[1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

[Dezember '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Nubis
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[1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Zeit in Genua hatte Galeno geprägt. Viele Dinge waren geschehen und er hatte sich sehr viele Gedanken zu seiner Zukunft gemacht. Immens viel war auf ihn eingeprasselt und hatte ihn gewandelt. Er war nicht mehr der Gleiche. Fünf Jahre mit verschiedenen Schwierigkeiten hatten seinen Weg verändert, seine Sichtweise auf bestimmte Dinge, hatte seinen Charakter gewandelt, ihn vieles hinterfragen lassen, und vor allem dazu veranlagt, aus sich heraus zu kommen, etwas schaffen zu wollen.

Aus einem kleinen, schwachen Mönch wurde so langsam jemand, der selbstbewusster auftreten, der sich durchboxen wollte. Er war bereit zu kämpfen für sich, seine Überzeugung, seine Ziele. Und er hatte Pläne angefangen zu schmieden, hatte angefangen sich Hilfe oder Verbündete zu suchen und wollte auch heute einen weiteren Schritt in diese Richtung tätigen.

Ein Schreiben, fein säuberlich aufgesetzt und wieder eine kleine Krabbe zeigend, die eine ihrer Scheren demonstrativ nach oben reckte, war mittels Bote zu Seresa an den Wachturm gebracht worden. Darin hatte gestanden, dass er weiterhin um eine bessere Beziehung zwischen ihr und ihm bemüht sei und um ein Treffen bat. Er hätte einen Vorschlag zu unterbreiten, der eventuell für sie interessant sein könnte. Ihren Blutsbruder erwähnte er in seinem Schreiben nicht. Ihm ging es dieses Mal wirklich nur um Seresa, denn Ajax stand auf einem anderen Blatt.
Sie könnten sich entweder in Amalias Haus treffen, wieder am Strand oder bei ihr am Wachturm. Ihm wäre es egal und auch die Zeit sollte Seresa bestimmen. Er selbst hatte keine all zu grosse Eile und konnte seine eigenen Projekte zeitlich flexibel gestalten. Bei Seresa wusste er es nicht wirklich. Vielleicht war sie stärker irgendwo eingebunden, hatte Aufgaben zu erledigen. Was wusste er schon. So gut kannte er sie nun auch wieder nicht.

Nun war er bereit, kleidete sich wieder in seiner Mönchskutte und lief los, Bruder Luciano natürlich hinterher.
Seresa hatte sich am Strand mit ihm treffen wollen und so sollte es auch sein. Diesen Ort sollten sie zu ihrem machen, so oft, wie sie sich dort trafen.
Der Mond bildete eine Sichel, Wolken zogen leicht darüber hinweg, eine leichte Brise kam vom Meer herübergeweht und vereinzelte Sterne glitzerten am Nachthimmel. Das Meer rauschte leicht und die Wellen schwappten ein wenig an den Strand, warfen kleine Muscheln umher, spielte beinahe damit wie ein kleines Kind, dem langweilig war.
Es war recht idyllisch, kein aufziehender Sturm, wie beim letzten Mal und bisher auch keine Krabbe, die in Zehen kneifen wollte.

Da er etwas früher angekommen war, setzte er sich dorthin, wo sie schon einmal gesessen und gesprochen hatten. Luciano blieb stehen und beobachtete Galeno, wie dieser auf das Meer hinaus sah, ein klein wenig in Gedanken hängend. In letzter Zeit ein Zustand, den er des öfteren sah. Die Starren Augen Galeno verrieten allerdings nichts über die Art der Gedanken, die ihn beschäftigten.
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Seresa
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Das Antwortschreiben an den Kappadozianer war mit einer kleinen Muschel verziert gewesen, welcher auch den Ort ihres Treffens in der heutigen Nacht indirekt wiederspiegelte.

