[1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

[Mai '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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Re: [1028] Ne pas oublier [offen]

Beitrag von Seresa »

Seresa nickte leicht, als Gasparo geendet hatte.

„Dem ist wohl so. Dennoch spricht es für Euch und Euer Können, so Ihr den Klerus für Historie begeistern könnt, werter Gasparo. Ich hätte angenommen, sie würden sich nur schwer anderen Dingen - nebst der heiligen Schrift - wahrlich öffnen können, zumal sie selbst diese vornämlich in Latein lesen und nicht in jener Sprache, in welcher sie dereinst verfasst wurde.“

Ihre freie Hand beschrieb eine sich öffnende Geste.

„Ein bedauerliches Versäumnis - wie ich meinen mag - geht ihnen auf diese Weise viel Erkenntnis und ebenso Wissen verloren, auch wenn ich durchaus den Wunsch der Kirche verstehen kann, die Sterblichen unwissend und somit gefügig zu halten, sind sie in diesem Zustand weitaus leichter und angenehmer zu lenken.“

Seresa zuckte leicht mit den Schultern.

„Mich selbst und meine Gedanken regen jedoch eben jene Unterschiedlichkeiten in Übersetzungen an, weshalb ich mich nicht einzig dafür interessiere, was geschrieben steht, sondern ebenso wie. Sei es durch die bewusste Wahl der Worte selbst oder dem entsprechenden Weglassen mancher Dinge. Auch wie die Feder des Schreibers geführt wurde, welches Pergament und welche Tinte Verwendung fand, sind Betrachtungen, welche mich beeindrucken, offenbaren sie manches, welches für den ungeübten Blick verborgen bleiben mag. Entsprechend ist meine Tätigkeit mehr dem eines Handwerkers gleichzusetzen oder womöglich gar dem eines Künstlers, so wir vom Kopieren von Werken sprechen wollen. Etwas, was nichts mit der Führung eines Haushalts oder Geschäfts gemein hat, auch wenn ich mir die Grundlagen dessen über die Jahre angeeignet habe. Zumal ich die Erfahrung machte, dass die meisten Händler in Genua ihre Listen auf ihre gänzlich eigenwillige Art und Weise führen, sofern sie dies überhaupt tun. Die noblen Familien indes besitzen ihre eigenen Schreiber, welche gleichsam und überwiegend ihre Hausverwalter sind. Entsprechend ermüdend und unbefriedigend wäre eine derartige Tätigkeit für mich auf Dauer. Die noblen Herren begreifen die Kunstfertigkeit hinter der Schrift nicht, geschweige denn, dass sie diese zu schätzen wüssten. Es wäre, als würde man edles Pergament für sie kunstvoll beschreiben, welches von ihnen später einzig zum Abwischen ihrer Hintern Verwendung findet, so mir dieser vulgäre Ausdruck gestattet ist.“

Missmutig verzog sich Seresas Gesicht, bevor sie den Kopf schüttelte.

„Entsprechend gibt es bedauerlicherweise keinen großen Bedarf an talentierten Schreibern, doch so Ihr Jemandem begegnen würdet, welcher wahrhaftes Interesse äußern würde, so wäre ich Euch für eine entsprechende Empfehlung zu Dank verpflichtet. Was meine Tätigkeit als Übersetzer oder Lehrer für andere Sprachen anbelangt, so beherrsche ich nebst der Sprache dieses Landes, sowie selbstverständlich des Lateinischen, ebenso das Hebräische, das Griechische, wie auch das Arabische, ganz so, als wäre es meine Muttersprache, auch wenn diese die Sprache der Franken ist.“

Ein gewisser, hörbarer Stolz schwang bei ihren Worten mit.

„Ajax brachte mir zudem in den vergangenen Jahren das Alt-Griechisch bei, doch ist mein Verständnis hierin noch nicht annähernd so gut, wie beim Griechischen, welches dieser Nächte im byzantinischen Reich gesprochen wird. Doch welche Sprachen beherrscht Ihr selbst, werter Gasparo?“

Interessiert blickte sie auf ihr Gegenüber.

