[1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

[Februar '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Alain le Beau
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[1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Auch in dieser Nacht ist das Stadtviertel von Ravecca ein fröhlicher Ort. Trauben von Zechern ziehen durch die Kneipen und sammeln Material für ihre nächsten Beichten, die Huren gehen fleißig ihren Geschäften nach und jeder Wirt reibt sich die Hände ob der Wasserfälle von Wein, die in die hungrigen Mäuler fließen.

Wer einen Blick in die etwas schäbige Kaschemme am Rand des Viertels wirft, in der unsere Geschichte spielt, der wird feststellen, dass diese von allerlei Volk gefüllt ist, das bereits jeden Sitzplatz belegt hat. Jeden Sitzplatz? Nein, in einer der Ecken sitzt ein Mann, in einen dunklen Mantel gehüllt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er sitzt allein, obgleich noch drei Stühle an dem Tisch frei sind.

Das könnte natürlich damit zu tun haben, dass an den Wänden zwei kräftige Gestalten lehnen, die trotz ihrer recht hübschen Gesichtszüge die Haltung erfahrener Kämpfer haben. Sollte sich doch einer der fröhlichen Zecher dorthin verirren, kassiert er einen so finsteren Blick, dass er - schlagartig ernüchtert - die Ecke flieht.

Eine feingliedrige, schöne Hand schiebt sich aus dem Mantel und fährt in die Kapuze. Kratzt an dem Haupt darunter.
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Niphon
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Niphon »

Es tat gut, sich unter die Menschen zu mischen, ihre Wonne, ihre Trauer, ihre Lust, ihren Hunger nach mehr in ihren Gesichtern zu sehen und aus den Gesprächen herauszuhören. Sie alle schienen ob ihres tristen Lebens nach Zerstreuung zu streben, eine Form der Freiheit zu suchen, und sei sie noch so kurz, die sie nur durch Wein und Bier zu erreichen glaubten.
Und sie waren sich ihren Wünschen und inneren Sehnsüchten vermutlich nicht einmal bewusst. Amüsierter Spott stand in seinen Augen geschrieben, als er durch die Betrunkenen hinkte und seinen Gedanken nachhing.

Für den heutigen Abend hatte er sich für schlichte, dunkle Kleidung entschieden, nur seinen Mantel hielt die Fibel, die er immer trug und die eine Schlange ohne aufwendige Verzierungen zeigte, die sich selbst in den Schwanz biss, dabei einen Kreis formte und ihren Kopf auf der unteren Seite des Schmuckstücks liegen hatte.

Als Niphon die freien Sitzplätze in der hinteren Ecke ausmachte, schob er sich durch die Menge darauf zu und legte dabei seinen Kopf ein wenig schräg, als er die zwei mutmaßlichen Wächter sah. Er verlangsamte seinen Schritt nur unmerklich, hielt aber weiter auf den fast leeren Tisch zu. Der Spott verschwand mit jedem Schritt mehr aus seinen Augen, das leise Lächeln auf seinen Lippen blieb jedoch.

Am Tisch angekommen, nickte er beiden Gestalten kurz und dem verhüllten Fremden etwas tiefer zu, als würde er sie kennen. Dabei tat er so, als nähme er den düsteren Blick, den sie ihm zuwarfen, gar nicht erst wahr- und doch lief ihm ein kleiner Schauer über den Rücken. Er war es definitiv nicht gewohnt, mit derartigen Blicken bedacht zu werden.
Trotz dessen war die Stimme, die er an den Mann in der Ecke richtete, freundlich, ja, fast fröhlich und warm.
Sein Italienisch war durch und durch vom sardischen Dialekt durchzogen.


„Verzeihung, ist hier ein Stuhl frei oder erwartet Ihr noch andere Gäste? Ein schöner Abend, nicht wahr?“

Bei seinen letzten Worten bedachte er die fröhlichen Menschen in der Nähe mit einem kurzen, spöttischen Blick.
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Alain le Beau
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Dieses dreiste Verhalten irritiert die beiden Männer offensichtlich lange genug, dass sich der Setit zwischen ihnen hindurchschlängeln kann. Die beiden blicken einander an, dann zu der Gestalt mit der Kapuze am Tisch. Als diese jedoch nicht reagiert, zuckt der eine mit den Schultern. Dann wenden sich die beiden wieder dem Schankraum zu und 'entwaffnen' kurz darauf einen Betrunkenen, der mit einem bis zum Rand gefüllten Becher auf den Tisch zustolpert. Mit lautem Protest verlangt der Mann seinen Becher zurück.

Die Gestalt am Tisch reagiert nicht auf Niphons Ansprache. Stattdessen greift sie nach ihrem Weinbecher und führt ihn zum Mund. Während der Mann trinkt, fällt Niphon auf, dass er sich selbst die Lippen leckt. Denn von dem Vermummten weht - leicht aber durchaus wahrnehmbar - der Geruch von köstlicher Vitae herüber. Der Duft ist verlockender, als der Setit ihn je bei einem Sterblichen wahrgenommen hätte.

