[1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

[November '18]
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Toma Ianos Navodeanu
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[1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Blut und Schmerz.
Sein Körper schmerzte. Sein Arm, sein Bauch, sein Kopf...alles schrie förmlich, als die Dunkelheit schwand, als sich schwacher Feuerschein aus der Schwärze schälte und geradezu in seinen Augen brannte, obwohl er keineswegs sehr hell war. Er schmeckte Blut auf seiner Zunge. So süß wie beim ersten Mal oder als wäre es ihm lange vorenthalten wurden.

Konnte er sich noch daran erinnern was geschehen war? Er kannte den Raum nicht, er wusste nicht wie er auf diesen Tisch oder Liege gekommen war.

Seine Arme und Beine steckten fest. Wenn er versuchte sie zu bewegen klirrte etwas leise, aber sie wurden von breiten Lederbändern an Ort und Stelle gehalten.

Blut. Er konnte es riechen und als sich sein Blick mehr klärte, das Bild schärfer wurde, sah er jemand neben sich stehen. Drei Personen.
Toma...sein Guhl...ein Mensch?
Der Arm des Menschen war aufgeschnitten und Blut tropfte in einen Kelch, den der Diener an die Wunde hielt. Der starke Geruch nach dem menschlichen Lebenssaft erfüllte den Raum und kroch ihm in die Nase. Reizte seine natürliche Gier danach. Seinen Hunger. Und sein Körper, sein Tier lechzte danach. Er war verletzt. Er brauchte es.

Als er sich umsah, soweit er den Kopf drehen konnte. Konnte er noch weitere Tische sehen. Werkbänke...ein Vorrichtung die wie ein Kreuz aussah und an der Ketten hingen und noch mehr Ketten an den Wänden und der Decke.

„Gut. Ihr seid endlich wieder wach. Ihr müsst hungrig sein.“ erklang die Stimme des Drachen und langsam näherte sich der Kelch mit Blut Simons Gesicht.
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Simon
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Simon »

Simon konnte sich kaum an den letzten Gedanken erinnern, den er gehabt hatte. Alles lag hinter einem Schleier aus Hunger und Zorn, die gleichermaßen weit weg wie schmerzhaft erschienen. Ohne es zu wollen, öffnete er den Mund, brachte jedoch keine Silbe heraus.

Der Geruch der Vita trieb ihn erneut an den Rand des Wahnsinns. In seinem Kopf tanzten Bilder, machten sich Geräusche breit, und auf seiner verzerrten Miene war zu sehen, dass er einen inneren Kampf ausfocht, den er zu verlieren drohte, wenn der Hunger nicht bald gestillt würde. Sein Körper zuckte. Nur ein winziger vernünftiger Gedanke in seinem Kopf beobachtete, wie seine Glieder sich gegen die Riemen stemmten. Jede Faser in seinem Körper schien zu schmerzen, schien keine Rücksicht auf seine Umgebung zu nehmen. Blut. Vita. Er brauchte es - jetzt.

Er öffnete den Mund, und ein leiser Laut - fünf Silben nur - schienen aus den tiefen seines verwirrten, hungrigen Geistes aufzusteigen, als würde er im wahrsten Sinne gleich seinen Geist aufgeben.

"Ignosco tibi ..."
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma verstand die Worte nicht, die der geschundene Kainit von sich gab. Aber scheinbar hatte er ihn also gehört auch wenn er nicht gut auf ihn reagierte. Noch weggetreten schien oder bereits wieder im Griff seines animalischen Selbst.

Simon spürte wie sich eine Hand auf seine Stirn legte und seinen Kopf nach unten drückte, gegen seinen aufbegehrenden Körper ankämpfte und dann tropfte Blut in seinen Mund. Warm. Frisch. Lief in einem dünnen Rinnsaal seinen ausgetrockneten Rachen hinab. Mehr und mehr bis der Kelch geleert war.
Es war noch nicht genug.

Es vergingen nur ein paar Wimpernschläge bis sich plötzlich warme Haut auf Simons Mund presste und weiteres Blut in ihn hinein floss. Die Wunde direkt an seinem Mund war, nur Zentimeter entfernt von seiner Zunge und noch näher an seinen Zähnen.
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Simon
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Simon »

Der Instinkt ließ ihm keine Wahl.