„Was Eure Frage nach Quellen von Schriften aus verschiedenen Sprachen indes anbelangt, so beherrsche ich die genannten Sprachen in Wort und Schrift, doch nehme ich an, seid Ihr bevorzugt an älteren Werken der Geschichte interessiert? Ich nehme an es gibt wohl Vertreter unserer Art, welche damit Handel betreiben könnten, doch habe ich derlei Dinge selbst nie von ihnen bezogen. Zwar würde ich es durchaus zu schätzen wissen, unbekannte Schriften zu lesen und aus ihnen lernen zu dürfen, doch gäbe es für mich keinen Grund, diese in einer Art Sammlung einzig für mich selbst zu besitzen. Davon ab ist Genua in erster Linie eine Stadt des Handels und nur bedingt eine der Kunst oder gar der Kultur. Dennoch habe ich sie über die Jahre zu lieben gelernt und sehe in ihr inzwischen so etwas ähnliches wie Heimat.“

Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, welches widerspiegelte, dass sie trotz allem glücklich in Genua zu sein schien, bevor sie wieder ernster wurde und die freie Hand zu ihrem Körper zurückführte.

„Was indes mein Blut, die Lehren der Vergangenheit, sowie die Geschichte anbelangt, so danke ich Euch aufrichtig für Eure wohlwollenden Worte, bedeuten sie mir wahrlich viel.“

Ein leichtes und langsames Nicken in Richtung des Ventrue folgte.

„Ich bin der Ansicht, wir alle müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, anderenfalls sind wir verdammt und dazu gezwungen, dieselben Fehler wieder und wieder zu begehen. Etwas, was nicht tolerierbar wäre.“

Eine kurze Sprechpause folgte, während sie aus braunen Augen ruhig auf ihr Gegenüber blickte.

„Auch wenn ich Eurer Vorstellung eines Vertreters vom Clan der Gelehrten auf den ersten Blick nicht entsprechen mag, so fließt trotz allem durch meine Adern noch immer das Blut Brujahs. Wie ein Jeder meines Blutes kämpfe ich entsprechend unerbittlich und leidenschaftlich für das woran ich glaube und dies ist die weise, glanzvolle und gnädige Regentschaft unserer höchst verehrten Herrin Aurore, der rechtmäßigen Herrscherin der Domäne Genua.“

Seresa schwieg für einen kurzen Moment und ließ der Überzeugung in ihren Worten den entsprechenden Raum zu wirken, bevor sie weiterhin gedämpft fortfuhr.

„Davon ab bin ich zuversichtlich, dass es Euch nicht wie Eurer Blutsschwester ergehen wird und Euer Bestreben mögliche Zweifel und Verstimmungen abzumildern oder gar zu beseitigen, von Erfolg gekrönt sein wird, auch wenn ich mir darüber im Klaren bin, dass dies wahrlich keine einfache Aufgabe für Euch sein mag. Dennoch hege ich keinen Zweifel daran, dass Ihr diese erfolgreich meistern werdet.“
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Gasparo
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Re: [1028] Ne pas oublier [offen]

Beitrag von Gasparo »

Der Ventrue nickte, langsam und zustimmend. Seresa zeigte viel Verständnis für die Situation, mit der auch er sich schon lange beschäftigte.

„Ihr habt natürlich Recht, wenn ihr der Kirche generell das Interesse an Kultur und Geschichte absprecht. Sie profitiert nicht von Sterblichen, die zu viel verstehen und hinterfragen, außer den Versen ihres einen Buches.“ Er rümpfte kurz seine aquiline Nase. „Umso wichtiger, dass ich noch mit Ihren Gören arbeiten kann, und Ihre Ansichten und Vorlieben forme. Sicher, verglichen mit den zahllosen, ignoranten Klerikern ist mein Einfluss gering aber …“ Er zuckte mit den Schultern.

Während die Brujah über die Kunst des Schreibens referierte blieb Gasparo schweigsam. Er ließ nicht erkennen, ob er Ihre Meinung teilte. „Ich bedaure, dass Ihr derzeit keine passende Einsatzmöglichkeit findet. Vielleicht sind Eure Fähigkeiten als Übersetzer gefragter als die eines Schreibers?“

Dann konnte man aber doch in seinen Augen Überraschung ablesen, als Seresa die Sprachen aufzählte, die sie beherrschte. War das Neid, der für einen Augenblick auf seinen Zügen zu sehen war? Oder war es die Gier nach Wissen?

