[1014] Küsse, Bünde, Blut (Roger, Livia)

[Dezember '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Livia
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[1014] Küsse, Bünde, Blut (Roger, Livia)

Beitrag von Livia »

Das Abendrot war verzaubernd, der letzte Nebel war von der Klippe geglitten und ließ das Meer noch einmal sichtbar werden, ehe es in Dunkelheit verschwand. Schönheit, Klarheit, Dunkelheit - Melodramatisch.
Voller Schwermut stand die junge Frau an ebenjener Klippe und ließ ihren Blick schweifen.

Sie seufzte.

Neben ihr standen zwei Zofen, unweit waren zwei Panzerreiter auf Distanz, beobachteten die junge Frau stumm.
Sie wusste, nicht weit von hier hatte ihr Vater gerade einen Kaufvertrag abgeschlossen...

Wie er wohl wäre, der Mann?
Ob er einfach anreiten und sie mitnehmen würde?
Ob er eine Überraschung oder eine Planung parat hätte?
Ob er versuchen würde, ihr Herz zu erobern, oder nur seinen Preis einzufordern?
Ob er es gar wirklich wollte? Oder auch ihn irgend eine bittere Mutter oder ein Lehnsherr zwang?
Ob Liebe im Spiel sein würde?

Die Braut seufzte.
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Angelique
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Angelique »

Der Mann, der schließlich kam, war uralt, so schien es. Bestimmt schon über dreißig Jahre alt! Nicht schlecht aussehend allerdings. Ein gepflegter Bart und lange, gekämmte Haare. Nicht so ungewaschen und ungepflegt wie die meisten. Und er hatte die Ausstrahlung eines Mannes, dem man zuhörte. Seine Augen waren von einem intensiven Blau und das sonnengbräunte Gesicht hatte hier und da eine kleine Narbe, die nicht so sehr entstellte, als dass sie dem kantigen Gesicht Besonderheit verlieh.

Gekleidet war der Mann in mit Goldfaden besticktem Hemde, die Hose war bei den Schuhen mit gekreuzten Lederstreifen gebunden. Ein kostbar verzierter Waffengurt hielt ein prächtiges altes Schwert, dessen Almandinbesatz am Goldblechheft heutzutage nicht mehr hergestellt wurde. Eine ebenso altmodische Fibel hielt einen sehr modernen Umhang aus flandrischem Tuch.
Überhaupt schien der Mann einen gewissen Reichtum oder zumindest teuren Geschmack zu besitzn.

In einiger Entfernung stand ein gepanzerter Armbrustträger mit einem Ungeheuer von schwarzem Hund an der Kette. Ein kleiner, dünner Page, der fast Augenhöhe mit der Bestie hatte, stand ohne Furcht daneben und beobachtete mit großen Augen das Geschehen.

Der blauäugige Mann lächelte und verneigte sich in einer Formvollendung, die die Braut nie zuvor gesehen hatte. Als sei sie hochgestellt und wichtig.
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Livia
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Livia »

Das Mädchen beobachtete den Mann mit ängstlichem Blick. Als er dann langsam Näher kam, sog ihr Blick gierig wie furchtvoll jeden Eindruck seines Wesens und seiner Erscheinung.

Sie wirkte unschlüssig.

Sie wirkte weiterhin verängstigt.

Dann verneigte der Recke sich, viel zu sehr, als sei sie eine Prinzessin oder Freifrau... Galant.
Wie er. Dachte sie sich.

Doch da ging ihr der Gedanke durch den Kopf, wie wäre es, wenn er hier wäre?
Der Mann vor ihm wirkte reich... sehr reich. Wie Vater.
Er wirkte auch männlich... sehr männlich. Wie Vater.
Er war auch wild... aber wie wild?
Er hingegen... war elegant, galant und mild... der Fremde sah nicht so aus. Doch wirkte er so?

Sie würde es sehen müssen. Bald.

Die junge Frau schüttelte sich kurz unwillkürlich, dann reichte sie dem Fremden die Hand.
Auch sie war wohlerzogen, aber rural. Unsicher sah sie zu ihm.
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Angelique
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Angelique »

Der Griff der Hand war unglaublich fest, aber der Mann hier ihre Hand trotzdem wie ein rohes Ei. Schwielen und ein muskulöser Unterarm zeigtem, dass er das Schwert an seiner Seite zu führen wusste, es nicht nur Dekoration war.

Er lächelte wieder gewinnend. Seine blauen Augen glitzerten wie Saphire im Lichterwiderschein.

"Mein Name ist Chevalier d' un ecu Roger de Arles, Hauptmann des Bärenbanners", stellte er sich vor. Seine Stimme war sonor und doch leise, als wüsste er mit jungen Mädchen genauso gut zu parlieren wie mit seinen Kriegern über den Lärm der Schlacht hinweg.

Erst langsam rieselte der Inhalt in den Geist des Mädchens. Roger de Arles, der Räuberhauptmann und Ex-Geächtete, der eine Abenteuerfahrt ins heidnische Sicillia unternommen hatte, um Sklaven zu befreien. Sie mochte vor einigen Jahren als Kind seinen feierlichen Einzug in Genua erlebt haben.
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Livia
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Livia »

Lebhaft kamen die Erinnerungen in der jungen Frau hervor. Der Tag war ein großes Ereignis gewesen. Sie hatte damals zwar weder Ahnung vom Krieg, noch von Sklaven, noch von Sicillia gehabt. Sie hatte kein Gefühl für die Weite des Meeres, kannte das Mare Nostrum nur vom Weg nach Genua.

