[1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

[Januar '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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La Vedova
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

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Pfände und Gefallen. Seinfreda seufzte kaum merklich. Der Ventrue war gut erzogen und kannte dem Umgang der Nacht, wie es zu erwarten war von seinesgleichen. Ein Ventrue ersetzte den anderen. Doch dieser hier war trotz seiner Strenge unerwartet freundlich.
Sie gab ihm mit der Hand noch einmal einen Wink, ihr zu folgen, und wandte sich der kleinen Tür im hinteren Teil der Kapelle zu. Auf seine Frage bezüglich ihrer Ahnin hin hob sie nur eine Braue. Das hatte sie doch gerade gesagt.
„Ich glaube, dies ist kein Gespäch für eine Kapelle, kommt bitte mit. Mein Name ist nordisch, meine weltlichen Vorfahren waren Dänen. Sainfrida nannte mich meine Mutter und Senfrie die Franken. Seinfreda ist demnach mein Name für Genua. Ich stamme ursprünglich von einer Insel weil im Norden…doch gelebt habe ich in der Normandie.“, erklärte sie im Gehen.

Von der Kapelle aus gelangten sie in ein Zwischenzimmer und von dort aus in eine größere Halle, in der mehrere schmale Betten in zwei Reihen Standen, von denen einige belegt waren. Mit leisem Gang ging Seinfreda an den Betten vorbei, bedeutete ihrem Gast die Kranken nicht zu wecken und führte ihn dann durch eine weitere Tür in einen kleineren Raum.
„Dies sind die Untersuchungs- und Behandlungszimmer…Hier arbeiten aus die Hebammen“, erklärte sie leise. „Würden wir weiter in diese Richtung gehen, kämen wir ins Badehaus…“
In dem Raum waren mehrere Stühle, eine Liegemöglichkeit, ein Schreibtisch und in dem Regal einige Werkzeuge und Verbandsmaterial untergebracht. Es war sehr sauber, als sei es erst vor Kurzem von oben bis unten gründlich gereinigt worden. Dennoch war für feine Nasen der Geruch nach Blut noch immer zu riechen. Sie bedeutete Gasparo, dass er sich setzen konnte, wenn er denn wollte und ließ sich selbst auf einem der Holzstühle nieder, ließ den Blick durch den Raum wandern.
Als er sich für seinen Eifer entschuldigte, winkte sie bloß ab.
„Kein Grund zur Sorge. Ihr erscheint mir als nichts von alldem, im Gegenteil. Ich weiß Verwandte im Geiste zu schätzen, wir sind Suchende in der Dunkelheit der Unwissenheit. Uns gemein ist die Erfahrung, das mit mehr Wissen immer deutlicher wird, wie gering wir eigentlich sind. Demut auf der einen Seite und doch der unermüdliche Eider, der uns antreibt…und tatsächlich gibt es etwas, das mir am Herzen läge, mit dem Ihr helfen könntet..und das vielleicht so gut wie kein anderer…“
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Gasparo
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von Gasparo »

Gasparo schloss sich Seinfreda an, als sie die Kapelle verließ. Mit erheblichem Abstand, aber immer noch Blickkontakt zu den beiden Kainiten haltend, folgte ihnen Crispianus.

„Ich muss gestehen, Eure Herkunft macht mich etwas neidisch. Mir war es in meinem Leben bisher nicht vergönnt, mehr zu sehen als eine Städte Norditaliens und unser … Zustand … macht das Reisen sicher nicht einfacher.“ Den nächsten Satz sprach er in fast akzentfreiem fränkisch. „Habt ihr Rouen gesehen, oder Paris?“ Wieder in Italienisch: „Ich habe viel gelernt von Tutoren und aus Büchern, aber mit eigenen Augen das Meer im Westen zu erblicken ist sicherlich eine erhebende Erfahrung.“

Als die Kappadozianerin Gasparo leise durch das Krankenzimmer führte spürte er für einen Moment ein Pochen hinter seinen Schläfen. In einem dieser Betten lag jemand, hilflos und schlafend, der seinen Hunger stillen konnte. Er hätte nur die Hand ausstrecken müssen und das warme Ambrosia wäre seine Kehle hinuntergelaufen, hätte seinen Schmerz gelindert und seine Glieder und seinen Geist mit neuer Macht gefüllt.

