[1016]Hexe trifft Hexe [La Vedova, La Strega]

[La Strega]

Die Nacht war mild nach einem heißen Sommertag. Die Menschen begannen ihre Häuser zu lüften und die kühle Nachtbriese in ihre stickigen Räume zu lassen.
Langsam und humpelnd näherte sich die alte Hexe dem Domus Medicorum. Sie mied größere Menschenmangen, schlich durch enge dunkle Gassen, in denen nichts los war. Die wenigen Menschen, denen sie begegnete, spuckten aus, oder machten das Zeichen gegen den bösen Blick, beschimpften udn verscheuchten sie. Wenn sie bedroht oder geschubst wurde, jammerte sie laut auf und eilte wie ein geschlagener Hund von dannen. Sie war eine alte Frau, hässlich und es kümmerte sie nicht, was die Menschen von ihr hielten.

Am Medicorum angekommen klopfte sie und fragte nach der hohen Herrin, sie würde sehr gerne mit ihr persönlich sprechen.

[La Vedova]

Auch Ritter waren nur Menschen und so weigerten sich die beiden Wachen erst einmal die Frau hereinzulassen.
"Die Leute kommen her, um sauber zu werden, nicht schmutziger als sie schon sind!", meinte der eine abfällig. "Pack dich, Weib, und belästige unsere Gäste nicht!"
Der jüngere wollte dem vorlauten Kollegen beipflichten, als sein Kopf langsam begann die Worte der Vettel noch einmal durchzugehen. Offenbar dauerte es eine ganze Weile, denn der anderen hatte schon ausgespuckt und den Blick in eine andere Richtung gewandt.
"Herrin?", fragte er "Hohe Herrin? Welche Herrin meinst du? Die heilige Agnes, unsere Schutzpatronin?" Er kratzte sich am Kopf.
Da lachte der andere auf "So ein Unfug, hör doch auf mit der alten Hexe zu reden, das bringt Unglück!"
Der jüngere schüttelte den Kopf aber bekreuzigte sich vorsichtshalber.

[La Strega]

Misstrauisch aber noch ein wenig amüsiert betrachtete die alte Hexe die beiden Ritter, wich ein paar Schritte zurück, als einer der beiden sie mit Gesten zu verscheuche nversuchte.

"Die hohe Herrin Seinfreda suche ich."

Sprach sie jammernd und prägte sich die Gesichter der Ritter genau ein. Sie war es gewohnt so behandelt zu werden, aber es war ja noch nicht aller Tage Abend und wer weiß wozu diese einfältigen Tölpel noch gut sind.

[La Vedova]

Der junge Kerl schluckte und sah zu dem anderen hinüber. "Sie hat Seinfreda gesagt", flüsterte er ihm zu, aber laut genug für die alten Ohren der Hexe.
Er räusperte sich, auf einmal etwas nervös "Achso? Und..wirst du erwartet? Ich meine...nur vorausgesetzt, eine Dame mit diesem Namen würde sich hier aufhalten. Was sollte man ihr sagen, wer nach ihr sucht?"

[La Strega]

"Nein ich werde nicht erwartet..."

Verkündete sie trotzig und kratzte sich an ihrer warzigen Nase.

"La Strega werde ich genannt und ich bin eine Bekannte von Amalia....sozusagen."

[La Vedova]

Leicht angeekelt wendete sich der ältere der beiden Mönner ab "Ich geh ja schon...", murmelte er. "Aber lass sie nicht rein, nicht dass sie uns noch die Leute verschreckt."
Der jüngere runzelte die Stirn und warf La Strega einen nachdenkichen Blick zu "Ich könnte sie zum Seiteneingang..."
"Nein!", fiel ihm der andere ins Wort. "Die bleibt hier und ich kläre das", sagte er und verschwand ins Innere. Unbehaglich trat der jüngere von den beiden Rittern von einem Fuß auf den anderen.
"Hm..", meinte er ab und zu und bemühte sich, dem Blick der Hexe nicht zu begegnen. "Frische Nacht, hm?" und: "Er wird sicher gleich zurück sein.."
Ob diese Worte an die Hexe gerichtet waren oder ehr an sich selbst blieb offen.

Nach einer Weile erschien der Ältere wieder. Er zog die Nase hoch und stemmte die Arme in die Seite. Offenbar kostete es ihm Überwindung, die folgenden Worte hervorzubringe: "Willkommen, werte Dame. Bitte folgt mir, die Herrin des Hauses hat für Freunde der werten Amalia immer ein offenes Ohr..."
Sein Gesicht sah aus, als häte er einen Frosch im Mund, doch bemühte er sich, Haltung zu wahren, als er La Strega hineinbat.
Tatsächlich war es nicht sehr weit. Er führte sie durch einen belebten Tavernenraum hin zu einem schmalen von Wasserdampf verhangenen Flur und von dort aus eine Treppe hinauf zu einem Raum, an dem er anklopfte.
"Führ sie herein", erklang von innen eine Stimme, woraufhin er die Tür öffnete und der "werten Dame" den Vortritt ließ.
Hinter einem Tisch erhob sich eine Nonne mit kühlem Blick, die ihren unerwarteten Besuch kritisch musterte.
"Bleib bitte im Raum.", bat sie den Ritter. "Für meinen Geschmack hatten wir in letzter Zeit zu viel ungebetenen Besuch..."
Dann betrachtete sie die Hexe genauer, kam näher und mit einem Male mischte sich Erkenntnis in ihren Blick.
"Na, da sie einer an...", sagte sie leise. "Da hat wohl jemand ein gutes Gedächtnis..."

