[1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

[1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Es war eine jener dunkleren Nächte. Die Wolken hatten sich vor den Mond geschoben und nur spärlich unterschieden sich die einzelnen Töne von Grau und Schwarz in der Welt. In der Nähe hörte man das leise Rauschen von Sandkörnern, welche von den Wellen des Meeres in die unendlich wirkende Schwärze der Nacht zurückgerissen wurden. Einzelne Steine hatten im Schutz von Felsen Sicherheit gefunden, um nicht selbst zurückgetragen zu werden, woher sie einst kamen oder gar an einen gänzlich anderen Ort gebracht zu werden. Und selbst die massivsten Felsen mussten sich unter donnernden Aufschlägen, die hier in der Ferne kaum mehr als ein leises Raunen waren, gefallen lassen, dass das Wasser des Meeres sie wieder und wieder abschliff. Sich in den Stein fraß und ihn brüchig machte, bis er eines Nachts selbst den Wellen keinen Widerstand mehr leisten würde und auch er ins Meer versinken würde.

Davon entfernt kniete Seresa auf einer großen, glatten Felsplatte, welche die letzten Reste der Wärme des Tages gespeichert hatte. Ihr Körper war dem Meer zugewandt und von einer einfachen Gelehrtenrobe unter einem dunklen Mantel verborgen. Der Wind vom Meer her spielte mit ihren kinnlangen, offenen, braunen Haaren, während sie - obwohl die Nächte in diesem Jahr gefährlicher als sonst für sie waren - allein auf ihren Gast wartete. Womöglich, weil sie der Person vertraute, welche sie erwartete. Womöglich aber auch, weil sie wusste, sie hatte keine andere Wahl.

Die Gelehrte hatte Ilario geschrieben und ihn zu einem ihm bekannten Ort südlich der Stadtmauern zu einem Gespräch eingeladen. Ob die Bürde des Amtes und der höchstverehrte Besuch ein Treffen zulassen würde und der Schatten erscheinen würde, - alleine oder nicht - wusste Seresa indes nicht. Dennoch wartete sie an dem Strand, an welchem die Beiden vor Jahren gemeinsam trainiert hatten in dieser Nacht auf den Lasombra.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3189
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Die Nacht war finster, so finster wie das Gemüt des Kastellans in diesen Jahren. Wie ein düsterer Schatten lag das ihm bestimmte Schicksal auf seiner Seele, dennoch lag Entschlossenheit in seinem Schritt. Welcher Lasombra würde sich schon einfach dem Schicksal ergeben welches ein anderer Mann ihm zugedacht hatte? Nicht Ilario... und so hatten seine beiden Begleiter sichtlich Mühe mit ihm Schritt zu halten. Auch weil er sich scheinbar mühelos in der Dunkelheit bewegte, während die beiden Bewaffneten ihre Schwierigkeiten hatten. Als er schließlich Seresa erblickte blieben auf des Lasombras Wink die beiden Männer zurück, außer Hörweite, und behielten die Umgebung im Auge. Ilario trat näher und nickte Seresa mit dem gebotenem Respekt zu, um dann etwas eher Überraschendes zu tun: Ganz unprätentiös ließ er sich neben ihr auf der Felsplatte im Schneidersitz nieder und blickte hinaus auf die See.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa hatte sich erhoben, als die verräterischen Steine am Hang das Kommen des Schattens angekündigt hatten. Ihr Haupt hatte sich vor dem Kastellan ihrer Majestät Aurore gesenkt, als dieser näher getreten war. Ihr Körper bewegte sich dabei in einer derartigen Leichtigkeit und von einer überzeugten Selbstverständlichkeit geprägt, dass ohne jeglichen Zweifel ersichtlich war, dass es sich hierbei nicht um eine aufgesetzte Höflichkeitsfloskel der Brujah handeln musste, sondern um aufrichtigen und tiefen Respekt, welchen sie dem Lasombra erwiesen hatte. Ohne einen Laut von sich zu geben, hatte sie sich nahezu geräuschlos in ihre sitzkniende Haltung zurückbegeben. Ihr Blick folgte dem des Schattens, während sie geduldig darauf wartete, dass er das Wort erhob oder ihr andeutete, dass sie selbst sprechen durfte.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3189
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