Doch dies war die Herde seiner Gastgeberin und er würde Ihre Hospitalität nicht mit Blut besudeln. Nicht hier und jetzt.

Während sein Leibwächter nun außerhalb des Zimmers seinen Posten bezog setzte sich der Magister und hörte weiter aufmerksam zu. Ihn überraschte Seinfredas Wortwahl, als sie sich als „gering“ bezeichnete, aber seinem Gesichtsausdruck konnte man diese Reaktion nicht ansehen.

„Euch helfen? Sagt mir, bei welcher Aufgabe könnte Euch ein Lehrmeister unterstützen?“
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La Vedova
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Erfreut hörte Seinfreda die alte Sprache ihrer Heimat und antwortete ebenfalls auf Fränkisch. "Oueh, j'ai visité Rouen, j'y ai même vécu là longtemps. C'était une période passionnante, vous savez. Mon oncle a ensuite aidé le jeune duc à prendre le pouvoir. J'y ai vécu à la cour jusqu'à ce que ... ",sie hielt inne und sah den Ventrue vor sich stirnrunzelnd an. "Nun, jetzt habt Ihr mich tatsächlich dazu gebracht, von den alten Tagen zu sprechen. All das liegt lange zurück, alte Ränke und Intriegen, sie sind nun alle tot."
Nunja, dachte sie bei sich. Zumindest jene, die es damals nicht schon gewesen waren. Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie die Erinnerungen abschütteln. "Doch das Meer..es ist tatsächlich eine Augenweide. Es ist so anders als das hier in Genua. Es ist dunkler und kälter und riecht ganz anders. Meine Vorväter befuhren es, um weit entfernte Inseln zu erobern. Sie waren die besten Krieger weit und breit und ihr Nachfahren sind es noch immer. Furchtlos sind sie und mächtig in ihrer Gestalt. Wann immer ich unseren verehrten Blutvogt sehe, fühle ich mich an sie erinnert...Und das Meer, es ist wie ein wildes Tier und eine gnädige Mutter zugleich. Es ist Lebensgrundlage aber auch oft genug der Grund, weshalb Leben vergehen."
Sehnsucht hatte sich in ihre Züge geschlichen. Der Blick war in die Ferne gerichtet. Sie brauchte kurz, um sich wieder zu fangen, doch Gasparos Frage holte sie zurück in die Gegenwart. Sie räusperte sich leise.
"Womöglich werdet ihr meine Gedanken nicht ganz ernst nehmen, ich sollte Euch das nicht verübeln", würde es abr wohl schon- das klang dabei mit. "Ich habe in der Vergangenheit mit verschiedenen Personen darüber gesprochen, dass es gut wäre, wenn nicht nur die Priester und Gelehrten des Lesens und Schreibens mächtig wären, sondern auch...andere Personen.", sie sah an sich herab "Personen, die nicht in der Lage dazu sind, Priester oder Gelehrter zu werden- und das nicht wegen mangelnden Intellekts, sondern wegen ihrer Geburt. Ich kann von Glück sprechen, in ein Kloster gekommen zu sein, wo ich so viel lernen durfte. Mir öffnete sich hinter verschlossenen Klostermauern eine völlig neue Welt. Doch nicht alle können und wollen Nonnen werden und so reifte in mir der Gedanke, eine Schule ins Leben zu rufen.", sie hob ihr Kinn beinahe herausfordernd "Für Frauen."
Diese Worte standen eine Weile im Raum, dann sprach sie weiter "Bisher hatte jedoch noch keiner die Befähigung oder das Durchhaltevermögen, tatsächlich zu unterrichten. Es gibt vereinzelt Bestrebungen im Privaten, einzelne Mädchen zu lehren...doch das ist nicht ausreichend."
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Gasparo
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von Gasparo »

Es war bereits über ein Jahr vergangen, seit Gasparo die Möglichkeit hatte mit seinem Erzeuger fränkisch zu reden, aber sein Verständnis der Sprache war ungetrübt. Er bedauerte, als Seinfrieda sich unterbrach und hoffte, über diesen Teil ihrer Vergangenheit zu einem späteren Zeitpunkt etwas mehr zu erfahren.

Auch ihre Erzählung über das Meer quittierte er mit einem zufriedenen Nicken. Die Kappadozianerin hatte eine poetische Art zu reden, die ihm sehr gefiel.

