[1023] Himmelweit (Arash, Achilla)

[Februar '19]
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Signora Achilla
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[1023] Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Der Sommer fand langsam sein Ende. Es war die Zeit der goldbraunen Felder und der Heuernte. Beeren hingen reif an dornigen Zweigen, die Tage waren noch lang und die Nächte schmerzhaft kurz.
Das kleine Lager der Fahrenden vor Genuas Toren hatte sich gewandelt. Teile waren bereits in die Stadt hinein verschwunden und die Schausteller gingen frei zwischen der Stadt mit dem Cortile delle Meraviglie und ihren großen Plätzen ein und aus.

Die Signora war oft in der Nähe der Schausteller. Von hier kamen viele der Masken und der einäugige Maskenschneider, Mauricio, ließ sich gerade von Genuas Einflüssen inspirieren. Es war irgendwo zwischen den christlich gehaltenen Feiern und Heiligenfesten zum Erntedank und den Äquinoktien, die mehr etwas für die Heiden und besonders Abergläubischen waren. Für die Schausteller war beides gut genug: das waren Anlässe für Feiern, für Auftritte und solange es noch warm genug war, gab es auch keine Not.

Das war der Hintergrund, vor dem die Signora Achilla in dieser Nacht Genua betrachtete. Es sah ganz so aus als würden sie hier bleiben oder wenigstens überwintern und sie nahm sich die Zeit, die Stadt und ihr Land besser kennen zu lernen. Es war eine Sache, die Namen und Titel zu lernen, die Feinheiten der Gesetze und des Gleichgewichts in dieser oder jener Stadt und all die delikaten Nuancen der Macht, welche Kainiten über Jahrzehnte und Jahrhunderte an einem Ort spinnen konnten. Es war eine ganz andere, ein Land und eine Stadt tatsächlich kennen zu lernen, mit dem Finger am Puls von beidem, belauscht, ertastet und geschmeckt mit Ohr, Haut und Zunge.

Auch wenn dies wohl nicht jedermann verstand - die Signora tat es. Und sie nahm sich die Zeit dafür. Es war genau eine solche Nacht, in der sie durch das Umland von Genua wanderte. Sie war auf der Jagd, doch nicht allzu hungrig. Es war gerade genug, um diese Prise Schärfe an Wachsamkeit für die Nacht zu haben. Raubtierlust, vielleicht. Es war gerade noch satt genug, um müßig genug für solche Gedanken zu sein.
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Arash
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Arash »

Arash genoss die wenigen Nachtstunden indem er jagte. Seine Methode war sicherlich nicht die effektivste, aber sie war am schönsten für ihn. Er durchstreifte die lichten Ausläufer des kleinen Wäldchens, langsam in geduckter Haltung. Seine Nase hob sich immer wieder, wie bei einem Raubtier, welches seine Beuter erschnuppern wollte. Aber diese Beute hatte er offenbar nicht gerochen. Aber der Wind stand auch ungünstig. Aus einiger Entfernung beobachtete er die verhüllte Gestalt, welche ebenfalls durch den Wald zu schlendern schien. Auf den ersten Blick Beute, aber irgendetwas sagte ihm das es in diesem Fall nicht ganz so einfach war.

So begann er einen weiten Bogen um die Gestalt zu ziehen. Erst außerhalb des Sichtfeldes...als er sich sicher war, dass sie allein war, bewegte er sich ins Sichtfeld der Gestalt. Er würde warten wie sie sich verhielt. Er hatte diese Art der Kleidung schon beim fahrenden Volk gesehen, hatte aber nie näheren Kontakt mit ihnen gesucht. Ab und an waren ihre Lager Beute, wenn sie nicht zu nah an den Stadtmauern lagerten. Aber dieses alleinige umherstreifen sprach für etwas anderes.

Seine grünen Augen fixierten die, in Stoffe gehüllte, Gestalt aufmerksam und nun wartete er, wie sie auf ihn reagieren würde. Sein Jagdkleidung war frisch, bisher kaum getragen, da sein letzter Satz Kleidung sich nach den Erlebnissen auf Sardinien und der Suche nach seinem Clansbuder sich doch mehr der Auflösung angenähert hatte und Tia darauf bestanden hatte.

Die einfache Lederhose, die Fellstiefel und das einfache Oberteil bedeckten zwar seine Haut, hatten aber sonst nicht viel modisches an sich. Sie war praktisch. Für die Jagd, mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit. Kein überflüssiger Firlefanz, hängende Fäden oder flatternde Stoffe.
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Signora Achilla
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora genoss die Nacht. Es war noch sommerwarm, doch hier, so nah an der See, gab es kühlen Wind mit einer Note Salz darin. Sie hatte sich auf ihrem Weg selbst vergessen, wie es manchmal geschah. Wurde sie dann ganz ein Jäger? Im Nachhinein zweifelte sie daran. Es war einfach ...Hingabe. Menschengedanken verloren dann an Bedeutung und vielleicht würden sie immer weiter an Bedeutung verlieren.
Sie schauderte, unsicher, ob dies gut oder schlecht sei-- und genau in dem Moment sah sie die Gestalt des anderen Jägers vor sich. Das brachte sie zurück in das Hier und Jetzt. Beute? Vielleicht. Möglichst nicht, er sah wild aus. Roh. Wilderer? Vielleicht. Bewaffnet? Womöglich.
Sie hielt inne.