An diesem Abend kam die Gelehrte über den Weg aus Richtung Osten entlang geschritten. Ihre schlanke Gestalt war von einem dunklen Umhang und ihre Haare unter dem Überwurf verhüllt. In ihrer Hand führte sie einen Hirtenstab aus dunklem Olivenholz, dessen Spitze eine schlichte Verzierung aufwies. Ihr Gang und ihre Haltung selbst waren aufrecht, während ihre Schritte zügig und fest waren. Würde man es nicht besser wissen, so würde man glauben, sie bewegte sich nur einzig derart schnell, um mögliche Verfolger abzuschütteln. In einer Welt hinter der Welt wie der ihrigen war dies jedoch ohnehin vergebene Liebesmüh, entsprechend bewegte sie sich in diesem Tempo einzig, um die Kürze der Nacht besser zu nutzen.

Erst als sie zum Übergang vom Weg auf den unebeneren Untergrund des Strandes traf, verlangsamte sie ihre Schritte. Ihr Blick wanderte über die Umgebung und nahm Luciano in der Nähe war. Dieser war jedoch für sie nicht von Interesse in dieser Nacht, weswegen Seresa sich direkt in Richtung Galeno bewegte. Ihre Schritte verschmolzen beinahe mit dem Rauschen des Meeres,* bis sie einige Momente später schweigend an der Seite des auf dem Boden Sitzenden stehengeblieben war. Ihr Blick war gerade aus auf die unergründliche Schwärze des Meers gerichtet, bis sie schließlich in einer ruhigen Bewegung die Kopfbedeckung zurückschlug und sich an Galeno wandte.

„Seid gegrüßt, werter Galeno. Ihr wolltet mich sprechen?“

Die leichte Brise des Meeres spielte mit den offenen Haaren der Gelehrten und so wie Seresa neben dem Kappadozianer stand, mochte man den optischen Eindruck gewinnen, die Brujah wäre unter der Obhut ihres Bruders im Blute in den letzten drei Jahren weiter zu einer selbstbewussteren und selbstbestimmteren Frau herangereift, denn im Vergleich zu den Jahren davor, wirkte sie noch stärker in sich ruhend. Die allgegenwertige Kälte in ihren Augen hatte sich abgemildert und war zu einem warmen Braunton zurückgelangt, mit welchem sie nun auf Galeno blickte, während ihre Worte freundlich und wohlwollend an sein Ohr drangen.

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Nubis
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Wogen des Meeres hatten eine leicht hypnotisierende Wirkung auf den Geist und schienen ihn zu rufen, wegtragen zu wollen. Das Säuseln des Windes flüsterte ein Schlaflied für jeden unvorsichtigen Wanderer, jeden, den Träume, Wünsche und Ängste trieben. Lud ein zum ewigen Verweilen oder zum Schwimmen.
Galeno war etwas in diesen Bann gezogen worden, starr, wie in einer anderen Welt versunken. Sein Geist trieb mit den Klängen des Meeres und verwob sich mit der leichten weissen Gischt der Wellen.

Er hatte Seresa nicht wahr genommen, auch Luciano anfangs nicht. Erst als sie neben ihnen stehen blieb und seinen Meister ansprach, zuckte Luciano leicht zusammen und sah sie kurz überrascht an. Er behielt sein freundliches Wesen dennoch auch bei ihr bei, doch nun schien etwas zwischen ihnen zu sein. Er wirkte distanzierter, ein wenig demütiger.
Er grüsste sie mit einer tiefen Verbeugung und sagte nichts.

In Galenos Geiste tauchten ihre Worte auf, vermischten sich mit Gedanken, schufen Bilder. Bilder, die die Vergangenheit zeigten, die die Zukunft simulierten und unaufhörlich veränderten und die natürlich auch die Gegenwart widerspiegelten. Ein Meer, ein Strand aus grobem Kies, er und sein Ghul dort angekommen und auf jemanden wartend, Seresa, wie sie neben ihm stand und diese Worte an ihn richtete.