"Ein Sturm zieht auf." Seine Stimme war leise, fast schien es als würde Ilario zu sich selbst sprechen. Dennoch erreichten seine Worte das Ohr der jungen Gelehrten.
"Sprecht frei heraus werte Seresa, weshalb batet ihr mich an diesen Ort? Der im Übrigen von einer besonderen, rauen Schönheit ist." Eine raumgreifende Geste untermalte das Gesagte und deutete ihr ebenfalls nun zu sprechen.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Ein flüchtiges Lächeln fand auf ihre Lippen, welches wohl den Worten des Schattens geschuldet war, dass er den Ort als schön empfand. Dann nickte sie stumm und ihre braunen Augen wanderten leicht zu dem Lasombra an ihrer Seite, doch ihr Blick fiel nicht zur Gänze auf ihn. Stattdessen war er teils zum Stein unter ihnen gesenkt. Als sie sprach war ihre Stimme gedämpft und doch für den neben ihr sitzenden noch immer gut zu verstehen.

„Die Stadt ist in Nächten wie diesen kein sicherer Ort für Jene meines Blutes. Zumal ich keine weiteren Unannehmlichkeiten zumuten wollte.“

Seresa schwieg für einen kurzen Moment.

„Der Weg zur Wachstation wäre weit gewesen und Eure Zeit ist wahrlich zu kostbar, um sie derart in Beschlag zu nehmen. Ich freue mich, dass Ihr meiner Einladung an diesen abgeschiedenen und doch der Stadt nahen Ort gefolgt seid und ich wünschte, ich könnte sagen, ich würde einzig nach angenehmer Gesellschaft in diesen Nächten suchen, weshalb ich Euch zu mir bat, doch wäre dies nicht die ganze Wahrheit.“

Ihr Blick wanderte zu Boden ab, bevor sie auf die dunklen Wellen blickte, welche an den Strand gespült wurden. Sie kniff ihre Lider leicht zusammen, bevor sie den Kopf senkte, die Lider schloss und kurz nickte. Dann fuhr sie mit einer ebenso gedämpften Stimme wie Ilario zuvor fort, nachdem sie ihren Kopf Ilario zugewandt und ihre Augen erneut geöffnet hatte.

„Es liegt spürbare Spannung in der Luft und ich müsste lügen, würde ich sagen, ich wäre nicht beunruhigt, gar besorgt. Der Hafen und Mascharana mussten bei der letzten hereinschwappenden Flut herbe Verluste hinnehmen und ich weiß nicht, ob es zum Guten oder zum Schlechten ist, dass sich die Domäne diesem erneut stellen muss.“

In ihrem Gesicht war aufrichtige Sorge zu sehen, wie auch, dass sie womöglich gerade von etwas anderem gesprochen hatte, als den schlichten Wellenbrechern im Meer.

„Ich hatte - wie Ihr mir angeraten hattet - mit Ajax über die besonderen Umstände bei Hofe gesprochen.“

Ihre Hände beschrieben eine sich öffnende Geste.

„Nicht über den Angriff auf Godeoc im speziellen, sondern darüber ob ich mit Euch offen über die Besonderheiten sprechen darf, um ihr wahres Wesen mit Euch gemeinsam womöglich ergründen zu können. Ich hoffe Ihr werdet verzeihen, dass ich vor einigen Jahren dazu schweigen musste, doch hatte ich meinem Bruder im Blute mein Wort gegeben.“

Ihre braunen Augen ruhten ruhig auf dem Schatten. Darin lag kein Zweifel, dass Ilario das damalige Verhalten der Brujah nur allzu gut verstehen würde. Dass er ebenso verstehen würde, dass Ajax Seresas gegebenes Wort des Schweigens wohl nach Rücksprache Ilario gegenüber wohl für seine Blutsschwester gelockert haben musste.

„Nichtsdestotrotz bin ich mir wahrlich unschlüssig darüber, was diese Besonderheiten für die Domäne Genua bedeuten mochten und künftig bedeuten mögen. Ihre Majestät Aurore wurde einst entführt und durch wessen gezielte Kraft auch immer glücklicherweise wiedergefunden.“

Seresa schwieg für einen Moment und ihr Schweigen legte nahe, dass sie Niemand war, der an Zufälle glaubte oder gar den Orakelkünsten Angeliques uneingeschränkt und zur Gänze vertraute.

