[1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

[August '19]
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Angelique
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[1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Bei der Villa der Rose erschien eines Nachts ein Straßengör, barfuß und abrissen und fragte nach der Herrin Avelina.

Es stellte sich als Angelique vor und hatte nichts als fadenscheinige Lumpen an, einen uralten Pilgerumhang umgeschlungen und einen Schlapphut in der Hand wie eine Bittstellerin.

Artig wartete das junge Mädchen auf eine Resonanz, während es aufmerksam alles in der Umgebung mit den Augen verschlang.
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Avelina di Braida
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Avelina di Braida »

Die Villa di Fori hatte sich seit ihrem Besuch nicht groß verändert. Noch immer war es wie eine letzte Bastion der Erinnerung an die Tage und Nächte der Alten. Nachdem sie von einer der Wachen durch den Rosengang zur Tür geleitet wurde, öffnete eine schmächtige, unscheinbare Frau mit gütigen Gesichtszügen, und grüßte sie – vielleicht ungewöhnlicherweise – mit einem freundlichen „Xαίρε.“. Und nachdem Angelique Avelina erwähnte, und die Frau sie einen Moment mit zur Seite geneigtem Kopf ansah, verneigte sie sich vor dem Mädchen und eilte schnell der Padrona Bescheid zu geben.

Es dauerte tatsächlich nicht lange, da erschien Avelina persönlich mit eiligen Schritten. Offenbar nicht zurecht gemacht für die Nacht. Die langen, rabenschwarzen Haare flossen offen über ihre Schultern und sie hatte sich in Stoffe gehüllt, die man wohl besser im Haus trug, als in den Gassen der Stadt.
Aus großen Augen sah sie das Mädchen an, bevor ein überraschtes, „Angelique!?“ ertönte. Sie blinzelte, ganz wie es eine Sterbliche getan hätte, „Oh... kommt doch bitte herein.“ sie neigte leicht den Kopf und machte einladende Geste in Richtung der hinteren Räume.
„Ich... hat Lorenzo euch meine Grüße ausrichten lassen? Ich... hatte euch gesucht, aber... weder euch noch euren Begleiter gefunden. Ich dachte ihr hättet Genua verlassen.“
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Angelique
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Xαίρετε", grüßte Angelique mit müden, aber freundlichem Lächeln die Dame der Rosen.
"Danke für Eure Gastfreundschaft."

Angelique sah zerzauster als früher aus. Ihre hübschen Locken waren sehr wuschelig und ihre Kleidung sehr abgetragen. Aber sie war sehr sauber. Sie wirkte frisch gewaschen und roch sogar nach Lavendelöl.

Das untote Mädchen folgte in die hinteren Räumlichkeiten. "Ich habe bei den Sarazenen Siziliens gesehen, wie man so ein Atrium zu einem blühenden Garten machen kann", murmelte es geisteabwesend, als sie durch den Innenhof schritt.

"Nein, ich habe Genua nicht verlassen. Ich war nur... untergetaucht. Ach, und meine Begleiter könnt Ihr nicht finden. Die sind tot."

Bittere Worte, doch am Ende lächelte Angelique. "Aber danke für Eure Besorgnis und Mühe."
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Avelina di Braida
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Avelina di Braida »

Als die Frau, welche die Tür geöffnet hatte wohl mitbekam, dass es sich bei dem kleinen Mädchen um jemand nicht unwichtigen handelte, verneigte sie sich noch einmal tief.
Avelinas Aufmerksamkeit war jedoch ganz bei Angelique. Sie neigte kurz den Kopf zur Seite bei ihren gemurmelten Worten und warf einen Blick ins Atrium. Allerdings nur kurz. Und betreffend der Aussage zu den Begleitern wirkte sie tatsächlich einen Moment erschrocken und senkte das Haupt, „Es... tut mir sehr leid das zu hören.“ erwiderte sie leise.

Ein paar Momente verstrichen, sie schwieg, bevor sie wieder zu Angelique sah.
„Angelique... ich... wollte mich entschuldigen für... nun... unser letztes Zusammentreffen verlief ein wenig unglücklich. Wir... mögen in manchen Dingen unterschiedlicher Meinung sein, und ich habe die meinige vielleicht etwas zu drastisch geäußert. Allerdings... Nun, nach all meinen Erfahrungen in dieser Stadt haben wir womöglich mehr gemeinsame Interessen, als viele andere der unsrigen.“

Sie machte eine einladende Geste sich zu setzen, „Nun... deswegen hatte ich euch damals gesucht. Und... ich bin froh, dass ihr euren Weg hier her gefunden habt.“ sie zögerte noch einen Moment und sah an ihr entlang, „Verzeiht wenn ich frage, aber... braucht ihr irgendetwas? Es scheint als hätten euch die Nächte ein wenig zugesetzt.“
Die Mimik war dabei entschuldigend. Es war wohl Angeliques Kleidung, die einer Rose ganz klar ins Auge stechen musste. Sie wirkte nicht echauffiert, eher besorgt.
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Angelique
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Da trat der fiebrige, begeisterte Ausdruck in die leeren, müden Augen der Kleine, den Avelina von früher her kannte.

