[1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

[März '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Alain le Beau
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[1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Alain le Beau »

Bevor man Nervi sieht, kann man es riechen. Dieser durchdringende, salzige Geruch des Meeres, vermengt mit dem Aroma verfaulender Fischköpfe, untermalt mit einem Hauch von Möwenkot. Es ist ein Geruch, der einem lange im Gedächtnis bleibt, viel länger als der Anblick der windschiefen Fischerkaten, die sich zum Schutz vor den Elementen zusammengekauert haben. Das Dorf im Osten Genuas lebt von der Fischerei und gebe es die kleine Kirche San Siro nicht, dann würde wohl kaum einmal jemand von außerhalb hier Halt machen, so ärmlich und uninteressant ist es. So aber kommen zumindest jeden Sonntag einige Menschen aus dem deutlich größeren Quinto al Mare hierher, um sich von dem Dorfpriester die Messe lesen zu lassen.

Immerhin unterhält der Bischof hier ein Anwesen und die Fischer erzählen noch immer davon, wie er dereinst nach der Plünderung der Stadt hier untergekommen ist. Auch ein oder zwei reichere Händler haben sich hier Wochenendpaläste errichten lassen, um Ruhe fernab der Stadt zu finden. Die Oberschicht bleibt jedoch unter sich. Wenn sie mit den Fischern in Berührung kommen, dann allein über ihre Diener, die hier aus dem frischen Fang die besten Exemplare abgreifen.

Wenn Nervi ein Herzstück hat, dann ist es das ärmliche Gasthaus in der Mitte des Dorfes, wo sich die Fischer an den Abenden treffen und Seemannsgeschichten austauschen. Reisende machen nur selten Rast in Nervi. Quinto ist nicht weit und deutlich attraktiver - und wenn sich doch einmal ein Wanderer in das Gasthaus verirrt, dann wird er von den Stammgästen mit misstrauischen Blicken bedacht. Zimmer mit Betten gibt es ohnehin nicht, höchstens einen Dachboden. Man bleibt unter sich, hier in Nervi, und die Tage vergehen jahraus und jahrein, ohne dass sich viel ändert. Die Menschen fahren aus, fangen ihre Fische, verscheuchen die Möwen, kehren heim. Und über allem schwebt der Geruch der See, die sich ewig und unergründlich vor dem Dorf erstreckt.

Ob dieser Abend etwas Neues, etwas Ungewöhnliches bringt? Es ist eher unwahrscheinlich - und doch liegt da eine gewisse Spannung in der Luft. Ein Potential.
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Sofia Caruso
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Sofia Caruso »

Ein suchender Blick mustert die Umgebung, die Wege, die Gebäude... aber noch viel mehr mustert der Blick die Leute, welche vielleicht vereinzelt noch unterwegs sind. Durch die Kapuze des Umhangs liegt das Gesicht der zierlichen Gestalt weitestgehend im Schatten.

Es war ein recht ungleiches Paar, welches seinen Weg nach Nervi fand. Ein groß gewachsener Mann, dunkles kürzer getragenes Haar, schreitet den Weg entlang. Gemütlich und ohne Eile doch stets wachsam die Umgebung im Blick haltend. Bewaffnet zwar, doch keinesfalls mit einer aggressiven Haltung. Scheinbar nur achtsam.
Im direkten Kontrast dazu war die Gestalt, welche nur einen halben Schritt vor dem Mann hergeht. Unter dem Umhang liegt eine zierliche in ein dunkles Kleid gehüllte Gestalt verborgen, welche behutsam einen Fuß vor den anderen setzt.
Nein, eilig scheint es das ungleiche Paar wahrhaftig nicht zu haben.

An einer Häuserecke bleiben sie stehen. Der Blick der kleineren Person geht neugierig umher und es scheint, dass sie versucht sich zu orientieren... ein Gefühl für den Aufbau dieses Ortes zu bekommen. Eine gewisse Faszination liegt in ihrem Blick, als sie versucht einen Eindruck zu gewinnen.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Alain le Beau »

Die beiden Wanderer können das leise Knarzen der Boote hören, die nun, in der Nacht, zum größten Teil am Ufer vertaut sind. Auch die Möwen sind wohl bereits zur Ruhe gegangen, nur ab und an ist ein müdes Kreischen zu hören. Hier und da flattern Fischernetze im Wind, wie gigantische Spinnenweben. Wenn noch jemand auf der Straße unterwegs ist, dann auf einer von zwei Routen: In die Kneipe gehend oder aus der Kneipe nach Hause schwankend. Die beiden Fremden werden dabei ignoriert - schließlich führt ja eine Straße durch Nervi, auch wenn es sicherlich nicht die wichtigste Ost-West-Route ist.