Er trank wie ein Verdurstender in der Wüste, nahm jeden Tropfen in sich auf, den er bekommen konnte, und seine Adern fühlten sich an, als würde jede noch so kleine Stelle von der Vita erfüllt, die warm und köstlich seine Kehle herunter rann.

Irgendwann würde er aufhören müssen. Der kleine Funke Verstand, der in seinem Geist entzündet war, würde bald zu einem Schwelbrand werden, durch seinen Kopf rasen und ihn wieder in die Wirklichkeit zurückholen - und mit der Wirklichkeit würde das gesamte Gewicht seiner Existenz zurückgekehren, zusammen mit den Gewissensbissen und dem Gewahrsein, dass irgendetwas geschehen war, das seinen Überzeugungen zuwiderlief.

Doch konnte er sich nur aufs Trinken konzentrieren. Er musste zurückkommen, das Tier in seinem Inneren wieder wegsperren, so gut er es vermochte, doch gehörte das Stillen des Hungers leider dazu. Es war ein Kreislauf, dem er sich nicht immer widersetzen konnte.

Ignosco tibi ...

Hatte er damit sich selbst gemeint?
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Simon konnte den Puls des Menschen, von dem er trank, an seinen Lippen spüren und wie er immer schwächer wurde. Wie er stetig das Leben mit diesem roten Fluss aus dem Körper herauszog und nichts als Tod zurück lassen würde.
Da war nur ihr Atem, der noch regelmäßig aus ihrer Kehle drang, in dieser sonstigen Stille....das Klirren der Ketten und sein eigenes Schmatzen.
Bis auch das verging, bis alles erstarb und nur Kälte blieb.

Der Arm der ihm aufgedrückt wurde löste sich von ihm und Simon konnte sehen, wie der Körper einer Frau von dem Tzimisce hochgehoben wurde und hinter sich auf einen Tisch gelegt wurde. Sie bewegte sich nicht mehr und starr blickten ihre braunen Augen auf den Toreador als ihr lebloser Kopf zur Seite rollte.
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Simon
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Simon »

Braune Augen ...

Simon presste die Zähne aufeinander, kniff die Lider zu. Allein der Anblick ...

Cara ...

Etwas stieg in seiner Kehle auf, kam aus dem tiefsten Inneren der Reste seiner Seele, quälte sich seinen Hals hinauf, doch über die vom Blut benetzten Lippen kam kein Laut. Welchem üblen Schicksal hatte er das zu verdanken? Das Bisschen Verstand, da vorher nur gelodert hatte, erfüllte seinen Geist nun wie eine Feuerbrunst. All das, was er bisher erduldet hatte, was er gesehen und getan hatte - war es denn allein für diesen Punkt gewesen? Jenen schlechten Scherz, den sich der grausame Gott erlaubte?

Er zwang sich zur Ruhe. Blieb still liegen wie der Tote, der er war, und konzentrierte sich darauf, wie das Blut durch seinen Körper floss. Es dauerte lange, bis er die Augen öffnete und Toma fixierte: den Herold (Bringer von Schmerzen), den Drachen (Verzehrer von Seelen). Er wollte ihn hassen, würde ihn am liebsten in der Luft zerreißen, wo er stand.

Doch da war diese Stimme in seinem Kopf, jener Gedanke, den er seit seiner Jugend hegte, seit seine Cara ... Seit es nichts mehr zu trauern gab.

Ignosco tibi. Immer die gleichen beiden Worte, immer im Takt seines nicht mehr schlagenden Herzens.
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Toma Ianos Navodeanu
Tzimisce
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"Ihr seid noch verletzt. Das Blut wird euch heilen, wie ihr wisst, aber bis dahin werdet ihr bleiben wo ihr seid." Erklärte der Drache mit kratziger Stimme und sah mitleidlos zu ihm hinab, während er über seine Arme und Beine strich, die Fesseln kontrollierte. Auch am Hals des Herolds konnte Simon noch die Wunde sehen, die seine Zähne ihm verursacht hatten. Es war nicht mehr so tief wie noch zwei Wochen zuvor, aber doch noch deutlich sichtbar, dass ein guter Teil des Halses weggerissen und totes blasses zerstörtes Gewebe sichtbar war.

