[1015] Sündengesang [Alain, Titus, Amalia]

[Amalia]

Die Nächte nach dem Treffen mit den Prinzen verliefen ruhig, als plötzlich ein Brief im Elysium erschien. Der Absender war Amalia, die Bestie von Kruja, Liktorin ihrer Majestät. Er war an einen bestimmten Tzimiscen gerichtet, ein Treffen, welches Amalia lieber vermeiden würde … sie gab sich ungern mit Asche ab.

“An Alain Neugeborener aus dem Clan des Drachen, Kind des Konrad von Wolmar, Kind des Radislav Draculea

Aufgrund jüngster Ereignisse und Anklagen, welche an mich herangetragen wurden bitte ich euch, dass ihr euch zum nächsten Vollmond in der Vilë e dhimbjes einfindet. Dort werdet ihr von mir und der werten Geißel dieser Domäne befragt werden, auf dass die Anschuldigungen und Vorwürfe schnell von dieser Welt getilgt werden. Mein Ghul wird euch am Eingang des Anwesens empfangen und zum Ort der Befragung bringen.

Gezeichnet
Amalia, Kafshë Krujë, Liktorin Genuas, Älteste des Clans Salubri, Vasallin ihrer höchst verehrten Majestät Totila, Prinz der Domäne Mailand, Ahn des Clans der Schatten aus der Linie des Boukephos, Herr der Lombardei und Gafaúrd des Zirkels der bitteren Erinnerung, Neugeborene im Blute Saulots, Tochter der Elisabeta, Ancilla im Blute Saulots der Domäne Ravenna, Tochter der Mirana, Ahnin im Blute Saulots der Domäne Odessa."

Bei dem Brief selbst befand sich eine ziemlich genaue Wegbeschreibung, welche den Drachen direkt zum Anwesen führen wird.

[Alain le Beau]

Alain würde niemals auf die Idee kommen, ein Treffen an einem abgelegenen Ort mit zwei gewaltbereiten Kainiten, die ihn aus verschiedenen Gründen hassen dürften, abzulehnen. Im Gegenteil. Eine solche Zusammenkunft könnte höchst vergnüglich werden. Also kleidet er sich in feine Stoffe, richtet sich das (nunmehr blonde) Haar - Amalia wird es sicher zu schätzen wissen - und bespritzt sich mit den edelsten Duftstoffen. Nach einigen anderen Vorbereitungen ist der junge Tzimisce bereit, sich den Anschuldigungen zu stellen.

Natürlich kommt er nicht alleine den Weg zu dem Anwesen herauf. Vier hübsche Kerle trotten hinter ihm her, wohl als Schutz gegen Räuber und anderes Gesindel. Denn trotz ihrer ansehnlichen Gesichter wirkt ihr Gang etwas zu sicher, ihr Blick etwas zu aufmerksam für Lustknaben. Ganz zu schweigen von den Waffen an ihren Gürteln. Doch die vier bieten nur die Kulisse für die eigentliche Reisegemeinschaft, die auf dem Weg zum Anwesen wandelt.

Der Bretone ist gerade im Gespräch mit der Dame, die zu seiner Linken schreitet. "...und dann hat sie in ihre wenig beeindruckende Ahnenlinie die Linie des höchst verehrten Totila einfließen lassen. Wer tut so etwas?" Er lacht, ein helles Lachen. "Natürlich, so kann man sie ein wenig aufplustern. Aber sie schreit damit doch stark ihre Verzweiflung in die Welt hinaus. Traurig, wahrlich traurig."

[Sousanna]

Die Dame in dem schlichten, schwarzen Kleid schritt neben ihm her. Das lange dunkle Haar in einen strengen Kranz gelegt, darüber den Schleier ihrer Heimat gelegt. Die Strenge ihres Äußeren konnte die Schönheit des Leibes nicht verbergen.
Gelassen schritt sie neben dem Drachen einher, hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und glich in ihren Schritten ganz einer Raubkatze. Ihre Ausstrahlung schien zu knistern. Und lachte sie.

"Die Welt ist voller fragwürdiger Entscheidungen.", gab sie schlicht zurück. Das leichte Schmunzeln war sogar in ihre Stimme getreten. "Wer gern wäre und nicht kann muss zu solchen Lösungen greifen." Sacht hoben sich die schmalen Schultern.

[Ilario]

Vor den Toren hatte sich ihnen eine gespenstisch stille Prozession angeschlossen. Sieben dunkle Gestalten, die Gesichter verborgen unter Gugeln und Kapuzen, gehüllt in Mäntel in Grau und Schwarz. Ilario und seine Waisen waren dem Ruf gefolgt, als Beobachter vorerst. Dennoch trugen alle bis auf den Lasombra selbst Waffen.
Der Lasombra selbst hatte den beiden anderen Kainiten kurz zugenickt. Er und die Seinen hielten sich abseits. Still und dunkel, als würde die Nacht selbst an ihnen haften, sie zu verschlucken drohen.

[Ajax]

Ebenso abseits, als Beobachter und stiller Richter folgte Ajax der Prozession. Die Nacht mochte dafür sorgen dass er, durch die geschwärzte Rüstung, beinahe von ihr geschluckt wurde. Er war alleine. Sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen, konnte er keinen überflüssigen Balast gebrauchen. Nicht bei diesen potentiellen Gegnern. Wieso sich seine Begleiter überhaupt mit derlei menschlichen schmückten war ihm zwar unverständlich, doch er wusste es besser als sie darauf hinzuweisen oder unangenehme Fragen darüber zu stellen. Auf seinem Rücken trug er den diesmal schon vollständig aus dem Leder entschlagenen Metallspeer, sein Kreuz und der Speer formten so die Waage die heute zur einen oder zur anderen Seite tendieren mochte.