Die Miene des Ventrue wurde ernster, als seine Gastgeberin von Ihrer Idee einer Schule sprach. Seine Finger glitten kurz über sein Amulett und für einen Moment schien etwas wie Unsicherheit über sein Gesicht zu huschen.

„Werte Seinfreda, Ihr fahrt damit fort mir wahrhaft zu imponieren.“ Er wartete einen Augenblick, bevor er fortfuhr. „Ich stimme Euch in mehreren Punkten zu.

Die Idee, dass allein die Kirche ein Monopol auf Bildung haben soll, ist eine Gefahr für die Zukunft. Schon jetzt wird Aberglaube mit Geschichte vermischt und die Errungenschaften unserer Ahnen verleugnet, um die Kraft des Kreuzes zu stärken.“ Gasparo ließ offen, wen genau er mit „Ahnen“ meinte.

„Ebenfalls sehe ich kein Argument, das eine Frau von der Bildung ausschließen sollte. Die Erfahrungen, die unsere … Art gemacht hat, sind allerdings anders als die der Sterblichen. Wir kennen die sehr verehrte Prinzessin Aurore oder die sehr verehrte Karkana, die als Prinz in Lucca herrscht, und wissen, dass ihre Macht und Weisheit der eines beliebigen Mannes, Mensch oder Kainit, in Nichts nachsteht. Im Gegenteil.

Die Menschen allerdings … was hören sie über Euer Geschlecht? Eva, Rachel, Batseba? Selbst Namen wie Cleopatra oder Semiramis werden verteufelt und verunglimpft.“
Er schüttelte den Kopf, offensichtlich unzufrieden und enttäuscht.

„Aber was genau schwebt Euch vor?“ Gasparos Blick wirkte kritisch. „Der Privatunterricht, den Ihr erwähntet, scheint eine gute Lösung zu sein. Ihr selbst sagt, dass nicht jede Frau Nonne werden kann. Ebenso kann nicht jede Frau eine Gelehrte werden. Wie wollt Ihr die würdigen Damen finden, die es verdienen, gelehrt zu werden, und die die erlernten Gaben auch sinnvoll einsetzen können, vielleicht sogar weitergeben an das eigene Geschlecht?“

Der Ventrue beobachtete Seinfredas Reaktion genau. Sein Tonfall war, seiner Natur entsprechend, dogmatisch und belehrend, aber er hoffte Sie hat seine Vorliebe für den Diskurs, den er zu Beginn des Gesprächs erwähnt hatte, nicht vergessen.

„Seid gewiss, dass ein solches Vorhaben, in welcher Form auch immer, Gegner haben würde. Auch dies spricht dafür, die Wahl der Schülerinnen sorgfältig zu treffen. Ein Versagen würde dem ganzen Vorhaben großen Schaden zufügen.“
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La Vedova
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Überraschung zeichnete sich in Seinfredas Gesicht ab. Überraschung über die Offenheit ihres Gegenübers. Sie öffnete und schloss den Mund wieder, schluckte ihre schon vorbereitete Verteidigungsrede hinunter.
"Ihr...habt ganz recht, werter Magister Trivium.", kam es ihr dann bloß über die Lippen.
Scheinbar hatte Gasparo sie überrumpelt und sie musste erst wieder ihre Gedanken sammeln, bevor sie auf all seine Fragen antworten konnte.

"Bitte, woher beherrscht Ihr die fränkische Sprache so gut?", fragte sie dann zuerst, wohl um sich erst einmal weiter Gedanken machen zu können. Doch natürlich interessierte es sie sehr wohl.
Hatte er gerade gesagt, dass sie ihm imponierte? Meinte er diese Worte ernst oder war es bloß Schmeichelei? Er sah recht ernst dabei aus…
„Ich verstehe nicht ganz, weshalb Ihr den christlichen Glauben als Gefahr seht?“, fragte sie also zuerst, da sie sich an seiner Aussage über Verleugnung etwas störte. „Aberglaube sind doch erfundene Geschichten cum grano salis…“