"Ja, in der Tat. Da gibt es etwas, wo ich auf Eure Unterstützung hoffe.

Ich plane einen Hort der Zuflucht zu schaffen, wo junge Mädchen und alte Witwen Obdach finden. Aber auch, wo sie Lesen und Schreiben lernen und das alte Wissen Aristoteles und der anderen Philosophen. Ich habe immer wieder Anläufe versucht, bin aber immer gescheitert, weil ich den logischen Schritt scheute, da ich unwürdig bin.

Aber nun will ich ein Kloster schaffen, dass eine Bibliothek beherbergen soll, in dem das Wissen der Menschen, aber auch das der Kinder Lilliths bewahrt werden kann. Ein Trutzburg, eine Truhe für diesen einmaligen Schatz der Weisheit. Es soll der großen Mutter geweiht sein und lasst uns nicht über Semantik streiten, ob wir sie bei alten Namen, als Gottesmutter oder als Herrin des Zwielichtgartens verehren.

Meine Zuflucht soll Frauen dienen und sie schlau machen, damit sie in Zukunft auf dem Manne liegen und nicht mehr darunter, wie auch es sein sollte."

Es war eine Begeisterung in den Worten herauszuhörern, wie sie nur Kinder oder Wahnsinnige haben konnten.
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Avelina di Braida
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Avelina di Braida »

Ihr Kopf neigte sich zur Seite und lauschte Angeliques Worten zunächst stumm. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen fand das Anliegen der Malkvianerin durchaus ihr Interesse.
„Nun, das war nicht das, was ich erwartet hatte... aber... es hört sich für mich nach recht ehrenvollen Motiven an. Wenngleich das ganze sehr gefährlich klingt.“
Sie machte eine Pause, nachdenklich.
„Ihr macht euch damit sicher nicht zu unterschätzende Feinde, dies vor allem auch in der sterblichen Gesellschaft. Die Zeiten sind... nun... nicht einfach für unsereins, wie mir scheinen mag. Ihr sagt ihr wart lange untergetaucht. Es sind... besorgniserregende Dinge in Genua geschehen.“
Avelina verstand den Eifer durchaus, und getreu ihrem Blut faszinierte sie die Lebendigkeit und Emotion die dahinter zu liegen schien. Sie schien sich schlicht nicht sicher, was Angelique von den jüngsten Ereignissen wusste.

Sie hinterfragte die religiöse Komponente nicht. Angeliques Einstellung dazu hatte sie bereits mehrfach irritiert und wie schnell konnte ihr irgendetwas heraus rutschen, das das ganze Gespräch zunichte machen würde?

„Um ehrlich zu sein... ich bin selbst bereits damit beschäftigt die Bildung der Frauen Genuas voran zu treiben, allerdings wohl ein anderes Klientel als das eure. Habt ihr bereits Pläne gefasst wie ihr vorgehen wollt? Und welche Unterstützung genau braucht ihr?“
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Angelique
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Angelique drukste ein wenig herum, als wäre es ihr peinlich. "Nun, es wäre etwas profan, aber eine kleine Geldspende wäre hilfreich."

Wie eine gute Marktfrau pries sie dann die Vorteile einer solchen Investition an: "Wenn erst die Bibliothek steht, könnte man Abschriften anfertigen. Hier in Genua. Es muss doch schwierig für Euch sein, gute Schriften zu bekommen. Gerade die Weisheiten der Römer und Griechen haben nur, nun ja, die Romanoi und die Sarazenen in ihren riesigen Bibliotheken bewahrt. Stellt Euch vor: Nicht nur höchsten 100 Bände wie in den reichsten Klöstern, sondern 10 000 und mehr. Wenn ich solche erhandeln könnte, könnte ich sie übersetzen und Leute lehren, sie zu übersetzen."

