[1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

[März '19]
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora ließ die Hände wieder sinken, vielleicht eine Spur enttäuscht, dass er sich ein zweites Mal ihr entzogen hatte. Das Licht der Laterne flackerte bedenklich, doch es war nicht der Wind, der die kleine Flamme so tanzen ließ.
Jetzt, wo Alain sich erneut gelöst hatte, und wo es ihm auch eben erst über die Lippen gekommen war: Es waren Motten. Eine gute Handvoll der Insekten tanzten um die Laterne her und prallten gegen die dünngeschabte Haut, die die Flamme vor Wind und Wetter schützen und dennoch Licht nach außen lassen sollte. Einem der Tiere war es wohl gelungen, irgendwie in das Innere zu kriechen und sein irrwitziger, schwelender, selbstmörderischer Tanz dort drinnen warf bizarre Schatten an die Tuchwände des Zeltverschlags.

Es wirkte beinahe ein wenig wehmütig wie die Signora mit einer Hand in der Luft die Form von Alains Gesicht nachzeichnete und eben an jener Stelle inne hielt, an der sie so gern begonnen hätte, den Verband zu lösen. Ihre Finger zupften kurz in der Luft, was sie in Wirklichkeit nicht hatten fassen können.
“...und ich dachte, wir wären schon dabei”, erwiderte sie ihm. “Doch Ihr ziert Euch.” Sie ließ die Hand sinken und seufzte. “...was wohl die weisere Wahl ist. Man wird nicht alt, wenn man alle Vorsicht einfach fahren lässt.”
Sie trat selbst einen Schritt zurück und lehnte sich wieder gegen jenes Fass, an dem sie schon ganz zu Beginn gelehnt hatte. Sie nickte zu dem Unterpfand hin, das sie beide zur Seite auf eine alte Kiste gelegt hatten, seinen Geldbeutel und ihr feines Tüchlein.

“Ihr habt gewonnen, also ist die Art des Tanzes Eure Wahl, würd’ ich sagen. Tauschen wir, auf Eure Art.”
Und genau da griff sie nach der Laterne, um mit einem raschen Griff die Klappe an der Seite zu öffnen. Doch es war zu spät: der Falter im Inneren war bereits angesengt und flügellahm.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

"Ich weiß nicht, ob ihr Geist oder Motte seid", sagt Alain - und es bleibt offen, ob er sich dabei auf Theaterrollen bezieht. "Aber vielleicht seid ihr wie ich und zieht ein rotes Kostüm allen anderen Kostümen vor? Es ist eine Familientradition, würde ich sagen." Er reibt sich das Kinn und schließt erneut kurz die Augen, verzieht angewidert das Gesicht, so, als würde er einen abscheulichen Geschmack loswerden wollen.
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

“Rotes Kostüm?” fragte die Signora etwas verblüfft. “Die Redeart kenne ich noch nicht. Sie liegt gut auf der ...Zunge.”
Sie ließ das erst einmal so stehen. “Ihr seid kein Mensch”, erklärte sie dann, leise und wenigstens für den kurzen Moment ernst. “Oder Ihr zeichnet Euch mit Blut, das nicht von einem Menschen ist.” Kurz deutete sie in die Richtung seines Verbandes.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

"Ah", sagt der Jüngling leise und fasst sich unwillkürlich an den Kopf. "In der Tat."