Karkana…Der Name der Prinzessin Lucas hallte in ihrem Kopfe wieder. Ein verheißungsvoller Name voller Klang.
Langsam begann sie dann, auf die wirklich wichtigen Aussagen seinerseits zu antworten: „Seid Ihr Vasall Karkanas? Ja, Ihr habt ganz Recht. Wir kennen in unserer Gesellschaft der Nacht starke Frauen ohne den ständigen Beigeschmack der fleischlichen Sünde. Ihr habt die Namen selbst genannt. Natürlich gibt es auch positiv besetzte und sogar selbstbestimmte Frauenrollen in der Bibel: Allen voran Maria aber auch Judith, Sara, Mirjam oder gar Rebekka, doch natürlich werden diese ebenfalls gerne herabgespielt oder bloß auf ihre Rollen in der Familie beschränkt.
Was mir vorschwebt ist eine Art Sonntagsschule für die gehobenen Töchter der Stadt, aber auch für willige Frauen aus den mittleren Schichten. Eine solche Bildung könnte sie nicht nur befähigen, ihre zukünftigen Ehemänner und Familien zu unterstützen, sondern auch eine Möglichkeit bieten, im Notfall selbst zu übernehmen. Angesichts der vergangenen und bevorstehenden Kriege erfuhr ich so oft von verzweifelten Schicksalen von Frauen, die ihren Mann im Krieg verloren haben und mit ihm auch ihre Lebensgrundlage. Allein die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben aber auch ein Stück Allgemeinbildung, die Kenntnis ihrer Rechte würde dazu breitragen, ihr Leben massiv zu verbessern. EInmal ganz abgesehen von Kenntnissen über die Künste, die Vergangenheit, die Geschichten...Eine Freundin von mir bestrebt momentan, einige Frauen in der Medizin auszubilden. Andere an meiner Stelle stünden dieser Absicht vielleicht negativ gegenüber, stellt dies doch eine Konkurrenz zu meinen Heilerinnen dar. Doch ich kann sagen, dass dies nicht der Fall ist: Jede Bemühung, Frauen mündiger zu machen und ihnen zu helfen muss ich wohlwollend betrachten. Ich spreche nicht von allen sieben freien Künsten. Ich spreche auch nicht davon, diesen Frauen die Bildung von Geistlichen zukommen zu lassen. Wovon ich spreche sind nur die Grundlagen, um ihrem Geiste überhaupt erst die Möglichkeiten zu geben, sich aus den Fesseln der Unwissenheit zu befreien...Würdige Damen zu finden stellt vermutlich weniger ein Problem dar, als Ihr denken mögt. Es gibt viele vielversprechende junge Frauen...doch viele von ihnen werden viel zu früh verheiratet, bekommen ein Kind nach dem anderen, beugen sich dem Diktat ihrer Männer wie es ihnen das Gesetz befielt. Für viele mag dies der richtige Weg sein, doch nicht für alle. Dass diese Frauen dann auch noch dazu in der Lage sein sollen, ihr Wissen wiederum weiterzugeben, nun, das ist im Augenblick absolutes Wunschdenken. Doch ich bin begeistert zu sehen, dass Ihr willens seid, einige Schritte weiter in die Zukunft zu planen. Welches wären die aggressivsten Gegner dieser Ideen, was glaubt Ihr?"
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Gasparo
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von Gasparo »

Der Ventrue nickte und legte den Kopf etwas in den Nacken, als er sich an seinen Werdegang erinnerte. „Meine Lehrmeister in Lucca legten viel wert darauf, dass ich mich in verschiedenen Sprachen behaupte. Hauptsächlich ging es darum, die wichtigen Werke der Literatur zu verstehen aber die Möglichkeit, in fremden Zungen zu reden, war ebenfalls eine Priorität meines Schöpfers. Er selbst hat einige Zeit in Eurer Heimat verbracht, daher war es eine Art Nebenbeschäftigung für Ihn, mir diesen Akzent näherzubringen.“

Als Seinfreda seine Aussage über den Aberglauben hinterfragte wurde Gasparo plötzlich schweigsam. Er presste die Lippen zusammen, während ihre Worte in seinem Kopf zu hallen schienen. Was meinte Seinfreda? Versteckte sich hinter diesem Satz eine Prüfung … oder eine Falle? Oder sollte er das Gespräch bis hierher falsch eingeschätzt haben. Seine Augen fielen erneut auf Ihre Kleidung, den so sorgfältig hergerichteten Habit des Ordens der Heiligen Agnes.