Langsam kam Leben in den Körper zurück. Die Arme, die er über die leicht angewinkelten Beine gelegt hatten, glitten hinab und in Richtung Rücken, um die neue Pose aufzufangen. Der Körper verlagerte sein Geweicht nach hinten und wurde durch die Arme nun gestemmt. Sein Kopf bewegte sich zu ihr herüber. Die Augen musterten sie erst ein wenig, als sei er noch in einer Art Trance gefangen, doch erwachte er Sekunden später daraus und nickte lächelnd.

Eine seiner beiden Hände bot ihr einen Platz neben sich an, allerdings würde er auch aufstehen, wenn sie lieber stehen wollte.

"Ja, das wollte ich."

In Galenos Augen schien nicht mehr der jugendliche Forscherdrang zu brennen, mit dem er nach Genua gekommen war, sondern ein etwas anderes Feuer, welches von einer ganz anderen Energie angefeuert war. Allerdings war es schwer in seinen nicht blinzelnden Augen zu lesen, die dazu neigten zu starren.

"Ich wollte gern mit euch über ein paar Pläne sprechen..... Aber vorerst, ihr seht...lebendiger aus. Wie ist es euch, seit wir uns das letzte Mal trafen, ergangen?"
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Seresa
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Lebendiger?!“

Seresa wog die Begrifflichkeit nachdenklich in ihrem Mund hin und her, bevor ein seltsam verzogenes Lächeln auf ihren Lippen erschien.

„Dieser Ausdruck birgt zweifelsohne einer gewissen Ironie bedenkt man, dass ich inzwischen länger unter den Toten weile, als unter den Lebenden.“

Ihr Blick verweilte einen Moment schweigend auf dem Kappadozianer.

„Genua verändert uns wohl alle. Die einen schneller. Die anderen langsamer. Die einen zum Guten. Die anderen zum Schlechten. Ich denke, ich bin mir in den letzten Jahren der Verantwortung bewusster geworden, welche auf meinen Schultern ruht. Weshalb es in meinem eigenen Interesse sein sollte, etwas der Gemeinschaft zurückzugeben, anstatt nur von Ihr zu nehmen. Womöglich meint Ihr dies, so Ihr von lebendiger sprecht?“

Ihr Blick war kurz fragend auf den jungen Mönch gerichtet. Dann wandte er sich in Richtung des Meeres ab.

„Die letzten Jahre selbst waren von dunklen Vorzeichen geprägt. Entsprechend verbrachte ich viel Zeit damit mich selbst, sowie Jene, welche mir nahestehen, dagegen zu wappnen und herauszufinden, wie ich sie schützen kann. Die Zeit schien mir dabei wie Sand haltlos durch die Finger zu rinnen und der Sturm naht.“

Seresa blickte auf das ruhige Meer. Von einem Sturm schien weit und breit nichts zu sehen zu sein. Etwas, was ihre Worte und Befürchtungen in diesem Moment Lügen strafte. Die Gelehrte schüttelte leicht den Kopf.

„Doch lasst uns in dieser Nacht nicht über unangenehme Dinge sprechen.“

Ihr Blick ging zu Galeno zurück.

„Wie ist es Euch selbst ergangen und über welche Pläne wolltet Ihr denn mit mir sprechen?“

Die Gelehrte ließ sich in einer geschmeidigen Bewegung in die Hocke sinken, wechselte von dort aus in eine knieende Haltung über, bevor sie sich schließlich auf ihre Fersen hockte. Den Stab ließ sie behutsam neben sich auf die Steine sinken, bevor ihr Blick zurück auf den jungen Mann an ihrer Seite ging.
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Nubis
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Er musterte Seresa und lachte dann leicht. „Hm...hm… ja.. Wahrscheinlich tun wir das beide mittlerweile. Oder zumindest annähernd...“

Er dachte an sein eigenes Alter. So sehr unterschieden sich seine Lebensspanne im ersten von dem jetzigen Leben noch nicht.

