[Diskussion] Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Angelique
Autarkis
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[Diskussion] Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Angelique »

Hallo, Leute, aus archäologischer Hinsicht fallen mir immer mal wieder kleine Unstimmigkeiten für das frühmittelalterliche Genua auf, die keiner wissen kann, die aber mir als halbgebildeten Kenner auffallen.

Z. B. Alltagsgegenstände, die es im 10. Jhd. noch gar nicht gegeben hat. Kleinigkeiten, keine Gatling, die auf Steampunkpanzer schießt oder so... z. B. Leute, die Dolche benutzen(kommen erst mit den Kreuzzügen auf), Kutschen (kommen erst im 15.Jhd. auf), Taschen an Kleidung (kommen erst in der Neuzeit auf), Stiefel (auch erst später), Wachspapier (19.Jhd), Betten bei armen Leute und und und.

Daher die Frage: Soll ich bei so etwas die Modepolizei spielen und diskret privat darauf hinweisen oder ist das eher unerwünscht und Genua bleibt D&D mit liebensswerten Anachronismen?

P.S: Keine Kritik an den Leuten, die dieses Spezialwissen nicht haben. Die Wenigsten (auch sogenannte Experten) wissen um die massiven Unterschiede zwischen SpätMA und FrühMA (was im Setting für das 12. und 13. Jhd steht, gilt in weiten Teilen nicht für das 10.Jhd.)
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Alerio
Lasombra
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Registriert: Fr 22. Jan 2016, 01:19

Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Alerio »

Also ich finds nicht schlecht, wenn man so Hinweise bekommt, man lernt ja auch was dabei. Aber ich denke man sollte es auch nicht übertreiben und alles zu sehr genau nehmen. Das ist ja trotzdem noch ein Fantasy-Spiel.

Zum Beispiel das mit den Dolchen: Ich persönlich sehe keinen großen Unterschied zwischen einem Dolch und einem Messer. Ja du hast es mir erklärt und natürlich sind die unterschiedlich, aber das ist doch für das Spiel nicht wichtig.
Hauptsache man erkennt, dass es sich um eine kleine Klingenwaffe handelt.

Also von mir aus, kannst du solche Anmerkungen machen, solange sie nicht überhand nehmen :)
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Il Canzoniere
Erzähler
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Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Il Canzoniere »

Ich mache mal den Anfang. Ist auch nur meine persönliche Meinung. Wenn die anderen das anders sehen können wir das auch gerne anders machen. An mir soll es da nicht scheitern.

Generell glaube ich das wir in einer Welt voller Vampire, Ghule, Werwölfe, Magier, Dämonen, Feen, Mumien, Geistern und Unsterblichen die aus dem geheimen heraus die Geschicke der Welt lenken, getrost hier und da etwas von dem was die Forschung aktuell für Zeitpunkt "der Erfindung des Dolches" oder "Erfindung der Farbe grün" (arg zugespitzt) hält abweichen dürfen. Das macht uns weder zu einer fantastischen Version von Harry Potter noch zu D'n'D ;-)

Mein Grund weshalb ich dieser Ansicht bin ist folgender: weil es absolut irrelevant ist. Wir spielen ein Rollenspiel das sich gerne historischer Fakten bedient, aber sich die Freiheiten nimmt nicht alles beachten zu müssen was den Spaß nehmen oder neue Spieler verschrecken könnte. Eine, auch noch so lieb gemeinte, "Korrektur" historischer Fakten halte ich für ebenso spaßfördernd wie eine Rechtschreibkorrektur via PM, die gerne ebenso lieb gemeint sein darf. Viele sterbliche Fakten sind außerdem absolut irrelevant für die Kinder der Nacht die in ihrer Kindheit die sterbliche Sicht ausgeprügelt bekommen. Nicht der Wikinger wird von den Ahnen Englands gehasst sondern die niederträchtigen Kainiten die diese Jahr um Jahr ausschicken ihre Küsten zu plündern, nur weil der oberste Prinz Englands 214 v.Chr. dem Erzeuger des obersten Prinzen der Wikinger die Domäne Alesia weggeschnappt hat.