„Ich verneige mich vor Euren Fähigkeiten, wohlwerte Seresa. Mir war das Erlernen der arabischen Sprache bisher nicht vergönnt. Meine Mentoren hatten einfach keinen Einblick in die Welt der Sarazenen und Allah-Anbeter.“


Er räusperte sich leicht, bevor er in fehlerfreiem fränkisch fortfuhr. „Ansonsten bin ich ebenfalls in der Lage, die Sprachen der Griechen, Franken, Hebräer und natürlich meiner römischen Vorfahren anzuwenden.“

Er wechselte wieder zurück ins italienische. „Aber bedauerlich, dass Ihr keinen einfachen Zugang zu älteren Schriften habt. Sie sind ein wahrhafter Schatz heutzutage.“ Ein mahnender Finger hob und senkte sich schnell wieder. Mala tempora currunt. Gerade weil Genua ein Ort des Handels ist hatte ich gehofft, hier öfter Quellen aus der Vergangenheit zu finden. Dies habe ich auch noch nicht aufgegeben, wobei der …“ Ein Wimpernschlag des Zögerns. „... verehrte Chronist in Genua die meisten Güter dieser Art angehäuft hat.“ Gasparo verschränkte seine Hände hinter seinem Rücken. „Es ist gut, sicher sein zu können, dass diese Kostbarkeiten wohl von ihm behütet werden.“

Gasparo musterte die kleinere Seresa noch einmal vom Kopf bis zu den Füßen. „Ich danke Euch für Eure vertrauensvollen Worte und werde weder Euch, noch die höchst verehrte Prinzessin enttäuschen. Indes werde ich den Zweiflern und Ihrer Missbilligung aus dem Weg gehen. Im Laufe der Jahrzehnte werden meine Handlungen und die Fürsprache Gleichdenkender meinen Platz in Genua sichern.“
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Seresa
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Re: [1028] Ne pas oublier [offen]

Beitrag von Seresa »

„Dies scheint mir ein guter Weg zu sein. Ich wünsche Euch, dass Ihr hiermit erfolgreich sein werdet.“

Seresa nickte dem Ventrue höflich zu.

„Selbstverständlich auch, da ich mir erhoffe, weiterhin interessante Gespräche mit Euch führen zu dürfen.“

Ein sanftes Lächeln umspielte die Lippen der Brujah, welches wiederspiegelte, dass sie eine derartige Unterhaltung durchaus genoss und zu schätzen wusste.

„Zumal es mich wahrlich freut zu hören, dass Ihr selbst derart viele Sprachen zu beherrschen wisst. Was mich selbst anbelangt, so stammen die tieferen Wurzeln meines Blutes aus der arabischen Welt hinter der Welt, weshalb es wohl weniger verwunderlich ist, dass ich jene Sprache fließend beherrsche. Trotz allem gilt hierbei das vornämliche Lob bezüglich meiner Fähigkeiten als Schreiber und Übersetzer meiner verehrten Mentorin. Ohne sie und ihre unermüdliche Geduld, sowie Güte, wäre ich nicht Jene, welche ich heute sein darf.“

Der Respekt, welchen die ewigjunge Brujah für ihre Mentorin empfand, schien in jedem Wort über sie geradezu greifbar zu sein. Dann beschrieb die freie Hand der Gelehrten eine sich öffnende Geste, während sie die Hand einladend mit der Handfläche nach oben gedreht hatte.

„Sofern Ihr eines Nachts die Zeit erübrigen möchtet, so wäre es mir eine Ehre Euch das Arabische lehren zu dürfen. Zwar mögen die Schriften der Sarazenen in Euren Augen wohl nicht an die der Römer heranreichen können, doch gibt es ebenso überaus interessante Schriftgelehrte und Philosophen unter ihnen. Ihre Worte und Werke sind hierbei nicht zu unterschätzen, trotz ihres fremdartig wirkenden Gebarens und ihres Glaubens.“

Ihre Hand fand ruhig zu ihrem Körper zurück, bevor sie für einige Momente schwieg. Dann widerholte sie Gasparos Worte kaum mehr als gehaucht und sichtlich nachdenklich.

„Mala tempora currunt.“

Sie nickte langsam und bestätigend, bevor sie leise seufzte.

„Ihr habt wohl recht, es ist wahrlich bedauerlich bezüglich der älteren Schriften, doch dürfte es nicht in Eurer Ausbildungsstätte selbst mannigfache davon geben?“

Fragend neigte sich der Kopf der Brujah etwas zur Seite, während sie ihn nachdenklich zu mustern schien.