Er merkte, dass der Moment des Schweigens bereits zu lange währte, blinzelte kurz und antwortete dann. „Ihr müsst verzeihen, werte Seinfreda, ich verfalle manchmal in die Gewohnheit der akademischen Skepsis.“ Er schwang den Zeigefinger beim nächsten Zitat. „Nichts ist sicher und nichteinmal das ist sicher.“ Die Hand verschwand wieder hinter seinem Rücken. „Frei nach diesem Motto hege ich etwas Misstrauen gegen die Versuche der Vertreter der modernen Kirche, eben jene Alleinherrschaft über Bücher und Schriften zu erlangen. Aber mit dieser Sorge, möchte ich Euch nicht langweilen.“ Er lächelte schmallippig. „Vielleicht ist es auch nur eine Art Eifersucht, seltene Folianten hinter den Mauern von Klostern und Kirchen verborgen zu wissen, die mich zu dieser ungehörigen Aussage bewegt haben.“

Er war froh, als das Gespräch erneut zur Schule zurückkehrte und die Kappadozianerin ihm mehr von Ihrer Vision berichtete. Das Bild, das sie zeichnete, schien bereits sehr weit fortgeschritten zu sein. Gasparo nickte nachdenklich, bevor er am Ende unmerklich mit den Schultern zuckte. „Wer genau sich diesen Plänen in den Weg stellen würde kann ich schwerlich beurteilen. Zu wenig ist mir über die Machthaber Genuas bekannt. Das es vielen Männern missfallen würde halte ich jedoch für gegeben. Versetzt euch in deren Lage. Ihr verwandelt wandelnde Besitztümer in mögliche Konkurrentinnen um Erbe und Posten, Ihr gebt bisher Sprachlosen eine Stimme, mit der protestiert werden kann. Es wäre nicht leicht, Väter und Ehemänner von den Vorteilen zu überzeugen, die Ihr seht.“

Der Magister lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während er das Problem weiter betrachtete. „Auch die Kirche hat in der Vergangenheit eher starr auf gesellschaftliche Fortschritte reagiert.

Wobei ich Euch durchaus zutraue, die richtigen Personen zur Einsicht bewegen zu können. Gibt es Damen in Genua, die nun bereits einen gewissen Einfluss genießen? Also … Frauen, die auch am Tage wandeln? Oder sind Euch Mitglieder des Senats bekannt, die Eurem Vorhaben aufgeschlossen gegenüberstehen würden?“


Erneut schüttelte er kurz den Kopf. „Aber erneut schlüpfe ich in die Rolle des Zweiflers. Seid versichert, dass ich den Wert in Eurer Absicht durchaus erkenne und meine Talente in diesen noblen Dienst durchaus stellen könnte.“
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La Vedova
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Besitztümer. Seinfredas Gesicht wurde hart.
"Ja, keiner gibt seinen Besitz gerne auf.", sagte sie kühl. "Doch es darbt so viel verschwendetes Potential vor sich hin, dass ich es kaum ertrage. Zu meiner Linie zählen einige sehr kluge Frauen, in deren Fußstapfen ich gerne treten möchte. Sie alle zogen sich für ihre Forschung und Lehre jedoch hinter Mauern zurück. Ich möchte mich nicht ständig verstecken müssen..."
Sie schüttelte den Kopf "Doch das ist nicht Euer Problem, werter Magister Trivium. Es ist mir eine Freude, dass Ihr meinen Ideen positiv gestimmt seid und willig seid, gemeinsam weiter zu denken. Es müsste gelingen, diese Schule so zu propagieren, dass sie nicht aks Konkurrenz, sondern als Unterstützung verstanden wird. Vielleicht sollten auch Kompetenzen wie Hauswirtschaft und der Umgang mit Zahlen vermittelt werden...", überlegte Seinfreda laut.
"Tatsächlich fehlt es mir momentan noch an den richtigen Damen mit genügend EInfluss. Doch vielleich bekomme ich genug von unsereins überzeigt, die ihre Blutsdiener in diese Richtung lenken würden.", sagte sie zuversichtlich.
Dann sah sie Gelano entschuldigend an.
"Nun habe ich so viel über meine Ideen gesprochen. Sagt, was sind Eure Pläne in dieser Stadt? Die Aufgabe, die Euch gestellt wird, ist eine Ehre und sicherlich auch eine Herausforderung?"
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Gasparo
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von Gasparo »

Gasparos Augenbraue erhob sich für einen Moment fragend als Seinfredas Stimmung sich verfinsterte. Hatte Sie ihn missverstanden, als er die Frauen als Besitz bezeichnete? Ihr sollte klar sein, dass er die Situation aus Perspektive der sterblichen Männer dargestellt hatte, die Ihre Frauen und Töchter behandelten wie ein Gut, dass sie benutzen oder verbrauchen konnte wie es ihnen beliebte.