„Aber ich meinte eher eure Ausstrahlung, der Klang, der in eurer Stimme mitschwingt. Ihr wirkt etwas anders. Man könnte es auch nahbarer nennen...“

Auch sein Blick richtete sich wieder zum Meer. „Ja, die Verantwortung. Wahrscheinlich sind wir uns da etwas ähnlich, denn auch meine Gedanken kreisten in letzter Zeit hauptsächlich darum. Und die Zeit ist wie Sand, gleitet uns durch die Finger.“

Er nahm symbolisch etwas von dem Kies des Strandes auf und ließ ihn durch die Finger gleiten.

„Feiner als jene Steine, die wir noch aufzuhalten vermögen… Sie scheint auch durch jede Ritze zu sickern, wie Sand im Schuh einen manchmal zu quälen und alles zu beeinflussen, was um uns ist...“

Die kleinen Wolken kündigten keinen Sturm an, doch vermutete er auch nicht, dass Seresa einen aufkommenden Sturm meinte, welcher bald dieses Meer aufpeitschen würde. Sie sprach von etwas anderem.

„Sturm? Wird etwas geschehen, was Genua stark beeinträchtigen könnte?“ fragte er, ohne wirklich eine Antwort zu erhoffen, denn sie wollte nicht über unangenehme Dinge sprechen. Also würde er, zumindest heute nicht weiter also so nachhaken.

„Ich habe mir nach unserm letzten, ereignisreichen Treffen einige Gedanken gemacht und ich denke, so langsam finde ich einen Weg… Ob dieser auch zu meinem wird, werde ich noch sehen. Mir ist es also ganz gut ergangen, so denke ich. Wobei ich hier und da auch sicherlich noch das eine oder andere weiter überdenken muss und sicherlich auch euren Bruder im Blute davon in Kenntnis setzen werde. Aber das geht weniger euch und mich an….es sind andere Themen.“

Sein Blick wurde recht ernst und eine Frage schien ebenfalls darin zu liegen.

„Wir beide versuchen unseren Weg hier zu finden, sehe ich das richtig? Ihr scheint mir zumindest auch noch nicht angekommen zu sein. Wir sind beide noch recht jung und sicherlich in so manchen Bereichen verdammt unerfahren. Ihr spracht eben von Schutz und davon, etwas der Gemeinschaft zurück zu geben. Über all solche Dinge habe ich gegrübelt und für mich ein paar Möglichkeiten gefunden, aber auch für Dinge, die eine Gemeinschaft um einiges besser realisieren würde oder könnte.“

Er ließ den Blick erneut übers Meer schweifen. Es strahlte noch immer eine Ruhe aus, die seinesgleichen suchte.

„Was haltet ihr davon, sich gegenseitig eine Stütze zu sein? Gegenseitig von den jeweiligen Talenten zu profitieren und etwas gemeinschaftlich aufzubauen, was schwerer einzureißen sein wird, als wenn jeder von uns seinen ganz eigenen Teil nur erledigen würde? Es mag sein, dass wir jeder ein eigenes Bestreben haben, aber ich nehme mal stark an, dass eure Zukunftspläne ganz andere sind, als meine und das würde eine gute Voraussetzung sein. Denn so könnten wir uns stützen, ohne uns gegenseitig auf die Füße zu treten.“

Sein Lächeln kehrte zurück und musterte sie nun, da er irgendeine Reaktion erwartete.