„Oder sind diese etwa während dem Überfall der Sarazenen den Flammen zum Opfer gefallen oder gar anderweitig abhandengekommen?“
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Gasparo
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Re: [1028] Ne pas oublier [offen]

Beitrag von Gasparo »

Nachdenklich berührte der Lehrmeister sein Kinn. „Eine interessante Aussage ob der Herkunft Eures Blutes. So Ihr Euren Clan meint und nicht Eure sterblichen Wurzeln … so kenne ich die Theorie, dass die Erste und Zweite Stadt in der Levante standen. Ob es wirklich so ist … ich habe noch keinen Ahnen getroffen, der durch jene Straßen wandelte.“

Etwas funkelte in Gasparos Augen, als er von der legendären Heimat Kains und seiner Nachkommen sprach.

„Ich werde auf Euer großzügiges Angebot zurückkommen, werte Seresa. In der Tat ist mir viel daran gelegen, die Werke der Kulturen jenseits unserer Breiten zu entdecken. Mir ist bewusst, dass wir uns nicht nur auf die bekannten Schriften konzentrieren dürfen wollen wir die Geheimnisse der Welt ergründen. Auch wenn die Lehren meiner Heimat ein Wegweiser bleiben mögen.“

Erneut verzog er bedauernd seine Mundwinkel.

„In diesen Nächten fehlt mir leider die Gelegenheit, Euch regelmäßig aufzusuchen. Pro tempore unterrichte ich mehrere Gruppen und auch die Aufgabe Ihrer Majestät verschlingt die wenigen Stunden, die Luna uns schenkt. Aber Zeit ...“ Gasparos Miene erhellte sich wieder. „ … Zeit ist es, die auf unserer Seite steht. Seid gewiss, dass Eure Kenntnisse eine Entdeckung sind, die mir viel bedeuten.

Was die Bücherei in meiner Zuflucht angeht … auch hier habt Ihr Recht. Sie ist gut bestückt, aber man bemerkt schnell, dass der Fokus eher dem Klerus gilt. Ob das Inventar vor meiner Ankunft geschröpft wurde kann ich nicht sagen. Den Wunsch, mehr Wissen dort zu sammeln, spüre ich aber immer wieder.“
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Seresa
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Re: [1028] Ne pas oublier [offen]

Beitrag von Seresa »

„Mit tieferen Wurzeln meines Blutes meinte ich Karthago, auch wenn mir darüber bedauerlicherweise viel zu wenig bekannt ist, denn meine sterblichen Wurzeln liegen im Land der Franken. Dennoch fühle ich mich in jenen Nächten weder dem einen noch dem anderen wahrlich zugehörig. Ich bin in meinen sterblichen Jahren viel durch die Welt gereist und hatte dies weiterhin getan, nachdem ich die Welt hinter der Welt betreten hatte. Erst in der Domäne Genua fand meine lange Reise ein vorläufiges Ende. Ich hatte nicht gedacht, hier zu verweilen, doch je länger ich blieb, umso mehr wurde es für mich zu einer Art neuen Heimat, auch wenn es Zeiten gab, in denen ich damit haderte.“

Ihr Blick glitt kurz zum Wasser ab. Zu dem Stück Holz, welches die Fluten immer weiter ins Meer zogen.

„Es waren schwere Zeiten.“

Dann schüttelte sie leicht den Kopf und wandte sich mit einem beinahe entschuldigenden Blick und Lächeln zu dem Ventrue zurück.

„Doch wie Ihr sagtet ist Zeit es, die auf unserer Seite steht. Vieles ändert sich stets und doch bleibt manches im Kern immer gleich. Entsprechend werde ich mich in Geduld üben und mich an der äußerst angenehmen Vorstellung jener Nächte erfreuen, an welcher Ihr mehr von Eurer Zeit entbehren könntet.“

Ihre braunen Augen gingen hinauf nach Mascharana und betrachteten die Zuflucht des Ventrues für einen Moment, bevor sie zu Gasparo zurücksah.