"Ich weiss, dass es unangenehm ist, aber bis sich euer Körper nicht erholt hat, kann ich euch nicht entsprechend untersuchen und ich schätze, dass ihr es wie die Ravnos halten würdet und eure Zustimmung zurück nehmen, sobald ich euch los machen würde."
Sein Blick lag beinahe anklagend auf dem Toreador, als wäre er hier der Übeltäter und nicht das Opfer.
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Simon
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Simon »

Simon verfolgte mit den Augen den Bewegungen von Tomas Händen, während er prüfte, ob der frühere Wanderer auf fest auf dem Tisch lag und nicht freikam. Er legte den Kopf zurück, schloss halb die Augen. Sein Zeigefinger zuckte, den er unwillentlich an die Lippen legen wollte, mit jeder Geste, die ihm erlaubte, sich zu erinnern oder etwas zu vergessen.

Er lauschte den Worten des Mannes. Die Ravnos, hatte er gesagt. Und dieses merkwürdigen Kratzen in der Stimme. Er überließ die Silben seinem Gedächtnis und schwieg. Allmählich kehrten die Erinnerungen zurück - verschwommen, ungeordnet, aber er erinnerte sich an ein Gespräch. Er hatte seine Zustimmung gegeben, das ja. Untersuchung ... ja, natürlich. Toma wollte mehr über ihn erfahren: warum er im Spiegel nicht zu sehen gewesen war; seine Hände auf Simons Körper, als er ihn wie ein Stück Vieh betrachtete; die Bitte um sein Innerstes ... Danach der rote Schleier, die Wut, die Rage. Raserei. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass er Toma gebissen hatte - ihm beinahe die Kehle herausgerissen hatte.

Simon biss sich auf die Lippe. Er spürte, wie das Blut sich in seinen Adern ausbreitete, seine mystische Macht entfaltete und anfing, die Verletzungen zu heilen, jene Wunden, die er beim Kampf mit dem Drachen davongetragen hatte. Es war schon fast lächerlich, aber Simon war nicht nach Lachen.

Soweit er es vermochte schüttelte er als Antwort auf die Frage nur den Kopf. Er versuchte, etwas zu sagen. Nichts. Kein Ton. Nur seine Lippen bewegten sich. Panik erfasste ihn beinahe, doch schloss er die Augen diesmal ganz und konzentrierte sich auf seinen Körper. Was blieb ihm sonst?
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Toma Ianos Navodeanu
Tzimisce
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Toma betrachtete den Toreador einen Moment ruhig. Als dieser nichts weiter sagte, wandte er sich um, nahm den toten Körper der Frau auf die Arme und verließ gefolgt von seinem Ghul den Raum. Er ließ er ihn allein. Allein mit sich, seinen Gedanken und der Dunkelheit.

Simon wusste nicht wie viel Zeit verging, es gab keinen Hinweis. Natürlich waren hier keine Fenster, aber es kam auch niemand mehr um nach ihm zu sehen oder sonstiges. Erst als sich sein Körper dem starren Schlaf wieder hingab, musste es wohl Tag geworden sein. Und eine weitere Nacht folgte. Er konnte hören wie sich in angrenzenden Räumen jemand bewegte. Mal eine Person, mal mehr. Leise Worte.

Irgendwann kam Toma wieder. Sein Guhl trug einen Kerzenständer hinein und leuchtete seinem Herren, während dieser im Schein des schwachen Feuers die Wunden des Toreador befühlte. Noch war dessen Körper zu sehr verwundet.
Erneut brachte er ihm Momente später einen Kelch mit Blut. Nur ein Kelch, diesmal wieder nur der Kelch. Kein Mensch. Keine toten Augen die ihn ansehen würden...
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Simon
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Re: [1013] Wiedererwachen [Simon, Toma]

Beitrag von Simon »

Simon ließ meiste Zeit die Augen geschlossen. Seine Gedanken waren die seinen; sein Gesicht verriet nichts, was Toma nicht schon wusste. Das Blut nahm er an - nicht undankbar, aber auch nicht begeistert. Was auch immer in seinem Kopf vorging, welche Gedanken, Bilder und Worte dahinter verborgen waren, es zeigt sich höchstens in den leichten Falten und dem Grau in seinen Haaren.

Es schien, als wollte er sich fügen, als hegte er die Hoffnung (oder war es einfach nur Erfahrung?), dass alles irgendwann enden würde.

Und immer noch: kein Wort, kein Ton. Es war, als würde jemand ein Gedicht im Kopf haben, es aber niemals zu Pergament bringen. Alles war blank.
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