Die einzige Reaktion, die der seltsame, gutriechende Kerl am Tisch ihm gibt, ist ein Schmatzen. So, als würde er den Geschmack des Weins prüfen. Aber immerhin: Er hat die Frage seines Gegenübers nicht verneint.
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Niphon
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Niphon »

Niphon hoffte, die beiden Männer in seinem Rücken würden nichts tun, um ihre düsteren Blicke zu untermauern, als er sich zwischen ihnen hindurch zwängte.
Er wartete geduldig, beide Hände auf den Gehstock gestützt, bis sein Gegenüber getrunken hatte. Es gab genug Sterbliche, die einen dramatischen Moment schätzten- und er hatte nichts dagegen, immerhin war er derjenige, der Dreistigkeit zeigte.
Als jedoch der Duft von fremder Vitae, köstlicher Vitae zu ihm wehte, legte er den Kopf schief, seine Kiefermuskulatur spannte sich für einige Momente an und seine sich leicht verengenden Augen waren das Einzige, was sich an seinem Körper für kurze Zeit bewegte *.

Dann, wie als sei eine schwere Last von seinen Schultern genommen, verflog der Ausdruck in seinem Gesicht und es machte sich wieder das Lächeln breit, während in seinen Augen kurz Interesse aufflammte.
Trank der Fremde Wein oder war es Vitae?
Aber wessen Vitae sollte es sein?
Er musste auf jeden Fall vorsichtig bleiben- es war schließlich unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Trank um das eigene Blut des Fremden handelte.
Oder war er verletzt?
Oder waren es besondere Kräuter, die gewöhnliches Blut so köstlich duften ließen und es handelte sich bei ihm um einen Mann mit.. eigenartigen Bedürfnissen?

Niphon zögerte noch kurz, als jedoch keine Erwiderung seiner Frage kam, zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich ihm gegenüber. Keine Antwort war schließlich auch eine Antwort- und er hatte nicht verneint.
Aufmerksam betrachtete er den Trinkenden und wartete, bis er seinen Weinbecher abgesetzt hatte. Ein wenig restliche Höflichkeit konnte nicht schaden- auch wenn sie durch sein Auftreten durchaus mehr als nur ein wenig gelitten hatte. Und dennoch, er konnte den Fremden schließlich auch einfach fragen- seinen ersten Eindruck hatte er ohnehin schon hinterlassen.
Seine Worte kamen nur zögerlich aus seinem Mund, auch wenn seine Miene heiter blieb.
Wäre er ein Vampir, würde er den etwas plumpen Hinweis vermutlich bemerken.


„Ich wünsche einen guten Abend, Fremder. Euer Trunk riecht großartig, sagt, um welchen der hier Angebotenen handelt es sich?“




*Raserei gegen SK 3: @🐩 Kleiner Schatten (Sam) rolled 26. (8 + 8 + 7 + 3 = 26) (erster Wurf)
Raserei gegen SK 3: @🐩 Kleiner Schatten (Sam) rolled 24. (10 + 5 + 8 + 1 = 24) (zweiter Wurf)
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Alain le Beau
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

Die Kapuze wendet sich dem Neuankömmling zu. Wenn Niphon eine tiefe, geheimnisvolle Stimme erwartet hätte, die ihm einen Auftrag für echte Helden anbietet, so wäre er enttäuscht worden. Die Stimme ist sanft, wie Mondlicht auf Wasser, unterstrichen von einem melodischen Akzent. "Nur einer der hiesigen Weine", sagt der Verhüllte leise. "Nichts außergewöhnliches." Er schiebt den Krug Niphon entgegen. "Bedient euch", fährt er fort. "Ertränkt eure Sorgen, eure unglückliche Liebe, euren Schmerz." Ein Seufzen dringt unter der Kapuze hervor.

Jemand tippt Niphon von hinten auf die Schulter. Es ist einer der beiden Leibwächter, der ihm einen Kelch reicht. Wortlos. Dann dreht sich der Mann wieder dem Schankraum zu.

Als der Setit den Weinkrug betrachtet, wird ihm etwas deutlich. Der Geruch stammt nicht vom Wein. Er dringt vielmehr unter der Kapuze hervor, schwach, aber dennoch wahrnehmbar. Der seltsame Zecher verschränkt die Hände und schweigt für einen Moment. Dann spricht er wieder, nun etwas weniger melancholisch. "Die meisten lassen sich abschrecken, wenn sie zwei, hehe, stramme Kerle vor sich sehen. Ihr nicht - habt ihr keine Angst vor einer Prügelei?"
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Niphon
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Niphon »

Er nahm den Krug entgegen, den ihm der Fremde zuschob und schwenkte ihn leicht. Gedankenverloren stellte er ihn wieder in die Mitte des Tisches, nickte vage in die Richtung des Anderen.
Die Berührung ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken und er nahm den Wein entgegen, etwas ratlos. Auch diesen schwenkte er für eine Weile, bevor er stutzig wurde. Beide Weine waren dünn- und nicht so zähflüssig, wie Blut es hätte sein müssen. Die einzig andere Quelle des Geruchs war somit die Gestalt ihm Gegenüber.
Interessiert richtete Niphon seinen Blick auf ihn, als dieser sein Schweigen brach.