„Viel anderes würde mir ohnehin wohl kaum möglich bleiben, befürchte ich würde es bedauerlicherweise kaum möglich sein, mich unauffällig unter eine Eurer Gruppen mischen zu können, um von Euch selbst zu lernen oder gar die Schriften in der Bücherei lesen zu dürfen.“

In ihrer Stimme war eine Mischung aus Bedauern und Schalk zu hören, die ihre Worte nicht gänzlich ernst zu nehmen wirken ließen, doch war der Ausdruck in ihren Augen für einen kurzen Moment spitzbübischer geworden, ganz so als wäre dies tatsächlich eine Überlegung und Möglichkeit, welche Ihr durchaus gefallen würde und könnte.
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Gasparo
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Re: [1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

Beitrag von Gasparo »

„Es ist richtig, dass Ihr, selbst in Eurer unauffälligen Aufmachung, in meinen Klassen auffallen würdet. Die Jungen beäugen jeden Neuankömmling misstrauisch und was passiert, wenn ein freches Balg an Euren Haaren zieht oder an Eurem Gewand zehrt möchte ich nicht erleben.“

Gasparo machte einige Schritte in Richtung des Wassers und blickte dem schwimmenden Objekt hinterher. Sein Gang, langsam und steif, könnte einen Beobachter an einen Storch erinnern.

„Was einen Besuch in der Bibliothek angeht … das möchte ich nicht ausschließen. Ist es eine bestimmte Art von Schriften, die Euch interessiert? Historie? Klerikale Schriften?“

Er räusperte sich und drehte seinen Kopf in Seresas Richtung. Seine Augenbrauen waren leicht hochgezogen. „Einzelne Schriftrollen könnte ich Euch leihen. Ich bezweifele nicht, dass Euer Umgang mit derart wertvollen Kostbarkeiten makellos ist. Bevor Ihr die Zuflucht selbst betretet wäre eine Anfrage bei Ihrem Herrn notwendig. Nur ungern versuche ich die Wünsche des verehrten Maximinianus zu erraten.“

Gasparos Tonfall machte deutlich, dass er den letzten Satz durchaus ernst meinte. Zu groß war sein Respekt vor dem älteren Ventrue als das er sein Gastrecht leichtfertig ausnutzen würde.
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Seresa
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Re: [1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

Beitrag von Seresa »

„Selbstverständlich.“

Seresa nickte zustimmend, bevor ihre Hand erneut eine sich öffnende Geste beschrieb.

„Es ist noch immer seine anerkannte Domäne und diese, ohne seine Zustimmung oder Erlaubnis zu betreten, käme einem unerhörten und nicht tolerierbaren Affront auf mehr als nur einer einzigen Ebene gleich. Etwas, was nicht in meinem Sinne wäre, ist dem Botschafter der etruskischen Höfe mein Respekt gewiss.“

Ruhig wanderte ihre Hand zurück zu ihrem Körper.

„Was indes Eure Sorgen bezüglich Eurer Schüler anbelangt, so hatte ich gehofft, Ihr würdet in mir nicht Jemanden sehen, welcher derart leicht die Fassung verlieren oder stets die Ultima Ratio als einzigen gangbaren Weg wählen würde. Ohne Zweifel würden sie für ihre Unverfrorenheit die Hand zu spüren bekommen, sofern sie das warnende Wort zuvor nicht zum Einhalten gebracht hätte, doch wie hart ein solcher Schlag zu treffen hätte, um sie zum Lernen oder auch zum Aufbringen des angebrachten Respekts zu bewegen, wäre eine gänzlich andere Frage. Die Verhältnismäßigkeit im Vergleich zur Vorsätzlichkeit, sowie das Wissen um das Begehen eines Fehlers und die Gründe dessen, sollten hierbei ebenso in Erwägung gezogen und gewahrt werden. Davon ab, bin ich letzten Endes eine Schreiberin, werter Gasparo. Entsprechend bevorzuge ich stets das offene Wort als erstes Mittel der Wahl über der Faust, denn so ist es, wie es mich gelehrt wurde, sind wir schließlich kultivierte Wesen.“

Die Brujah schwieg für einen kurzen Moment, bevor sie fortfuhr.

„Davon ab, wäre ich Euch zu Dank verpflichtet, so Ihr selbst dazu geneigt wärt, mir einzelne Schriftrollen zu leihen. So Ihr mir Schriften leihen würdet, für welche Ihr selbst ein gewisses Interesse hegt, vermag ich es womöglich für Euch im Gegenzug einige Schrift- und Schreibübungen zu erstellen, mit welchen Ihr - bereits selbstständig und wann immer Ihr die Zeit findet - lernen könntet und welche Euch dazu dienen könnten, ein Gefühl für die Euch noch unbekannte Sprache zu übermitteln, um so - durch Euch bereits bekanntes - leichter in die Euch fremden tiefen einer anderen Welt einzutauchen.“

Ihr Blick lag fragend auf dem Ventrue, während ihre Hand eine einladende Geste beschrieb.