„Selbst zehn Jahre später weiß ich nicht eindeutig, ob dies wohl einst geschehen war, um sie zu schützen oder um ihre Herrschaft zu unterwandern.“

Schweigend wanderten ihre Augen auf die Stelle unter Ilarios Hals. Eine stumme Frage lag in ihrem Blick, doch sprach sie sie nicht aus. Stattdessen wanderten ihre braunen Augen wieder zu den seinigen.

„Ich hatte bisher keinen Grund Eure Integrität und Eure Loyalität gegenüber ihrer Majestät Aurore zu bezweifeln oder sie gar in Frage zu stellen. Ihr wart und seid in meinen Augen die beste Wahl, welche ihre Majestät Aurore treffen konnte, nachdem sie die Position des ehemaligen Seneschalls Maximinianus abschaffen musste. Ich vertraue darauf, dass Ihr das Richtige tun werdet, um ihrer Majestät Aurore und die Domäne Genua zu schützen. Lasst es mich wissen, so ich Euch hierbei unterstützen kann.“

Seresa senkte leicht ihr Haupt vor Ilario, bevor sie ihre Augen abwandte und einen Momentlang auf die Wellen sah, welche bisher ein sanftes Hintergrundrauschen zu den ruhigen und leisen gesprochenen Worten in der Nacht erzeugt hatten. Dann blickte sie erneut leicht seitlich auf den Mann an ihrer Seite und ihre Worte waren warnend und eindringlich, doch kaum mehr als ein Flüstern im Wind.´Trotz allem fürchte ich wird es Jene geben, welche in Euch allen voran den Venezianer sehen wollen und werden. Euch auf kurz oder lang ebenso abschaffen wollen wie ihn. Gebt auf Euch Acht, denn wenn derartiges Flüstern bereits an meine Ohren dringt, werden Andere, welche Euch und der Domäne Genua schaden wollen, die dargereichten Karotten nur allzu bereitwillig fressen, ohne ihren Ursprung und den Wahrheitsgehalt zu hinterfragen.´ Dann blickte sie erneut auf das Meer und nickte nachdenklich. Mit gedämpfter Stimme und doch gut für Ilario verständlich fuhr sie fort.

„Ein Sturm zieht auf.“
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3189
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

Schweigsam auf die See hinausblickend, deren Farbton sich in Ilarios Augen wiederfand, hört er Seresa zu. Schließlich seufzte der Lasombra. „Hohe Verluste ja. In mehrere Hinsicht. Menschen sterben, so ist das eben… aber mancher Verlust geht tiefer, wieg schwerer.“ Irgendwie schien Ilario nicht von Menschen oder gar Personen zu sprechen. Womöglich hatte er auf ganz anderer Ebene etwas verloren. Weiter sah er hinaus auf die tanzenden Wellen. „Wie meint ihr das, dass Genua sich erneut der Flut stellen müsste?“ Kritisch betrachtete er nun die Brujah, setzte sie die kommende mit der vergangenen Flut gleich?

„Die werte Angelique hat meine höchstverehrte Lehnsherrin gefunden und gerettet. So sehr ich ihr dafür dankbar bin als Vasall und auch persönlich, geht dieser Gedanke auch mir nicht aus dem Kopf. Was wenn Angelique nicht einen Plan durchkreuzte sondern ihn unwissentlich vollendete?“ Wieder starrte der Lasombra hinaus aufs Meer. „Wir werden sehen was die Zukunft bringt. Aber genug davon… Ich entnehme euren Worten, dass ihr nun freier sprechen dürft was die genannten Besonderheiten angeht? In manches weihte mich euer werter Bruder im Blute bereits ein… genauso wie ich ihn meinerseits Manches eröffnete.“