Aus der Kneipe ertönt Gelächter und ein heller, warmer Schein lädt zum Besuch ein. Das Gebäude selbst hat schon bessere Tage gesehen, aber immerhin wirkt es einigermaßen instandgehalten und vor der Tür sogar recht reinlich.
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Sofia Caruso
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Sofia Caruso »

Der Blick der kleineren Gestalt ruht nachdenklich auf dem Gebäude. Auf so manchen mochte es vielleicht eine einladende Wirkung haben, doch die Person unter der Kapuze sah das anders. Handelt es sich doch bei solchen Ortschaften meist um volle und zumeist auch laute Ansammlungen von nicht gerade wenig Personen. Kein Ort, an welchem sie sich unbedingt gerne aufhalten würde. Ganz und gar nicht.

Sie legte die Hände entspannt vor dem Körper ineinander und schenkte der Straße einen Moment ihre Aufmerksamkeit, ehe sie sich wieder dem Gebäude widmet. Vielleicht würde sie auf der Straße eine verlorene Seele entdecken, welche nicht völlig trunken war. Einen Augenblick weilt das ungleiche paar noch an der Ecke, ehe es seinen Abendspaziergang durch das Dorf fortsetzt.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Alain le Beau »

Da die Nacht schon fortgeschritten ist - schließlich dauert es eine Weile von Genua nach Nervi zu gelangen - kommen immer wieder Gäste aus dem Wirtshaus heraus. Meist in Grüppchen von drei oder vier Personen, die sich dann auf die Häuser verteilen. Jetzt gerade treten wieder zwei Gestalten hervor. Der eine ist ein älterer Mann mit Schnurrbart, der offensichtlich schon eine ganze Menge intus hat. Der andere, ein junger Fischersbursche mit einem Seemannstuch um den Kopf, stützt seinen Begleiter. Ein durchaus hübscher Kerl, wenn man sie schlank mag.

Die beiden taumeln zusammen in die Dunkelheit zwischen zwei Häusern, wobei der junge Mann Sofia und ihrem Begleiter einen längeren, interessierten Blick zuwirf. Nicht feindselig oder abweisend, aber definitiv neugierig.
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Sofia Caruso
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Sofia Caruso »

Eine größere Gruppe... noch eine... Die kleine Gestalt schüttelt leicht den Kopf und überlegt gerade, ob sie ihren Weg fortsetzen wollen, als ihr Blick wieder auf das Gebäude fällt und ein Duo die Kneipe verlässt. Aufmerksam beobachtet sie den Zustand der beiden Männer. Warum auch immer Leute Gefallen daran fanden, sich dermaßen zu betrinken...

Als sie sich dem längeren Blick des jungen Mannes gewahr wird, senkt sie schnell das Haupt und weicht seinem Blick aus. Dachte er nun, sie habe gestarrt? Was sie genau genommen getan hatte, aber dennoch war es nicht ihre Absicht gewesen, diesen Eindruck zu erwecken. Vorsichtig hebt sie den Blick unter der Kapuze wieder und erhascht noch einen letzten Blick darauf, wie die beiden in die Dunkelheit verschwinden.
Kurz schließt sie die Augen und zählt ein paar Augenblicke, eher sie sich langsam in Bewegung setzt und ihren Nachtspaziergang in zufällig die gleiche Richtung wie die Taumelnden fortsetzt. Ihre Begleitung folgt ebenfalls, wie auch schon vorhin etwa, einen halben Schritt hinter ihr. Zwei Wanderer auf einem nächtlichen Spaziergang. Ruhig und besonnen, nichts weiter.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Alain le Beau »

Erst wirkt es so, als hätten die beiden nächtlichen Wanderer den Fischer und seinen Freund zwischen den Häusern verloren. Aber dann sehen sie die beiden Gestalten vor einer der Katen. Der Jüngere legt den Älteren gerade sanft in einen Stuhl - wobei er ihn so nah hält wie einen lieben Verwandten. Oder noch näher, wenn man seine Gedanken nicht mit christlicher Moral beschränken will. In jedem Fall hält er ihn noch einen längeren Moment so, bevor er seinen Kopf von dem des anderen löst. Dann klopft er an die Tür der Fischerhütte.