„Was die Benennung meinerseits von konkreten Interessen anbelangt, so mag sich dies als überaus schwierig herausstellen, sind sie derart entgegengesetzt wie die Sonne und der Mond. Weitreichend von den massiven, steinernen Bergen, welche mit ihrem Dasein einen einfachen Weg versperren…“

Seresas freie Hand deutete dezent in nördliche Richtung.

„Bis hin zu den Tiefen der See, welche unergründlich tief und ewig dunkel sind.“

Ihre Hand deutete nun in südliche Richtung, bevor sie wieder vor ihren Körper wanderte.

„Davon ab interessiert mich die Geschichte von Königen und ihren Beratern, wenn auch nur recht marginal und einzig in Bezug auf die Frage, ob und wie sie die Welt, in welcher wir uns bewegen, mitgestaltet oder wissentlich verändert haben. Verallgemeinernd gesprochen sind meine Interessen wohl bestenfalls als ´divers´ zu bezeichnen. Ich habe mich nie auf ein einzelnes Wissensgebiet als solches gestürzt und dieses in seiner gänzlichen Tiefe erforscht. Stattdessen versuchte ich stets, mir ein eher ganzheitliches Bild zu erschließen und die Frage zu erörtern, wie eines zum anderen führte und wie das eine, das andere stets beeinflusste, wie auch welche Auswirkung es auf die Gesellschaft und die Gemeinschaft hatte. Welche Lehren wir aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen können oder auch müssen.“

Seresa schwieg für einen kurzen Moment, in dem sie auf das Stück Holz blickte, welches immer kleiner wurde, je weiter es hinaustrieb. Für einen Augenblick lag Trauer und Bedauern in ihren braunen Augen, bevor sie leicht den Kopf schüttelte, womit sie sich aus ihren Gedanken riss und dem Ventrue stattdessen ein sanftes Lächeln schenkte.

„Wir können nicht verändern was geschehen ist, doch wir können überlegen, wie die Zukunft in unseren Augen aussehen soll, um zu versuchen, diese durch unsere eigenen Hände fleißiger Arbeit zum Guten zu gestalten. Entsprechend beschäftige ich mich - so überraschend und untypisch es auch klingen mag - derzeit vermehrt mit dem Gartenbau. Ich hatte derart schön und stark blühende Zitronenbäume in Broglio entdeckt, dass hierfür mein Interesse geweckt worden war. Die ersten Steine eines neuen Gartens liegen bereits, doch ist es noch immer ein weites, rohes und gänzlich unzugängliches Feld, welches es gilt, Stück für Stück zu bearbeiten. Bedauerlicherweise ist es von tiefgreifenden Wurzeln durchzogen, welche sich nicht entfernen lassen wollen und von denen unklar ist, wohin sie führen. Die Überlegung Feuer zur einfachen Rodung zu nutzen, auf dass aus der verbrannten Erde wie so viele Male zuvor neues Leben entstehen kann, liegt verlockend nahe, doch sind in meinen Augen die schnellen und einfachen Lösungen selten die Besten. So man sich nicht die Mühe macht, um mühsam Stein für Stein umzudrehen und zu sehen was darunter verborgen liegt, auf dass man das gefundene vorsichtig und mühsam ausgraben kann, so wird man später nur mit weitaus stärkerem Wildwuchs zu rechnen haben. Es ist ein wahrlich spannendes Thema, doch ich will Euch nicht mit derartigen Dingen langweilen, bezweifle ich, dass sich in Euren Beständen hierüber nützliche Schriften für den besten Umgang mit einem derart hartnäckigen Problem finden lassen würden, oder?“
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Gasparo
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Re: [1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

Beitrag von Gasparo »

Gasparo hob eine Hand, die Handfläche in Seresas Richtung gestreckt. Die Geste wirkte sollte wohl beschwichtigend oder sogar entschuldigend wirken.