Ihre Lobesworte ob seiner Loyalität und Integrität nahm Ilario dankbar auf, lächelte gar zaghaft. „Ich diene ihrer höchstverehrten Majestät und ebenso tat es der verehrte Maximinianus. Er war, im Gegensatz zu dem was wir annahmen, durchaus loyal. Auch wenn er natürlich eigene Interessen vertrat. Und wer weiß, vielleicht kehrt er eines Nachts zurück aus dem ehrenwerten Exil als Botschafter. Ich habe meinen Frieden mit ihm gemacht, mögen wir auch auf unterschiedlichen Seiten gestanden haben, so kann ich einen ehrenhaften und schlauen Gegner doch respektieren und achten…“ Bei dem anderen, ihn selbst betreffenden, Aspekt sah Ilario wieder zurück zu Seresa. Seine Stimme war leise und trug eine unheilverheißende Kälte mit sich. Wer flüstert solche Worte? Wer sieht in mir den Venezianer und zieht meine Loyalität in Zweifel?“ Dann wich die Farbe des Meeres aus seinen Augen dem Schwarz, reine Finsternis lag in ihnen. „Jene die mich abschaffen wollen werden feststellen, dass meine Wurzeln nicht so tief in die sterbliche Welt reichen wie die des ehemaligen Seneschalls, mir aber Möglichkeiten offenstehen die dem Ventrue nicht zu Gebote standen…“ Sie kannte Ajax Art und auch wenn Ilario auf anderen Pfaden wandelte, meist zuvorkommend war und eher indirekte Methoden favorisierte, so war er doch ein König und stand ihren Blutsbruder in Entschlossenheit in nichts nach.

"Ein Sturm zieht auf, doch wen wird er hinwegfegen und wer versteht darin zu tanzen?"
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresas Körper hatte sich instinktiv angespannt, als sie die Schwärze in Ilarios Augen gesehen und die Kälte in seiner Stimme gehört hatte. Ihr Kiefer hatte sich etwas abgesenkt, um den gewachsenen Fangzähnen hinter geschlossenen Lippen Platz zu schaffen. Ilario konnte erkennen, wie sich die sonst ruhig, entspannt und offen im Schoß liegende linke Hand der Brujah geschlossen hatte und sich ein Stückweit an ihre Seite zurückgezogen hatte. Ihr Gewicht lag inzwischen auf dem von dem Schatten abgewandten Bein und das ihm zugewandte Knie hob sich etwas vom Stein ab. Alles an dem Körper der Gelehrten signalisierte, dass sie von der ihr unbekannten und unvermittelten Veränderung Ilarios überrascht, aber vor allem alarmiert war. Sie verstand offenkundig nicht, was hier gerade passierte und sie war ohne Zweifel bereit zu kämpfen, hätte der Lasombra aus welchem Grund auch immer den Kampf mit ihr gesucht. Als vorerst nichts dergleichen geschah, blickte sie unschlüssig darüber, was sie von dieser Veränderung des Kastellans halten sollte, abschätzend und doch mit einer unverhohlenen Selbstsicherheit, welche jener ihres Bruders im Blute Ajax nur allzu ähnlich war, einige Momente schweigend und furchtlos in das Schwarz der Augen des Schattens. Als sich schließlich ihre Lippen öffneten, war ihre Zahnlänge auf die eines gewöhnlichen Sterblichen zurückgegangen.

„Ich kenne die Antwort bedauerlicherweise nicht.“

Die Anspannung der Brujah schwang in ihrer ernsten Stimme deutlich mit, doch wich sie nicht zurück oder gar dem dunklen Blick des Kastellans aus. Seresa wirkte bei diesen Worten alles andere als glücklich und doch log sie offensichtlich nicht.

„Und dies ist einer jener Punkte, welche mich beunruhigen und weshalb ich mit Euch sprechen wollte.“

Nur für einen kurzen Moment pausierte sie, bevor sie fortfuhr.

„Die Nachricht wurde mir zugetragen, doch weiß ich nicht von wem oder gar weshalb. Wie Ihr selbst wisst verweile ich noch nicht lange in der Domäne Genua und bis auf die Verärgerung Acacias auf Grund meines bedauerlichen Kontrollverlustes gegenüber Sousanna hatte ich nie persönliche Differenzen mit Mitgliedern Eures Clans, obwohl ich dann und wann vor ihnen gewarnt wurde. Dennoch bevorzuge ich es seit jeher mir meine eigene Meinung zu bilden. Auch oder gerade bezüglich jemandem Zweifelhaften wie es Fabrizio war.“

Seresa pausierte für einen Augenblick.

„Oder auch bezüglich des ehemaligen Seneschalls ihrer Majestät Aurore.“

Die Gelehrte ließ den Ventrue bewusst offen und Ilario die Wahl, ob er über Maximinianus sprechen wollte oder nicht. Währenddessen ruhten ihre braunen Augen noch immer abschätzend in der Finsternis, welche von dem Lasombra ausging.