"Dein Mann, Leona!" Für einen Moment ist es still, dann flucht eine Frauenstimme sehr kreativ über nichtsnutzige Trunkenbolde.

Der junge Mann wendet sich mit einem Grinsen ab und zieht ein seidig glänzendes Taschentuch aus seinem Ärmel, mit dem er sich grazil den Mundwinkel abtupft. Mit einem Pfeifen schlendert er zwischen den schiefen Häusern daher, erneut in Richtung der Dorfmitte, während Leona sich hinter ihm mit ihrem bewusstlosen Gatten abmüht.
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Sofia Caruso
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Sofia Caruso »

Als das ungleiche Paar die Trunkenen erneut erblickt, bleiben sie stehen und warten, beobachten. Viel mehr beobachtet die kleinere Person der Beiden, während der Große den Blick eher allgemein auf die Umgebung gerichtet hält.

Sofia verharrt abseits und will sich gerade wieder in Bewegung setzen, um den jungen Fischer nicht abermals aus den Augen zu verlieren, als sie gewahr wird, dass er sich geradewegs in ihre Richtung zu bewegen scheint. War er nicht genau diesen Weg entlang gekommen? Ihre Orientierung hier war nicht die Beste, das war offensichtlich, noch dazu hatte sie die Beiden ja auch aus den Augen verloren.

Und so kommt es, dass sie nun etwas unschlüssig zwischen den Häusern steht, ihr Begleiter wartet ein paar Schritte entfernt, und noch damit beschäftigt ist die Situation zu erfassen. Die Situation zu erfassen und zu überlegen, welches nun ihrerseits die optimalste Handlungsweise war. Kurz wendet sie sich ab, macht einen Schritt in die Richtung, die auch der Bursche anzupeilen schien und aus der sie selbst gekommen war. Dann bleibt sie erneut unschlüssig stehen, schaut sich unsicher um und mag für einen Außenstehenden durchaus einen leicht überforderten Eindruck machen. Sie greift mit der Hand unter die Kapuze und streift sich nervös eine Haarsträhne zurück, während sie grübelnd die neue Situation analysiert.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Alain le Beau »

Der junge Mann ist offenbar in bester Stimmung, während er Richtung Wirtshaus zurückschlendert. Den Geräuschen nach zu urteilen wird dort gerade die nächste Ladung von Betrunkenen in die Nacht entlassen. Mit eiligem Schritt strebt er in diese Richtung als er plötzlich die beiden Gestalten bemerkt, die da wie Wegelagerer in den Schatten stehen. "Wer... wer ist da?" sagt er mit leicht zitternder Stimme. "Hallo?"
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Sofia Caruso
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Re: [1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

Beitrag von Sofia Caruso »

Die kleinere Gestalt drehte sich in die Richtung des Fischerburschen und hob vorsichtig die Hände in einer entschuldigenden Geste.

"Verzeiht bitte. Wir wollten Euch nicht erschrecken." erklang eine Frauenstimme zur Antwort leise in der Nacht.

Sie senkte wieder die Hände, langsam um ihr Gegenüber nicht zu verschrecken oder so ängstigen. Hatte sie doch das leichte Zittern in seinen Worten gehört.

"Ein nächtlicher Spaziergang unsererseits. Wir wollten soeben einen anderen Weg einschlagen, nachdem ich Euch erblickt hatte." Die Frau unter der Kapuze machte einen Schritt auf ihn zu, ihre Körperhaltung hatte nichts Beunruhigendes an sich. Schaute man genauer hin, schien es sogar fast, als sei sie selber etwas unsicher in der aktuellen Situation.
"Unsere Blicke hatten sich vorhin an dem Gasthaus gekreuzt und ich wollte nicht den Eindruck erwecken, Euch zu verfolgen..." erklärte sie mit entschuldigender Stimme und senkte leicht ihr Haupt. "Verzeiht, falls wir Euch geängstigt haben."
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