Dann neigt er leicht und respektvoll den Kopf. "Alain, Neugeborener der Tzimisce, großer Freund der Künste, Kind des Konrad von Wolmar, Liebhaber und Tänzer, Gast der Domäne Genua und entzückt, ein weiteres Mal eure Bekanntschaft zu machen, werte...?" Neugierig blickt er sie an.
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Sie lauschte dem Klang dieser Vorstellung als wäre dahinter eine eigene Melodie verborgen. Für einen Moment nahm sie Haltung an und machte dann einen Knicks, der vielleicht nicht hoher Etikette genügte, aber elegant aussah. Sie machte eine kleine, verschnörkelte Geste - hätte sie einen Fächer gehabt wie eine spanische Edelfrau, hätte es vielleicht noch eindrucksvoller gewirkt. Es war schwer zu sagen, ob da ein wenig Spott in der gesamten Geste steckte, einfach Freude daran oder tatsächlich Ernsthaftigkeit.
“Dann sei willkommen zwischen meinen Zelten”, erklärte sie. “Signora Achilla, Neugeborene vom Clan der Verborgenen.” Keine weiteren Titel, keine lange Blutslinie.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

Der Tzimisce nickt, als würde allein die Nennung ihres Clans bereits einiges erklären. Dann greift er an seinen Hinterkopf und nimmt langsam den Verband ab. Der Signora bietet sich ein faszinierender Anblick. Hier, verborgen vor den Sterblichen, winden sich kleine, fleischige Tentakel auf dem Kopf des anderen. Fasziniert beobachtet Achilla, wie sich ein winziger Blutstropfen an einem der Tentakel bildet.

"Ich vermute", sagt Alain leise "dass ihr schlimmere Anblicke gewohnt seid, angesichts eurer Familie. Dennoch entschuldige ich mich für die... Unannehmlichkeiten. Ihr müsst wissen, ich bin tatsächlich angegriffen und vergiftet worden. Und nein, ich habe es nicht kommen sehen. Obgleich ich viel sehe." Er legt den Kopf schief und betrachtet die Signora nachdenklich. "Vier Jahrzehnte unter den lebenden Toten, nicht wahr? Vielleicht etwas mehr..."
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Sie zuckte leichthin mit den Schultern zu der Frage, nickt dann aber einmal und meinte verschmitzt: “Nach den Jahren fragt man eine Dame nicht, eh?”
Doch was er ihr zeigte, schien sie in der Tat zu faszinieren. Sie trat wieder ein wenig näher, um den Geruch wieder aufzunehmen.
“Erlaubt mir doch die Fragen: Wer sollte Euch angreifen? Und wie vergiftet man unsereins?”
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

"Natürlich", sagt Alain und neigt leicht entschuldigend das Haupt. Ermöglicht der neugierigen Nosferatu noch einen genaueren Blick.

"Wer - ja, das ist die Frage", sagt er dann leise. "Es war eine seltsame Kreatur. Halb Mann, halb Spinne. Ich weiß, dass die Liktoren nach ihr suchen, aber..." Er macht eine Geste, die von Abschätzigkeit bis Bedauern alles bedeuten könnte. "Das Wesen ist nach Clavicula geflüchtet", sagt er dann leise und sieht Achilla an, als wolle er auf ihrer Maske eine Reaktion ablesen. "Im Übrigen schuldet ihr mir noch eine Enthüllung..."
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Sie trat noch ein wenig näher und begann, Alain zu umrunden. “Clavicula ist mir ein Heim geworden und es ist nicht so groß, dass ein solches Ding einfach verschwinden könnte”, begann sie.
Mit einer Hand griff sie an die untere Kante der Maske. Das Holz knackte leise, als sie diesen unteren Teil löst. Die Maske war eine raffinierte Arbeit, wohl aus zwei Hälften gemacht, so dass man die untere zum Bühnensprechen auch abnehmen konnte - oder um die Fangzähne in das Fleisch eines überrumpelten Betrunkenen zu graben, so wie sie es getan hatte.
Sie reichte ihm diesen unteren Teil der Maske, als sie um ihn her ging. Der prächtige, falsche Bart baumelte davon herunter. Das Innere der Maske wurde mit Lederstreifen zusammengehalten. Sie waren dort aufgeleimt und schweiß durchtränkt - offenbar wurde die Maske auch von anderen getragen. Eine fette, graue Motte saß im Inneren der Wange: ein dunkelgraues Dreieck auf dem Holz und Leder. Sie war pelzig, mit langen Fühlern, die sich in die so plötzlich ungeschützte Nachtluft streckten.