„Jene unserer Art neigen nur allzu leicht dazu die Dinge nicht zu hinterfragen und manchen Irrsinn blind zu glauben, ohne einen Gedanken an den Wahrheitsgehalt oder die Motivation dahinter zu verschwenden. Sie plappern stumpf Dinge nach, welche Andere ihnen eingeflüstert haben und wollen dies gar als Gefallen verbuchen.“

Seresa verzog angewidert das Gesicht und machte eine wegfegende Geste mit der linken Hand. Offensichtlich hatte sie selbst daran kein Interesse und sah auch in Ilario nicht einen derartigen Mann.

„Mich interessiert weniger, dass derlei Dinge an mein Ohr drangen. Vielmehr interessiert mich weshalb und wer letzten Endes von diesen Verleumdungen profitieren würde.“

Ihr Blick lag fragend auf dem Lasombra, bevor ihr Knie ruhig zurück auf den Boden fand. Sie wusste anscheinend noch immer nicht recht, was sie von der Finsternis in Ilario halten sollte, doch für den Moment vertraute sie ihrem Gegenüber anscheinend genügend, so dass sich mit der Zeit ihre Anspannung auf Grund der Schwärze in seinen Augen, langsam - Stück für Stück - immer weiter gelegt hatte. Ihre linke Hand wurde wieder sichtbar und fand geöffnet und entspannter auf den Schoss zurück, bevor sie nach einem Augenblick des Schweigens schließlich nickte.

„Bezüglich der genannten Besonderheiten gestattete es mir Ajax freier mit Euch zu sprechen, wohlwerter Ilario, doch fürchte ich bin ich nicht derart versiert in diesem Thema wie er. Dennoch blicke ich wohl aus einer anderen Richtung auf die Dinge und gehe diese anders an als er.“

Ein verkniffenes Lächeln fand auf ihre Lippen, während sie leicht, kaum merklich den Kopf schüttelte, die Augen zu Boden senkte und für einen Moment schloss. Es war keine Abwertung in ihrer Handlung zu sehen. Viel mehr wirkte sie wie eine Schwester, welche darüber amüsiert war, wie unterschiedlich die beiden Brujah doch in ihrer Art waren. Dann öffnete sie erneut ihre Lider und blickte ernster zu Ilario.

„Was indes den Sturm angeht, so würde ich diesen wohl entsprechend den Büchern dem Glaubensbruder in mailändischer Unterbringung zuordnen, während ich bei Flut wohl eher an die schwelenden Konfliktherde und die sich verhärtenden Fronten in der Domäne denken mag, welche mich schmerzlich an die Zeit vor einer Dekade zurück erinnern. Letzten Endes mag die Begrifflichkeit, welche wir dem drohenden Unheil geben mögen nicht weiter von Bedeutung sein. Wichtig ist wohl einzig, wie man damit umgehen mag.“
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3189
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

„Bedauerlich.“ Dass Seresa die Antwort nicht kannte, dann hätte er diese Problem vielleicht endgültig aus der Welt schaffen können vor seiner bevorstehenden Queste. „Auf welche Art und Weise wurde euch diese Nachricht übermittelt? Wenn ihr nicht wisst durch wen und weshalb, könnte man dies eventuell aus den Umständen ableiten.“ Die Schwärze blieb in seinen Augen, wirkte nun aber vielmehr fremdartig denn bedrohlich. Sein Blick wanderte hinaus auf das Meer, zum Horizont der für Seresa nicht auszumachen war in der Dunkelheit hinter die Ilario sah. Seine Stimme klang seltsam entrückt, als spräche er gleichsam zu ihr und zu sich selbst. Die Leichtgläubigen plappern und singen das Lied der böswilligen Geister. Damit richten sie durch ihre Dummheit weit größeres Unheil an als sie zu erfassen vermögen.“

