich keinerlei Beachtung mehr zugemessen hatte, war sie nicht länger von Bedeutung. Offensichtlich war sie noch nicht vollkommen verheilt, aber dies wird sich ändern, nun da ich mir ihrer wieder bewusst geworden bin.“

Ihr Blick ging auf den Hals der Ravnos, bevor sie wieder in die braunen Augen Sousannas blickte.

„Ich denke gerade du kannst nur allzu gut verstehen, dass man manche Wunden nicht noch weiter aufreißen, sondern sie in aller Stille endlich abheilen lassen sollte.“
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