Das Kinn der Signora ließ auf Schönheit hoffen: Bleich und zart geschwungen wie man es sich von einer jungen Frau nur erhoffen konnte. So von der Seite her im Halblicht betrachtet, konnte man diese Schönheit fast wie einen Geist erahnen.
Und dann zerbrach die Illusion, als sie lächelte und etwas bleiches, braunes, sich aus dem Fleisch ihrer Lippen heraus schälte. Eine Larve zappelte dort, um nicht zu fallen. Die Signora hob ihre behandschuhte Hand wie um ihr Lächeln kokett zu verstecken - nur, dass die eigentlich gezierte Geste hauptsächlich dafür gut war, das kleine Tier zurück ins Fleisch zu schieben. Die Haut darum her schien hohl und durchscheinend, so verriet ein zweiter Blick. Es würde nicht viel fehlen, dass sie ebenso aufplatzte und wer wusste schon, was dann alles dort hervorquellen würde… .

“...wollt Ihr mir genauer erzählen, was geschah?” fuhr die Signora fort als wäre überhaupt nichts geschehen.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

Alain hebt unwillkürlich die Hand zum Mund und sein Körper macht eine Bewegung, die vielleicht ein Würgen, vielleicht ein Kichern ist. Als er die Hand fortzieht, sieht die Signora jedenfalls ein schwaches Grinsen. "Das wäre ja eine höchst interessante Nacht geworden." Das Grinsen wird breiter. "Ich hatte mit vier Teilnehmern gerechnet, aber offenbar steckt da schon jemand... in euch drin..." Wieder legt er die Hand vor den Mund.

"Nun, ich denke, es kann nicht schaden und vielleicht könnt ihr dort Nachforschungen anstellen, wohin sich die Liktoren nicht wagen." Langsam beginnt er damit, den Verband wieder um seinen Tentakelschädel zu wickeln. "Es begann damit, dass ich einen Bettler am Hafen traf. Später bin ich mit meinen Dienern in Ravecca eingekehrt. Mein treuer Thorleif hielt draußen vor dem Lokal Wache. Plötzlich hörten wir Lärm. Und da sahen wir es! Der Bettler hatte uns verfolgt und Thorleif angegriffen!"

Er macht eine dramatische Pause. "Wir stürzten auf ihn zu. Beppo, mein anderer Leibwächter, bekam ihn zu fassen. Ich ergriff sein Bein. Aber dann passierte es: Der Bettler entpuppte..." er blickt auf das Kinn der Signora "...sich als Monstrum, eine Art menschliche Spinne! Plötzlich hielt ich sein Bein in der Hand. Beppos Griff entwand es sich, denn es war schleimig und glitschig. Der Angriff hatte mein Tier gereizt und, nun, das Bein zerfloss zu Blut. Ich war hungrig... Es schmeckte abscheulich, aber ich war hungrig. Habe das giftige, widerliche Blut getrunken."

Ein Schulterzucken. "Das Ding - es ist davongekrabbelt, verletzt, aber dennoch enorm flink. Vor all den Sterblichen! Thorleif hat versucht, es einzuholen, wurde aber verwundet und ich war noch immer hungrig. Ah, armer Thorleif." Der Tzimisce schüttelt den Kopf. "Das Wesen floh nach Clavicula. Wir haben es natürlich nicht verfolgt, denn ich respektiere euren Clan. Ich hoffe, dass der sehr verehrte Godeoc es seiner Strafe zugeführt hat. Für meinen Teil hatte ich alle Hände voll damit, die Stille zu bewahren. Bisher haben die Liktoren nicht herausfinden können, was dies für ein Wesen war."

Seine Augen verengen sich leicht. "Ich weiß nur, dass es mich vergiftet hat. Denn kurz darauf geschah..." Der Finger zeigt auf den Verband "...dies!"
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