Wir spielen nicht das Frühmittelalter, wir spielen ein Spiel in dem blutlüsternde Kreaturen das Frühmittelalter bemerken, weil sie zufällig die gleiche Zeit benutzen. ;-)
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Maria Penthesilea
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Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Maria Penthesilea »

Mich haben gewisse Anachronismen auch gestört (die Kutschen etwa) und ich denke, das kann man durchaus mal erwähnen. Wie Sam schon sagt: Man lernt ja auch gerne mal was dazu. Ich würde allerdings kleine Hinweise in den Spielen als äußerst störend und Immersionsbrechend empfinden. Da hätte ich lieber im OT kurze Abrisse über bestimmte Bereiche (etwa "Transport"), wo das mal erklärt wird.

Also so eine Art Wiki, wo man reinschauen kann, aber nicht muss.
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Fabrizio
Lasombra
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Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Fabrizio »

ich fände es auch eher störend darauf hingewiesen zu werden, wenn in irgendeiner meiner ambiente-beschreibungen irgendein detail unstimmig ist.
anders natürlich bei besonders groben schnitzern (was weiß ich, zb erzählen dass man grad vom Kreuzzug kommt) oder sachen die die spielbalance durcheinander wirbeln (also wenn jemand besondere Vorteile dadurch erhält gegenüber anderen die das korrekt spielen) da find ichs schon wichtig drüber zu reden.

davon abgesehen find ichs auch immer schön mal was zu lernen nebenbei und möglichst korrekt in die Rollen einzutauchen, ist ja ein teil des spasses. Recherchiere auch gerne selber mal irgendwas, einfach weils mir spass macht, kann dfich da also verstehn Olaf.

Ich jedenfalls würde generell gerne von Olafs Fachwissen profitieren.
@Olaf: Vielleicht kannst du ja einfach mal ganz unverbindlich einen Text/Liste schreiben was du so für die wichtigsten Eckfeiler hälst in unserer Zeit in Genua zu beachten, also die gröbsten Fehler zu denen man neigen könnte mal vorwegnehmen und so besonders wichtige Unterschiede zwischen Frühmittelalter und späterem Mittelalter.
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Fabrizio
Lasombra
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Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Fabrizio »

wie gesagt, sachen die die Spielbalance durcheinander bringen sollten besprochen werden...
bin da grad zufällig über was entsprechendes gestolpert als ich ein aktuelles spiel zwischen Brimir und Angelique überflogen hab.
http://www.genua-bei-nacht.de/viewtopic ... 1&start=10

In dem Spiel führt Angelique gerade die Armbrust als moderne neue Waffe in Genua ein.
Im Ambiente sehr schön. Historisch kein problem, zumindest vertretbar wenn man sich auf einfache Modelle bezieht, würde ich also auch zustimmen.
Problematisch aber dadurch, dass sich Angelique hier eine Innovation herausnimmt die in Genuas historischer Zukunft eine hoch relevante Rolle einnehmen wird. In dieser Hinsicht entsteht also eine deutliche Vorteilsnahme.
Ich finde so etwas, also bedeutende Innovationen, sollten im Sinne der Spielbalance nur durch die Spielleitung eingeführt/gesteuert werden.
Wenn also unsre Spielleitung das abgesegnet hat (warum auch immer, kann ja gründe dafür geben, dass Angelique gerade diesen Vorteil erhält), ist das natürlich ok. Wenn nicht, dann find ichs blöd.
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Il Canzoniere
Erzähler
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Re: Anachronismus ist, wenn man trotzdem lacht

Beitrag von Il Canzoniere »

So ich antworte hier mal auf das letzte Posting von Rene.

Erstmal: keine Sorge, habe ich im Blick. Auch der befürchtete "technische Knockout", der ja hier zum ersten Mal wirklich zum tragen kommt, ist erkannt. OT eine gute Idee die ich nicht durch OT-Regularien ausbremsen möchte. Aber IT habe ich bisher selten erlebt das etwas so gekommen ist wie geplant, lassen wir uns also überraschen... ;-)
Grundsätzlich habe ich nichts gegen eine (plausible!) Einführung solcher Dinge, die dann durch OOCs abgesichert sind. Im Gegenteil, ich begrüße es sogar wenn ihr die Welt, die wir gemeinsam bespielen, durch Impulse belebt die nicht aus irgendwelchen NSC-Aktionen oder Plotsträngen stammen, aber sollte dies natürlich zeitlich passen, stimmig und natürlich nachvollziehbar sein.
Trotzdem gebe ich eurem sechsten Sinn (Woher wusstet ihr das? Oo) recht: Olaf! Ich würde mich in Zukunft über einen Hinweis freuen wenn du sowas durchziehst ;-) damit ich nicht genauso überrumpelt werde wie der Rest ;-)
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