„Ich habe keine Zweifel, dass Ihr meine Schüler in Stücke reißen könntet, sollten diese Euch beleidigen. Aber ich wollte nicht Eure Unbeherrschtheit in den Mittelpunkt stellen. Allein schon Eure Präsenz … eine Mädchen in der Priesterschule … wäre eine Unannehmlichkeit, vielleicht sogar ein Skandal, der nicht leicht im Zaum zu halten wäre. Auch wenn ich den Vorsitz dieser Schule habe … an den Grundregeln, die die Priester, der Bischof … der Papst selbst vorgeben werde ich zu dieser Zeit nicht rütteln.“ Sein rechter Mundwinkel zog sich weit in die Höhe in einem ungewohnten Ausdruck von Humor. „Auch wenn die Vorstellung mich amüsiert.“

Der Ventrue folgte den weiteren Ausführungen des Herolds aufmerksam und unterstrich mehrmals seine Zustimmung durch ein leichtes Nicken. Als Seresas Liebe zum Garten zur Sprache kam schien Gasparo verwirrt. Er tat keinen Schritt zurück oder runzelte die Stirn. Stattdessen schien jegliche Energie oder Emotion aus seinem Gesicht zu weichen. Als sie zu Ende geredet hatte blieb er ähnlich unberührt.

„Wohlwerte Seresa, Eure Worte könnten ein sehr wertvolles Gleichnis sein mit dem Ihr kunstvoll den Status Quo Genuas beschreibt und Eure Vorgehensweise, wie Ihr des Nachts Euren Geschäften nachgeht … oder Ihr erzählt wirklich von der Arbeit … mit Erdreich und Sträuchern.“

Da war sie wieder, die Arroganz und Hochnäsigkeit, die an dem Lehrmeister haftete wie der Geruch von Rosenwasser. Seine letzten drei Worte hingen in der Luft, schwer mit Enttäuschung und Unverständnis.

„Nein, die Bauern und Gärtner sind selten diejenigen, die Ihre ... Gedanken ... auf Pergament bannen. Nicht nun und nicht in der Vergangenheit. Wenn Ihr nicht vom Garten Eden redet so wirkt es nicht sonderlich ... inspirierend.

Ihr bleibt ein vielschichtiges Rätsel und ich hoffe, dass sich unsere Wege öfter kreuzen werden in den nächsten Jahren, damit ich der Lösung näher komme. Lasst mich über eine passende Niederschrift nachdenken, die Euch gefallen und fordern wird. Ich werde sie Euch zukommen lassen und bin mehr als gespannt auf Eure Reaktion.“
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Re: [1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

Beitrag von Seresa »

„Ich denke, dass könnte dem Papst missfallen, doch ist es fürwahr eine gänzlich amüsante Vorstellung.“

Seresa nickte leicht bestätigend und ein mildes Lächeln umspielte ihre Lippen dabei.

„Auch jener einer Gelehrten, welche niedergebeugt auf ihren Knien ist und im Schmutz wühlet, nicht wahr?“

Fragend blickte sie auf den Ventrue.

„Mancher würde sagen, dass dies genau der Ort ist, an welchen ich hingehöre, bin ich für sie nicht mehr als eben jener Dreck unter den feingepflegten Fingernägeln.“

Die Gelehrte rümpfte leicht die Nase, doch sagte nichts weiter dazu.

„Genua ist anders als Lucca, werter Gasparo, wenn auch in manchen Dingen sich sehr ähnlich. Je länger man jedoch hier verbleibt, umso mehr verändert es Einen und lässt Einen Seiten an sich entdecken, von denen man sich selbst nie gewahr war. Von denen man sich, - trotz all der ohne jeglichen Zweifel guten Erziehung, welche man selbst dereinst genossen hatte - selbst nie hätte träumen lassen. Man reift mit der Verantwortung, welche man trägt und die Gartenarbeit ist hierfür eine gute Übung, auch wenn manche nicht verstehen können, weshalb man sich als Künstler des Wortes dazu herablassen sollte.“

Ihre Hände beschrieben eine sich öffnende Geste. Diese wirkten gepflegt und nicht vom Schmutz, Dreck oder gar Blut und Kampf gezeichnet. Insgesamt wirkte die Brujah reinlich und sauber. Auch der Umhang, welchen sie am Leib trug, war zwar einfach und schlicht gehalten, doch frei von Flecken oder Verunreinigungen. Hätte man dem ewig jungen Mädchen wohl nicht die Haare geschnitten und sie derart jung verwandelt, sondern sie stattdessen reifen lassen und in hübsche Kleidung gesteckt, wäre wohl der Eindruck von ihr ein gänzlich anderer gewesen. Doch so war sie nun einmal so geworden, wie sie nun war. Die Arroganz und Hochnäsigkeit des Ventrues schien sie dabei nur seltsam belustigt zu haben, denn verärgert, was sich auch in der Erwähnung ihre Erziehung wiedergespiegelt hatte, war sie nicht.