„Ich dachte dabei an etwas, was natürlich auch erst einmal realisiert werden muss, aber gemeinsam sicher schneller erreichbar wäre, als alleine. Eine Schreibstube, in der Schriften, Bücher und dergleichen gesammelt und hergestellt werden. Menschen und Kainiten, die Wissen suchen, könnten sich dort dieses holen. Auch wer etwas lernen möchte, könnte sich an uns wenden.. Als Beispiel ihr die Sprache, ich die Medizin. Wir drei würden uns sehr gut ergänzen. Ihr als Schriftgelehrte, Ich als jemand, der zeichnet und die Forschung hoch schätzt, also auch gern neues entdeckt und für die Nachwelt bewahren möchte, sowie mein Bruder, Luciano, welcher die wichtigen Pergamente zu Folianten binden kann.
Dadurch könnten wir gemeinsam ein Zeichen setzen, gemeinsam etwas verdienen und vielleicht auch gemeinsam einen Pfad für die Zukunft legen. Unsere und die Genuas...“
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Seresa
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Was für eine Reaktion Galeno auch immer bei der Brujah erwartet hatte trat in diesem Moment nicht ein. Sie saß weiterhin stumm da und hörte dem Kappadozianer offenkundig zu, während ihr Blick das Wellenspiel betrachtete. Ihre Stirn hatte sich minimal gekräuselt, ganz so als versuchte sie zu verstehen, auf was ihr Gegenüber eigentlich hinauswollte. Als Galeno geendet hatte, legte sie sich stärker in Falten, während sie über das Gesagte nachgrübelte. Ihre Stimme klang ernst, als sie schließlich ihre Bedenken äußerte.

„Pergament und Tinte sind teuer.“

Ihr Blick wanderte zu Galeno zurück und die Nachdenklichkeit aus ihrem Gesicht war verschwunden. Sie wirkte nicht prinzipiell abgeneigt, aber sie war skeptisch, ob der Kappadozianer sich alles gut genug überlegt hatte, was er hier vorgebracht hatte oder Vieles davon seiner Unerfahrenheit geschuldet war.

„Wie wollt Ihr dies zu Beginn bezahlen? Als Mönch habt Ihr gemäß dem Glauben wohl sicherlich Eurem Besitz entsagt. Wie verträgt sich Euer Habit überhaupt mit Eurer Überlegung? Schließlich wäre jeder Teil Eurer Einnahmen ein Gemeinschaftsgut Eurer Ordensgemeinschaft. Weiß Euer Ältester von Eurer Überlegung und wie denkt dieser darüber? Die Differenzen zwischen unseren jeweiligen Brüdern im Blute sind bekannt und ebenso auf wessen Seite ich stehe. Wo wollt Ihr die genannten Dinge verwahren? Sie besitzen einen hohen Wert und je größer die Sammlung würde, umso schwieriger würde es werden diesen Ort zu schützen. Wie gedenkt Ihr sie überhaupt zu schützen vor Diebstahl, Fälschung oder gar Vernichtung? Nicht alle unserer Art werden derlei Dinge gutheißen und entsprechend muss damit gerechnet werden, dass es entweder ge- oder missbraucht wird, so man sich nicht vorab Unterstützung suchen würde. Entsprechend wäre ebenso die Frage: Unter wessen sterblichen und unsterblichen Schutz gedenkt Ihr die Unternehmung zu stellen? Nicht Jeder würde sich dafür eigenen und nicht Jeder würde es gutheißen, so er oder sie als Schutzherr oder -dame nicht gefragt würde. Wie wollt Ihr Wissen, welches für Sterbliche nicht zugänglich sein sollte, von Jenem trennen, welches unsere Art betrifft?“

Die Art und Weise wie Seresa darüber sprach legte nahe, dass sie sich wohl selbst über ähnliches bereits Gedanken gemacht hatte, doch noch keine zufriedenstellende Antwort für sich gefunden hatte.

„Mir ist nicht bekannt, in welche Richtung Eure medizinische Forschung verläuft und ob das Öffnen sterblicher Körper, um in ihnen zu forschen, ein Teil davon ist.“

Ihr Blick aus braunen Augen lag ruhig auf dem Kappadozianer und so wie sie darüber sprach, mochte der junge Mönch den Eindruck gewinnen, als wäre dieser nicht der Erste ihrer Art, von dem sie wusste, dass er in sterblichen Innereien herumwühlte. Zu stören schien sie sich daran dann doch nicht wirklich, so ruhig und gleichgültig wie ihre Stimme blieb, als sie sich und ihre Bedenken weiter erklärte.