Die Signora war sicher keine sonderlich einschüchternde Gestalt. Hier draußen und fernab von einem Auftritt war sie in die lose, jedoch pragmatische Reisekleidung der Fahrenden gehüllt. Die Stoffe waren fester, die Farben etwas ausgewaschen. Aber es gab hier und da eine verspielte Note, Fransen oder den gezackten Saum und sie trug ein doch recht feines Tuch um den Kopf. Ihre Kurven waren sehr weiblich - ein Umstand, der dem formgebenden Leder unter dem Stoff geschuldet war, größtenteils. Doch das sah man von außen ohne weiteres nicht.
Auch ihr Gesicht war verhüllt, doch hier draußen und in der Nacht hatte sie auf eine der polierten oder gewachsten Masken verzichtet und Leder und Stoff den Vorzug gegeben. Ein paar Federn verzierten diese Maske. Holzperlen und Austernsplitter gaben ein paar Konturen vor, so dass die Maske trotz der Federn weniger Vogel- als Insektenartig wirkte. Fremd, mit etwas mehr Licht vielleicht hübsch und etwas seltsam, vielleicht.

Es war ein eigenartiger Moment für die Signora. Er fiel aus dem Rahmen des Gewöhnlichen, doch sie wusste nicht, warum.
So machte sie eine kleine Geste, die für ihren Gegenüber wohl wie ein Gruß wirken konnte. Vorsichtig, riet ihr ihr Instinkt aus irgend einem Grunde. Unter ihrer brüchigen Haus kribbelte es, wie dutzende tastender Glieder, die durch Haut, Leder und Stoffe hinaus wollten.

Sie ließ die Hand sinken und begann, einen langsamen Bogen um die Gestalt herum zu gehen, wie um diesen Gegenüber aus mehr als nur einem Winkel zu sehen, vielleicht mit dem Wind zu riechen oder etwas vom Mondschein zu nutzen. Leicht hätte so ein Gang wie ein Lauern gewirkt, doch die Signora war zu sehr eine Tänzerin. Ihre Bewegungen blieben sanft.
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Arash
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Arash »

Die kleine Geste schien der Mann durchaus wahrzunehmen. Ein leichtes heben der Mundwinkel war dabei allerdings die einzige welches an Regung zu sehen war. Sein Blick glitt allerdings aufmerksam über die Gestalt der Signora. Er registrierte die Maske, die weiblichen Kurven, die vollständige Verhüllung des Körpers.

Er selbst schien anfangs noch entspannt. Das Blinzeln welches zu sehen war, wirkte sehr träge. Generell schien der Körper nicht sonderlich angespannt zu sein. Aber ganz still stand er nie wirklich. Immer bewegte sich etwas an seinem Körper, auch wenn er nicht wirklich nervös wirkte.

Der junge Mann blieb stehen, während die Frau um ihn herum...tanzte? Sein Blick folgte ihr weit genug, als dass er sie recht lange sehen konnte. Sogar in seinen Rücken lies er sie, sollte sie das vorhaben. Eine Waffe war allerdings nicht an ihm zu erkennen. Nicht mal ein Messer. Vielleicht im Stiefel, aber ansonsten war der schmächtige, vielleicht drahtige Körper ziemlich unbewaffnet. Weiterhin wartete er auf eine Reaktion der sonderbaren Fremden, die sich so versteckte.
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Signora Achilla
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Und sie nutzte, was er ihr gewährte: Die Signora suchte sich den Platz sorgfältig aus, an dem sie schließlich stehen blieb. Hier war der Boden eben genug für eine jähe Flucht - oder einen Angriff, sollte es nötig werden.
Es sah nicht so aus, noch nicht. Vielleicht war dies unnötig, doch es war zugleich richtig, fühlte sich richtig an.

“Keine Beute”, entschied sie, halblaut und mit einem leisen Seufzen. “Ich grüße dich. Es gibt nicht viele, die Nachts durch Wälder und Felder streifen. Und was die wenigen dazu treibt, das wird bei Tage oft nicht gern gesehen.”
Es klang halb wie ein Eingeständnis, denn offenkundig schloss dies sie selbst ein. Halb klang es wie eine Frage an ihren Gegenüber.
“Was treibt dich um?”
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Arash
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Arash »

Erst, als die Schritte verstummten und das Geraschel der Kleidung endete drehte auch er sich zu seiner Gegenüber um und nickte ihr kurz zu. Ein schmales Lächeln umgab seine Lippen und erreichte tatsächlich die Augen. Auch, wenn das in der Nacht schwierig zu sehen war.