"Angst..", er legte seinen Kopf etwas schief, sein Blick schweifte in die Ferne. Dann deutete er ein Kopfschütteln an.
"Nein, Angst habe ich keine. Es wären nur Schmerzen gewesen, vergänglich. Zugegebenermaßen hatte ich aber auch gehofft, es würde nicht so weit kommen und ich könnte mir so einen Sitzplatz ergaunern."

Seinen letzten Satz quittierte er mit einem leichten Grinsen.
"Aber warum setzt Ihr Euch alleine in eine Schankstube und nutzt zwei", er zögerte kurz, ehe er fortfuhr, das Grinsen noch immer auf seinen Zügen, "stramme Kerle, um Euch Gesellschaft vom Hals zu halten, falls ich fragen darf?"
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Alain le Beau
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

"Weil ich in Ruhe trinken und nachdenken wollte", kommt die Antwort. "Findet ihr nicht den Lärm von Kneipen sehr förderlich für solche Zwecke?" Er schweigt einen Moment, dann lacht er leise. "Nein, natürlich nicht. Ich wollte mich in aller Form besaufen. Und ich hatte keine Lust auf Gesellschaft dabei, nicht, nachdem ich..." Er unterbricht sich und trinkt einen Schluck Wein.

"Ich habe euch noch nicht in dieser Kneipe gesehen - und dass ihr mich nicht kennt ist offensichtlich, auch wenn es mich verwundert." Niphon sieht, dass der andere lächelt. "Ich bin Alain, werter Freund. Und ihr?"
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Niphon »

Er hob nur eine Braue. Nachdenken also, dachte er amüsiert.
„Und dafür nutzt Ihr.. Wein?“, fragte Niphon etwas irritiert, hatte er ihn doch für einen seiner Art gehalten. Oder hatte er einen Weg gefunden, den Fluch zu umgehen?
Auf die nächsten Worte ging er nicht ein, lauschte ihnen jedoch aufmerksam. Er schien sich also im Gesicht verletzt zu haben, das würde die Kapuze und den Duft erklären. Da es ihm jedoch unangenehm zu sein schien, beließ er es dabei.


„Nein, ich bin hier nicht unbedingt häufig. Die Wege sind etwas umständlicher, wenn man darauf angewiesen ist.“, dabei nickte er in Richtung seines Gehstocks.
„Nichtsdestotrotz suche ich ab und an dennoch Gesellschaft, es ist mir also eine Freude, Euch kennenzulernen, werter Alain. Ich höre auf den Namen Niphon.“

Dann zögerte er kurz, ehe er fortfuhr.

„Seid Ihr in den hiesigen Kneipen derart bekannt, dass Euch meine Unkenntnis wundert?“
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Alain le Beau »

"Das Bier hier schmeckt wie Pferdepisse", sagt Alain. Dann greift er an den Stoff und zieht ihn zurück. Was auch immer Niphon erwartet hat, vor ihm sitzt ein recht hübscher junger Mann, der ihn mit einem leicht ironischen Lächeln anlächelt. "Und der Abend ist noch zu jung für Schnaps. Oder?"

Als die Kapuze fällt, wird der Geruch - der süße Duft - stärker. Dem Setiten fällt auf, dass der Jüngling um seinen Kopf ein Tuch gewickelt hat, fest gewickelt, nach Art der Seeleute. In seinem Gesicht dagegen zeigt sich keine Verletzung.

"Ich hoffe doch, dass man mich hier kennt", fährt Alain fort. "Schließlich schmeiße ich ja oft genug eine Runde."
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Niphon
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Re: [1022] Der Mann in der Ecke [Niphon, Alain]

Beitrag von Niphon »

„Gut, dann verstehe ich, warum Ihr das Bier hier nicht anrührt.“, er zuckte die Schultern.
„Jeder bevorzugt etwas anderes, aber falls Ihr den Wein für Euch entdeckt habt, will ich Euch nicht davon abhalten.“


Dann wirkte Niphon kurz irritiert. Das Gesicht passte zwar zu der Stimme, war aber dennoch unerwartet jung.

„Vermutlich haben wir uns bislang verpasst, Euer Gesicht hätte ich mir sicher gemerkt.
Ihr solltet dafür einen Heiler aufsuchen.“
, meinte er leiser, aber durchaus amüsiert mit einem Blick auf die mutmaßliche Wunde unter dem Tuch.
Gesperrt

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