„Allgemein eignen sich nicht alle Schriftstücke zwangsweise zum Ausstellen, können sie wie fragwürdige Herangehensweise in der Medizin oder umstrittene Philosophien zu Unmut oder Verstimmung unter den Sterblichen führen. Auch dies sollte bedacht sein.“

Seresa unterbrach ihre Erklärung, um dem Kappadozianer nicht zu viele offene Punkte und Fragen an den Kopf zu werfen. Stattdessen nickte sie.

„Davon unabhängig seht Ihr es richtig, dass ich versuche einen Weg in der Domäne Genua zu finden, um in ihr verweilen zu dürfen. Dass ich bisher nicht angekommen war lag vor allem daran, dass ich nicht gedachte zu bleiben, als ich hierherkam. Die ernsthafte Überlegung sich in der Domäne niederzulassen hatte sich erst unter vielerlei schicksalhafter Wendungen ergeben und selbst heute bin ich noch immer nicht gänzlich schlüssig, ob dies wahrlich eine gute Idee ist.“

Die Gelehrte schwieg für einen kurzen Moment, während ihr Blick auf die Wellen wanderte.

„Meine Blutlinie wird nicht von allen Vertretern unserer Art geachtet und geschätzt, weshalb ich befürchte, dass es womöglich einzig eine Frage der Zeit sein wird, bis mich ein aufkommender Sturm aus Genua wegreißen wird. Ich bin noch nie derart lange in einer Domäne verweilt wie hier in Genua. Vor allem in einer Domäne, in welcher Jene, welche womöglich mein Blut nicht zu schätzen wissen derart nahe und derart mächtig sind.“

Seresa zuckte mit den Schultern, wobei sie einen Augenblick lang nicht weitersprach, bis sie schließlich zurück zu Galeno blickte.

„Womöglich ist es eine unbegründete Sorge, doch ich bin nicht bereit dazu mein Dasein und das derer, welche mir nahestehen, darauf zu verwetten. Entsprechend nein, ich nehme nicht an, dass dies Genua beeinflussen oder beeinträchtigen wird. Zumindest ist es dies, was ich hoffe. Was ich unter allen Umständen verhindern will.“
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Nubis
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Der Kappadozianer lächelte. Zu Vielem hatte er sich auch Gedanken gemacht, zu manchem nicht, da er daran keine verschwenden wollte, oder sie für ihn recht einfach zu beantworten waren.

„Also zuerst einmal, werte Seresa, ja..Pergament und Tinte sind teuer. Aber ihr müsst nicht alles mit teuren Materialien füllen, sondern nur, was wirklich auch wichtig ist. Ich arbeite als Fresekenmaler mit noch anderen Materialien und kann euch sagen, dass zum Beispiel Holztafeln aus einem helleren Holz ebenfalls gut geeignet sind, um Tinte zu halten. Die Tinte kann ebenfalls aus relativ günstigen Materialien hergestellt werden, wie dunklem Stein oder Kohle und Russ.
Zudem haben wir Wachstafeln, die ebenfalls Schriftstücke halten können. Also hier kann man wirtschaften ... jenachdem was zu welchem Zweck passend wäre.
Ich könnte versuchen mindestens einen Geldgeber zu bekommen, deren Anliegen ebenfalls unsere Richtung betreffen. Allerdings müsste ich dafür erst sicher sein, dass ihr mitziehen wollt. Alleine werde ich dies vorerst nicht umsetzen, da es dann eher zum Scheitern verurteilt wäre.“


Er musterte sie intensiv. Tatsächlich hatte er ein paar Kainiten, die durchaus solch ein Projekt unterstützen würden und sicher auch ihre Angebote dann nutzen wollen würden.

