[1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

[Januar '19]
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Gasparo
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[1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Mitternacht war an diesem Tag nur noch eine Erinnerung, und doch war in einem Laden in einer Gasse von Ravecca noch Licht zu sehen. Der Krämer Fabiano hatte seine Tür geöffnet für den stolz aufgerichteten Gasparo di Como, der in das kleine Geschäft stolzierte, die Hände hinter dem Rücken gefaltet. Der Magister sah sich mit einem abschätzenden Blick um. Der Laden war klein und recht schäbig. Kerzen, Holzwerkzeug und vor allem Tongefäße gehörten zu seinem Sortiment. Fabiano selbst, mit seinem grauen, buschigen Backenbart, dem üppigen Bauch und der simplen, braunen Schürze, schien den Ventrue auch nicht zu beeindrucken.

„Wie freundlich von euch, mich zu so später Stunde zu empfangen, Fabiano.“

„Der Gelehrte, der mich am Morgen besuchte, sprach von einem sehr lohnenden Geschäft, mein Herr.“

Fabiano warf einen nervösen Blick auf den 2. Mann, der den kleinen Laden betreten hatte. Der untersetzte, stämmige Mann schien das Gespräch zu ignorieren und betrachtete eine Reihe von Gefäßen in einem Regal. Doch weder der stark vernarbte, kahle Schädel noch die rechte Hand, die auf einem Schwertgriff lag, wirkten auf den Händler beruhigend.

Gasparo trat einen Schritt näher und sah auf den kleineren Genueser, der unter dem bohrenden Blick des Ventrue noch etwas zu schrumpfen schien, herab.

„Ein lohnendes Geschäft, ja.“ Bedauern schwang nun in Gasparos Stimme mit. „Wisst ihr, es ist eine bemitleidenswerte Zeit in der wir Leben. Dieses Land war einst ein Weltreich, berühmt für seine Denker, für seine Soldaten, seine Händler … und seine Gesetze. Die Menschen waren stolz auf ihre Gewerbe und hätten es nie gewagt, einem Lehrer der Künste billigen Trödel anzubieten.“

Fabiano schluckte schwer, während er wie gebannt den Worten lauschte.

„Ich – ich -“

„Euer Gestammel ist unnötig und unwürdig, Fabiano.“ Langsam zeigte der Magister, was er in der Hand hielt: Ein Stück Pergament. Er rümpfte die Nase und ließ den Gegenstand vor die Füße des Händlers fallen. „Dies habt Ihr meinem Diener Sixtus in der letzten Woche verkauft, nicht wahr?“

Fabiano zuckte mit den Schultern. Erneut blickte er nervös zu dem bewaffneten Mann hinüber, der am Inhalt einer kleinen Flasche roch.

„ICH rede mit dir!“ Nun zuckte der Krämer zusammen und verbeugte sich instinktiv.

„Ja, natürlich. Er sprach davon, wie dringend diese Utensilien benötigt werden um-“

Ein aufgerichteter Finger genügt, um ihn erneut zu unterbrechen. „Richtig. Ich benötige Pergament … hochwertiges Pergament. Vom Kalb oder Schaf. Der Schmutz, mit dem du handelst… ist es vom Hund? Es fühlt sich nicht nur furchtbar an … es stinkt. Man sieht förmlich, dass jeder Tropfen Tinte hier verschwendet wäre. Dafür hast du Geld genommen, Fabiano? Geld genommen für einen Versuch, meine Arbeit zu sabotieren?“

Wenn Fabiano etwas sagen wollte so gelang es ihm nicht. Sein Mund öffnete sich mehrmals lautlos aber keine passende Entschuldigung schien passend für diese Situation.

Begleitet von einem Seufzer. schüttelte Gasparo den Kopf und wandte sich ab. Langsam schritt er zurück zur Tür. „Du bist eine Schande für deinen Stand. Ich sollte Crispianus befehlen, dir an Ort und Stelle die Ohren abzuschneiden.“

Der Leibwächter krächzte heiser im Hintergrund, was wohl einem Kichern gleichkam. In einer plötzlichen Bewegung schleuderte er das Fläschchen, das er hielt, in ein Regal mit Tongefäßen wo eine Reihe der Gegenstände lautstark zerbarst.