"Es...
Es ist mir eine Ehre und Freude." Sagte sie zögerlich und mit einer fast brechend leisen stimme.
Kurz senkte sich der Blick gen Boden. Sie war irritiert. Er war so feinfühlig...

Auch sie stellte sich vor. Judith, Tochter des Ritter Welf. Des reichen Ritters. Sanft schlugen ihre Lieder aufeinander und in jenem Augenblick entfaltete auch das junge Ding ein gewisse Schönheit - wahrlich - unberührt, ländlich oder... verdorben?

"Ihr seid ein bekannter Recke.
Seid ihr auf einer großen Queste in diesen Jahren?" Fragte sie zögerlich, wie um ein Gespräch zu eröffnen, oder von etwas abzulenken - und wenn es nur das Ende des Gespräches war.

Judith war ganz anwesend, aber auch irgendwie... nicht?
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Angelique
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Angelique »

Wieder lächelte der Hüne gewinnend. "Meine große Queste ist die Brautschau", beantwortete er ihre Frage mit humorvollem Glitzern in den blauen Augen. "Ich bin aber ohnehin häufig auf Aventure. Meine zukünftige Braut wird meinen Besitz zumeist allein verwalten müssen, denke ich."

Während er so plauderte und dabei eine kleine geschnitzte Blume unter dem Unhang hervorholte und ihr darbot, fiel Judith der kleine Page auf, der mit großen Augen im hübschen Gesichtchen sie unentwegt beobachtete. Der dünne Knabe mit den wuscheligen dunklen Locken war so geheimnisvoll, wie der große Recke offen wirkte. Man konnte sich in den Tiefen des Blickes verlieren.
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Livia
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Livia »

Das Mädchen blickte kurz zu Boden.
Ein Reisender. Ein Abenteurer. Einer, der nie zuhause war. Einer, der hurte und Bastarde anschleppte? Ein Hauch Aufregung ging durch sie. Ein Abenteurer?

Judith Augen lagen eine Zeit in der Ferne, eine Zeit auf dem Hund, eine Zeit auf dem Pagen, dann wandte sie sich wieder dem großen Manne zu - es war wohl an der Zeit die Kindheit hinter sich zu lassen und in die Welt der wahrhaft Erwachsenen aufzusteigen.
"Lebt es sich sehr gefährlich... so wie Ihr?
Ich sah die Aushänge, das Unrecht, welches euch die Handwerker und Krämer euch antun wollten..." Fragte sie fürchtend forschend. Er war in großer Ehre, auch der Zorn der Patrizier war unter Adligen sicher ein Aushängeschild der noblesse, aber er hatte Feinde... möglicherweise mächtige?
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Angelique
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Angelique »

"Ja, das will ich meinen", meinte der Recke, nicht ohne Stolz, "sehr gefährlich sogar. Aber dafür hat GOtt uns Milites geschaffen. Ich will die Gefahr nicht missen, denn ohne sie hätte das Abenteuer keine Würze. Die Fremde keinen Reiz. Und die Untergebenen auch keinen Respekt. Ein Mann, der sein Schwert nur zur Zierde trägt und nicht bereit ist, was ihm lieb und teuer ist, damit zu verteidigen, ist kein Mann, sondern nur ein Krämer."
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Livia
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Livia »

Sie seufzte kurz. Irgendwo zwischen Furcht und Sehnsucht lag das Geräusch. Besonders auf sie eingegangen war der Mann bisher nicht... andererseits war er von geradezu beklemmender Höflichkeit, Judith war derartige Etikette nicht gewöhnt, ihr Haus war angeblich alt und edel, aber doch auch... roh. Wölfe eben.

"Nur ein Krämer." Sie grinste kurz sanft. "Ich mag das Handwerk mit dem Gelde, stolzer Miles. Ich hoffe ihr schätzt es nicht gering, aber meine werte Mutter lehrte mich nicht nur die Tugenden des Haushaltes, sondern auch die des Warenflusses... wegen unserer Stellung." Erläuterte sie vorsichtig. Nun war sie merklich gespannt, sie hatte nicht die Kühle eines abgebrühten Händlers, der Moment war ihr wichtig, das war leicht zu spüren... würde der Ritter sie schelten und ins Ehebett verweisen oder den Wert einer mehr als nur im mindesten Maße aktiven Frau erkennen?
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Angelique
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Re: [Fluffspiel] Küsse, Bünde, Blut

Beitrag von Angelique »

Der Mann grinste fast jungenhaft. Er wirkte fast begeistert. "Dem HErrn sei gedankt! Eine kluge Maid, die sich um die Geschäfte und das Gesinde kümmern kann, wenn man unterwegs ist. Die das Vermögen verwalten kann und die Kinder erziehen, sollte es GOtt gefallen, einen abzuberufen. Schön und klug, der Traum weiser Männer."

Roger schaute zu seinem Gefolge. Der kleine Page war hellhörig geworden, noch hellhöriger. Und lächelte sogar. Lächelte sie an. Das Kind war ohne Zweifel etwas besonderes. Eigentlich unscheinbar und im Hintergrund verschwindend, doch in Momenten wie diesem wie der volle Mond, der durch eine Wolkendecke brach.

Plötzlich ging der große Mann auf ein Knie vor ihr. Er hielt einen Ring in der Hand. "Mit Eurem Vater habe ich gesprochen und alle Regeln der Brautschau eingehalten: das Geschenk, die Fürsprecher, den Segen von Vater und Kirche. Doch in meinem Land ist es Sitte, die Maid zu fragen, ob sie dieses Ansinnen für gut erachtet. Deshalb frage ich, Chevalier d' un ecu Roger de Arles, Euch hiermit förmlich: Wollt Ihr mein Eheweib werden?"
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