[Titus]

Titus war schon eine gewisse Zeit vorher angekommen, um seiner Zusicherung nachzukommen bei dem Verhör dabei zu sein. Er hatte Amalia begrüßt und erwartete das Eintreffen des Verdächtigen, der dann schließlich mit einer ganzen Entourage ankam. Titus hielt sich zunächst zurück. Dies war Amalias Anwesen und ihr Verhör. Er würde die Ankommenden knapp und mit dem nötigsten Respekt begrüßen.

[Toma Ianos Navodeanu]

Und noch ein Kainit war Teil dieser skurrilen Entourage um Alain. Mit einem missmutigen Gesichtsausdruck schritt auch der älteste Drache Genuas hinter seinem Bruder her.
Eigentlich hatte er nicht erwartet dass so viele dabei sein würden. Wenn Ilario und Ajax es nicht klären könnten...hieß es zu Beginn. Nun war es so. Nun war sogar die Ravnos dabei. Was Toma deutlich nicht gefallen hatte. Aber im Endeffekt machte es auch keinen Unterschied. Sie hatten eine Abmachung.

[Seresa]

In der Dunkelheit der Nacht stand in Richtung Osten ein einsamer Hirte und betrachtete aufmerksam aus einiger Entfernung heraus die Ansammlung der vielen Wesen. Den Körper in einen wollenen grauen Umhang gewickelt, während die Hand auf einem ungewöhnlich dunklen Hirtenstab in seiner Rechten ruhte. Warum die Anwesenden ihn nicht zuvor gesehen hatten, mochte an einer Wolke gelegen haben, die sich vor den Mond geschoben hatte und ihn im Dunkeln verborgen hatte. Ein Hirte würde schließlich nicht wissentlich allein und ohne Lichtquelle durch die Nacht schleichen, oder?!

Für einige Momente schien die Gestalt nur dazustehen und nichts zu tun, außer die Umgebung im Auge zu behalten. Dann löste sie sich aus ihrer starren Haltung und schritt ruhigen und festen Schrittes auf die Ansammlung zu. Zu einer bestimmten Gruppe jedoch schien die Gestalt sich nicht gesellen zu wollen. Stattdessen blieb sie etwa drei Schritte neben Alain und Sousanna stehen. In einer zuerst eigenwillig, dann jedoch durchaus Sinn ergebenden Reihenfolge senkte sie unterschiedlich tief ihr Haupt vor den Anwesenden, ganz so als wisse sie nur allzu gut wer die Versammelten waren und wo ihr Platz zwischen ihnen war.

Den Letzten, vor welchem der vermeintliche Hirte sein Haupt neigte war Alain. Deutlich weniger tief und lang als bei allen anderen zuvor, doch auch ihm zollte er offenkundig Respekt. Seine verborgenen Augen mussten wohl auf dem Tzimiscen verweilen, denn sein unter der Kapuze des Umhangs verborgenes Haupt drehte sich nicht von ihm weg. Als er nun so nahestand wurde einem noch einmal bewusst, wie klein und zierlich er doch war. Dennoch stand er mit einer Selbstverständlichkeit hier, welche nicht in Frage stellte, dass er am richtigen Ort angekommen war und er wohl sein verlorengegangenes Schäfchen gefunden hatte. Zumindest hätte es so wirken können.

[Alain le Beau]

Alain erweist sich auf dem Weg zur "Villa Dimbes" (Alains Aussprache) als perfekter Reisegefährte. Kein Mitglied der Gruppe wird vernachlässigt - ob Hirte oder Kastellan - und dennoch wirkt die Zeit, die der Bretone mit jedem Einzelnen verbringt, genauestens abgezählt und dem jeweiligen Stand angemessen. Hier ein Kompliment zu Sousanna, dort ein ernstes Gespräch mit Ilario, da eine Fachsimpelei mit dem mürrischen Toma über Fische, dann wieder einige respektvolle Worte zu Ajax und ein Zwinkern für die verkleidete Seresa: Wie ein Schmetterling flattert er zwischen den Blüten der Kainitenschaft von Genua hin und her.

Tatsächlich scheint Alain um so fröhlicher, um so geistreicher zu werden, je näher die Gruppe der "Villa Dimbes" kommt.

Am Ort des Geschehens studiert der Tzimisce nun zunächst einmal die Lage und die Architektur, bevor er sich dem zweifellos vorhandenen Empfangskomitee zuwendet.

[Nubis]

Galeno hatte bei Amalia Raum zum Forschen gefunden und war deswegen und auf Grund ihrer Anfrage auch schon vor Ort. Er hatte kurz im Keller noch einige Dinge geprüft und kam nach oben. Luciano hatte sich zur Ruhe begeben, ein Befehl von Galeno, da alles weitere heute Kainitenangelegenheiten waren, wobei dieser ohnehin nicht viel ausrichten kommte.

Er entdeckte Titus und nickte seinem Clanbruder zu.
“Ich grüsse euch, wohlwerter Bruder.“
Auch er würde sich im Hintergrund halten, da er nur prüfende und beratende Funktion hatte. Aber es würde sicherlich auch interessant werden. Wie würde die Liktorin vorgehen? Wie würde sich Alain verhalten? Und wozu war Titus genau hier?