„Ein grösseres Problem würde der Standort darstellen. Ich hattemir überlegt, erst einmal irgendwo unter zu kommen, wo es für eine kleine Schreibstube noch Platz hätte. Eben vielleicht bei jemandem, der ein Anwesen besitzt und dies unterstützen und vielleicht auch schützen würde. Man müsste sich dafür umhören und darauf hoffen, dass es einen so jemanden gibt. Aber wenn man nicht den Versuch wagt, dann gewinnt man auch nichts, oder? Euer Bruder im Blute sagte, dass ich kämpfen soll...also warum nicht auch so? Ein gewisses Risiko muss dafür eingegangen werden. Ohne geht es wahrscheinlich nicht. Und wer weiss, vielleicht hat ein jeder von uns Kontakte, die dafür hilfreich wären. Auch für den Schutz eines solchen Unterfangens. Zumindest anfänglich.

Ich möchte natürlich klein anfangen und nur bei denen, bei denen es nötig sein wird, mehr Worte darüber verlieren. Man kann dieses Projekt nach und nach wachsen lassen und muss es nicht überstürzen.

Was den Schutz unserer Schriften vor menschlichen Augen anbelangt, so würde ich es wie in den Klostern halten. Unbekannte, verschlossene, versteckte Räume, die nur wir kennen. Menschen lassen sich da sehr gut täuschen, denke ich. Ausserdem würde ich es vermeiden wollen in diesen Räumlichkeiten irgendetwas zu veranstalten, was auf unsere Art aufmerksam machen würde. Also absolut die Stille wahren. Meine Untersuchungen werde ich andernorts umsetzen. Dazu besitze ich schon Räumlichkeiten.

Was mein Dasein als Mönch betrifft...“


Er liess einen sehr kurzen Lacher aufglucksen.

„So war dies vermutlich mit meinem Tod zu ende. Ich schwor auf die Gelübde für meine Lebenszeit, ohne zu wissen, dass es noch ein zweites gibt, was sicherlich auch nicht so vorgesehen war. Ich habe in den Jahren hier ein Umdenken gehabt. Klar, ich bin noch immer Mönch, im Herzen, doch auch mittlerweile etwas anderes. Ich weiss,ich werde mit unserem verehrten Chronisten reden müssen, aber ich habe auch nicht vor, ihm seinen Posten streitig zu machen, sondern eher mit ihm zusammen zu arbeiten. Einiges, was wir sammeln, dürfte auch für seine Chroniken eines Nachts interessant sein. Ein Wissensaustausch in Aussicht zu stellen, könnte ihn dazu ermutigen es zu unterstützen. Allerdings würde ich ihn diesbezüglich auch zuerst vor allem anderen fragen. Es wäre aber obsolet, wenn ihr gar kein Interesse an einer Zusammenarbeit dieser Art und die Anstrengungen, die damit verbunden sind, habt.“

Er setzte abermals ab, denn er versuchte ab und an auch sprachlich Absätze zu schaffen, grössere Pausen, die ein neues Thema ankündigten.
Das sanfte Meeresrauschen spielte sich in diese Pausen hinein und liess nicht zu, dass eine tiefe Stille entstehen würde.

„Welche Unterstützer ich mir vorstellen könnte... nun...ohne des verehrten Benedetto würde dieses Unterfangen sicher nicht gelingen. Auch unsere höchst verehrte Prinzessin sollte dies nicht als ein Übel sehen. Zudem würde ich gern für den Schutz den wohlwerten Ajax, also euren Bruder, gewinnen wollen. Die werte Angelique teilte mir mit, sie handle mit Söldnern, vielleicht geht auch da etwas zu bewerkstelligen. Ausserdem würde ich gern meinen Mentor fragen wollen, den Kastellan und die werte Avelina di Braida. Auch könnte man ein Handelsabkommen mit der werten Livia versuchen, nur bin ich mir dabei nicht sonderlich sicher, ob sie nicht eher eine wäre, die das boykottieren oder ausnutzen würde. Meinen Bruder im Blute möchte ich nicht fragen, auch bei meiner Schwester im Blute bIn ich mir unsicher. Auch alleine schon wegen diesen Ungereimtheiten zwischen unser beider Clans.
Da dort auch die Liktoren Zugriff haben und ich....ich mich um eine bessere Zusammenarbeit mit ihnen bemühe, sollte es in aller Liktoren Sinn und vielleicht auch dem des Blutvogtes liegen, diese Lokalität zu schützen und als hilfreich zu erachten.
Womöglich kennt ihr noch andere, die dies unterstützen würden? Oder vielleicht hegt ihr auch Vermutungen, wer dies zunichte machen wollen würde?“