„Ihr kennt mich nicht, werter Gasparo, weshalb es wenig verwunderlich ist, dass ich Euch ein vielschichtiges Rätsel bin, doch so sich unsere Wege öfter kreuzen werden - was ich wahrlich hoffen und begrüßen würde - so bin ich zuversichtlich, dass Ihr verstehen werdet, was ich meine. Es würde mich sehr freuen, so Ihr eines Nachts die Zeit finden würdet, mich im Garten zu besuchen und zu sehen, was ich wahrlich tue. Ich denke Ihr werdet meine Leidenschaft dann besser verstehen können.“

Erneut beschrieb ihre freie Hand diese offene und einladende Geste.

„Was indes Eure Schüler anbelangt, so hege ich ebenfalls keinen Zweifel daran, dass auch Ihr sie in Stücke reißen könntet, sollten diese Euch beleidigen. Doch wie dem auch sei, weiß ich ein Nein zu verstehen und ich respektiere den Herrn des Hauses zu sehr, als dass ich mich gegen seine Wünsche auflehnen und etwas mit Gewalt versuchen würde. Stattdessen freue ich mich darauf zu erfahren, welche Niederschrift Ihr wählen werdet. Hinterlasst eine Nachricht im Elysium, sobald Ihr die Wahl getroffen habt und nennt mir einen Ort, an welchem wir uns treffen können, um sie auszutauschen. Solche Kostbarkeiten sollten nicht in fremde Hände geraten oder gar abhandenkommen.“
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Re: [1028] Ne pas oublier [Seresa, Gasparo, offen]

Beitrag von Gasparo »

Zuerst blieb Gasparos Gesichtsausdruck unverändert, als Seresa ihm ihre Hände präsentierte, doch dann zuckten seine Mundwinkel doch.

„Es ist Eure Zeit, wohlwerte Seresa, und ja, wir haben viel davon. Doch erlaubt mir meinen Zweifel, dass die Stunden unter Lunas Blick mit Arbeit an Strauch, Baum und Borke verschwendet werden sollten. Unsere Aufgaben und Pflichten, unsere Ambitionen und unser Hunger … zwingen sie Euch nicht auch, solch Müßiggang zu meiden? Solltet Ihr nicht Krieger oder Gelehrte kommandieren anstatt … Blumenbeete?“

Er hob eine flache Hand in einer abwehrenden und entschuldigenden Geste. „Ich bin sicher Ihr findet Euren Frieden in dieser natürlichen Zuflucht. Wenn es Eurer Seele Linderung verleiht will ich diese … Arbeit … nicht weiter verurteilen, ohne sie zu kennen.“

Der Lehrmeister, wieder seinem neutralen Gesichtsausdruck, sah sich kurz um. „Ich hoffe, es ist wenigstens ein ruhiger Ort, abseits von den neugierigen Blicken der Herde.“

Mit einer leichten Verbeugung kommentierte der hagere Ventrue Seresas letzte Aussage. „Ich danke Euch für Euer Verständnis. Wie erwähnt, Eure Präsenz würde auch ohne Gewalt zu Verstimmungen führen und große Teile meines Unterrichtes wären bei Euch sowieso fehlplatziert.“ Er legte den Kopf etwas schief als sein Blick über die kleine Gestalt fuhr, mit einer Spur von Anerkennung in seiner tiefen Stimme. „Eure geistige Reife und mentale Stärke sind doch vielfach besser entwickelt als die der unbedarften Knaben in meiner Obhut. Nein, wahrscheinlich würdet Ihr Euch langweilen. Die Variante, mit Euch über Literatur zu reden, erscheint mir wertvoller. Seid unbesorgt, ich werde ein lohnendes Werk finden.“

Er legte den Kopf kurz in den Nacken und schien in den Nachthimmel zu starren. „Auch wenn es ein wahrer Höhepunkt war auch wiederzusehen, wohlwerter Herold, so scheint es doch an der Zeit, den Rückweg nach Mascharana zu vollenden.“
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