[La Strega]

Die Hexe kicherte vergnügt, als sich der Ritter so überwinden musste, sie mit nach oben zu nehmen. In dem belebten Schankraum ließ sie den Kopf unten und versuchte so unauffällig wie möglich durch den Schankraum zu kommen und die Treppe zu erklimmen. Die Treppe machte ein bisschen Probleme und sie musste sich am Geländer schwer festhalten, um diese Hürde zu nehmen.

In dem Empfangsraum angekommen sah sich die alte Hexe mit ihren neugierig glotzenden Augen um und bemerkte erst nach einer Weile die rothaarige Frau und erschrak offenbar. Dann beugte sie sich vor...offenbar, um sich vor der hohen Dame zu verbeugen. Für einen Augenblick wirkte es, als würde sie einfach vorne über auf ihr Gesicht fallen. Doch sie schaffte es, schwer auf ihr Krückstock gestützt, sich wieder aufzurichten. Dabei kicherte und gluckste sie merkwürdig.

"Ich Grüße Euch, hohe Dame. La Strega werde ich genannt und ich bin erfreut und dankbar, dass Ihr mich empfangt."

Sie grinste Seinfreda an und präsentierte ihre schrägen und schmutzigen Zähne. Bis auf ihr Gesicht war ihr geasmter Körper in schmutzige Lumpen gehüllt.

[La Vedova]

Es war schon lange her, doch noch immer erinnerte sich Seinfreda an die enge Hütte und die unheimliche Atmosphäre, die von der Hexe ausging.
Misstrauisch beäugte sie die alte Frau, die mittlerweile noch hässlicher geworden war...aber es lagen ja auch einige Jahre zwischen ihrer letzten Begegnung und die Witwe fragte sich, wie eine steinalte Vettel wie diese noch immer auf ihren wackligen Beinen stehen konnte.

"Buona Notte, Hexe.", grüßte Seinfreda die glucksende Alte und nickte ihr vorsichtshalber zu. "Meinen Namen scheint Ihr ja bereits zu kennen. Ihr seid eine Bekannte von Amalia?"

[La Strega]

Sie kicherte.

"Nujaaa...bekannt ist vielleicht ein klein wenig übertrieben, doch ließ sie mir gegenüber die Maske fallen...im wahrsten Sinne des Wortes. Ich traf sie vor einigen Nächten bei ihrem Haus in der Nähe von Maddalena. Ich war auf der Suche nach Kräutern und habe diesen Kräutergarten entdeckt...mit gar garstigen und äußerst giftigen Pflanzen darin. Und sie sagte mir, dass die Schwestern der heiligen Agnes dieses Beet angelegt hätten...und da habe ich mich gefragt..."

Sie blickte zu Seinfreda neugierig hinauf.

"...warum die guten Schwestern der heiligen Agnes so viele Giftplanzen in einen Garten pflanzen, dessen Besitzerin eine halbverbrannte Irre ist?"

[La Vedova]

Überrascht öffnete Seinfreda den Mund, heraus kam jedoch nur ein "Nun..."
Das waren sehr viele Informationen auf einmal, die ihr die alte Hexe gerade vor die Füße warf.
"Demnach seid Ihr also eine Eingeweihte, wenn Euch ein solches Verhalten der werten Liktorin nicht irritiert...", sagte sie grübelnd. Von wem war sie eingeweiht worden? Es wunderte sie nicht, dass die Frau so abgebrüht war wie frischer Tee . Das letzte Mal, dass sie die Hexe gesehen hatte, war diese keine Kainitin gewesen, sondern eine Sterbliche mit extrem dunkler Ausstrahlung. Allerdings wunderte sie sich sehr wohl, dass die Frau keie Fragen zu Amalias wahrem Gesicht hatte.

Sie entschloss sich, dem klapprigen Weiblein erst einmal eine Sitzgelegenheit anzubieten und wies einladend auf einen Holzstuhl an dem Tisch. Sie selbst lehnte sich an die Wand daneben, verschränkte die Arme und räusperte sich.
"Vielleicht, wollt Ihr mir erstmal sagen, wer ech eingeweiht hat und zu wem ihr...gehört?
Das mit dem Garten Amalias ist auch völlig unbedenklich, gute Frau. Sie trat an mich heran, weil sie sich Blumen wünschte, die auch nachts blühen...und da Ihr Euch ja auch mit Pflänzlein auskennt, wird Euch bewusst sein, dass es mit den Kräutern oft so ist wie im normalen Leben: Die besonders schönen Dinge sind oftmals die verderbtesten. Doch die L...Amalia weiß nicht, was in ihrem hübschen Gärtlein schlummert und so lange es ihr keiner sagt, wird sie nichts weiter damit anzufangen wissen, als sich Sträußlein zu binden oder darin der Muße nachzugehen. Da sie...immun gegen Gifte ist, wird der Garten für sie auch keinerlei Gefahr darstellen, auch wenn mich dünkt, dass Eure Sorge diesbezüglich sich im Rahmen hält?"