Für die Flucht schien er ihr im ersten Moment keinen Anlass zu geben, aber er beobachtete sie weiterhin aufmerksam. Auf ihre Worte hin zuckten seine Ohren leicht und ein träges Blinzeln seiner Augen zeichnete sich ab. "Du bist scheinbar auch keine Beute." erwiderte er in einem schwer zu fassenden Akzent, der noch dazu durch einen schnurrenden Unterton verstärkt wurde. Jetzt wurde sein Lächeln zu einem Grinsen. "Ich bin hier um zu jagen und ich vermute das wir damit schon Zwei sind, oder?" seine Zunge glitt über seine Lippen, offenbarte aber keine Fänge oder ähnliches.

Es schien nicht so, als würde er Tiere auf herkömmliche Weise jagen, denn er war scheinbar unbewaffnet und auch nicht sonderlich für eine Jagd ausgerüstet.
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Signora Achilla
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora hielt inne und ...stutzte zu seinen Worten. Sie machte einen kleinen Schritt zurück und einen weiteren ein wenig zur Seite, doch dann legte sie den Kopf zur Seite und lachte leise. Das war ein kehliges, etwas eigenartiges Geräusch, nicht unbedingt das perlende Gelächter einer feinen Dame.

“Ja”, sagte sie schließlich. “Das Jagen ist es wohl, auch wenn ich die Hälfte der Zeit damit verbringe, das Land selbst anzusehen. Ich bin fremd.”
Sie gab dies recht unumwunden zu und es war wohl auch nichts zu Überraschendes. Beschwichtigend fügte sie hinzu: “Ich habe nicht vor, dir deine Beute streitig zu machen, was sie auch sein mag. Wie ein gewöhnlicher Wilderer auf Hasenjagd siehst du nicht aus, mh?”
Doch sie milderte das Bohren in dieser Frage dann mit einer sachten Geste und den nächsten Worten ab:
“Auf eine Weise habe ich schon jetzt Beute gemacht, ist doch so ein Mondscheintreffen eine Sache, die seltsam und selten genug ist. Ich werde Achilla genannt. Signora Achilla von den Fahrenden.”
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Arash
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Arash »

Das Grinsen auf Arashs Gesicht wurde breiter, wilder, mehr wie das einer Katze, oder eine Raubtiers, dass seine Beute sicher wähnt. Träge blinzelte er die Signora an und seine Haltung, die eben noch normal Menschlich gewirkt hatte, änderte sich leicht. Nun war er leicht nach vorne gebeugt, die Knie leicht angewinkelt. Beinahe zum Sprung bereit.

"Jaa..." begann er gedehnt. "Die Wildnis hat ihre eigene Schönheit, die durch Wildheit und Unbarmherzigkeit noch unterstrichen wird" fügte er an. "Aber es stimmt. Ich jage weniger die Hasen, sondern mehr die Wilderer. Sie sind gute Beute." Wieder blinzelte er träge und gähnte beinahe herzhaft. Allerdings drehte er dabei den Kopf zur Seite, damit er nicht direkt die Signora angähnte.

"Mein Name ist Arash...viele sagen Arash vom See von mir." er zuckte mit den Schultern. "Du kannst auch nur Arash sagen. Das reicht aus."
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Signora Achilla
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Achilla nahm die Veränderungen in Arashs Haltung aufmerksam zur Kenntnis. Wie könnte sie auch nicht? Sie ließ die Hände beide sinken. Die Ärmel ihres Kleides waren weit und lang genug, dass sie darin verschwanden, doch irgend etwas rieselte daraus hervor oder fiel daraus herab.

Trotzdem klang die Stimme der Signora gefällig, als sie sagte: “Arash vom See also. Ein klangvoller Name und ein seltener in dieser Gegend.”
Behutsam zog sie sich mit der einen Hand den anderen Ärmel zurecht.
“Hältst du mich für einen Wilderer, Arash?”
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Arash
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Re: 1023 Himmelweit (Arash, Achilla)

Beitrag von Arash »

Arashs Blick folgte der Bewegung der Ärmel und auch dem Rieseln aus dem Ärmel heraus aufmerksam. Nichts deutete darauf hin das er es seltsam fand was dort geschah, oder das er angewidert war. Er legte leicht den Kopf schief auf ihre Frage hin und ein wieder schlich sich ein leises Lächeln ein.

"Nein." er schüttelte den Kopf. "Ich denke eher das ich ein Kind der Nacht vor mir habe. Wenige Wilderer gehen selten mit so...unpraktischer Kleidung auf die Jagd." Seine Zunge fuhr sich über die Lippen. "Für was hältst du mich? Einen Wegelagerer? Einen Wilderer, oder etwas Anderes?" er gab die Frage in diesem Fall zurück. Leckte sich dann aber über den Handrücken und strich sich das Haar anschließend nach hinten. Wie eine Katze, die sich putzte.
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