„Aber ich bin zu Gast in Genua und dir als … respektierten Händler …“ Gasparos Worte trieften förmlich vor. „ … möchte ich nicht unnötig zu nahe treten.“

Fast panisch brabbelte Fabiano etwas und streckte die Hand nach dem Lehrer aus, der ihn mit einem strafenden Block zurückweichen ließ.

„Sixtus wird dich in einigen Monaten wieder besuchen. Ich hoffe für dich, dass du bis dahin die Qualität deiner Waren enorm gesteigert hast.“
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Alain le Beau
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Alain le Beau »

Während sich drinnen das kleine Drama abspielt, ist von draußen ein leises Kichern zu hören - ein Geräusch, das wohl weder der Händler noch sein unzufriedener Kunde vernommen haben. Doch während Gasparo noch mit Sixtus' erneutem Besuch droht, schlüpft ein schlanker Jüngling zur Tür herein. Er stutzt angesichts des vollen Ladens. Dann aber breitet sich ein Grinsen auf seinen rosigen Wangen aus.

"Hervorragend", sagt er, mehr zu sich selbst. "Unerwartet, aber hervorragend." Sein Blick gleitet über die Versammelten und die zerbrochenen Tongefäße. Schließlich bleibt er an Gasparo hängen. "Ihr da", sagt er und nickt enthusiastisch, als Gasparo ihn anblickt. "Ihr müsst mir einen wichtigen Dienst erweisen!"

Dem Ventrue fallen auf den ersten Blick bereits verschiedene Dinge auf. Da ist zum einen die feine Kleidung des Mannes - definitiv kein Mitglied des Pöbels - und zum anderen die Weinflecken auf dessen Ärmel. Zum anderen ist da dieser Akzent. Melodisch, wie das Raunen der Wellen. Und zuletzt schwankt der junge Mann leicht hin und her, wie auf dem Deck eines Schiffes stehend. Oder wie ein Betrunkener.

"Seht ihr", fährt der Jüngling fort und fährt sich durch die blonden Haare, "da draußen wartet eine junge Dame. Sie ist willig, mit mir... nun, sagen wir, das Sakrament der Ehe zu vollziehen. Aber leider sind wir nicht verheiratet. Selbst mit zwei Flaschen Wein intus besteht sie darauf!"

Er hebt den Zeigefinger. "Also... brauche ich einen Priester. Ihr seid wie geschaffen für die Rolle, Freund. Und es soll euer Schaden nicht sein." Mit der Rechten klopft er zweimal auf seine Geldbörse. Ein leises Klimpern ertönt.
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Gasparo
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Als der Fremde den Laden betrat dauerte es nur wenige Augenblicke, bis Crispianus zwischen seinen Herrn und Alain getreten war. Er hielt den linken ausgestreckt, um eine warnende Distanz aufzubauen. Sein Körper war angespannt und seine Augen, zu Schlitzen verengt, musterten den Neuankömmling intensiv. „Bleibt, wo ihr seid! Dies ist eine private Unterredung.“

Gasparo wiederum starrte eher verblüfft auf Alain, während dieser seine Idee vortrug. Tiefe Furchen zogen sich über seine Stirn als er den fremden Akzent hörte. Wie ein Seefahrer aus dem Ausland kleidete sich der Jüngling nicht, auch wenn er sich so benahm. War es ein Söldner oder ein Patrizier auf Abwegen? Der Lehrer hatte in den letzten Monaten das Kastell nicht oft verlassen, also sollte er schon erfahren, wer noch mit ihm Genuas Nächte teilte.