„Vorreiter oder Vorbilder wären für Eure Zwecke besonders wichtig. Wenn die Töchter der Adligen eine gewisse Bildung erhalten werden die Töchter der Händler folgen. Dann vielleicht die Töchter der erfolgreicheren Handwerker, die den anderen in allem nacheifern wollen in der Hoffnung, ihren Stand zu verbessern.“

Er sah einen Moment betreten zu Boden. „Aber vielleicht ist mein Optimismus hier zu groß. Schließlich sehen die meisten der Genannten auch für Ihre geschätzten Söhne keine Veranlassung, mehr als die nackten Grundlagen des Überlebens zu lernen. Den eigenen Namen kritzeln, vielleicht noch ein paar Bibelverse auswendig können und mit den Fingern zählen … unsere Ahnen würden sich zurecht schämen.“

Der Ventrue straffte sich wieder merklich. „Wenn Ihr einen Fürsprecher benötigt, der etwaigen Zweiflern die Vorteile einer Ausbildung belegen kann, zögert nicht, auf mich zu zählen. Ich weiß nicht, wer aus unserem Volk die Art von Autorität besitzt um Bewegung in diese Angelegenheit zu bringen aber auch wenn meine Stimme nicht viel Gewicht in Genua hat so kann sie Eurer Sache sicher nicht schaden.“

Als Seinfreda nach seine Plänen fragte machte Gasparo eine entschuldigende, wischende Geste mit seiner linken Hand.

„Wenn Ihr von Plänen sprecht hört es sich an, als würden wir von Odysseus und der Eroberung Trojas sprechen. Meine Absichten sind nicht so weitreichend. Ich hoffe, die Priesterschule über die Grenzen der Genuas hinaus bekannt zu machen und das meine Schüler dort meine Lektionen bis ins Mark verinnerlichen. Weiterhin ist die Bibliothek im Kastell zwar ein … Anfang, ich hoffe aber gerade in einer belebten Stadt wie Genua Zugang zu selteneren Schriften und Folianten zu erhalten. Auch würde ich gerne mehr erfahren über das Morgenland und seine Gelehrten, eine Welt, die mir so unbekannt ist wie Atlantis.“