Seine schwarzen Augen fixierten einen Punkt in weiter Ferne, bei Tage wäre es vielleicht möglich tatsächlich so weit zu sehen. „Wenn ihr mich fragt wer von solchen Verleumdungen profitieren könnte fallen mir einige Namen und Fraktionen ein. Allein schon jene die die Interessen ihrer geheimen Herren in Genua vertreten… Es gibt in der Domäne mehr Spione als Leute zum Ausspionieren. Die Mailänder sehen mich womöglich auch eher als Venezianer, als Kind meines hochverehrten Erzeugers. Die Ethrusker, die Tedescii, selbst die Sizilianer und Byzantiner haben Handlanger hier. Wir wissen wer für wen arbeitet...
Hinzu kommen natürlich, mit entsprechenden Überschneidungen, die üblichen Neider. Natürlich bin ich mir bewusst, dass es mir einst so ergehen könnte wie dem verehrten ehemaligen Seneschall. Ihrer höchstverehrten Majestät ergeben, nachweislich und unverbrüchlich, wurde er dennoch ins Exil geschickt. Wie auch bei mir weiß die Höchstverehrte um seine Treue und musste ihn doch aufgrund äußeren Einflusses entmachten. Immerhin wurde er nicht vernichtet. Im Übrigen bin ich gerade dabei Ausweichpläne für einen solchen Fall zu erstellen…“
Vernetzt sein, ein Netz spinnen, eines das einen auffing wenn man fallen sollte. Das war Ilarios Metier, er gedieh in einer solchen Welt voller Schatten, unsichtbarer Bande und verborgener Fallstricke. Das Spiel der Throne, er liebte es um seiner selbst willen.

„Gibt es etwas bezüglich des verehrten Maximinianus das ihr mich fragen möchtet werte Seresa?“
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Seresa
Brujah
Beiträge: 2254
Registriert: Sa 29. Jul 2017, 23:49

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa blickte einige Zeit seitlich in Ilarios Augen während er sprach. Sie versuchte offenkundig zu verstehen was diese Schwärze darin war. Woher sie kam. Wie es sein konnte. Wodurch es ausgelöst worden war. Was es bedeutete. Irgendwann gab sie es auf und ihr Blick wanderte ebenso aufs Meer. Es war wohl eines jener Dinge, welche einzig den Schatten vergönnt war zu sehen und zu verstehen. Fabrizio sagte einst, wer wisse, ob sie vielleicht bei Zeiten tatsächlich bereit dafür war. Noch war sie es nicht und so tat sie das, worin sie gut war. Sie hörte dem Lasombra zu. Aufmerksam und je mehr er sprach, umso mehr fügte sich das Bild vor ihren Augen in einer anderen Weise neu zusammen. Doch als sie begann die Dinge zu erahnen, welche sie zwar gesehen hatte, aber deren Zusammenhang nicht in dieser Form wahrgenommen hatte, wurde ihr Gesichtsausdruck ungleich dunkler und verhärtete sich. Es wirkte im ersten Moment nicht, als würde die Aussicht, dass Ilario Ausweichpläne schmiedete, ihre Stimmung verbessern. Stattdessen schien ihr Gesicht sich weiter zu verfinstern, bevor dann doch ein bestätigendes Nicken ihrerseits und ein entspannter werdender Ausdruck zu sehen war, welcher wohl letzten Endes guthieß, was er tat. Als Ilario geendet hatte wurde Seresa jäh aus ihren finsteren Überlegungen gerissen. Die Gelehrte wirkte für einen Moment sichtlich verwirrt und überrascht, ganz so als hatte sie mit dieser Frage in dieser Art nun überhaupt nicht gerechnet. Die Augen der Gelehrten waren auf den Schatten neben sich gewandert. Der Verbissenheit war Besorgnis gewichen, als sie kurz nickte als Antwort auf Ilarios Frage.

„Mich besorgte Maximinianus Beichte bei Hofe. Er hatte gebeichtet, er habe nicht erkannt das er auf dem falschen Pfad wandelte, obwohl sich alle von ihm abwandten. Ich fragte mich, was er damit gemeint hatte.“

In ihren braunen Augen lag die stumme Frage, ob die Wandler auf der Via Regalis einen weiteren Verlust zu bedauern gehabt hatten oder es etwas anderes war, worauf der Ventrue angespielt haben mochte.

„Ich hörte von den Zweifeln, welche gegen ihn laut geworden waren. Von der Treulosigkeit, welche ihm vorgeworfen wurde. Gar der Verbrüderung mit dem Feind, welche ihm unterstellt wurde.“

Für einen Moment wirkte es so, als würde Seresa hier nicht weitersprechen. Dann jedoch drang ihre gedämpfte Stimme an Ilarios Ohr. Eine freudlose Stimme, welche ein Wissen kundtat, über welches sie in dieser Detailliertheit noch mit Niemandem zuvor gesprochen hatte.