„Ich werde mich an Eurer Posse nicht beteiligen. Ihr solltet einen Gaukler oder Schausteller suchen, der Euch bei Eurem Anliegen unterstützt. Und wisset, dass ich alles andere bin als ein Priester.“ Er strich beiläufig über sein Amulett. „Aber sagt mir … woher stammt ihr? Ich kann den Akzent nicht sofort einordnen. Es ist nicht fränkisch …“

Fabiano schluchzte inzwischen unbeachtet in einer Ecke des Raumes, wo er einige Scherben einsammelte.
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Alain le Beau
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Alain le Beau »

Der blonde Schönling wirft die Hände zum Himmel, eine Geste der Verzweiflung. "Einen Schausteller, ha! Woher nehmen und nicht stehlen?" Plötzlich schaut er Crispianus an. "Vielleicht könntet ihr ja? Ihr seht zwar nicht gerade aus wie ein Priester, aber... Moment." Er greift sich unter das Hemd, in die Hosengegend. Erst wirkt es, als würde er sich ausgiebig im Schritt kratzen, aber dann zieht er ein Holzkreuz hervor. "Ich wusste, ich hatte das irgendwo dabei. Hängt es euch um!" sagt er und nickt eifrig. "Euer Herr dort kann sicher auch ohne euch Kaufleute bedrohen - und ich zahle euch für diesen kurzen Dienst soviel, wie er euch für die gesamte Nacht bietet!"

Er hält dem Leibwächter das Kreuz hin und blickt ihn mit einem ausgesprochen optimistischen Lächeln an. Offenbar hat er Gasparos Frage schlicht überhört.
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Gasparo
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Crispianus Augen weiteten sich vor Überraschung. Er schnaubte, offensichtlich um seine Fassung ringend, und seine Hand ruhte nun auf dem Griff des Breitschwertes.

„Ich würde ja sagen, dass du dir das Ding irgendwo hinstecken kannst, aber das hattest du wohl schon vorher. Nimm es weg!“

Gasparo überlegte kurz. Er sollte den Ghul von der Leine lassen und diesem impertinenten Fremden eine Lektion erteilen. Für einen Moment hörte er eine leise Stimme, die schrill nach dem Blut des Trunkenbolds verlangte.

Aber Gasparo schüttelte sich, innerlich. Er wusste noch zu wenig über Genua. Was, wenn dieser Narr ein Cousin der Fiechi war? Oder ein Brigori? Er schien es nicht wert, eine Eskalation zu diesem Zeitpunkt zu führen. Gasparo legte die Authorität, die ihm seine Erfahrung als Lehrer gab, in seine Stimme.

„Ihr scheint sehr verwirrt zu sein, Bursche. Wein ist zu dieser Zeit ein schlechter Mentor. Ihr solltet Euch zur Ruhe begeben. Entweder das oder bietet das Geld, mit dem Ihr uns beschämt, Eurer Bekanntschaft. Ich bin sicher, dass sie dafür empfänglicher sein wird und Euch die … Vermählung … erspart.“
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Alain le Beau
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Alain le Beau »

Mit einem Seufzen wirft der junge Mann das Kreuz über seine Schulter. Es schlägt mit einem Klappern hinter ihm auf dem Boden auf. "Meint ihr, das hätte ich nicht versucht? Ich würde euch ja in Ruhe weiterhin dieses Geschäft zerlegen lassen, aber ich habe ihr gesagt, dass hier der Priester lebt. Ah!"

Er hebt den Zeigefinger. "Wie wäre es, wenn ihr mir ihn kurz überlasst?" Nun zeigt er direkt auf den Händler. "Ich meine, er ist nicht gerade in der besten Verfassung, aber um ein wenig Latein vorzutäuschen, könnte es reichen. Deus vult heiratus duus et sius oder so. Es muss ja nicht lang sein." Der Blonde wirkt jetzt wirklich verzweifelt, während er von irritiertem Gesicht zu irritiertem Gesicht schaut.
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Gasparo
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Crispianus sah für einen Moment über seine Schulter nach Gasparo. Der Ventrue sah einen Moment, immer noch rätselnd, Alain an, dann zuckte er in einer eher untypische Geste für ihn mit den Schultern.