Seine Mundwinkel zuckten für einen kurzen Moment. „Ihr seht, eine Einrichtung, die Damen die Möglichkeit der Bildung gibt, ist nicht weit entfernt von meinen Ambitionen.“
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda lächelte Gasparo freudig zu, als er sich als Fürsprecher anbat. "Ich danke für dieses Angebot. Solltet Ihr einmal Fürsprache benötigen, so werde ich Euch diese gerne gewähren."
Als er Von Odysseus sprach, musste sie tatsächlich schmunzeln. "Manchmal erscheinen mir unsere Aufgaben so schwierig wie die Eroberung einer Stadt. Vielleicht sollte ich mich öfter den alten Geschichten besinnnen und mir die Heroen zum Vorbild nehmen. Sie können sicherlich gut als Inspiration dienen.
Nun zu Euren Fragen:
Bücher sind ein seltenes und teures Gut. Leider muss ich Euch wohl enttäuschen, denn hier habe ich nur wenige Schriftstücke. Das Haus ging in Flammen auf, ihnen fiel einiges zu Opfer, den Fehler werde ich nicht noch einmal machen. Wenn Ihr eine Bibliothek sucht, so kann ich Euch nur raten, Euch an die Klöster zu wenden. Dort wird, wie Ihr eben schon ganz richtig festgestellt habt, Wissen gesammelt und gehütet und dort werdet Ihr wohl am ehesten etwas finden, das einer Bibliothek ähnelt. Mein verehrter Clansältester ist der Chronist dieser Domäne…Er ist die Person, die mir als erstes Einfällt wenn es um Bücher und umfassendes Wissen geht. Wendet Euch an den verehrten Benedetto, doch wundert Euch nicht, wenn er einem König gegenüber kritisch eingestellt ist. Es mag sein, dass Ihr bei ihm erst Überzeugungsarbeit ob Eurer guten Absichten leisten müsst. Ihr könnt jedoch erwähnen, dass Ich Euch freundlich empfangen habe, vielleicht wird ihn das gnädiger stimmen.
Natürlich gibt es auch Schriften in Sant Agnese, meinem Kloster, die ich zur Verfügung stellen könnte. Es sind vor allem Stundenbücher, Evangelien, Heiligenlegenden und Naturbeobachtungen.
Mein Clansbruder Galeno ist ein Mönch und ein begabter Illustrator. Er beschäftigt sich mit ähnlichen Themen wie ich.
Ebenfalls bewandert mit Pergament ist unser Herold, der übrigens auch ein formidabler Forscher mit einem breiten Feld an Wissen über den menschlichen Körper ist, ich nehme an, Ihr seid ihm schon begegnet?
Wir haben tatsächlich eine ganze Hand voll Gelehrter in dieser Domäne…Der geschätzte Kastellan ihrer Majestät ist einer von ihnen. Er kennt sich bestimmt sehr gut aus mit Theologie und allerlei Legenden.
Jüngst kam auch ein forschender Gangrel zu uns, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er schon zu vielen Erkenntnissen kam. Sein Forschungsgebiet ist jeoch äußerst spannend: Ghule.
Der Clan Malkav hat zwei sehr gebildete Vertreter hier, wobei man vor allem bei einem nicht genau sagen kann, was wahr ist und was Wahn und die andere momentan... unpässlich ist"
Bei diesen Worten fiel ein Schatten über Seinfredas Gesicht, als sie sich in dem Raum umsah.Dann sprach sie jedoch mit derserlben Stimmage weiter wie zuvor:
"Ebenfalls noch nicht lange in der Domäne verweilt eine wunderschöne Rose, die zwar keine Gelehrte im eigentlichen Sinne ist, aber über einen großen Schatz an altem Wissen verfügt. Ich warne vor zu voreiligen Schlüssen bezüglich dieser Frau.
Wenn Ihr Euch besonders für das Morgenland interessiert, kann ich Gespräche mit der Harpye unserer Domäne empfehlen. Sie stammt aus Byzanz und kann sicherlich einiges berichten.
Dies sind die Kainiten, mit denen ich Gespräche und einen Austausch empfehlen kann.“, sagte sie abschließend.
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Gasparo
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Re: [1015] In Asklepios Hallen [Gasparo, La Vedova]

Beitrag von Gasparo »

Gasparo war ein weiteres Mal von Seinfreda beeindruckt, als sie Kainit auf Kainit erwähnte, mit denen er Kontakt aufnehmen sollte. Die Flut der Informationen war trotzdem durchdacht, überaus wertvoll und in eine Sprache gehüllt, die jedem der Genannten zur Ehre gereichte.

Er rieb sich das Kinn und sein Gesichtsausdruck transportierte nun Wohlwollen und Zufriedenheit. Nach einem Moment der Stille bedachte er Seinfreda mit einem Nicken.

„Ich muss gestehen, Eure Großzügigkeit und Eure Unterstützung ist mehr Wert als ein Foliant des Epikur, hätte ich ihn hier gefunden. Ihr habt ein Tor aufgestoßen und erlaubt mir, Genua nun sehr viel klarer zu sehen. Nicht nur, aber vor allem heute Nacht hat mir bewiesen, dass die Entscheidung, mein Werk hier fortzusetzen, sehr richtig war.

Ich werde Eure Ratschläge berücksichtigen und hoffe, dass andere Kainiten auch nur ansatzweise so hilfsbereit sein werden wie Ihr.“


Der Ventrue legte den Kopf auf die Seite und streckte eine Hand in Seinfredas Richtung, mit der Handfläche nach oben.

„Wahrscheinlich könnten wir noch mehrere Nächte mit unserer Unterhaltung füllen und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Aber gibt es noch ein Thema, das Euch vordringlich ist? Ansonsten wird es langsam Zeit für meine Rückkehr nach Mascharana, bevor die Morgenröte uns in die Umarmung des Somnus treibt.“
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