„Während dem Krieg bekam ich mit, wie die Schwarzgekleideten das Bischofskastell angriffen. Wie die Schläge des Rammbocks die Stille der Nacht zerrissen. Wie unzählige von den Angreifern von Schusswaffen durchbohrt ihr Leben vor den Mauern ließen. Wie der beißende Geruch von in Teer gekochten Leibern in der Luft lag. Es war immer einer jener Gründe gewesen, weshalb ich den Verrat von Maximinianus an ihrer Majestät Aurore nicht wahrhaben konnte - nicht glauben wollte - hatte es in meinen Augen nie Sinn ergeben. Ohne Zweifel hat der Rückzug der Etrusker im Krieg dafür gesorgt, dass Ajax…“

Seresa wollte gerade weitersprechen, als ihr ihr Fehler auffiel und sie hastig ein „und Ramon…“ nachschob.

„in die Vasallität zu Mailand gelangt sind und dies ist wahrlich nichts, was ich einfach verzeihen kann.“

Die Gelehrte wirkte alles andere als begeistert darüber, sagte jedoch nicht mehr dazu.

„Wie Ihr selbst sagtet, hatte ihre Majestät Aurore gegenüber ihrem Bruder im Blute letzten Endes keine andere Wahl. Das Wegscheiden von ihm wiegt schwer, doch hege ich keinen Zweifel daran, dass der Botschafter der Domäne Genua seiner neuen Aufgabe ebenso ergeben nachgehen wird, wie er es einst in seinem Amt als Seneschall ihrer Majestät Aurore tat.“

Dann wandte sie ihren Blick von dem Lasombra ab. Seresa schloss ihre Augen und ihre Hände wanderten vor ihren Mund, fast so als würde sie beten, während ihre Lippen ihre Zeigefinger berührten. Nach einem Moment des Schweigens und Nachdenkens öffneten sich ihre Augen und sie schüttelte den Kopf.

„Ich wünschte wahrlich, wohlwerter Ilario, dass das was Ihr gerade mit angedeutet habt nicht wahr wäre, sondern etwas was einzig im Sinne Genuas geschieht. Denn wenn es wahr wäre, ist dieses Unheil noch weitaus größer und schlimmer, als ich es bereits selbst befürchtet hatte und entsprechend tätet Ihr wahrlich gut daran Ausweichpläne zu erstellen, denn nach allem was Ihr gerade aufgezählt hattet, verbliebe dann wahrlich wenig Hoffnung.“

Für Ihn, aber auch für die Domäne Genua, sowie ihre Majestät Aurore. Die Brujah schloss die Augen, schüttelte erneut den Kopf, strich sich mit ihren Händen über das Gesicht und dann das Haupt, während ein leiser, missmutiger Fluch über ihre Lippen wanderte, bevor sie mit den Händen entlang der Seiten ihres Kopfes nach unten strich und sie die Hände wieder vor ihren Mund legte.

„Ich weiß wahrlich nicht, was ich von alledem halten soll.“

Erneut schüttelte sie den Kopf, bevor ihr Blick zu dem Lasombra wanderte. Fragend. Prüfend.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3189
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1012] Woran wir glauben [Ilario, Seresa]

Beitrag von Ilario »

„Meine Ausweichpläne betreffen nur die Möglichkeit, dass mir etwas ähnliches geschehen sollte wie dem verehrten nunmehrigen Botschafter. Ausweichpläne für eine Veränderung auf derart hoher Ebene wie ihr hier indirekt andeutet… halte ich für wenig sinnvoll. Zum eine müsste man in diesem Fall der aktuellen Situation gemäß handeln, wer weiß schon in welche Hölle sich Genua dann verwandelt, und zum anderen plane ich ein derartiges Eingeständnis einer Niederlage wie Ausweichpläne nicht schon ein. Nicht in dieser Sache.“ Eiserne Entschlossenheit lag in Blick und Stimme des Kastellans, er würde kämpfen.