Lsitig fügte sie hinzu: "Und ich beherrsche beider Reiche Sprachen und könnte Texte ins Latein oder ins Altgriechische übersetzen, wie es Euch beliebt."
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Avelina di Braida
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Avelina di Braida »

Ihre Stirn zeigte leichte Falten, doch sie lauschte zunächst den Anpreisungen der Malkavianerin. Daraufhin folgte erst einmal ausgedehntes Schweigen. Sie faltete die Finger und ein paar hauchzarte, nachdenkliche Falten zeigten sich auf der Stirn.

Schließlich lächelte sie sacht und begann mit ruhiger Stimme zu sprechen, „Ich gebe euch vollkommen Recht, werte Angelique. Wissen muss bewahrt werden. Und jenes Wissen sollte geteilt werden.“
Wieder folgte eine Pause.
„Ich möchte noch einmal nachhaken, da ich fürchte ihr habt meine zuvor erwähnten Bedenken nicht ganz mitbekommen. Ihr wisst um die Situation in der Stadt? Darum, dass die Stille im Moment eine sehr fragile Sache ist und gebrochen wurde? Natürlich darf uns das nicht von dem Willen abbringen Wissen auch den Frauen und Mädchen zugänglich zu machen. Es sollte uns allerdings vorsichtig vorgehen lassen.“

Sie setzte sich ein wenig auf und blickte sie interessiert an, „Angenommen ich bin gewillt zu eurer Idee zuzusteuern – rein hypothetisch - vielleicht sogar mehr als nur eine einmalige Spende... Ich wäre im Gegenzug sehr verbunden, wenn wir diesbezüglich einen kleinen Handel abschließen könnten.“ sie sah zu dem Mädchen ohne zu blinzeln, „Ganz im Sinne der gängigen Traditionen. Was sagt ihr?“
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Angelique
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Das Mädchen mit den wuscheligen Haaren legte den Kopf fragend schief. Man konnte es niedlich finden, wenn man vergaß, das die Kleine auch ein untotes Monster war.

"Was für ein Handel schwebt Euch den vor?"

Zu den Bedenken nickte Angelique ernst. "Daher würde ich auch nicht in der Stadt etwas planen wie früher, sondern im Umland ein Kloster dafür ausersehen. Die Abgeschiedenheit eines Klosters und seine Weltentrückung würden nicht nur dem Lernen guttun, sondern auch die Stille schützen."
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Avelina di Braida
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Re: [1031] Der Ersten zu Ehren [Avelina, Angelique]

Beitrag von Avelina di Braida »

Ein Nicken, dann schien sie es sich etwas gemütlicher zu machen, wirkte gar recht unbezwungen für eine Rose, als würde für den Moment die wohl gehütete Maske aus Selbstbeherrschung und Disziplin abfallen, und dies ließ eine recht unschuldig wirkende junge Frau zurück.
Sie rückte noch etwas zu Angelique hinüber.

„Ich weiß ihr haltet nicht viel von mir. Aber... vielleicht können wir noch einmal neu anfangen? Seht... meine 'Mädchen' – ich nenne sie immer noch Mädchen, obwohl sie inzwischen erwachsene Frauen sind – sind mir wichtig. Ihnen hat es in diesem Hause nie an etwas gefehlt. Und das soll es auch in Zukunft nicht. Dennoch ist es womöglich, nur nach und nach, an der Zeit, dass sie ihr Wissen, welches sie über die Jahre hin in meinem Hause erhalten haben, weiter geben. Sie können lesen, schreiben, kennen viele alten Werke und verstehen sich auf das Musizieren. Und vielleicht ist hin und wieder unter euren Schülerinnen eine, die in dieses Haus passen würde. Eine arme Seele ohne Zukunft und ohne Bindungen, der es an Familie fehlt. Könntet ihr euch einen derartigen Austausch vorstellen?“

Sie blickte Angelique aus großen Augen und fragend an, „Oh, und... da ist noch etwas...“ sie zögerte einen Moment, „Ich kenne euch leider kaum. Aber mein Gefühl und euer Vorhaben sagen mir, dass ihr zu den wenigen Kainiten in dieser Stadt gehört, denen die Geschicke der Sterblichen nicht egal sind. Die nicht einzig nach Macht streben um der Macht willen, rücksichtslos und über Leichen gehend. Nun... es gibt noch ein paar andere, die der Überzeugung sind, dass es möglich sein muss eine Gemeinschaft der unsrigen zu bilden. Um zum Beispiel auch Wegen wie dem der Menschlichkeit eine Chance zu geben in diesen widrigen Zeiten zu überleben. Schutz durch Gemeinschaft. Könntet ihr euch... mit solch einem Gedanken anfreunden?“
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