Seine Mine erhellte sich und wurde um einiges freundlicher, sogar irgendwie lustig.
Das Feuer in seinen Augen schien nun noch entfachter zu sein.
„Blutlinien sollten keine Rolle spielen. Genauso, wie ich versuche, mich von einigen Dingen meines Clans zu distanzieren, zeigt doch, dass ihr anders seid, als eure Blutlinie. Zeigt, dass ihr ein Individuum seid, eines, was selbst Entscheidungen trifft und jemand, der Genua auf positive Weise etwas zurückgeben möchte. Ich denke, dass diejenigen, die euch nicht mögen, dann vielleicht mit einem Umdenken beginnen. Es ist nicht leicht, aber ich zitiere da auch gern euren Bruder....wollt ihr immer weglaufen? Zeigt ihnen, dass sie euch nicht auf Grund eurer Abstammung beurteilen sollten, sondern auf Grund eurer Taten. All zu gross kann der Hass auch nicht sein. Denn wenn sie so mächtig sind, wieso dulden sie euch dann noch in der Domäne?“

Er setzte sich so, dass sich sein Körper der Brujah zuwandt.

„Nun? Noch mehr Bedenken...Fragen oder....habe ich euch überzeugt?“
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresas Blick lag wenig amüsiert auf dem erheiterten Kappadozianer, als dieser geendet hatte.

„Zunächst eine Kleinigkeit, werter Galeno. Nicht jede Weisheit meines Bruders im Blute lässt sich auf jedes Problem anwenden. Zumal Ihr in diesem Fall keine Ahnung habt und nicht wisst, wovon Ihr überhaupt sprecht.“

Ihre Stimme klang ernst und freudlos, bevor sie eine wegfegende Geste beschrieb. Sie war nicht erbost über Galenos Worte, nur schien sie offenkundig kein Interesse daran zu haben, mit ihm darüber zu sprechen.

„Was Eure Pläne indes angeht.“

Seresa pausierte für einen kurzen Moment.

„Erklärt mir, was Ihr damit meint, wenn Ihr sagt: Da dort auch die Liktoren Zugriff haben? Weshalb sollten sie diesen Ort schützen oder als hilfreich erachten?“
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Sein Blick wurde fragend, aber er akzeptierte, dass Seresa darüber wohl nicht weiter sprechen wollte, auch wenn er sie dadurch natürlich nicht gerade besser verstehen würde. Er fand durchaus, dass es sich anwenden liess, denn für ihn ging es vor allem erst einmal um Genua selbst und das Leben hier. Um mehr nicht.

Die Frage, die Seresa ihm stellte, konnte er ihr nur in der Theorie erklären, da praktisch noch nicht alle Weichen gestellt worden waren und er blickte sie prüfend an.
"Wie gut haltet ihr Stillschweigen? Ich möchte nicht, dass meine Pläne schon zu sehr von falschen Ohren gehört werden. Generell sollte alles Besprochene, was wie hier untereinander sagen, zu unser eigen Interesse geheim bleiben. Denn ansonsten nimmt uns jemand die Möglichkeit viel zu zeitig wieder weg, ohne dass wir auch nur irgendwas planen konnten. Da lauft ihr doch konform, oder?"
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Re: [1014] Talente verbinden [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

„Es ist Bestandteil meines Handwerks.“

Die Antwort war derart schlicht und doch von einer Selbstverständlichkeit geprägt, dass es für einen Moment klang, als hätte sie mit diesen fünf Worten gerade ihre Welt und alles darin vollständig erklärt.

„Ich kann dabei jedoch nur für mich selbst und meine Haltung diesbezüglich sprechen. Was Andere tun vermag ich nicht zu beurteilen.“
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