„Der verehrte Maximinianus und seine Beichte bei Hofe… ich denke ihr kennt die Weltsicht eures Bruders im Blute gut genug um zu wissen wie schwer dem Ventrue seine Worte gefallen sein müssen. Ein reumkütiger Wandler auf der Via Tyrannis ist kein allnächtlicher Anblick. Wenn der verehrte Maximinianus jedoch von einem Pfad sprach, so mag er vielleicht gefehlt haben oder die Gesamtsituation misinterpretiert haben im Krieg, doch seinen Weg hat er nicht verlassen. Sein Weggang jedoch hat die Könige Genuas geschwächt, auch hier wäre es gut möglich, dass wir dem Taktstock des Ketzers folgten ohne es auch nur zu ahnen.
Wenn man dem ehemaligen Seneschall Verbrüderung mit dem Feind vorwerfen will muss man zunächst fragen welcher Feind gemeint ist und ob diese Macht zu diesem oder jenem Zeitpunkt überhaupt als Feind oder eher als Freund einzuschätzen war. Die Ethrusker wie auch Mailand waren nicht während des gesamten Krieges der Feind. Eine Frage der Perspektive, auch wenn die Ethrusker ihren Verteidigungspakt mit Genua nie verletzten. Ebenso wie sich das mailändische Heer ursprünglich aufmachte um Genua beizustehen, irgendwie. Wie gesagt alles ist eine Frage des Blickwinkels.

Das Bischofskastell wurde von den sizilianischen Angreifern gestürmt, der verehrte Ventrue hat große Umsicht bewiesen oder hatte großes Glück diesen entgangen zu sein.“
Ilario schien ziemlich sicher zu sein wer genau diesen Angriff zu verantworten hatte. Die halbe Domäne hatte vermutlich gehofft dass die Sizilianer mit des Seneschalls Kopf abzögen, doch waren sie enttäuscht worden. Ein bitteres Lachen verließ seine Lippen als Ramon und Ajax zur Sprache kamen. „Meinen Erkenntnissen nach ist das korrekt, die Ethrusker zogen ab und in der Folge gerieten eure Brüder im Blute samt Amalia in Gefangenschaft. Genauso wie Gaius. Vermutlich aus einer Mischung aus ehrenwertem Pflichtgefühl und fehlgeleitetem Heldenmut. Absprachen wurden von mailändischer Seite gebrochen oder umgangen… auch wir wurden getäuscht, nicht nur die Krieger. Doch letztlich liegt in einer Niederlage keine Schande, die andere Seite hatte und Jahrhunderte voraus. Ein letztes Wort noch zu Ramon: Er hatte Glück, seine Strafe durch den höchstverehrten Totila ist Milde zu dem was ihn durch die Hand einiger Genuesen erwartet hätte.“ Ilario schien sich davon keineswegs auszunehmen. Ramon war in seinen Augen ein Verräter.
Wiederum blickten die undurchdringlich schwarzen Augen Seresa an. Die Nacht, der Wind und die Wellen… minutenlang schwieg Iario. Dann sprach er leise, gerade noch den Wind übertönend. „Selbstverständlich hatte ihre höchstverehrte Majestät eine Wahl den Seneschall betreffend, nur wäre jede Alternative zu seinem Exil als Botschafter weniger sinnvoll gewesen. Sie traf diese Entscheidung zu Wohl der Domäne. Eine Domäne wohlgemerkt in der man guten Gewissens dreiviertel der Kainiten hinrichten lassen könnte. Ihre Milde wird nur noch durch ihre Klugheit übertroffen.“ Das Band sprach aus Ilario und ein verträumter Unterton schlich sich ein. Der sodann aber wieder verblasste. „Der verehrte Botschafter wird am Hofe Florenz genauso ergeben dienen wie immer, und genauso seine hinerlistigen Intrigen spinnen. Da könnt ihr euch sicher sein.“


Ihre Andeutung von größerem, gerade geschehenden ließ seine Stimme noch düsterer werden. „Es geschieht und es ziehen andere Mächte die Fäden, denen das Wohl Genuas egal oder zumindest zweitrangig ist. In dieser Sache jedoch mache ich wie gesagt keine Ausweichpläne, sondern kämpfe dagegen an. Ihr wisst nicht was ihr von all dem halten sollt… weil ihr wie jeder nur einen kleinen Teil seht. So wie ich auch. Doch wenn wir danach streben mehr zu sehen, mehr zu wissen… dann werden wir auch mehr verstehen.“ Ein enigmatischer Satz in seiner Einfachheit. Ilario wandte sich Seresa zu und deutete ihr gern Fragen zu stellen so ihr danach war.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Gesperrt

Zurück zu „1012“