„Tut, was Ihr wollt. Fabiano ist ein freier Bürger und unsere Geschäfte sind für heute Nacht bereits beendet.“

Fabiano blickte zwischen den Männern hin und her. Er schien wie ein Fremder in seinen eigenen vier Wänden, jemand, der völlig die Kontrolle über seine Entscheidungen verloren hatte.

„Euer Latein ist übrigens abscheulich. Ein Hochzeitsritus wäre eher: Vis habere hunc virum in sponsum, et illi obedire et servire, et eum diligere et honorare ...“ Gasparo unterbrach sich selbst, als wurde ihm gerade bewusst wie sinnlos dieses Zitat zu diesem Zeitpunkt war. Er machte eine wegwischende Geste mit der Linken. „Wie auch immer. Führt eure Farce, wenn es Euch weiterhin danach dürstet.“
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Alain le Beau
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Alain le Beau »

Alains Mund steht bei dieser Rezitation offen. Er hebt die Hände, formt mit Daumen und Zeigefingern zwei Kreise - eine Geste der Begeisterung - und nickt eifrig. "Das ist exakt das, was ich brauche. Perfekt."

Als der andere jedoch keine Anstalten macht, mit ihm zu kommen, verzieht er das Gesicht zu einem Schmollen. "Fein", sagt er. "Dann werde ich wohl ewig ungeliebt bleiben." Er runzelt die Stirn und denkt nach. "Vielleicht solltet ihr einen Blick nach draußen werfen", sagt er dann. "Wir könnten uns das Vergnügen teilen. Es wird ein wenig Überredungskunst brauchen, aber als ihr frischgebackener Ehemann habe ich ja Autorität. Wirklich, sie ist ausgesprochen hübsch!" Er beobachtet gespannt, ob Gasparo dieses - wahrscheinlich letzte und offenbar seiner Ansicht nach großzügige - Angebot wahrnehmen wird.
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Gasparo
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Gasparo »

Tatsächlich schritt Gasparo zur Türe, vorbei an Alain. Crispianus blieb ein paar Meter hinter seinem Herrn. Der Blick des Ghuls war auf den Tzimisce fixiert, bereit um einzuschreiten, sollte der Fremde eine falsche Entscheidung treffen.

Bevor Hoffnung in Alain aufblühen konnte sprach Gasparo wieder, ohne sich zu ihm umzudrehen. „Ich kann nicht sagen ob Eure Beharrlichkeit aus Unverschämtheit, Schlichtheit oder Taubheit entstanden ist, aber sie wird Euch nicht dienlich sein.

Die Dirne dort draußen … wenn sie tumb genug ist die Lüge mit dem Priester zu glauben wird sie auch auf eine andere Täuschung, Bestechung oder Drohung hereinfallen.“

Er seufzte mitleidig.

„Oder auch nicht. Eure Zeit ist so oder so verschwendet, ähnlich wie meine in der heutigen Nacht. Doch genug des Geredes. Die einzige Lektion, die Ihr vernehmen werdet ist die, dass jede Belehrung an Euch verschwendet wäre.“

Es lag keine Boshaftigkeit in seiner Stimme, höchstens eine Spur von Bedauern. Gasparo hatte sich sein Urteil über den Trunkenbold gebildet und sah keinen Grund, diese unwürdige Begegnung in die Länge zu ziehen.
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Alain le Beau
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Re: [1015] Nächtlicher Handel [Alain, Gasparo]

Beitrag von Alain le Beau »

"Oh, ein Mann mit Prinzipien. Aber wahrscheinlich habt ihr recht." Der Blonde nickt. "Und wahrscheinlich hat das Ganze hier auch zu lange gedauert." Er seufzt. Dann hellt sich seine Miene auf. "Wenn ihr allerdings nicht auf Weiber steht... nun, ich mag jemanden, der er versteht, Kommandos zu geben!" Da liegt ein neuer, verführerischer Klang in Alains Stimme.
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